Parlamentskorrespondenz Nr. 286 vom 16.03.2022

Sozialausschuss: Verlängerung bei Gewährung von Kurzarbeitsbeihilfen

Vereinbarung mit Québec und EU-Jahresvorschau waren weitere Themen

Wien (PK) – Der Sozialausschuss stimmte heute dafür, die Dauer der Gewährung von Kurzarbeitsbeihilfen zu verlängern. Beihilfen bei pandemiebedingter Kurzarbeit können demnach bis Ende Mai 2022 auch ohne besondere Begründung über die derzeit geltenden 24 Monate hinaus verlängert werden.

Ebenfalls auf den Weg gebracht wurde eine Vereinbarung zwischen Österreich und der kanadischen Provinz Québec im Bereich der sozialen Sicherheit, die der aktuellen Rechtslage angepasst wird. Außerdem auf der Tagesordnung stand die EU-Jahresvorschau für den Gesundheits- und Sozialbereich.

Zahlreiche Forderungen der Opposition wurden vertagt bzw. abgelehnt. Eine SPÖ-Initiative wurde dem Ausschuss für Konsumentenschutz zugewiesen.

Verlängerung bei Gewährung von Kurzarbeitsbeihilfen

Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und FPÖ hat der Ausschuss eine Verlängerung der Gewährung von Kurzarbeitsbeihilfen auf den Weg gebracht. Derzeit darf eine Kurzarbeitsbeihilfe zunächst nur für sechs Monate gewährt werden, wobei Verlängerungen bis zu einer Gesamtdauer von 24 Monaten möglich sind. Verlängerungen, die darüber hinaus gehen, sind nur unter besonderen Umständen erlaubt. Weil die Kurzarbeit für einige Betriebe im Übergang zur wirtschaftlichen Erholung noch nötig ist, sollen mit der Anpassung des Arbeitsmarktservicegesetzes (2334/A) Beihilfen bei pandemiebedingter Kurzarbeit auch ohne besondere Begründung über 24 Monate hinaus gewährt werden können. Das soll bis längstens 31. Mai 2022 gelten.

Arbeitsminister Martin Kocher betonte, dass es sich um keine Verlängerung der Kurzarbeit an sich handle, sondern um eine Verlängerung für jene Betriebe, die bereits seit 24 Monaten in Kurzarbeit sind und noch keine volle Geschäftstätigkeit aufnehmen konnten.

Tanja Graf (ÖVP) betonte ebenfalls, dass manche Betriebe die Kurzarbeit noch bräuchten. Sie sprach sich dafür aus, Kurzarbeit prinzipiell flexibel zu gestalten. Seitens der SPÖ äußerte Verena Nussbaum Zustimmung zur Verlängerung. Auch Dagmar Belakowitsch (FPÖ) bezeichnete die Maßnahme als sinnvoll. Gerald Loacker (NEOS) hingegen konnte sich die Verlängerung nicht erklären. Aus seiner Sicht sei Kurzarbeit nicht für längere Krisen geeignet. 

Vereinbarung zwischen Österreich und Québec für soziale Sicherheit

Einstimmig angenommen wurde eine Regierungsvorlage, mit der eine Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und Québec im Bereich der sozialen Sicherheit aufgrund inner- und zwischenstaatlicher Rechtsentwicklungen neu gefasst wird (1360 d.B.). Änderungen betreffen die neue Pensionsberechnung und neu aufgenommene Bestimmungen bei der Unfallversicherung. Außerdem wird eine umfassende Datenschutzregelung vereinbart.

Austausch mit Sozialminister Rauch über EU-Jahresvorschau

Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS zur Kenntnis genommen wurde die EU-Jahresvorschau für das Jahr 2022, die der Gesundheits- und Sozialminister dem Parlament vorgelegt hat (III-544 d.B.). Österreich begrüßt demnach die Schaffung einer europäischen Gesundheitsunion, wenngleich die nationale Zuständigkeit im Gesundheitsbereich gewahrt werden müsse. Verordnungsvorschlägen für eine Stärkung des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) sowie der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) steht Österreich ebenfalls positiv gegenüber. Ein Verordnungsvorschlag, der es ermöglichen würde, dass die Mitgliedstaaten in Zukunft selbst entscheiden, ob genveränderte Futtermittel zulässig sind, wird von Österreich hingegen abgelehnt.

Im Sozialbereich wird ein Verordnungsvorschlag zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit teilweise positiv gesehen, in einigen Bereichen aber auch kritisiert. Dem Aktionsplan Sozialwirtschaft und Leitlinien für einen gerechten Übergang zur Klimaneutralität steht Österreich positiv gegenüber. Die EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen decke sich mit der österreichischen Vorgehensweise zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und werde daher begrüßt.

Die Abgeordneten nutzten die Gelegenheit, erste Fragen an den neuen Sozialminister Johannes Rauch zu richten. Josef Smolle (ÖVP) bezeichnete es als positiv, dass man für allfällige zukünftige Krisen in der EU besser gerüstet sein wolle. Auch Gerhard Kaniak (FPÖ) fand es begrüßenswert, dass die EU sich Gedanken über ein koordiniertes Krisenmanagement mache, betonte aber, dass die österreichische Souveränität in Gesundheitsfragen gewahrt werden müsse. Vom Minister wollte er wissen, wo dieser eine rote Linie ziehe. Die Eigenständigkeit Österreichs in der Gesundheitsgesetzgebung stehe für ihn außer Frage, antwortete Rauch.

Zum geplanten europäischen Datenraum, nach dem sich Fiona Fiedler (NEOS) erkundigt hatte, führte Rauch aus, dass aufgrund der Sensibilität der Daten besonders auf den Datenschutz Bedacht genommen werde. Am 4. April soll es den entsprechenden Legislativvorschlag dazu geben.

Fiedler (NEOS) fragte ebenso wie Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) wann die Pflegereform endlich komme. Beide vermuteten, dass im Ministerium bereits Vorschläge vorliegen müssten. Rauch betonte, er wisse, wie dringlich das Thema und wie hoch der Druck im System sei. Es werde jedenfalls heuer noch eine Reform zu liefern sein. Es gebe Vorbereitungen im Ressort und sobald Details ausgearbeitet seien, werde er die Vorschläge auf den Tisch legen.

Heinisch-Hosek (SPÖ) sprach die Armutsbekämpfung an und erkundigte sich, wie der Minister zu einer Kindergrundsicherung stehe. Armutsbekämpfung sei für die EU ein wesentliches Ziel im Jahr 2022, was sich mit dem österreichischen Regierungsprogramm decke. Eine Kindergrundsicherung sei nicht dezidiert Teil des Programms. Rauch wies aber auf Förderprojekte im Zuge der Bewältigung der Corona-Pandemie hin, die auf die Bekämpfung von Armut bei Kindern abzielten.

Von Markus Koza (Grüne) auf den Aktionsplan Sozialwirtschaft angesprochen, sagte der Minister, auch er halte die Sozialwirtschaft für enorm wichtig. Es gebe in diesem Bereich viel Potenzial, wenngleich es zu keiner Privatisierung kommen dürfe. Angesichts seiner erst kurzen Zeit im Amt kündigte Rauch an, einige weitere Fragen schriftlich zu beantworten.

FPÖ-Anträge abgelehnt

Keine Mehrheit gab es für einen Entschließungsantrag (1672/A(E)), in dem die Freiheitlichen interne Pläne des ÖVP-Wirtschaftsbundes kritisieren, die unter anderem ein degressives Arbeitslosengeld vorsehen, das auf unter 40% des Letztbezugs sinken kann. Im Antrag wird ein Medienbericht zitiert, demzufolge außerdem eine zeitliche Begrenzung der Notstandshilfe und eine Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit zum Arbeitslosengeld angedacht seien. Die FPÖ sah sich an das Jahr 1933 erinnert und wollte den Sozialminister auffordern, dieses "Aussteuerungssystem" explizit nicht zu unterstützen.

Der Standort bestimme den Standpunkt, kritisierte Gerald Loacker (NEOS), aus dessen Sicht der FPÖ-Antrag dem schwarz-blauen Regierungsprogramm von 2017 widerspreche. Das stimme so nicht, entgegnete Dagmar Belakowitsch (FPÖ), die das damalige Programm mitverhandelt hat. Eine Abschaffung der Notstandshilfe und ein degressives Arbeitslosengeld seien nicht die Intention des Regierungsübereinkommens gewesen. Tanja Graf (ÖVP) begründete ihre Ablehnung mit dem aus ihrer Sicht unpassenden historischen Vergleich im Antrag.

Auch eine FPÖ-Forderung nach einer Lehrabschlussprämie fand keine Zustimmung. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, erachten es die Freiheitlichen für wichtig, die Lehre attraktiver zu machen, wie Dagmar Belakowitsch (FPÖ) im Ausschuss begründete. Sie forderten daher von der Bundesregierung die Einführung einer aus öffentlichen Mitteln finanzierten Lehrabschlussprämie von 10.000 € für jede abgeschlossene Lehre (1927/A(E)). 5.000 € dieser Prämie sollten dem Lehrling direkt ausgezahlt werden, die weiteren 5.000 € in Form eines Bildungsschecks für berufliche Fortbildung zur Verfügung gestellt werden.

Verena Nussbaum (SPÖ) befürwortete den Vorschlag, weil das Geld direkt bei den Lehrlingen ankommen würde und auch in Weiterbildungsmöglichkeiten investiert werde. Für Tanja Graf (ÖVP) sei eine Attraktivierung des Lehrberufs nicht alleine mit Geld zu erreichen. Lehrabschlussprämien seien Sache der Kollektivvertragspartner und sollten das aus ihrer Sicht auch bleiben.

Debatte über weitere Oppositionsanträge zu einem späteren Zeitpunkt

Zahlreiche Forderungen der Opposition wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. Das betrifft etwa eine Initiative der SPÖ für Maßnahmen gegen Armut von arbeitslosen Menschen (2242/A(E)). Die SozialdemokratInnen fordern vom Sozialminister ein Maßnahmenpaket, das eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70% des letzten Einkommens, eine jährliche Valorisierung des Arbeitslosengeldes und eine Verdreifachung des Familienzuschlags beinhaltet.

Für eine umfassende Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte sprechen sich die NEOS in einem ebenfalls vertagten Entschließungsantrag aus (2156/A(E)). Der Arbeitsminister und die Wirtschaftsministerin sollen demnach einen Vorschlag für eine Reform vorlegen, der für Unternehmen in innovativen Branchen ein schnelleres Verfahren ("Fast Track") vorsieht. Mittels Ausschussantrag wollten sich die NEOS zudem für eine Rot-Weiß-Rot-Karte für Lehrlinge einsetzen.

Auch ein NEOS-Antrag für eine Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (2274/A) wurde vertagt. Ausländischen ArbeitnehmerInnen soll es demnach unter bestimmten Bedingungen ermöglicht werden, sich als Stammsaisonniers zu qualifizieren. Als Voraussetzung dafür soll gelten, dass sie in den letzten fünf Jahren zumindest in drei Jahren über einen Mindestzeitraum von drei Monaten als Saisonniers in Österreich beschäftigt waren. Zudem sollen Beschäftigungsbewilligungen außerhalb der Kontingente erteilt und auf Arbeitsmarktprüfungen im Einzelfall verzichtet werden.

Ebenfalls vertagt haben die Abgeordneten einen Antrag, in dem die NEOS auf die aus ihrer Sicht zu hohen Beiträge für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) hinweisen (2255/A(E)). Sie fordern vom Sozialminister eine Regierungsvorlage ein, die eine schrittweise AUVA-Beitragssenkung von derzeit 1,2% auf 1% und ein begleitendes Programm zur Steigerung der Verwaltungseffizienz vorsieht.

Ein SPÖ-Antrag zur Kreditvergabe an PensionistInnen wurde dem Ausschuss für Konsumentenschutz zugewiesen (2241/A(E)). Die SozialdemokratInnen sprechen sich darin für eine Rechtslage analog zu einer Regelung in Deutschland aus, nach der Kredite bei vorhandenen Sicherheiten durch Immobilien auch dann vergeben werden können, wenn der oder die KreditnehmerIn vor Rückzahlung aller Raten allenfalls verstirbt.

Eine weitere SPÖ-Forderung für Strategien für die Rückkehr von Long-COVID-PatientInnen an ihren Arbeitsplatz (2244/A(E)) wurde vertagt. Die SozialdemokratInnen setzen sich darin für die Durchführung von wissenschaftlichen Studien, ein Long-COVID-Register, eine verpflichtende Diagnosecodierung (ICPC-2) und die Anerkennung von COVID-19-Erkrankungen als Berufskrankheit bei einer nachweislichen Ansteckung mit SARS-CoV-2 während der Arbeit ein. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar