Parlamentskorrespondenz Nr. 510 vom 16.05.2022

Sobotka: Österreich verharrt nicht länger im Opfermythos

Nationalratspräsident übergibt Simon-Wiesenthal-Preis an Preisträger. Nachkommen NS-Verfolgter erhalten Staatsbürgerschaftsurkunden

Wien/Tel Aviv (PK) – Im Rahmen eines Empfangs in der österreichischen Botschaft in Tel Aviv übergab Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gestern Abend den Simon-Wiesenthal-Preis persönlich an den Preisträger und Zeitzeugen Zwi Nigal. Sobotka zeigte sich erfreut, dass er den Preis nun persönlich übergeben könne, nachdem Nigal bei der Preisverleihung vergangene Woche in Wien leider nicht dabei sein konnte. Außerdem überreichte der Nationalratspräsident Bescheide für die österreichische Staatsbürgerschaft an neun Nachkommen von NS-Verfolgten als Zeichen der Verantwortung und des Respekts gegenüber ihnen und ihren Vorfahren.

Simon-Wiesenthal-Preis an Preisträger Zwi Nigal

Der Hauptpreis des Simon-Wiesenthal-Preises ging dieses Jahr gemeinsam an die Zeitzeug:innen Lily Ebert, Zwi Nigal, Karl Pfeifer und Liliana Segre. Die Jury wolle damit deren Lebenswerk im Dienst der Bildung und der Erinnerung an die Shoah ehren, erklärte Sobotka und hob die hohe Anzahl an internationalen Bewerbungen aus 30 Ländern hervor. Zwi Nigal sei nie müde geworden, darüber zu berichten, was Nationalsozialismus und Judenverfolgung bedeutet haben, betonte der Nationalratspräsident. 1939 sei Nigal nach Palästina ausgewandert, 1941 der britischen Armee beigetreten - nicht nur um den Nazi-Terror zu bekämpfen, sondern auch, um einen Beitrag zur Gründung Israels zu leisten. Er habe nicht nur mit der Waffe, sondern auch mit Worten gekämpft. Zwi Nigal gebe der Jugend ein positives Beispiel, wo Frieden möglich sei und was dafür zu tun sei, schloss Sobotka seine Laudatio.

Übergabe von Staatsbürgerschaftsbescheiden als Zeichen der Verantwortung und des Respekts

Österreich verharre nicht länger im Opfermythos, erklärte der Nationalratspräsident anschließend. Mit der Vergabe der Staatsbürgerschaften an Verfolgte des Nationalsozialismus habe Österreich ein neues Kapitel aufgeschlagen, das die Zusammenarbeit mit Israel vertiefen soll. "Das Gesetz ist eine Einladung an alle Verfolgten und ihre direkten Nachkommen, in ihr altes Heimatland, das ihnen so bitter geraubt wurde, zu kommen", hob Sobotka hervor. Im März diesen Jahres habe das Parlament zusätzliche Erleichterungen beschlossen, um diesen besonderen Zugang zur Staatsbürgerschaft weiter zu erleichtern.

Simon-Wiesenthal-Preis: Hintergrund und Ausschreibung 2022

Der Preis wurde vergangene Woche, Mittwoch 11.5.2022, zum ersten Mal im Andenken an Simon Wiesenthal als Zeichen der besonderen historischen Verantwortung Österreichs vergeben (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 491/2022). Die vier Zeitzeug:innen Lily Ebert, Zwi Nigal, Karl Pfeifer und Liliana Segre wurden mit dem Simon-Wiesenthal-Preis für ihr Engagement gegen Antisemitismus und für Aufklärung über den Holocaust ausgezeichnet. Die Nebenpreise gingen an die Zentrale österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz und das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus. Insgesamt gab es 284 Einreichungen aus über 30 Ländern. Zuständig ist der Nationalfonds der Republik für Opfer des Nationalsozialismus. Der Simon-Wiesenthal-Preis wird künftig jährlich vergeben, die Ausschreibung für 2022 hat am 12. Mai 2022 gestartet.

Programmpunkte der mehrtägigen Auslandsreise

Der Empfang in der österreichischen Botschaft fand im Rahmen einer mehrtägigen Auslandsreise in Israel statt. Gestern besuchte der Nationalratspräsident auch das Grab von Simon Wiesenthal. Heute, Montag, besucht Sobotka die Gedenkstätte Yad Vashem und wird sich zu Gesprächen mit dem Sprecher der Knesset Mickey Levy und dem Vorsitzenden des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung Ram Ben Barak zusammen finden. Außerdem steht ein Austausch mit dem alternierenden Premierminister und Außenminister Yair Lapid am Programm. (Schluss) pst

HINWEIS: Fotos von diesem Auslandsbesuch finden Sie auf der Website des Parlaments.