Parlamentskorrespondenz Nr. 1446 vom 10.12.2021

Innenausschuss: Anpassungen im Registerzählungsgesetz und Verlängerung der COVID-19-Sonderregelungen im Fremdenrecht

Einstimmigkeit für Nachforschungen zum Verschwinden von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und Photovoltaikanlagen bei der Polizei

Wien (PK) - Nach einer Aktuellen Aussprache mit dem neu angelobten Innenminister Gerhard Karner widmeten sich die Abgeordneten heute im Innenausschuss einer Novelle des Registerzählungsgesetzes, nach der Anpassungen gemäß einer EU-Verordnung zur Qualitätssicherung bei der Durchführung von Volkszählungen vorgenommen werden sollen. Diese wurde einstimmig angenommen, genauso wie ein Antrag der Koalition, in dem aufgrund der pandemischen Lage eine sechsmonatige Verlängerung der COVID-19-Sonderregelungen im Fremdenrecht bis 30. Juni 2021 gefordert wird.

Eine von der SPÖ angestoßene Initiative zur Datenerhebung bezüglich dem Verschwinden unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge wurde zwar abgelehnt, aber durch einen im inhaltlichen Zusammenhang stehenden gemeinsamen Entschließungsantrag von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS ersetzt, der einstimmig angenommen wurde. Dieser sieht vor, bereits aufliegende Informationen zu dieser Thematik in geeigneter statistischer Form zu veröffentlichen und zu untersuchen. Zudem soll dem Nationalrat zeitnah mitgeteilt werden, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass dieses Phänomen möglicherweise mit kriminellen Handlungen in Zusammenhang steht.

Um die Einsatzfähigkeit der Polizei auch im Falle eines Blackouts zu gewährleisten, forderte die SPÖ, dass Polizeigebäude mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden. Unter Einbeziehung eines Abänderungsantrages von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen, der die Einbindung der Eigentümergesellschaften beinhaltet, wurde auch dieser einstimmig angenommen.

Ein 10-Punkte-Plan zur Abwehr von Gewalttaten durch AsylwerberInnen bzw. Asylberechtigte der FPÖ sowie zwei NEOS-Anträge zur Einrichtung einer unabhängigen Ermittlungseinheit in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt und zur Evaluierung der Lage in Flüchtlingslagern an der EU-Außengrenze wurden vertagt.

Novelle des Registerzählungsgesetzes einstimmig beschlossen

Aufgrund einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates aus dem Jahr 2008 über Volks- und Wohnungszählungen sind EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, der Europäischen Kommission Bevölkerungsdaten zu übermitteln. Bedingt durch diese Verordnungen sowie durch Weiterentwicklungen der Registerlandschaft Österreichs seit der letzten Registerzählung 2011, ist für die Registerzählung 2021 eine Anpassung des Registerzählungsgesetzes notwendig geworden, wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage hervorgeht (1172 d. B.). Diese betreffe ausschließlich den unionsrechtlich benötigten Merkmalskranz. Für die Registerdatenzählung 2021 sollen nun auch Daten aus dem seit 2011 neu geschaffenen Zentralen Personenstandsregister und dem Zentralen Staatsbürgerschaftsregister verwendet werden können. Dazu kommen Daten aus dem eHealts-Verzeichnisdienst und dem Gesundheitsberuferegister, die im Rahmen einer Evaluierung als wichtige Datenquellen für die Verwendung als Vergleichsdaten identifiziert wurden.

Zur Erörterung der Thematik war Universitätsprofessor Josef Kytir als Experte geladen. Er erklärte, dass die statistische Umsetzung der Erweiterungen eine Steigerung der Qualitätssicherungsmaßnahmen bei der Durchführung von Volkszählungen bewirken, keine Zusatzkosten verursachen und Gemeinden sowie BürgerInnen entlasten soll.

Eva Maria Himmelbauer (ÖVP) bekräftigte, dass die Novelle im Sinne der Bevölkerung und der Effizienz notwendig sei und nahm etwaige datenschutzrechtliche Bedenken vorweg. Die Ausweitung der Datenquellen sei nicht überbordend und es würden lediglich pseudonymisierte Daten verwendet, die ausschließlich an Eurostat weitergeleitet würden. Außerdem sei eine Datenschutzfolgeabschätzung durchgeführt worden. Georg Bürstmayr (Grüne) ergänzte, dass auch der Verein für Datenschutzanliegen epicenter.works die Novelle ausdrücklich lobte. Die Novelle wurde mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen.

Verlängerungen von COVID-19-Sonderregelungen im Fremdenrecht

Da sich bis zum 31. Dezember 2021 keine Entspannung der pandemischen Lage abzeichnet, beantragten die Regierungsfraktionen die nunmehr dritte Verlängerung der Sonderregelungen im Fremdenrecht um ein halbes Jahr bis zum 30. Juni 2021 (2081/A).

So soll es im Bereich des Staatsbürgerschaftsgesetzes auch weiterhin genügen, anstatt des mündlichen Ablegens des Gelöbnisses bei der Staatsbürgerschaftsverleihung, dieses schriftlich an die Behörde zu übermitteln. Selbiges gilt für Verlängerungs- und Zweckänderungsanträge im Rahmen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes sowie des Asylgesetzes.

Inhaber des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt – EU" sollen diesen auch künftig nicht verlieren, wenn sie der Behörde nicht rechtzeitig mitteilen, dass sie sich aufgrund besonders berücksichtigungswürdiger Gründe für länger als zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhalten. Eine Abwesenheit von 24 Monaten stellt jedoch nach wie vor die Höchstgrenze dar. Die Verlängerungen der Sonderregelungen im BFA-Verfahrensgesetz betreffen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Im Falle etwaiger pandemiebedingter Schließungen von Erstaufnahmestellen sollen diese nach Asylantragstellung auch künftig in Regionaldirektionen und dessen Außenstellen verbracht werden können.

Im Ausschuss spezifizierte Georg Bürstmayr (Grüne), dass es vor allem darum gehe, unnötige Menschenansammlungen wie Warteschlangen zu verhindern. Er regte an, in der ersten Hälfte des nächste Jahres eine Feedbackschleife einzuziehen, um zu ermitteln, ob durch diese Sonderregeln Qualitäts- oder Sicherheitseinbußen an anderen Stellen zu verzeichnen sind. Sollte dies nicht der Fall sein, könne man laut Bürstmayr nachdenken, die Sonderregelungen in dauerhaftes Recht zu übertragen. Der Antrag fand Einstimmigkeit.

Alle Fraktionen für Datenerhebung bezüglich verschwundener Kinder mit Fluchterfahrung

Die SozialdemokratInnen beanstandeten in einem Entschließungsantrag, dass es weder auf nationalstaatlicher noch auf europäischer Ebene genaue Zahlen oder umfassende Datenerhebungen zum Verschwinden von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung gebe (1651/A(E)). Unbegleitete minderjährige Geflüchtete seien eine der vulnerabelsten gesellschaftlichen Gruppen und bedürften eines besonderen Schutzes, weshalb sie eine diesbezügliche Datenerhebung sowie eine Aufnahme dieser Daten in die Asyl- und Fremdenstatistik fordern.

Nachdem die Koalition im vergangenen Ausschuss anregte, laufende Evaluierungsprozesse abzuwarten und anschließend mit einem gemeinsamen Antrag auf alle Fraktionen zuzugehen, ist dies nun erfolgt. So beantragten ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS gemeinsam, dementsprechende Daten jährlich in geeigneter statistischer Form der Öffentlichkeit und dem Nationalrat zur Verfügung zu stellen. Zudem soll untersucht werden, ob dieses Phänomen möglichweise mit kriminellen Handlungen, wie Menschenhandel oder Gewaltdelikten in Zusammenhang steht.

Faika El Nagashi (Grüne), Katharina Kucharowits (SPÖ) und Johanna Jachs (ÖVP) zeigten sich erfreut über das Gelingen des gemeinsamen Antrages, der einstimmig angenommen wurde. Alle drei betonten die Wichtigkeit der Erhebung, um die Hintergründe des Verschwindens der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zu eruieren und weiteren Handlungsbedarf ableiten zu können. El Nagashi führte aus, dass es darum gehen müsse, die Vulnerabilität potenzieller Opfer zu reduzieren. Dafür sei vor allem eine lückenlose Unterbringung und Betreuung der Kinder und Jugendlichen mit Fluchterfahrung erforderlich.

Einstimmigkeit für Photovoltaikanlagen bei der Polizei

Da die Gefahr eines Blackouts in Österreich Jahr für Jahr zunehme, forderte Elisabeth Feichtinger (SPÖ) in einem Entschließungsantrag, die Einsatzfähigkeit der Polizei im Krisenfall sicherzustellen, indem Polizeigebäude mit inselfähig ausgeführten Photovoltaikanlagen samt Batteriespeicher ausgestattet werden (1806/A(E)). So sei die Stromversorgung unabhängig vom öffentlichen Stromnetz und es bestehe zudem die Möglichkeit, einen Beitrag zur Erreichung der Klima- und Energieziele zu leisten.

Auch dieser Antrag stieß auf breite Zustimmung im Ausschuss. ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grüne stellten einen Abänderungsantrag, der eine geringfügige Änderung - die Einbeziehung der Eigentümergesellschaften BIG bzw. ARE – beinhaltet, womit schließlich auch dieser Antrag Einstimmigkeit fand.

Vertagungen von FPÖ- und NEOS-Anträgen

Vertagt wurde ein 10-Punkte-Plan der Freiheitlich zur Abwehr von Gewalttaten durch AsylwerberInnen und -berechtigte (1902/A(E)). Dieser beinhaltet unter anderem das Aussetzen der Möglichkeit, Asylanträge auf österreichischem Boden zu stellen, die Wiedereinführung von "Ausreisezentren", eine Abschiebeoffensive nach Afghanistan und Syrien, die Einführung der Sicherungshaft für gefährliche AsylwerberInnen sowie den sofortigen Abbruch des Asylverfahrens bzw. die Aberkennung des Schutztitels und die umgehende Außerlandesbringung bei jeder Form von Straftat.

Georg Bürstmayr (Grüne) verwies darauf, dass der Plan bereits im Plenum diskutiert wurde und stellte einen Vertagungsantrag. Christian Stocker (ÖVP) bezeichnete die 10 Punkte als "wildes Sammelsurium", das in dieser Form nicht behandelt werden könne, sah jedoch einzelne Vorschläge darin als durchaus diskussionswürdig.

Stephanie Krisper (NEOS) setzte sich für die Einrichtung einer unabhängigen Ermittlungseinheit in Fällen mutmaßlicher Polizeigewalt ein (910/A(E)). Im Ausschuss sprach sie von einem "leidigen Thema", bei dem es seit vielen Jahren Kritik von Menschenrechtsorganisationen gebe. Es brauche eine moderne Fehlerkultur bei der Polizei, gerade in "aufgeheizten Zeiten", so Krisper.

Wolfgang Gerstl (ÖVP) verwies auf Seite 155 des Regierungsprogramms, wo konsequente Ermittlungen genau in diesen Fällen vorgesehen seien. Er kündigte an, mit einem dementsprechenden Vorschlag auf die anderen Parteien zuzukommen, sobald die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner abgeschlossen seien. Ein Vertreter des Koalitionspartners, Georg Bürstmayr (Grüne), stimmte dem zu und stellte einen Vertagungsantrag, der mehrheitlich angenommen wurde.

Krisper forderte außerdem eine Evaluierung der Lage in den Flüchtlingslagern an der EU-Außengrenze (1954/A(E)). Dort seien Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung und auch Berichte über systematische Pushbacks würden sich häufen. Deshalb fordern die NEOS die Bundesregierung auf, die Europäische Grundrechteagentur zu beauftragen, die Situation von Asylberechtigten und AsylwerberInnen an den EU-Außengrenzen inklusive der Anwendung von Pushbacks zu evaluieren.

Georg Bürstmayr (Grüne) zeigte sich aufgrund der Menschenrechtssituation an den EU-Außengrenzen ebenfalls besorgt. Für die von ihm beantragte Vertagung führte er europarechtliche Gründe an. Die europäische Grundrechteagentur müsse demnach von sich aus oder auf Ansuchen der Kommission tätig werden. Einzelne Mitgliedsstaaten könnten laut Bürstmayr keine Evaluierung bewirken. Krisper stellte dies in Frage und kündigte an, den Antrag in eine umformulierten Version wieder einbringen zu wollen. (Schluss Innenausschuss) wit