Parlamentskorrespondenz Nr. 1096 vom 22.10.2020

Verkehrsministerin Gewessler: ÖBB-Rahmenplan 2021-2026 ist auch umfangreiches Konjunkturpaket

Verkehrsausschuss debattiert über Ausbau der Schieneninfrastruktur und des öffentlichen Verkehrsangebots

Wien (PK) – Die Förderung des Bahnverkehrs und der weitere Ausbau der Schieneninfrastrukur waren heute zentrale Themen im Verkehrsausschuss. Ausgangspunkt der Diskussion der Abgeordneten mit Verkehrsministerin Leonore Gewessler waren Berichte aus dem Ressort. Einstimmige Kenntnisnahme gab es dabei zum Bericht über die Bestellungen von gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die der Bund bei Schienenverkehrsunternehmen vornimmt. Damit wird ein Grundangebot im Personenverkehr auch auf Strecken gesichert, die betriebswirtschaftlich gesehen nicht profitabel geführt werden können.

In diesem Zusammenhang wurde die Forderung der Stadt Leonding nach einer Tieferlegung und Einhausung der Westbahnstrecke im Stadtbereich debattiert. Sie war auf Antrag von Abgeordneten der Koalition von Seiten des Verkehrsministeriums überprüft worden. Der Bericht dazu, der einstimmig zur Kenntnis genommen wurde, kommt zum Ergebnis, dass an der derzeitigen ÖBB-Planung festgehalten werden soll, eine spätere Einhausung bei Vorliegen eines städtebaulichen Konzepts aber möglich sein soll.

Eine Mehrheit der Abgeordneten fand sich für den Bericht der Verkehrsministerin über die Fortschreibung des ÖBB-Rahmenplans für die Jahre 2021-2026. Die FPÖ verweigerte hier die Kenntnisnahme. Der Bericht wurde vom Ausschuss nicht enderledigt und wird noch vom Nationalratsplenum diskutiert werden.

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde ein Bericht der Verkehrsministerin, in dem sie mitteilt, dass mit Ende 2019 unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben neue Flughafenentgelte für 2020 festgelegt wurden.

Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2018: Duales Bestellsystem Bund-Länder soll weiter harmonisiert werden

Der aktuelle von Verkehrsministerin Leonore Gewessler vorgelegte Gemeinwirtschaftliche Leistungsbericht behandelt die Bestellungen und Förderungen des Bundes im Jahr 2018 (III-172 d.B.). Ein wesentliches Element der Verkehrspolitik des Bundes ist es, ein österreichweites Grundangebot im Schienenverkehr zu sichern. Im Personenverkehr erfolgt das über die Bestellung gemeinwirtschaftlicher Schienenverkehrsleistungen mittels Verkehrsdiensteverträgen, die von der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH (SCHIG mbH) im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) mit Eisenbahnverkehrsunternehmen abgeschlossen werden. Diese Verkehrsdiensteverträge werden als öffentliche Dienstleistungsaufträge direkt vergeben. Der Schienengüterverkehr (SGV) wird über eigene Förderschienen unterstützt.

Insgesamt bestanden 2018 Verträge der SCHIG mbH mit zwölf Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Sicherstellung der österreichweiten Mobilität, über die rund 78,42 Mio. Zugkilometer bestellt und abgegolten wurden (2017: 78,28 Mio. Zugkilometer). Eine erfreuliche Entwicklung sieht die Verkehrsministerin bei der Entwicklung der Fahrgastzahlen.

Die Fortführung der Harmonisierung des derzeit bestehenden dualen Bestellsystems im Schienenpersonenverkehr sei eine wesentliche Zielsetzung des BMK und es werde intensiv daran gearbeitet, sagte die Verkehrsministerin. Die SCHIG mbH soll künftig grundsätzlich als zentrale Beauftragungs- und Abwicklungsstelle für die von Bund und Ländern zu finanzierenden gemeinwirtschaftlichen Schienenpersonenverkehrsleistungen agieren, erfuhr Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP).

In der Debatte des Berichts wurde die Frage von mehr Wettbewerb auf der Schiene von NEOS-Verkehrssprecher Johannes Margreiter thematisiert. Ausschussobmann Alois Stöger (SPÖ) hielt dem entgegen, dass der Markt nicht ausreiche, um ein angemessenes Angebot an öffentlichen Verkehrsleistungen zu garantieren. ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger meinte, es sei unbestritten, dass die Planung der Infrastruktur zentral über die öffentliche Hand erfolgen müsse. Allerdings könne er sich vorstellen, dass sich künftig verschiedene Anbieter über Ausschreibungen um Verkehrsdiensteverträge bewerben, sollte die EU die Direktvergabe einschränken.

Ein weiteres Thema war der Stand der Arbeiten am 1-2-3-Österreichticket, für den sich die SPÖ-Abgeordneten Alois Schroll und Alois Stöger sowie NEOS-Verkehrssprecher Margreiter interessierten. Schroll vermisste eine ausreichende Abbildung im Budget. Die Ministerin erklärte, dass das Ticket in drei Stufen eingeteilt sei. Derzeit arbeite man an der Stufe 3, dem österreichweiten Ticket. Die vorgesehenen Budgetmittel für 2020/21 seien für die Abgeltung von Mindereinnahmen der Verkehrsverbünde vorgesehen. Ein genaues Datum für die Einführung des österreichweiten Tickets könne sie noch nicht nennen. Parallel arbeite man auch Modelle für den Nah- und den Regionalverkehr aus. Sie befinde sich derzeit in intensiven Verhandlungen mit den Verkehrsverbünden und hoffe, dass im ersten Halbjahr 2021 eine Einigung erzielt werden kann. Dabei soll es auch Übergangslösungen für Jahreskartenbesitzer geben, sagte Gewessler.

Gewessler: Einhausung der Westbahnstrecke in Leonding nur in Verbindung mit städtebaulichem Konzept sinnvoll

Ende 2019 fasste der Nationalrat eine Entschließung, wonach das Verkehrsministerium den geplanten vierspurigen Ausbau der Westbahn im Gemeindegebiet der Stadt Leonding in ökologischer, ökonomischer und technischer Hinsicht überprüfen solle. Gleichzeitig sollten Varianten zum geplanten Projekt der ÖBB entwickelt werden, wobei die Stadt Leonding eine Einhausung und Tieferlegung des Streckenabschnitts wünsche. Dem Ausschuss lag nun der Bericht von Verkehrsministerin Leonore Gewessler vor (III-164 d. B.). Demnach soll an der bisherigen Projektplanung der ÖBB festgehalten werden, da es vordringlich sei, keine Bauverzögerungen auf diesem wichtigen Streckenabschnitt entstehen zu lassen. Zudem bringe dieses Projekt eine Reduktion der Lärmbelastung für die Bevölkerung.

ÖVP-Abgeordneter Johann Singer zeigte Verständnis für die Anliegen der Stadt Leonding. Allerdings müsse der Ausbau des Streckenabschnitts rasch erfolgen. Er hofft auf einen Kompromiss, der für beide Seiten tragbar ist. Auf die heftige Kritik der Abgeordnete Felix Eypeltauer (NEOS) und Dietmar Keck (SPÖ) an den ÖBB-Plänen, die ihrer Ansicht nach zu einer scharfen Trennung der Stadtteile führen werden, sagte die Ministerin, die Anliegen der Stadt würden gehört. ExpertInnen hätten geraten, im ÖBB-Projekt für eine eventuelle spätere Einhausung Vorsorge zu treffen. Sinnvoll sei diese aber erst dann, wenn durch ein angemessenes städtebauliches Konzept Zusatznutzungen gesichert seien. Zu diesen Fragen sei bereits ein Gesprächstermin ihres Ressorts mit den ÖBB und der Stadt Leonding angesetzt worden.

ÖBB-Rahmenplan 2021-2026: 17,5 Mrd. € für Ausbau der Schiene

Laut Bundesbahngesetz ist der sechsjährige Rahmenplan für die geplanten Investitionen in die Schieneninfrastruktur jährlich jeweils um ein Jahr zu ergänzen und auf den neuen Zeitraum anzupassen. Die Ressortleiterin des BMK sagte, mit der Fortschreibung des Rahmenplans für die Periode 2021–2026 sei ein wichtiges Projekt für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs gelungen (III-189 d.B.). Für den aktuellen sechsjährigen Rahmenplan ist demnach von 2021 bis 2026 ein ausgabenwirksames Gesamtinvestitionsvolumen (inklusive des österreichischen Anteils des Brennerbasistunnels) von rund 17,5 Mrd. € vorgesehen. Die darin enthaltenen Mittel für den österreichischen Anteil am BBT summieren sich auf ca. 2,54 Mrd. €. Die Festlegung des Rahmenplans sei durch die ÖBB-Infrastruktur AG in enger Abstimmung mit dem BMK erfolgt, teilt die Ministerin mit. In die Planungen seien die verkehrspolitischen Zielsetzungen der nächsten Jahre sowie die Vorgaben des Zielnetzes 2025+ eingeflossen. Dabei sei es gelungen, eine jährliche Steigerung von 5% zu erreichen, wie es das Regierungsprogramm vorsehe. Die Investitionen des Rahmenplans seien auch ein großes Konjunkturpaket, was gerade in der derzeitigen Lage besonders wichtig sei.

Als Auskunftsperson stand den Abgeordneten Werner Baltram, Geschäftsbereichsleiter Integriertes Streckenmanagement der ÖBB Infrastruktur AG, zur Verfügung. Er erläuterte in einem Statement die Schwerpunkte der Investitionen der kommenden Jahre. Das Volumen der Mittel sei beträchtlich, die ÖBB seien aber hinreichend aufgestellt, um dieses zu bewältigen. Zum einen gehe es darum, Kapazitäten auszubauen, um eine Ausweitung des Personen- wie des Güterverkehrs zu ermöglichen. Dabei werde auch berücksichtigt, dass mehrere transeuropäische Verkehrskorridore durch Österreich führen. Wichtig seien auch Verbesserungen in den Ballungsräumen. Eine Milliarde Euro sei etwa für die Erneuerung der Wiener Schnellbahn vorgesehen, um eine angemessene Taktverdichtung erreichen zu können. Zudem sollen in den nächsten Jahren rund 100 Bahnhöfe adaptiert und zu Mobilitätsknoten ausgebaut werden.

Seitens der Abgeordneten gab es weitgehend Lob für den Rahmenplan. Abgeordneter Andreas Ottenschläger hob die Konjunktureffekte der Investitionen hervor und verwies auf die Wichtigkeit des Ausbaus der Franz-Josefs-Bahn für die Anbindung des Waldviertels. Lukas Hammer (Grüne) lobte den Rahmenplan und unterstrich, dass es wichtig sei, die Schiene als Teil einer Mobilitätskette zu begreifen. Für die Planungen in Bezug auf Nebenstrecken interessierten sich Franz Eßl (ÖVP) und Hermann Weratschnig (Grüne).

Auch Ausschussobmann Alois Stöger (SPÖ) konzedierte, dass die Zahlen des Rahmenplans sehr erfreulich seien, aus seiner Sicht sei es das Beste, was der Regierung bisher gelungen sei. Allerdings vermisse er immer noch Aussagen über einzelne Projekte, die für die Anbindung des Regionalverkehrs an die Hauptstrecken von Bedeutung seien. In die Gespräche über das Zielnetz 2040 sollte auch der Verkehrsausschuss adäquat eingebunden werden, forderte er. Klaus Köchl (SPÖ) interessierte sich für die angekündigte Nahverkehrsmilliarde im Rahmenplan.

FPÖ-Abgeordneter Hauser sieht Hinweise auf Probleme bei der Auftragsvergabe für den Brenner-Basistunnel. Wenn es zu einem langwierigen Rechtsstreit kommen sollte, würde das zu weiteren Jahren Bauverzögerung führen, warnte er. Seitens der NEOS meinte ihr Verkehrssprecher Johannes Margreiter, dass die Investitionen zwar positiv seien, aber auf das budgetäre Gleichgewicht geachtet werden müsse.

Verkehrsministerin Gewessler sagte, die Konjunktureffekte von Bahninvestitionen seien nicht nur für die Bauphase feststellbar, sondern es handle sich auch um längerfristige Effekte, die entstehen, wenn Regionen verkehrsmäßig besser erschlossen werden. Verbesserungen der Verbindungen nach Horn und Gmünd seien Teil der Planungen, wie auch Streckenausbauten in Salzburg. In die Elektrifizierung werde man auch Privatbahnen einbeziehen, teilte Gewessler mit. Was den Brenner-Basistunnel betrifft, so sei die Auftragsvergabe, die Abgeordneter Hauser angesprochen habe, Aufgabe des Projektmanagements. Sie habe volles Vertrauen, dass dieses die richtigen Entscheidungen treffen werde.

Zum Anliegen von Abgeordnetem Hammer, dass Bahnhöfe auch an Radwege angebunden sein müssten, bestätigte Baltram die Aussage der Ministerin, dass dieser Punkt Teil des Konzepts der ÖBB sei, wonach Bahnhöfe künftig zu Mobilitätsknoten gemacht werden sollen. Dabei spiele auch die Barrierefreiheit eine wichtige Rolle, versicherte er Meri Diskosi (Grüne). Viele Bauprojekte würden auf die bessere Anbindung der Regionen abzielen, sodass durchgehende Verbindungen ohne Umstieg möglich werden. Dabei spiele die durchgehende Elektrifizierung eine wichtige Rolle. In den nächsten Jahren seien keine Einstellungen von Nebenstrecken mehr geplant.

Flughafenentgelte wurden für 2020 neu festgelegt

Das Verkehrsministerium hat dem Nationalrat einen Bericht über die Vollziehung des Flughafenentgeltegesetzes (FEG) im Jahr 2019 vorgelegt (III-181 d.B.). Staatssekretär Magnus Brunner teilte mit, dass die erforderlichen Konsultationen zwischen den Flughafenbetriebsgesellschaften und den jeweiligen Nutzern (d.h. den Luftfahrtunternehmen) 2019 konsensual verliefen und im Wesentlichen für 2020 nur Anpassungen an die Inflationsrate erfolgten. Der Flughafen Wien hat unterdessen beantragt, die Landegebühren für 2020 rückwirkend auf Null herabzusetzen.

Auf Nachfragen von Abgeordnetem Weratschnig (Grüne) erläuterte der Staatssekretär, dass das FEG auf Flughäfen anzuwenden ist, von denen aus Nutzer internationalen Luftverkehr betreiben und wenn mehr als 100.000 Passagiere jährlich befördert werden. Das treffe derzeit auf die Flughäfen Wien, Salzburg, Innsbruck, Graz, Linz und Klagenfurt zu. Auf jedem Flughafen sei ein Nutzerausschuss eingerichtet, der mindestens einmal jährlich zu einer Sitzung zusammentrete. SPÖ-Abgeordneter Stöger merkte kritisch an, dass das FEG dem Bund bisher keine Handhabe gebe, in Bezug auf die Arbeitsbedingungen an Flughäfen regulierend tätig zu werden. Das sollte bei einer Novelle des Gesetzes berücksichtigt werden. Staatssekretär Brunner teilte ihm mit, dass ein runder Tisch zu sozialen Standards an Flughäfen bereits geplant sei. (Fortsetzung Verkehrsausschuss) sox