Parlamentskorrespondenz Nr. 710 vom 20.06.2022

Neu im Wirtschaftsausschuss

Regierungsvorlagen zur Modernisierungsrichtlinie der EU zu Verbraucher:innenrechten

Wien (PK) – Zur Umsetzung der sogenannten Modernisierungsrichtlinie der EU zur Neugestaltung von Verbraucher:innenrechten liegen dem Wirtschaftsausschuss zwei Regierungsvorlagen vor. Die Modernisierungsrichtlinie sieht im Wesentlichen eine Anpassung von vier EU-Richtlinien an die zunehmende Digitalisierung, etwa durch die Ausweitung der jeweiligen Anwendungsbereiche auf digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen vor. Außerdem geht es um mehr Transparenz auf Online-Marktplätzen durch erweiterte Informationspflichten sowie um ein neues, verschärftes Sanktionenregime und eine Ergänzung um individuelle Rechtsbehelfe für Verbraucher:innen. Daneben gibt es den Erläuterungen zufolge neue Verbote betreffend dieselbe Vermarktung von Produkten trotz unterschiedlicher Zusammensetzung ("Dual Quality"), betreffend Verbraucher:innenbewertungen und den Wiederverkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen sowie Änderungen beim Rücktrittsrecht.

Zudem sieht die Modernisierungsrichtlinie neue Vorschriften zur Kennzeichnung von Preisermäßigungen vor. Von den vier durch die Modernisierungsrichtlinie geänderten Richtlinien fallen je zwei in die Zuständigkeitsbereiche des Justizministeriums und des Wirtschaftsministeriums.

Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz

Das sogenannte Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz hat das Justizministerium vorgelegt (1529 d.B.). Die neuen Vorgaben werden dabei im Konsumentenschutzgesetz und im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz umgesetzt. Neben Anpassungen an Verträge über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen betreffen die Änderungen die Informationspflichten von Unternehmen. Der bzw. die Unternehmer:in  muss den Erläuterungen zufolge künftig darüber informieren, wenn der Preis auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert worden ist. Die Informationspflichten sollen auch an die technologische Entwicklung angepasst werden, was etwa einen Entfall der Angabe einer Faxnummer mit sich bringt.

Neue Transparenzpflichten für Betreiber:innen von Online-Marktplätzen betreffen den Erläuterungen zufolge neben der Reihung der Angebote ("Ranking") auch die Unternehmereigenschaft des Dritten, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, die Nichtanwendung von Verbraucher:innenrechten bei Fehlen dieser Unternehmereigenschaft und die Aufteilung der vertraglichen Verpflichtungen zwischen dem Anbieter des Online-Marktplatzes und dem Dritten.

Außerdem enthält der Entwurf Modifikationen bei den Ausnahmen vom Rücktrittsrecht in Fällen, in denen auf Wunsch des Verbrauchers bzw. der Verbraucherin noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist mit der Vertragserfüllung begonnen wurde. Künftig soll zwischen solchen Verträgen, die den Verbraucher bzw. die Verbraucherin zu einer Zahlung verpflichten, und solchen, aufgrund derer Verbraucher:innen lediglich personenbezogene Daten bereitstellen, zu unterscheiden sein. Darüber hinaus sind Erweiterungen des Rücktrittsrechts im Zusammenhang mit aggressiven oder irreführenden Vermarktungs- und Verkaufspraktiken vorgesehen.

Vorgesehen ist auch, dass bei der Ergreifung von Durchsetzungsmaßnahmen im Rahmen von koordinierten Aktionen zur Ahndung weitverbreiteter Verstöße oder weitverbreiteter Verstöße mit Unionsdimension auch Geldstrafen mit sehr hohem Strafrahmen verhängt werden können. Das Schwergewicht bei der Sanktionierung von Richtlinienverstößen werde aber weiterhin in individuellen zivilrechtlichen Rechtsfolgen und vor allem in der Abstellung rechtswidriger Praktiken durch Verbandsklagen bestehen, so die Erläuterungen.

Zweites Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz

Das sogenannte Zweite Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz liegt vom Wirtschaftsministerium vor (1530 d.B.). Die Änderungen betreffen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und das Bundesgesetz über die Auszeichnung von Preisen. Demnach sollen Preisermäßigungen künftig so zu ergänzen sein, sodass bei Rabatten auch der vorherige niedrigste Preis, der zumindest einmal innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung in demselben Vertriebskanal angewendet wurde, anzugeben ist. Unter dem Stichwort "Dual Quality" geht es um eine Regelung, wonach die idente Vermarktung einer Ware in mehreren Mitgliedstaaten trotz wesentlicher Unterschiede in ihrer Zusammensetzung oder ihren wesentlichen Merkmalen als irreführende Geschäftspraktik gelten soll.

Eine der Änderungen bei den Informationspflichten betrifft etwa eine Erweiterung auf Online-Marktplätzen, etwa hinsichtlich der Information, ob es sich bei einem produktanbietenden Dritten um ein Unternehmen handelt oder nicht. Zu informieren ist den Erläuterungen zufolge künftig auch über die Hauptparameter für die Festlegung eines Rankings sowie über deren relative Gewichtung im Vergleich zu anderen Parametern. Nicht detailliert offengelegt werden muss die Funktionsweise von Ranking-Systemen, einschließlich der Algorithmen. Verboten werden soll die Anzeige von Suchergebnissen ohne Offenlegung etwaiger bezahlter Werbung oder spezieller Zahlungen, die zur Erreichung eines höheren Rankings dienen.

Ergänzt werden sollen außerdem individuelle Rechtsbehelfe für Verbraucher:innen bei Schädigung durch unlautere Geschäftspraktiken. Verankert werden auch Geldstrafen von bis zu 4% des Jahresumsatzes des Unternehmens bei weitverbreiteten Verstößen und weitverbreiteten Verstößen mit Unions-Dimension im Rahmen von koordinierten Aktionen. Darüber hinaus enthalten die Änderungen etwa neue Verbotstatbestände im Zusammenhang mit Verbraucher:innenbewertungen sowie dem Wiederverkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen, insbesondere Kultur- und Sportveranstaltungen. (Schluss) mbu

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