Parlamentskorrespondenz Nr. 1459 vom 17.12.2020

Bundesrat befürwortet Ausweitung des Personenkreises zur Durchführung von Corona-Tests- und -Impfungen

Keine Einsprüche zu erweiterten Befugnissen der Polizei bei Kontrolle der Corona-Auflagen sowie zu FFP2-Masken für über 65-Jährige

Wien (PK) –In seiner heutigen Sitzung hat der Bundesrat gebilligt, dass unter ärztlicher Aufsicht und Schulung künftig ein größerer Kreis des Gesundheits- und Sozialbetreuungspersonals Corona-Abstriche vornehmen kann. Zudem dürfen RettungssanitäterInnen unter bestimmten Voraussetzungen für Corona-Impfungen eingesetzt werden. Weiters erhält die Polizei auf Ersuchen der Bezirksverwaltungsbehörden erweiterte Befugnisse bei der Kontrolle von Corona-Auflagen. Die Länderkammer befürwortete zudem, dass Personen über 65 Jahren zehn FFP2-Schutzmasken gratis per Post erhalten sollen.

Einstimmig vom Bundesrat genehmigt wurde die Dienstrechtsnovelle 2020, die unter anderem die Ausdehnung des "Papamonats", eine finanzielle Besserstellung werdender Mütter während des Mutterschutzes, Neuerungen bei der Anrechnung von Vordienstzeiten und hinsichtlich Teleworking sowie den Gehaltsabschluss für den Bundesdienst vorsieht. Ein SPÖ-Entschließungsantrag zur Attraktivierung der Polizeiausbildung wurde in diesem Zusammenhang abgelehnt. Die Länderkammer genehmigte außerdem das Anti-Doping-Bundesgesetz 2021 sowie die Verlängerung des KünstlerInnen-Hilfsfonds einstimmig. Ebenso herrschte Einstimmigkeit über ein Europäisches Übereinkommen zur Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen sowie über ein Abkommen mit Israel, das den Austausch von Digitalisaten zwischen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ermöglicht.

Am Ende der Sitzung wurden Doris Hahn und Peter Raggl zu den beiden Vizepräsidenten des Bundesrats gewählt. Der Vorsitz in der Länderkammer wechselt mit 1. Jänner 2021 zur Steiermark. Christian Buchmann wird die amtierende Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler (Salzburg) turnusgemäß ablösen.

Mehr Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufe berechtigt, Corona-Tests und -Impfungen vorzunehmen

Mit Stimmenmehrheit gab der Bundesrat grünes Licht für die Ausweitung des Personenkreises zur Durchführung von Corona-Tests- und –Impfungen. Die Angehörigen jener Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufe, die nicht ohnedies über eine entsprechende Befugnis verfügen, werden zur Abstrichnahme aus Nase und Rachen nach ärztlicher Anordnung, Aufsicht und Schulung ermächtigt. In Vorbereitung auf die Corona-Impfstrategie werden darüber hinaus RettungssanitäterInnen befugt, in "strukturierten Einrichtungen" wie Teststraßen Corona-Impfungen durchzuführen, sofern sie über mindestens 2.000 Stunden Berufserfahrung in den letzten fünf Jahren verfügen. Voraussetzung sind entsprechende Schulungen und eine ärztliche Aufsicht. Außerdem dürfen nur Erwachsene geimpft werden. Zudem wurde die Erhebung und Aufbewahrung von Kontaktdaten für Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Sportstätten, Kranken- und Kuranstalten, Pflege- und Behindertenheimen sowie Veranstalter zur Verfolgung von Infektionsketten von der Länderkammer mehrheitlich genehmigt.

Ingo Appé (SPÖ/K) signalisierte seitens seiner Fraktion die Zustimmung zur Ausweitung des Test- und Impfpersonals. Jedoch habe man es leider verabsäumt auch ApothekerInnen in diesen Kreis aufzunehmen. Was die vorerst abgeschlossenen Massentests betrifft, hätten alle Beteiligten die besten Bedingungen geschaffen, damit diese zu einem "vollen Erfolg" hätten werden können, betonte der SPÖ-Bundesrat. Zudem hätten die Massentests die "Realität" in Bezug auf die Digitalisierung in Österreich gezeigt. Vor allem ältere Menschen hätten Schwierigkeiten bei der Anmeldung und der Übermittlung der Ergebnisse gehabt.

Seit dem Frühjahr 2020 begleite Corona alle getroffenen Entscheidungen, unterstrich Christoph Steiner (FPÖ/T). Die Bevölkerung werde aber nun "langsam aber sicher wach", denn Corona sei ein Vorwand der Regierung zur Einschränkung der Freiheitsrechte der Bevölkerung. In diesem Zusammenhang brachte Egger einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der ein gesetzliches Verbot von "Zwangstestungen" und "Zwangsimpfungen" fordert. Diese Initiative wurde aber mehrheitlich abgelehnt.

Die Zahlen seien eindeutig, je 30 Impfungen könne ein Krankheitsfall verhindert werden, je 2000 Impfungen sogar ein Todesfall, sagte Karlheinz Kornhäusl (ÖVP/St). Keine andere Impfung habe weltweit eine vergleichbare Bilanz. Für die Impfungen und das vermehrte Testen habe man nun sichergestellt, dass genügend Personal zur Verfügung stehe. Denn "das Testen kann Infektionsketten durchbrechen und Leben retten" so der ÖVP-Mandatar. Kornhäusl forderte zudem die FPÖ-VertreterInnen auf, ihre "Angstmache-Politik" in Bezug auf die Impfungen zu beenden.

Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) sah das ähnlich. Die Corona-Pandemie sei ein ständiger Begleiter im Jahr 2020. Mit den gesetzten Maßnahmen sei es aber gelungen, die Zahlen aktuell wieder zu senken. Mit der Ausweitung des Test- und Impfpersonals sei sichergestellt, dass einerseits die verstärkte Teststrategie sowie die Impfstrategie der Bundesregierung umgesetzt werden könne.

Erweiterte Polizeibefugnisse zur Kontrolle von Corona-Auflagen

Neben den Bezirksverwaltungsbehörden wird künftig die Polizei die Einhaltung von Corona-Auflagen in "Betriebsstätten, Arbeitsorten, Verkehrsmitteln und bestimmten Orten" kontrollieren dürfen. Die dafür nötigen Änderungen im COVID-19-Maßnahmengesetz wurden vom Bundesrat mehrheitlich angenommen. Darin ist festgeschrieben, dass die Kontrolltätigkeit durch "Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes" nur auf Ersuchen der Bezirksverwaltungsbehörden stattfinden kann und nicht für den privaten Wohnraum gilt.

Die von den Regierungsfraktionen geplanten Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte seien durch den Druck der Opposition schlussendlich gefallen, betonten Ingo Appé (SPÖ/K) und Christoph Steiner (FPÖ/T) für ihre Fraktionen. Eine polizeiliche Nachschau in Privaträumen werde es mit SPÖ und ÖVP nicht geben. "Wir entwickeln uns geradewegs hin zu einem Polizeistaat mit Vernaderung und Bespitzelung", so Steiner weiter. Wer keine Bespitzelung wolle, "schreibt das auch nicht in einen Antrag", hielt der FPÖ-Mandatar in Richtung der Grünen fest.

Die Ausweitung der Polizeibefugnisse hätten für Aufregung gesorgt, gestand Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) ein. Durch den seitens der Regierungsfraktionen im Nationalrat eingebrachten Abänderungsantrag habe man aber festgehalten, dass eine Nachschau im privaten Wohnraum durch die Polizei nicht möglich sei.

Personen ab 65 Jahren erhalten FFP2-Schutzmasken

Zum Schutz der älteren Bevölkerung vor dem Coronavirus sollen alle Personen über 65 Jahre zehn FFP2-Schutzmasken gratis per Post erhalten. Die Länderkammer hat die entsprechende Ermächtigung zur Finanzierung mehrheitlich befürwortet. Wesentliches Ziel dieser Maßnahme ist es, die besonders vulnerable Gruppe der Personen ab 65 Jahren in die Lage zu versetzen, sich bis zur Verfügbarkeit einer COVID-19-Impfung adäquat zu schützen. Im Zuge der Debatte brachte die SPÖ einen Entschließungsantrag ein, der den vollständigen Kostenersatz für die Massentests für die Gemeinden seitens des Bundes einfordert. Die SPÖ-Initiative erhielt jedoch keine Mehrheit.

Man habe nun gute Werkzeuge zur Eindämmung der Corona-Pandemie, stellte Eduard Köck (ÖVP/N) fest. Dazu zähle einerseits noch immer das Einschränken der sozialen Kontakte. Andererseits reduziere das Tragen von Masken die Ansteckungsgefahr. Eine weitere wichtige Maßnahme ist laut Köck das großflächige Testen. Die gerade abgeschlossenen Massentests seien sehr erfolgreich gewesen und hätten reibungslos funktioniert. Immerhin habe man österreichweit über 4.000 infizierte Personen "herausgefiltert", so der ÖVP Mandatar. Zudem müsse man auf die Registrierung der Kontaktdaten zur Verfolgung der Infektionsketten setzen.

"Die Masken sollen schnellstmöglich bei den Menschen ankommen und verwendet werden", zeigte sich Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) erfreut. So könnten sich nun vor allem ältere Menschen besser schützen.

Anderer Meinung war Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ/T). Er kritisierte, dass man seit einem dreiviertel Jahr um die stärkere Gefährdung der älteren Generation wisse. Er frage sich, "warum man erst jetzt darauf kommt, FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen". Zudem würden Risikogruppen unter 65 Jahren oder Menschen mit Behinderung keine Gratis-Masken bekommen. Dieser Umstand sei keine "Heldentat dieser Regierung, sondern eine Bankrotterklärung", so Steiner.

"Die türkis-grüne Maskenaktion ist wie die Massentests ein PR-Gag der Regierung", zeigte sich David Egger (SPÖ/S) überzeugt. Seit Monaten höre man, wie wichtig Masken seien. Vor allem ältere Menschen seien besonders gefährdet. Er frage sich, welche Evidenz es gebe, dass nur über 65-jährige Masken bekämen, wenn gleichzeitig andere Risikogruppen keine erhielten. Etwa hätte man auch dem Lehrpersonal zu Schulbeginn Gratismasken zur Verfügung stellen sollen.

Die Pandemiebekämpfung gelinge nicht durch Normsetzung, sondern durch Verhaltensänderungen, betonte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W). Das Tragen von Masken, das Testen und die Einschränkung der Kontakte würden diese Verhaltensänderungen belegen. Jedoch schaffe der Regierungskurs von "Vollgas und Vollbremsung" kein Vertrauen in die gesetzten Maßnahmen.

Anschober zieht Bilanz über zweiten Lockdown

Gesundheitsminister Rudolf Anschober zog im Bundesrat Bilanz über den zweiten Lockdown. Grundsätzlich sei ein Lockdown immer das "letzte Mittel der Wahl". Der Kontrollverlust der Infektionszahlen und eine drohende Überlastung der intensivmedizinischen Kapazitäten im November hätten diese Vorgehensweise aber notwendig gemacht. Anschober verwies auf drei Ziele, die bei Beginn des Lockdowns definiert wurden. Zum einen habe man die Sieben-Tage-Inzidenz von über 600 auf über 200 senken können. Man sei aber noch nicht dort, wo man hinwolle. Das Ziel sei weiterhin ein Wert von unter 50. Zum anderen sei der Reproduktionsfaktor von 1,44 auf 0,88 gefallen, auch hier wolle man weiter nach unten. Das dritte Ziel sei der Schutz der intensivmedizinischen Kapazitäten, um eine Triage der PatientInnen zu verhindern. Laut Anschober ist diese schwerwiegende Maßnahme bei etwa 850 coronabedingt belegten Intensivbetten nötig. Zu Beginn des Lockdowns habe man einen Wert von 709 erreicht, aktuell sei man bei 550 belegten Intensivbetten. Die Zielvorgabe liege hier bei unter 200.

Um die Pandemie mittelfristig in den Griff zu bekommen, sieht der Gesundheitsminister den "intensiven Ausbau von Testungen auf allen Ebenen", eine bessere Aufstellung des Contact-Tracing, den Schutz von Risikogruppen sowie die Reduzierung der Sozialkontakte als notwendig an. Zudem geht Anschober von einem Impfstart am 27. Dezember 2020 aus. Im Jänner sollen dann weitere 230.000 Impfdosen folgen. (Schluss Bundesrat) med/fan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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