Parlamentskorrespondenz Nr. 1129 vom 13.10.2022

Nationalrat gibt grünes Licht für Strompreisbremse

Inbetriebnahmefristen für Photovoltaikanlagen werden verlängert

Wien (PK) – Die sogenannte Strompreisbremse hat heute den Nationalrat passiert. Damit kommt es zu einer befristeten Stützung der Stromkosten für Haushalte von bis zu 2.900 kWh pro Jahr. Zudem sollen einkommensschwache Haushalte einen Netzkostenzuschuss in der Höhe von 75% erhalten.

Für Energieministerin Leonore Gewessler ist der Stromkostenzuschuss eine rasche, unbürokratische und treffsichere Lösung, um die Haushalte automatisiert und ohne Antrag vor hohen Stromkosten zu schützen. Die Strompreisbremse bringe Planungssicherheit und eine Senkung der Stromkosten für das nächste Jahr, betonten die Vertreter:innen von ÖVP und Grünen. Die SPÖ sprach von einer "Symptommilderung", eine nachhaltige und langfristige Strompreissenkung sei nur in Kombination mit einem Gaspreisdeckel zu erreichen. Auch die Freiheitlichen signalisierten Zustimmung, obwohl durch den Stromkostenzuschuss vor allem die Energiekonzerne weiter gefördert werden würden. Die NEOS verweigerten die Zustimmung, da die Maßnahme nicht treffsicher sei. Für die pinke Oppositionspartei braucht es stattdessen vermehrte Energiesparanreize.

Durch eine einstimmig angenommene Novelle des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) kommt es zudem bei den Photovoltaik-Förderungen zu Erleichterungen. So wird etwa die gesetzliche Inbetriebnahmefrist von Photovoltaikanlagen aufgrund der stark zunehmenden Nachfrage – bei gleichzeitig massiven Lieferverzögerungen – auf bis zu zwei Jahre verlängert.

Zudem diskutierten die Abgeordneten den Umweltkontrollbericht zur Umwelt- und Klimasituation in Österreich.

Strompreisbremse soll Haushalte nachhaltig entlasten

Mit dem mehrheitlich angenommenen Antrag der Regierungsparteien zur Einführung einer "Strompreisbremse" wird eine befristete Stromkostenförderung für Haushalte eingeführt. Zum einen werden durch einen Stromkostenzuschuss bis zu 2.900 kWh Strom pro Jahr vom Bund gestützt. Die Förderung kommt von 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2024 automatisiert über den Stromlieferanten zur Anwendung, wenn der Strompreis den unteren Schwellenwert von 10 Cent/kWh übersteigt. Jener Preisanteil, der darüber liegt, wird bis zu einem oberen Schwellenwert von 40 Cent/kWh bezuschusst. Mit einem von ÖVP und Grünen im Plenum eingebrachten Abänderungsantrag wird zudem festgelegt, dass alle Preisbestandteile, die von den Lieferanten selbst ausgestaltet werden können, von der Stromkostenförderung umfasst sind.

Zum anderen erhalten einkommensschwache Haushalte zusätzlich zum Stromkostenzuschuss zwischen 1. Jänner 2023 und 30. Juni 2024 einen Netzkostenzuschuss in der Höhe von 75%. Die jährliche Höhe ist mit 200 € begrenzt und wird ebenso wie der Stromkostenzuschuss bei kürzeren Zeiträumen aliquotiert gedeckelt. Anspruchsberechtigt sind jene Haushalte, die auch von der GIS-Gebühr befreit sind. Für den Stromkostenzuschuss und den Netzkostenzuschuss sind für das Jahr 2023 rund 2,73 Mrd. € und für das Jahr 2024 rund 1,09 Mrd. € budgetiert.

Die während der Debatte eingebrachten Entschließungsanträge der Oppositionsparteien fanden hingegen keine Mehrheit. So fordern die Sozialdemokrat:innen die Einführung eines nationalen "Gaspreisdeckels". Die dafür nötige Gegenfinanzierung soll durch eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sichergestellt werden. Die Freiheitlichen sprechen sich für einen "Stopp der derzeitigen Kostenlawine" aus. Darin wird unter anderem eine Steuersenkung sowie ein Preisdeckel für Treibstoffe, die Erhöhung des Pendlerpauschales oder die sofortige Streichung der CO2-Abgabe eingefordert.

Die Unterstützung einkommensschwacher Haushalte sei zwar nötig, die Strompreisförderung sei aber nicht treffsicher, es werde "die große Gießkanne ausgepackt", argumentierte Karin Doppelbauer (NEOS) die Ablehnung der NEOS. Aktuell sei es wichtiger, "massive Sparanreize" zu setzen.

Es sei darum gegangen, entschlossen und schnell zu handeln, konterte Lukas Hammer (Grüne). "Nächstes Jahr braucht kein Haushalt Angst haben, dass ihm die Strompreise über den Kopf wachsen", da es zu einer Halbierung der Stromkosten kommen werde. Mittel- bis langfristig gehe es um die Reform des europäischen Strommarktes, so Hammer.

Es handle sich um eine treffsichere, sozial gerechte und unbürokratische Maßnahme, betonte Kurt Egger (ÖVP). Durch die Strompreisbremse würden die Haushalte Planungssicherheit bekommen. Dafür nehme man insgesamt 4 Mrd. € in die Hand. Ähnlich argumentierte Christoph Stark (ebenfalls ÖVP). Es sei die Aufgabe der Politik, den Menschen helfend beiseite zu stehen. Durch den Strompreiszuschuss komme es zu einer Unterstützung von bis zu 870 € im Jahr. Für Johann Höfinger (ÖVP) braucht es daneben noch weitere Lösungen, die nur im europäischen Verbund gelöst werden könnten.

Endlich habe die Bundesregierung erkannt, die gestiegenen Stromkosten abzumildern, so SPÖ-Mandatar Alois Schroll. Es handle sich dabei jedoch um eine "Symptommilderung", das Problem werde nicht an der Wurzel gepackt. Eine nachhaltige und langfristige Strompreissenkung mache nur in Kombination mit einem Gaspreisdeckel Sinn. Dem schlossen sich auch Melanie Erasim und Rainer Wimmer (beide SPÖ) an. Laut Erasim handelt es sich um einen "Minimalkompromiss". Ein Gaspreisdeckel sei "unabdingbar".

Es gebe seitens seiner Fraktion zwar Zustimmung, obwohl mit Stromkostenzuschuss vor allem die Energiekonzerne weiter gefördert würden, betonte Erwin Angerer (FPÖ). Wichtiger seien andere Maßnahmen, wie etwa Steuersenkungen auf Treibstoffe, Lohnerhöhungen für Arbeitnehmer:innen oder dem Ende der "Corona-Politik".

"Die Stromrechnungen sinken. Darum geht es!", zeigte sich Energieministerin Leonore Gewessler über die breite Zustimmung erfreut. Der Stromkostenzuschuss sei eine rasche, unbürokratische und treffsichere Lösung, die die Haushalte automatisiert und ohne Antrag vor hohen Stromkosten schützen werde. Für einkommensschwache Haushalte bringe der Netzkostenzuschuss zusätzliche Entlastung. Als nächsten Schritt gehe es darum, die soziale Treffsicherheit zu erhöhen. So sollen Haushalte über drei Personen zusätzliche Unterstützung erhalten. Laut Gewessler sind jedoch viele Aspekte der Energiekrise nur auf EU-Ebene zu lösen.

Fristverlängerung für Inbetriebnahme von Photovoltaik-Anlagen

Durch eine Verlängerungsmöglichkeit der gesetzlichen Inbetriebnahmefrist von bis zu zwei Jahren soll es zu Erleichterungen bei den Photovoltaik-Förderungen kommen. Die Anpassungen im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz begründen die Koalitionsparteien mit einer - nicht zuletzt aufgrund der stark steigenden Strom- und Gaspreise - äußerst hohen und stark zunehmenden Nachfrage an dem Ausbau von Photovoltaikanlagen. Dem würden massive Lieferverzögerungen durch die Corona-Pandemie und die Ukraine-Krise sowie Verzögerungen durch Fachkräftemangel bei der Errichtung gegenüberstehen. Ein Abänderungsantrag von ÖVP, Grünen und SPÖ sieht darüber hinaus weitere Erleichterungen bei den Antragsmodalitäten vor.

Zudem werden für kleine Photovoltaikanlagen (bis 20 kWpeak) ab Anfang 2023 Erleichterungen geschaffen, da diese Kategorie hauptsächlich Anträge von Privatpersonen betrifft. Wie bisher bereits für die Anlagen der Kategorie A (bis 10 kWpeak) werden auch für Anlagen der Kategorie B (10 bis 20 kWpeak) die Anträge auf Investitionszuschuss nach ihrem Einlangen gereiht sowie mit Verordnung fixe Fördersätze pro kWpeak für diese Kategorie festgelegt. Ein SPÖ-Antrag mit einer ähnlichen Stoßrichtung wurde durch die Annahme des Koalitionsantrags miterledigt. Die Anpassungen im EAG wurden einstimmig angenommen, womit die verfassungsmäßig notwendige Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Ein von den NEOS während der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag, in dem ein Notfallpaket für den raschen Ausbau von erneuerbaren Energien gefordert wird, fand keine Mehrheit im Plenum. Dasselbe gilt für eine FPÖ-Initiative zur Sicherstellung der Rohstoffversorgung in Österreich.

"Jede Photovoltaikanlage steigert die Unabhängigkeit Österreichs", zeigte sich Tanja Graf (ÖVP) über die Fördererleichterungen erfreut. Aufgrund des hohen Strompreises gebe es eine große Nachfrage an Photovoltaik. Die heutige Novelle des EAG sei ein "weiterer Schritt in Richtung Energieautarkie und zur Entlastung der Menschen", so Christoph Stark (ÖVP). Es werde jedoch auch die Zeit kommen, darüber nachzudenken, wie viel Photovoltaik noch mit öffentlichen Mitteln gefördert werden muss, wenn sich die Preisentwicklung weiter so fortsetze.

Es gebe einen "Run auf Photovoltaikanlagen", was die 200.000 Förderanträge in diesem Jahr belegen würden, so Lukas Hammer (Grüne). Da es die Branche aktuell nicht schaffe, Aufträge fristgerecht zu erledigen, habe es Handlungsbedarf gegeben. Grundsätzlich habe man viel getan, "um den Energiewende-Turbo zu zünden", jetzt seien die Bundesländer und Gemeinden am Zug.

Dem schloss sich Karin Doppelbauer (NEOS) an. Man müsse die Bundesländer stärker in die Pflicht nehmen, was auch im Zuge des Finanzausgleichs mitberücksichtigt werden solle. Laut Doppelbauer fehlt es aber an einem gesamthaften Paket zum Ausbau der Erneuerbaren. Dies sollte aus ihrer Sicht aktuell das strategisch dringendste Ziel der Bundesregierung sein.

Für Christian Ragger (FPÖ) ist der Ausbau der Photovoltaik wesentlich für das Gelingen der Energiewende. "Wir müssen aber dafür Sorge tragen, dass in den nächsten Jahren in die Netzstabilisierung investiert wird". Nur so könne die erzeugte Energie ins Netz eingespeist werden. Da es sich nur um eine Fristverlängerung handle, gebe es seitens der FPÖ Zustimmung, betonte Erwin Angerer (FPÖ). Grundsätzlich lehne man das EAG ab, da ein bedingungsloser Ausstieg aus den fossilen Energien fahrlässig und nicht möglich sei. Es brauche Maßnahmen, um vermehrt heimische Energie und Rohstoffe zu nützen.

Alois Schroll (SPÖ) zeigte sich erfreut, dass auch die Anliegen der SPÖ in der Novelle mitbedacht wurden. Der SPÖ-Abgeordnete bemängelte jedoch, dass die Bundesregierung seit 650 Tagen mit der Vorlage des Energieeffizienz- und des Klimaschutzgesetzes säumig sei. "Das wäre für die Energiewende enorm wichtig", so Schroll.

"Wir müssen alles dazu tun, es den Menschen noch leichter zu machen, ihr Dach mit einer möglichst großen PV-Anlage auszustatten", betonte Energieministerin Leonore Gewessler. Der heutige Beschluss bringe Erleichterungen und Entbürokratisierung für Privathaushalte sowie fixe Fördersätze für Anlagen zwischen 10 bis 20 kWpeak. Österreich verfolge das ambitionierte Ziel, bis 2030 100% des Stroms aus erneuerbaren Energien herzustellen. Zahlreiche Bürger:innen seien diesem Aufruf gefolgt, was die Rekordantragszahlen bei den Photovoltaik-Förderungen belegen würden. Sie sei davon überzeugt, die Energiewende zu schaffen, so Gewessler. Es brauche nun vor allem die Bundesländer, um die Ausbaupläne voranzutreiben.

Umweltkontrollbericht zur Umwelt- und Klimasituation in Österreich

In Bezug auf Österreichs Umgang mit der Umwelt- und Klimasituation zeigt der mittlerweile 13. Umweltkontrollbericht in seiner umfassenden Bestandsaufnahme auf, welche Etappenziele bereits erreicht und wo es noch weiteren Handlungsbedarf für eine klimafreundliche und lebenswerte Zukunft gibt. Die Bilanz des mehrheitlich angenommenen Berichts zeigt, dass wichtige Maßnahmen zum Klimaschutz und in der Klimawandelanpassung, im Mobilitäts- und Energiebereich sowie in der Abfallvermeidung zwar Wirkung zeigen, in vielen Bereichen die Herausforderungen aber groß bleiben. So wird im Bericht unter anderem festgehalten, dass der Klimawandel in Österreich rascher voranschreite als im globalen Durchschnitt. Verbesserungspotential sahen die Expert:innen des Umweltbundesamts im Umweltausschuss etwa bei der Energie- und Mobilitätswende, beim Erhalt der biologischen Vielfalt, beim Übergang zur Kreislaufwirtschaft und bei der Reduktion von Schadstoffen. (Fortsetzung Nationalrat) med

Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.