Parlamentskorrespondenz Nr. 906 vom 15.07.2021

Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz erhält auch im Bundesrat notwendige Zweidrittelmehrheit

Nur FPÖ stimmt gegen neues Förderregime für Ökostrom

Wien (PK) – Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz hat die letzte parlamentarische Hürde genommen. Nur eine Woche nach dem Nationalrat stimmte auch der Bundesrat mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit für das ambitionierte Ökostrompaket. Mit Förderungen von bis zu 1 Mrd. € pro Jahr und verschiedenen weiteren Maßnahmen will die Politik sicherstellen, dass der heimische Stromverbrauch ab dem Jahr 2030 zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik abgedeckt wird. Die FPÖ ist allerdings skeptisch: Sie sorgt sich um die Energieversorgungssicherheit in Österreich.

Neben dem EAG-Paket hat auch eine Novelle zum Umweltförderungsgesetz den Bundesrat passiert: Sie sieht unter anderem vor, die Fernwärmeförderung in das Umweltförderungsgesetz zu integrieren, wobei auch für diesen Bereich in den nächsten Jahren erhebliche Fördermittel bereitgestellt werden.

Breite Zustimmung zum Gesetzespaket

Zustimmend zum Gesetzespaket äußerten sich unter anderem die BundesrätInnen Adi Gross (Grüne/V) und Isabella Kaltenegger (ÖVP/St). Mit dem EAG-Paket werde eine neue Dimension in der österreichischen Klima- und Energiepolitik erreicht, betonte Gross. Noch nie habe es ein so klares Ziel für den Ökostrom-Ausbau und so viel Planungssicherheit gegeben. So würden für jeden einzelnen Träger konkrete Ausbauziele festgelegt. Zudem hob Groß u.a. das Fördervolumen von 1 Mrd. € pro Jahr, die Festlegung von Nachfolgetarifen für bestehende Anlagen sowie Förderzuschläge für besonders innovative Projekte wie die Überdachung versiegelter Parkplätze hervor. Er ist auch überzeugt, dass durch die geplante gemischte Nutzung von Flächen für Landwirtschaft und Photovoltaik Flächenverbrauch hintangehalten werden kann. Auch für die Produktion von erneuerbarem Gas wird ihm zufolge die Tür weit geöffnet.

Großes Potential sieht Gross außerdem in den Energiegemeinschaften. Gemeinden, BürgerInnen, kleine Betriebe, LandwirtInnen und andere könnten sich zusammenschließen, um Strom gemeinsam zu produzieren und zu nutzen. Diesen Aspekt hob auch ÖVP-Bundesrätin Kaltenegger hervor. Insgesamt handle es sich um eines der größten Energiepakete, die es je in Österreich gegeben habe, betonte sie. Österreich sei das erste Land in Europa, das auf nicht erneuerbaren Strom verzichten wolle.

Ausdrücklich begrüßten Kaltenegger und ihre oberösterreichische Parteikollegin Andrea Holzner auch die vorgesehenen Förderungen für Wasserstofftechnologie. Holzner zufolge sind dafür jährlich bis zu 50 Mio. € vorgesehen, wobei Oberösterreich in diesem Bereich Forschungsregion werden soll.

Eine Gefährdung der Energieversorgungssicherheit durch das Gesetzespaket, wie von der FPÖ prophezeit, befürchtet Gross nicht. Die Versorgungssicherheit wird seiner Meinung nach durch die Diversifikation bei der Energieerzeugung vielmehr steigen. Gefordert sind Gross zufolge nun die Länder und Gemeinden, die das Paket umsetzen müssten, etwa was Widmungen betrifft.

Soziale Treffsicherheit

Positiv zum Gesetzespaket äußerten sich auch die SPÖ-Bundesräte Günther Novak und Dominik Reisinger. Die SPÖ habe das Gesetz zwar nicht geschrieben, es sei ihr aber gelungen, im Zuge der Verhandlungen deutliche Verbesserungen zu erreichen, sagte Reisinger. So ist ihm und Novak zufolge nun sichergestellt, dass der Ausbau von Ökostrom nicht zu Lasten sozial schwacher Haushalte geht. Vielmehr seien künftig 1,2 Millionen Menschen von der Ökostrom-Abgabe befreit bzw. müssten nur eine reduzierte Pauschale zahlen, wie Novak erklärte. Zudem begrüßten Novak und Reisinger den Abbau von Wartelisten bei der Fernwärmeförderung und die Bereitstellung zusätzlicher Fördermittel für diesen Bereich. Auch die Investitionszuschüsse für Kleinwasserkraftwerke, von denen laut Reisinger auch kleine Gemeinden profitieren werden, wurden von Seiten der SPÖ erwähnt.

Allgemein zeigte sich Novak überzeugt, dass die Energiewende mit dem EAG-Paket deutlich an Dynamik gewinnen werde. Das größte Potential sieht er in der Photovoltaik, auch was die Akzeptanz in der Bevölkerung betrifft.

FPÖ sieht Versorgungssicherheit in Gefahr

Abgelehnt wurde das Gesetzespaket hingegen von der FPÖ. Die FPÖ unterstütze den Ausbau von Ökostrom, im vorliegenden Paket fehlten aber wesentliche Inhalte, die eine Zustimmung seiner Fraktion nicht möglich machten, sagte Michael Bernard. So sieht er etwa die Energieversorgungssicherheit durch das Paket gefährdet und damit auch den Wirtschaftsstandort und Arbeitsplätze. Es fehle etwa ein Regelwerk für Gas, die Energiewende werde ohne grünes Gas aber nicht funktionieren, glaubt er.

Bernard ortet außerdem "ein Doppelspiel" bei den Grünen. Um die mit dem Paket angestrebten Ziele zu erreichen, bräuchte es nicht nur 1.200 neue Windräder, sondern auch einen deutlichen Ausbau der Wasserkraft, machte er geltend. Konkrete Projekte würden aber immer wieder auf Widerstand stoßen. Zudem befürchtet er, dass durch den Bau von Photovoltaikanlagen "grüne Wiesen" versiegelt würden und die Kulturlandschaft beeinträchtigt werde. Letztendlich seien es außerdem die BürgerInnen, die die Energiewende zahlen müssten, hielt Bernard fest und plädierte für eine Energie- und Klimapolitik "mit Hausverstand".

Gewessler: Österreich startet mit EAG-Paket Energiewende

Umweltministerin Leonore Gewessler hielt fest, dass Österreich mit dem vorliegenden Gesetzespaket die Energiewende starte. Das EAG sei ein essentieller Baustein für den Klimaschutz, sagte sie. Zudem handle es sich um ein Job-Paket und ein Investitionspaket. Gewessler erwartet, dass mit dem EAG-Gesetz Investitionen im Ausmaß von 30 Mrd. € ausgelöst werden. Durch die Energiegemeinschaften sei zudem sichergestellt, dass die BürgerInnen und KMUs Teil der Energiewende werden. Auch gebe es künftig einen gerechteren Zugang zum Stromsystem. Es werde an unzähligen Stellschrauben gedreht, so Gewessler. Um Verzögerungen zu vermeiden, soll ein Teil des Pakets ihr zufolge sofort in Kraft treten, für den anderen braucht es davor noch eine Genehmigung der EU.

Staatssekretär Magnus Brunner wies darauf hin, dass die Bundesländer intensiv in den Verhandlungsprozess einbezogen gewesen seien, aus deren Reihen seien auch viele gute Ideen gekommen. Das sei auch wichtig, da man für eine erfolgreiche Energiewende "alle braucht", sagte er. Bedauern äußerte Brunner über die Ablehnung des Gesetzespakets durch die FPÖ, schließlich seien mehr als 90% der Punkte schon mit der FPÖ ausverhandelt gewesen.

Notwendige Gesetzesreparatur

Keine Mehrheit bei der Abstimmung erhielt ein gemeinsamer Entschließungsantrag der SPÖ und der NEOS. Die beiden Oppositionsparteien wollten damit erreichen, dass ein legistischer Fehler, der sich in das Gesetzespaket eingeschlichen hat, den Vollzug des Gesetzes bis zu dessen Reparatur nicht beeinträchtigt. Grünen-Bundesrat Gross wertete diesen Antrag allerdings als überflüssig; da es um künftige Förderungen gehe, werde keine Vollzugslücke entstehen. Ein Vier-Parteien-Antrag zur Reparatur des Gesetzes wurde bereits im Parlament eingebracht und soll gemäß einer Fristsetzung im September vom Nationalrat beschlossen werden. (Fortsetzung Bundesrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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