Parlamentskorrespondenz Nr. 771 vom 23.06.2021

Kulturausschuss: Rolle des Bundes beim Schutz des Welterbes soll genauer geregelt werden

Anträge der Opposition mit den Stimmen von ÖVP und der Grünen vertagt

Wien (PK) - Breite Zustimmung fand heute im Kulturausschuss ein Entschließungsantrag von Abgeordneten der Koalition, der sich für eine klar definierte Rolle des Bundes bei der Wahrung des UNESCO-Welterbes in Österreich ausspricht. Alle Fraktionen außer den NEOS unterstützen nun eine entsprechende Entschließung.

Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt wurden mehrere Anträge der SPÖ mit Forderungen zur Herstellung von besseren Bedingungen für die im Kulturbereich Tätigen. Konkret fordern die SozialdemokratInnen Maßnahmen für eine verbesserte Gender-Statistik im Kulturbereich, Schritte gegen Altersarmut und für "Fair Pay" sowie ein neues Urhebervertragsrecht. 

Die FPÖ fordert die Umsetzung des Projekts einer gemeinsamen internen Revision der Bundesmuseen. Außerdem befürchten die Freiheitlichen, dass sich in Österreich im Umgang mit historischen Persönlichkeiten eine "Cancel Culture" herausbildet. Auch diese Anträge wurden vertagt.

In die Warteschleife verwiesen wurde schließlich auch ein NEOS-Antrag, im dem die NEOS ihre Vorstellungen für einen "Kultur-Neustart" formulieren und die Abhaltung runder Tische mit den Betroffenen der Branche fordern.

Ausschuss für klare Rolle des Bundes beim Schutz von Welterbestätten

Initiiert wurde die Entschließung zum Thema Weltkulturerbe von den Kultursprecherinnen der Koalitionsparteien, Maria Großbauer (ÖVP) und Eva Blimlinger (Grüne), mit Unterstützung der Abgeordneten Wolfgang Gerstl (ÖVP) und Hermann Weratschnig (Grüne). Sie wollen damit ein klares Signal in Bezug auf die Erhaltung von UNESCO-Welterbestätten in Österreich setzen. Aus ihrer Sicht wäre es notwendig, die Rolle des Bundes gesetzlich deutlicher zu verankern. In Entsprechung der Empfehlungen des "Heritage Impact Assessment" der UNESCO solle daher das UNESCO-Welterbe entweder als Angelegenheit öffentlichen Belangs im österreichischen Denkmalschutzgesetz verankert oder ein eigenes Welterbegesetz beschlossen werden, forderte Ausschussobfrau Blimlinger (1689/A(E)).

Darüber hinaus sollten laut den Abgeordneten - unter Einhaltung der bestehenden Kompetenzverteilung - die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Stärkung des Umgebungsschutzes, der aktiven Anwendung des Ensembleschutzes, des Schutzes von kulturhistorisch bedeutenden Sichtachsen sowie der Erhaltungspflicht von Denkmalen dahingehend ergänzt werden, dass koordiniert durch das Bundesdenkmalamt den Anforderungen der UNESCO-Welterbekonvention entsprochen werden kann.

Eine der österreichischen Weltkulturerbestätten stehe auf der Roten Liste der UNESCO, hob Abgeordnete Agnes Prammer (Grüne) die Dringlichkeit des Tätigwerdens durch das Bundesdenkmalamt hervor. Sie bekam darin Unterstützung von Rudolf Taschner (ÖVP). Seitens der SPÖ pochte Harald Troch darauf, die Ressourcen des Bundesdenkmalamts entsprechend aufzustocken. Für die SPÖ mache der Föderalismus in diesem Bereich Sinn, trat der Abgeordnete für die gemeinsame Verantwortung und Regionalität ein. Der Antrag sei zu befürworten, argumentierte auch Volker Reifenberger (FPÖ), der darin ein Zurückführen auf die sachliche Ebene sowie eine Entpolitisierung sah. Josef Schellhorn (NEOS) hingegen verwehrte die Zustimmung seiner Fraktion und hinterfragte den Aufwand für die Stellung als Weltkulturerbestätte.

Österreich habe aktuell 10 Welterbestätten, führte Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer aus. Da die bestehenden nationalen Regelungen aus ihrer Sicht nicht ausreichen, warb die Staatssekretärin dafür, diese Agenda ins Bundesrecht einzubetten. Schließlich wurde der Antrag mehrheitlich, ohne Zustimmung der NEOS, beschlossen.

SPÖ fordert für den Kulturbereich verbesserte Gender-Statistik

SPÖ-Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek forderte die Ausweitung der Gender-Statistik auf die Bundeskultureinrichtungen. Demnach solle möglichst ab dem Kunst- und Kulturbericht 2020, spätestens jedoch ab dem Kunst- und Kulturbericht 2021 die Geschlechterverteilung in der ersten und zweiten Führungsebene bei den Bundestheatern, Bundesmuseen, Bundestheater-Holding und Art für Art angegeben werden (1515/A(E)). Die Regierungsparteien, insbesondere die Grünen, unterstrichen ihre volle inhaltliche Zustimmung, vertagten jedoch den Antrag mit der Begründung, dass die Planungen der Regierung über die Forderungen des Antrags hinausgehen würden. Der Kulturbericht sei bereits sehr umfangreich und werde weiter ausgeweitet, argumentierten Sybille Hamann (Grüne) und Maria Großbauer (ÖVP). Die FPÖ sieht die Voraussetzungen bereits durch den Gender Report ausreichend erfüllt, wie Rosa Ecker mitteilte.

SPÖ tritt für Maßnahmen gegen Altersarmut und für "Fair Pay" von KünstlerInnen und KulturarbeiterInnen ein

Die SPÖ-Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek und Katharina Kucharowits fordern zudem Maßnahmen gegen die Altersarmut im Kulturbereich, da gerade KünstlerInnen und KulturarbeiterInnen aufgrund eines niedrigen Einkommens sehr oft davon betroffen seien. Die Abgeordneten verlangen eine Erhebung empirischer Grundlagen zur Altersarmut von KünstlerInnen und KulturarbeiterInnen und in weiterer Folge ein darauf aufbauendes Maßnahmenpaket der Bundesregierung (1622/A(E)).

Auch die Sicherstellung von "Fair Pay" in der Kulturbranche ist den SPÖ-Abgeordneten Heinisch-Hosek und Kucharowits ein Anliegen. Die Einkommenssituation im Kunst- und Kulturbereich sei von Unterbezahlung bis hin zur Selbstausbeutung geprägt, halten die Abgeordneten fest. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, nachteilige Verträge und unsichere Arbeitsbedingungen seien an der Tagesordnung. Daher müsse die Vergabe von Förderungen laut Kunstförderungsgesetz insbesondere auch die Verbesserung der sozialen Lage von KünstlerInnen und eine faire Bezahlung künstlerischer und kultureller Tätigkeiten zum Ziel haben. In den Förderrichtlinien solle explizit auf die Einhaltung arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Regelungen und die Berücksichtigung von Honorarempfehlungen verwiesen werden (1623/A(E)).

Vertagt wurden die Anträge seitens ÖVP und Grünen mit der Begründung, dass dies bereits im Regierungsprogramm verankert sei und die Umsetzung über den Antrag hinausgehen solle. Zum Fair Pay sollen laut Hamann im Herbst weitere Maßnahmen präsentiert werden. Die Bekämpfung von Altersarmut sei ein wichtiges Thema für die FPÖ, signalisierte Ecker die Zustimmung ihrer Fraktion.

Staatssekretärin Mayer erklärte, Altersarmut durch faire Arbeitsbedingungen vermeiden zu wollen. Zum Fair Pay erwarte sie Ergebnisse einer Studie mit Jahresende. Mayer wies aber auch auf die vorrangige Zuständigkeit des Sozialministeriums hin. Für besondere Prekariate sollen Sondermittel von einer Million Euro zur Verfügung gestellt werden, so Mayer.

SPÖ kritisiert Fehlen eines modernen UrheberInnenvertragsrechts

Erneut auf der Tagesordnung stand ein Antrag der SPÖ-Abgeordneten Katharina Kucharowits, die auf eine rasche Erarbeitung eines umfassenden UrheberInnenvertragsrechts drängt (135/A(E)). Eine entsprechende EU-Richtlinie hätte bereits mit dem Stichtag 7. Juni dieses Jahres in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Angesichts dessen sei es unverständlich, warum die Koalition ihren Antrag erneut vertage, kritisierte die Abgeordnete. Sie fand Unterstützung bei NEOS-Kultursprecher Josef Schellhorn, der die Bundesregierung verantwortlich sieht, eine moderne Regelung für geistiges Eigentum zu finden. Auch der Kultursprecher der FPÖ, Volker Reifenberger, äußerte Unmut über die weitere Verzögerung.

Hans Hintner (ÖVP) hielt der Kritik entgegen, die Frage des geistigen Eigentums sei komplex, weshalb bisher nur fünf EU-Mitgliedsstaaten die Richtlinie umgesetzt hätten. Im Regierungsprogramm sei aber eine Regelung vorgesehen, weshalb eine Vertagung gerechtfertigt sei.

Auf die Frage von Kucharowits nach dem Zeitplan der Umsetzung teilte Ausschussvorsitzende Eva Blimlinger mit, dass sie mit Ende September dieses Jahres eine Ministerialvorlage erwarte, die dann den üblichen Weg der Begutachtung und der parlamentarischen Beschlussfassung durchlaufen werde. Bis dahin müssten alle Betroffenen eingebunden werden, wobei die Interessenslagen sehr unterschiedlich seien. Unterdessen liege auch eine Richtlinienentscheidung der EU vor, die in den Entwurf einfließen solle.

FPÖ drängt auf Schaffung einer gemeinsamen internen Revision der Bundesmuseen

Um eine Wiederaufnahme der Beratungen handelte es sich auch beim Antrag von FPÖ-Kultursprecher Volker Reifenberger, der die rasche Durchführung der vom Rechnungshof geforderten Kosten-Nutzen-Rechnung zum Projekt einer gemeinsamen internen Revision der Bundesmuseen einfordert (963/A(E)). Johann Höfinger (ÖVP) verwies darauf, dass dieses Thema in Arbeit sei. Eine Entscheidung, wie die interne Revision konkret gestaltet werden solle, müsse Teil einer Gesamtbewertung sei. Staatssekretärin Mayer führte aus, derzeit obliege die interne Revision der jeweiligen Geschäftsführung der Bundesmuseen. Die Frage, ob ein künftiges Outsourcing der internen Revision sinnvoll sei, werde im Zusammenhang mit der Schaffung einer Bundesmuseen-Holding behandelt.

FPÖ gegen "Cancel Culture" in Österreich

Die Diskussion um den Umgang mit dem Denkmal des ehemaligen Wiener Bürgermeisters Karl Lueger veranlasst FPÖ-Kultursprecher Volker Reifenberger, vor der Entstehung einer "Cancel Culture" in Österreich zu warnen. Er fordert die Bundesregierung und insbesondere den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport in einem Entschließungsantrag auf, sich auf Bundesebene klar gegen "Cancel Culture" auszusprechen, um so einen differenzierten Diskurs über die Verdienste, aber auch die Schattenseiten historischer Persönlichkeiten und damit eine objektive Auseinandersetzung mit der österreichischen Vergangenheit und Geschichte zu ermöglichen (1766/(E)).

Auch dieser Antrag wurde von ÖVP und Grünen vertagt, wobei die anderen Fraktionen wenig Verständnis für ihn zeigten. Von einem neuen Phänomen zu sprechen, wenn es um den Umgang mit Denkmälern gehe, sei nicht angebracht, meinte Rudolf Taschner. Die Frage sei vielmehr, ob man statt eines "Denkmalsturms" durch kritische Interventionen einen Kontrapunkt setzen könne, wie das beim Lueger-Denkmal bereits diskutiert werde. Seitens der Grünen widersprachen Sibylle Hamann und Eva Blimlinger ebenso wie SPÖ-Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek der Auffassung, dass auf die von der FPÖ vorgebrachten Beispiele der Begriff "Cancel Culture" zutreffe. Vielmehr werde ein lebhafter erinnerungspolitischer Diskurs geführt, argumentierten die Abgeordneten.

NEOS fordern einen "echten Kultur-Neustart"

Sie hoffe auf den "Mut zu einem echten Kultur-Neustart" sagte die Abgeordnete der NEOS Henrike Brandstötter. Ihre Fraktion fordere daher in einem Entschließungsantrag, die Förderungsflüsse des Kulturbereichs zu evaluieren und auf Basis der Ergebnisse neu aufzustellen (1716/A(E)). Neben mehr Diversität in den Beiräten und Gremien der Kunst- und Kulturförderung und der Erhöhung des Frauenanteils seien auch neue Versicherungsformen notwendig, damit KünstlerInnen nicht mehr zu Doppelversicherungen gezwungen sind. Da in der Krise auch notwendige Strukturen zerstört wurden, müssten diese gezielt aufgebaut und neu entwickelt werden, meinte Brandstötter. Dazu brauche man runde Tische mit BranchenvertreterInnen, KünstlerInnen und Interessierten. Auch in diesem Fall argumentierten die Koalitionsfraktionen für eine Vertagung. Viele der geforderten Punkte seien bereits in Umsetzung, unterstrich Irene Neumann-Hartberger (ÖVP). (Schluss Kulturausschuss) gla/sox


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