Parlamentskorrespondenz Nr. 1310 vom 19.11.2021

Kleine Pensionen werden 2022 um 3% erhöht

Nationalrat beschließt Pensionsanpassung, Debatte über Hacklerregelung

Wien (PK) - Die Pensionen werden kommendes Jahr um den Anpassungsfaktor von 1,8% erhöht. Für kleine und mittlere Pensionen gibt es eine Erhöhung um bis zu 3%. Das hat der Nationalrat heute mehrheitlich beschlossen. Mittels Abänderungsantrag haben die Koalitionsfraktionen noch eine Verfassungsbestimmung zur Begrenzung der Sonderpensionen aus dem ursprünglichen Gesetzesentwurf gestrichen.

Ein Abänderungsantrag der NEOS sowie einer der SPÖ fanden ebenso keine Mehrheit wie Entschließungsanträge von FPÖ und SPÖ. Erneut debattiert wurde über die Abschaffung der abschlagsfreien Pension bei 45 Beitragsjahren, der sogenannten "Hacklerregelung".

Pensionsanpassungsgesetz 2022 beschlossen

Die Anpassung der Pensionen für das kommende Jahr wurde mehrheitlich beschlossen. Der generelle Anpassungsfaktor für 2022 beträgt 1,8%. Kleine und mittlere Pensionen sollen mit dem Pensionsanpassungsgesetz 2022 über diesen Anpassungsfaktor hinaus erhöht werden, und zwar um bis zu 3%.

Konkret gibt es für Pensionen unter 1.000 € im Monat eine Erhöhung von 3%. Das gilt auch für die Ausgleichszulagenrichtsätze. Pensionen von monatlich zwischen 1.000 und 1.300 € werden zwischen 3% und 1,8% mehr erhalten, wobei der Betrag linear absinkt, je höher die Pension ist. Wer mehr als 1.300 € Pension im Monat bezieht, wird künftig um 1,8% mehr erhalten. Dabei wird das Gesamtpensionseinkommen herangezogen, also alle Pensionen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung. Darunter fallen – wie schon in den Jahren 2018 und 2020 - auch Sonderpensionen. Auch die Ruhebezüge von BeamtInnen werden entsprechend angepasst. Die Erhöhung von 3% wird darüber hinaus auch für Opferrenten wirksam.

Die Anpassung der Sonderpensionen sollte ursprünglich durch eine Begrenzungsregel im Verfassungsrang entsprechend limitiert werden. Mittels Abänderungsantrag im Plenum wurde dieser Passus jedoch wieder gestrichen. Man wolle die erhöhten Pensionen fristgerecht auszahlen können, unabhängig davon, ob im Nationalrat die für diese Bestimmung nötige Verfassungsmehrheit zustande komme, lautete die Begründung.

Keine Zustimmung gab es für einen Antrag sowie einen Abänderungsantrag der NEOS, mit dem sie sicherstellen wollten, dass besonders hohe Pensionen um maximal 66 € erhöht werden.

Auch ein Abänderungsantrag der SozialdemokratInnen, mit dem sie die "Einschleifregelung" ausdehnen wollten, fand keine Mehrheit. Sie forderten, dass die Erhöhung für Pensionen zwischen 1.000 und 2.000 € von 3% auf 1,8% linear absinkt. Laut Regierungsvorlage ist diese Einschleifung nur für Pensionen zwischen 1.000 und 1.300 € vorgesehen. Auch sie sprachen sich für eine Deckelung der Erhöhung von Sonderpensionen um 66 € aus.

Koalition zufrieden, Opposition übt Kritik

Michael Hammer (ÖVP) bezeichnete die Pensionserhöhung als gerecht. Der Bundesregierung sei es wichtig gewesen, vor allem kleine Pensionen stärker zu erhöhen. Für ihn drückt die Erhöhung Wertschätzung für die älteren Mitmenschen aus. Auch Gertraud Salzmann (ÖVP) betonte, dass ÖVP und Grüne für sichere und faire Pensionen eintreten würden. Markus Koza (Grüne) zeigte sich zufrieden, dass in derzeit unerfreulichen Zeiten erfreuliche Regelungen beschlossen werden. Die Erhöhung der kleinen Pensionen und der Ausgleichszulage um 3% sei ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Armut. Mit dem Beschluss weite man außerdem den Frühstarterbonus auf Bedienstete aus dem öffentlichen Sektor aus, was Koza als positiv hervorhob.

Für Gerald Loacker (NEOS) ist die Erhöhung der kleinen Pensionen nur auf den ersten Blick fair. Denn die Mehrheit jener, die davon profitieren, sei nicht bedürftig. Vielmehr komme die Anpassung Menschen im Ausland und MehrfachpensionistInnen zu Gute. Er kritisierte, dass die Regierung beim vorliegenden Gesetz nicht auf ExpertInnen gehört habe.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) ging die Erhöhung nicht weit genug. Angesichts der aktuell steigenden Teuerungsrate sei es nicht verständlich, dass die Regierung bei der Anpassung der Pensionen "knausrig" sei. Sie brachte daher einen Entschließungsantrag ein, mit dem sie eine Erhöhung aller Pensionen bis zur ASVG-Höchstpension um 3,7% forderte. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Von den SozialdemokratInnen betonten Josef Muchitsch, Alois Stöger und Verena Nussbaum, dass das österreichische Pensionssystem sicher sei. Seine Fraktion habe ein Problem damit, dass die niedrigen Pensionen zu wenig erhöht werden, führte Stöger als Begründung für den von ihm eingebrachten Abänderungsantrag an. Niemand verstehe, dass in Zeiten, wo die BezieherInnen niedriger Pensionen nicht mehr wüssten, wie sie die Teuerung stemmen sollen, Sonderpensionen nicht begrenzt werden, sagte Josef Muchitsch dazu.

Abschaffung der "Hacklerregelung" erneut Thema der Debatte

Mit Anfang 2022 werden für alle Personen mit 45 Beitragsjahren Abschläge eingeführt, kritisierte Josef Muchitsch (SPÖ) die im November 2020 beschlossene Abschaffung der "Hacklerregelung". Er erneuerte daher in einem im Zuge der Debatte eingebrachten Entschließungsantrag die sozialdemokratische Forderung, die abschlagsfreie Pension bei 45 Beitragsjahren beizubehalten. Der Antrag blieb in der Minderheit.

Die "Hacklerregelung" sei nicht gerecht gewesen, konterten Gertraud Salzmann und Bettina Zopf (beide ÖVP). Insbesondere für Frauen sei mit dem Frühstarterbonus ein besseres System geschaffen worden, so Salzmann. Verena Nussbaum (SPÖ) sah das anders. Für alle, die an ehrlicher Gleichstellungspolitik interessiert seien, sei die Regelung ein Schlag ins Gesicht. Denn wenn Pensionen nach unten reglementiert werden, werde plötzlich das Gleichstellungsargument gebracht, kritisierte sie.

Auch weitere Entschließungsanträge zur "Hacklerregelung" von SPÖ und FPÖ, mit denen die Fraktionen eine Beibehaltung sowie eine Ausweitung der einschlägigen Bestimmungen forderten, blieben in der Minderheit.

Klarstellungen beim Regelpensionsalter von NotarInnen

Einstimmig beschlossen hat der Nationalrat Klarstellungen im Bereich des Regelpensionsalters von NotarInnen. Das Notarversorgungsgesetz 2020 hatte zum Ziel, das Regelpensionsalter von NotarInnen von 65 auf 70 Jahre stufenweise anzuheben, wobei diese Bestimmung nur für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten mit 1. Jänner 2020 gilt. Dabei wurde übersehen, dass dadurch für Aktive, die vor dem Jänner 2020 das 65. Lebensjahr vollendet haben und vor dem 1. September 2027 ihre Pension antreten, das 65. Lebensjahr als Regelpensionsalter gilt. Somit könnte diese Personengruppe eine vorzeitige Alterspension abschlagsfrei in Anspruch nehmen, was nicht gewollt war. Mit der Klarstellung wird die stufenweise Anhebung des Regelpensionsalters daher ergänzt, und zwar für Personen, die ab dem Jahr 2015 das bisherige Regelpensionsalter erreicht haben.

Oppositionsvorschläge zu Pensionen bleiben in der Minderheit

Abgelehnt wurde ein SPÖ-Vorschlag für ein Pensionspaket, mit dem etwa die Aliquotierung bei der ersten Pensionsanpassung zurückgenommen werden und die "Hacklerpension" beibehalten bzw. ausgeweitet werden sollte. Die SPÖ forderte außerdem, dass beim Frühstarterbonus Präsenz- und Zivildienstzeiten anrechenbar sein sollten und Schul- und Studienzeiten berücksichtigt werden. Außerdem sprachen sich die SozialdemokratInnen für eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Verbesserungen für Pflege- und Gesundheitsberufe bei der Schwerarbeitspension aus.

Um die Problematik des wachsenden Pensionslochs sichtbarer zu machen, forderten die NEOS, die künftigen Pensionsverpflichtungen im gesetzlichen Pensionssystem und im Beamtenpensionssystem als Pensionsrückstellungen im Bilanzteil der entsprechenden Budgetuntergliederungen des Bundesrechnungsabschlusses zu verbuchen. Das "Pensionsloch" wachse bis 2050 auf 7% des BIP an. Deshalb sei es notwendig, diese Budgetproblematik bereits in den Bilanzen der betroffenen Budgetuntergliederungen darzustellen, so die NEOS. Der Antrag wurde an den Budgetausschuss verwiesen.

Eine weitere Initiative der NEOS für eine Umstellung des Pensionssystems und mehr Flexibilität blieb in der Minderheit. Nicht nur die Lebenserwartung, sondern auch andere Kennzahlen wie die Inflationsrate, die Erwerbsbeteiligung und die Produktivität sollten demnach künftig in die Berechnung der Pensionshöhe einbezogen werden. Gleichzeitig soll den Betroffenen der Zeitpunkt des Pensionsantritts in einem bestimmten Alterskorridor – bei entsprechenden Zu- und Abschlägen – freigestellt werden.

Keine Mehrheit gab es auch für einen NEOS-Vorschlag zur Änderung des Arbeiterkammergesetzes und des Wirtschaftskammergesetzes. Die Fraktion forderte, dass die von allen ArbeitnehmerInnen zu entrichtende Arbeiterkammerumlage in der Höhe von 0,5% des Bruttolohns künftig nur noch für Gehaltsbestandteile über 1.000 € zum Tragen kommt. Ein analoger Freibetrag je ArbeitnehmerIn wäre – zur Entlastung von Unternehmen – bei der Wirtschaftskammerumlage 2 vorgesehen. Diese sollte außerdem jeweils nur noch bis zur Höchstbeitragsgrundlage fällig werden. (Schluss Nationalrat) kar

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