Parlamentskorrespondenz Nr. 1438 vom 16.12.2020

Europäischer Rechnungshof stellt Österreich gutes Zeugnis aus

EU-Ausschuss des Bundesrats behandelt EuRH-Jahresbericht 2019 und Aktionsplan zur Kapitalmarktunion

Wien (PK) – Ein Bild über den Umgang mit den EU-Vergaberichtlinien vermittelt der Bericht des Europäischen Rechnungshofs zum Haushaltsjahr 2019, dem sich der EU-Ausschuss des Bundesrats heute ebenso widmete wie dem Aktionsplan der Europäischen Kommission zur Kapitalmarktunion.

Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofs 2019

Vom österreichischen Mitglied im europäischen Rechnungshof Helga Berger wurden die BundesrätInnen heute über die Prüftätigkeit und die Stellungnahmen des EU-Organs informiert. Während die Einnahmen der Union 2019 laut EuRH-Jahresbericht rechtmäßig und ordnungsgemäß waren, weisen die EU-Ausgaben bei den mit hohen Risiken verbundenen Bereiche Kohäsion, ländliche Entwicklung und Forschung eine wesentliche Fehlerquote von 4,9% aus, berichtete Berger. Die Gesamtfehlerquote wird vom Europäischen Rechnungshof für das Jahr 2019 auf 2,7% geschätzt (2018: 2,6%). Die meisten Fehler betrafen wie in den Vorjahren nicht förderfähige Projekte und Personalkosten. Nach wie vor häufig unwirksam seien hierbei die Kontrollen der Verwaltungsbehörden, weshalb Berger die EuRH-Empfehlung einer klareren Formulierung der Förderfähigkeitsregeln hervorhob. Dabei betonte sie, dass eine Fehlerquote zwar einen Verstoß gegen die Vergaberichtlinien ausdrücke, allerdings nicht automatisch mit Mittelverschwendung oder gar Betrug gleichzusetzen sei. Betrugsrelevante Sachverhalte würden an das europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) weitergeleitet werden.

Die Inanspruchnahme des Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI) durch die Mitgliedstaaten verlaufe langsamer als geplant. Bis Ende 2019 wurden nur rund 40% der für den Zeitraum 2014-2020 vereinbarten EU-Mittel ausgezahlt, wobei Österreich mit 56,5% über dem EU-Durchschnittswert und im Spitzenfeld lag. Die BundesrätInnen Sonja Zwazl (ÖVP/N) und Marco Schreuder (Grüne/W) führten die unzureichende Ausschöpfung der Fördermittel wie auch die Fehlerquellen auf die Komplexität der Förderrichtlinien zurück. Für EPUs und KMUs stelle dies hinsichtlich Wettbewerbsfähigkeit ein Problem dar, meinten beide. Die niedrige Ausschöpfungsquote könnte auch in Zusammenhang mit den Co-Finanzierungserfordernissen stehen, nahmen Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) und Stefan Schennach (SPÖ/W) an.

Ausschussobmann Christian Buchmann (ÖVP/St) unterstrich den Bedarf an mehr Treffsicherheit und Zielsetzung bei der Mittelabholung. Auch dem EuRH sei es ein Anliegen, zur Vereinfachung der Förderbestimmungen beizutragen, sagte Berger. Bundesrat Johannes Hübner (FPÖ/W) wurde von ihr informiert, dass die ungenutzten Mittel nicht gespart werden, sondern zu niedrigeren Ausgaben führen.

Österreich stehe nicht im Fokus des Europäischen Rechnungshofs, wo am Ende des Prüfzeitraums zu den von Österreich übermittelten Daten insgesamt 17 Vorbehalte bestanden, was Berger als gutes Zeugnis wertete. Bei einer EuRH-Prüfung im landwirtschaftlichen Bereich wurden zwei Fehlerquoten aber keine betrugsrelevanten Sachverhalte festgestellt. Österreich sei grundsätzlich gut verwaltet, sagte das EuRH-Mitglied diesbezüglich zu Bundesrat Günther Novak (SPÖ/K).

Details zur Fehlerquote holten die Bundesräte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W), Martin Preineder (ÖVP/N) und Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) ein. Für Fehler, die auf mangelnde Sorgsamkeit und nicht auf Betrugsabsichten zurückzuführen sind, würde die zweiprozentige "Wesentlichkeitsschwelle" eine Art Fehler-Toleranzgrenze darstellen, sagte Helga Berger. Als Konsequenz werden betroffene Mitgliedstaaten vom Europäischen Rechnungshof aufgefordert, die entsprechenden Mittel rückzuverrechnen. Im kommenden Jahr werde der Prüfschwerpunkt des Europäischen Rechnungshofs bei den Maßnahmen der einzelnen EU-Länder zu den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie liegen.

Aktionsplan zur Kapitalmarktunion

Im Übrigen konnte der Europäische Rechnungshof keine wesentlichen Fortschritte bei der Kapitalmarktunion feststellen, wozu die BundesrätInnen eine Kommissionsmitteilung zum Aktionsplan "Eine Kapitalmarktunion für die Menschen und Unternehmen" in Verhandlung nahmen. Der Aktionsplan sieht für die laufende Legislaturperiode drei Maßnahmen-Cluster ("Recovery", "Green Transition" und "Digital Transformation") vor. Da die konkreten Maßnahmen erst vorgelegt werden müssen, gibt es für die als Auskunftsperson geladene Expertin des Finanzministerium noch viele offene Fragen. Generell wird der Aufbau eines einheitlichen europäischen Kapitalmarkts durch die Verbesserung des Investitionsumfelds und den Zugang zu Finanzmitteln angestrebt, was seitens des heimischen Finanzministeriums insbesondere hinsichtlich Effizienz, Benchmarking und Bürokratieabbau begrüßt wird. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) fan


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