Parlamentskorrespondenz Nr. 1133 vom 13.10.2022

Nationalrat spricht sich einhellig für Erhöhung der Bezüge von Grundwehrdienern aus

Auch weitere Initiativen der Opposition wurden aufgegriffen

Wien (PK) – Grundwehrdiener dürften schon bald eine höhere finanzielle Vergütung bekommen. Eine entsprechende Novelle zum Heeresgebührengesetz ist zwar erst in Ausarbeitung, das Vorhaben von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner wird von den Abgeordneten aber ausdrücklich unterstützt. Auf Empfehlung des Verteidigungsausschusses hat der Nationalrat heute dazu einstimmig eine Entschließung gefasst. Auch die Stärkung der umfassenden Landesverteidigung, die Überarbeitung der rechtlichen Grundlagen für Auslandseinsätze des Bundesheeres und die Umbenennung der Klagenfurter Windisch-Kaserne sind den Abgeordneten ein Anliegen.

Ausgangspunkt für die teils einstimmig, teils mehrheitlich angenommenen Entschließungen bildeten jeweils Initiativen der Opposition, die selbst bei der Abstimmung jedoch in der Minderheit blieben. Lediglich ein NEOS-Antrag wurde in adaptierter Form angenommen. Auch der Forderung der Freiheitlichen nach Wiedereinführung von acht Monaten Grundwehrdienst nach dem Modell 6+2, einem NEOS-Antrag zum Aufbau eines Stabes Cyberdefense im Verteidigungsministerium sowie zwei erst im Zuge der Sitzung eingebrachten SPÖ-Entschließungsanträgen erteilte die Mehrheit der Abgeordneten eine Absage. Die SPÖ hatte sich dafür stark gemacht, für den Schutz kritischer Infrastruktur wie Wasser- und Energieversorgung, Telekommunikation und Verkehrsinfrastruktur ausreichend Mittel im Heeresbudget zu reservieren. Zudem tritt sie insgesamt für eine Stärkung des Bundesheeres unter besonderer Berücksichtigung der Miliz ein.

Zur weiteren Beratung dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen wurde eine von der SPÖ beantragte Änderung der Verfahrensordnung für U-Ausschüsse . SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer und seine Fraktionskolleg:innen plädieren dafür, Untersuchungsausschüssen nicht nur – wie schon bisher – die Möglichkeit zu geben, Verfahrensrichter:innen abzuwählen, sondern auch Verfahrensanwält:innen sowie deren Stellvertreter:innen, und damit eine ihrer Meinung nach bestehende "irrtümliche" Gesetzeslücke zu schließen.

Befasst hat sich der Nationalrat darüber hinaus mit dem Grünen Bericht 2022 zur Situation in der Landwirtschaft sowie einem Bericht des Petitionsausschusses, die beide mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurden.

Höhere finanzielle Vergütung für Grundwehrdiener

Angestoßen wurde die einstimmig gefasste Entschließung zur finanziellen Besserstellung von Grundwehrdienern durch einen Antrag der FPÖ. Ihrer Meinung nach ist es geboten, die Bezüge von Grundwehrdienern zumindest auf das Sozialhilfe-Niveau anzuheben, um so eine gewisse Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Der Antrag selbst fand im Verteidigungsausschuss und in weiterer Folge im Nationalrat zwar keine Mehrheit, die fünf Fraktionen nutzten diesen aber für eine gemeinsame Initiative. Konkret fordern die Abgeordneten Verteidigungsministerin Tanner auf, dem Nationalrat bis Jahresende einen Gesetzesvorschlag zu einer höheren finanziellen Vergütung für Grundwehrdiener vorzulegen, um den Grundwehrdienst zu attraktivieren.

Offen ist, in welchem Ausmaß die Vergütung erhöht werden soll. Laut ÖVP-Abgeordnetem Johann Höfinger wird derzeit darüber verhandelt, wobei es einiges abzuwägen gelte. So dürfe man nicht außer Acht lassen, dass Grundwehrdiener derzeit neben der Basisvergütung von 362 € auch Fahrtkostenersätze und das Klimaticket bekommen, erklärte er. David Stögmüller (Grüne) plädierte jedenfalls dafür, Grund- und Zivildienern künftig mehr Wertschätzung entgegenzubringen als bisher, auch in finanzieller Hinsicht. Schließlich würden diese wichtige Arbeit leisten, wie sich nicht zuletzt im Zuge der Corona-Pandemie gezeigt habe. "Wir werden relativ schnell in Umsetzung kommen", ist Stögmüller zuversichtlich.

Seitens der SPÖ bedauerte Rudolf Silvan, dass der Ursprungsantrag der FPÖ vom Verteidigungsausschuss abgelehnt wurde. Seiner Meinung nach ist es nicht einzusehen, dass Grundwehrdiener mehr als 600 € weniger bekommen als Bezieher:innen einer Mindestsicherung, wie das derzeit der Fall sei. Zumal in ländlichen Gebieten ein Auto unumgänglich sei. Die Grundwehrdienern gewährte Vergütung würde gerade für zwei Tankfüllungen reichen, so Silvan. Wichtig wäre es ihm zufolge auch, die Schutzausrüstung der Soldaten zu modernisieren und weitere Schritte zu setzen, um den Grundwehrdienst zu attraktivieren.

Höfinger zeigte für die Kritik Silvans kein Verständnis. Niemand habe "das Bundesheer so heruntergewirtschaftet" wie die beiden SPÖ-Verteidigungsminister, meinte er. Demgegenüber habe es noch nie ein so hohes Heeresbudget gegeben wie unter Verteidigungsministerin Tanner.

Umbenennung der Klagenfurter Windisch-Kaserne

Auch weitere Oppositionsanliegen aus dem Bereich Landesverteidigung wurden in Form von Mehr-Parteien-Anträgen aufgegriffen. So sprach sich der Nationalrat auf Basis eines ursprünglichen SPÖ-Antrags mit breiter Mehrheit dafür aus, die Klagenfurter Windisch-Kaserne – unter Berücksichtigung der Vorschläge der Militärhistorischen Denkmalkommission und unter Einbindung des Landes Kärnten und der Stadt Klagenfurt – umzubenennen. ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS zeigten sich einig, dass die Kaserne nicht nach einem NS-belasteten Generalmajor benannt bleiben soll.

Es lohne sich, die NS-Geschichte aufzuarbeiten, kritisierte Sabine Schatz (SPÖ) den Umgang Österreichs mit dieser. Kürzlich sei beim österreichischen Bundesheer von einem Unteroffizier in SS-Uniform und mit Hitlergruß eine rote Linie überschritten worden, wandte sie sich an die Regierungsbank. Zur Vermeidung derartiger Fälle kündigte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner daraufhin an, nächste Woche eine Kommission einzurichten, die sich mit der Bekämpfung von staatsfeindlichen Tendenzen beschäftigen werde.

Andreas Minnich (ÖVP) sprach sich bezüglich der Kasernen-Umbenennung zwar dafür aus, Geschichte nicht auszuradieren, sondern eher zu kontextualisieren. Die Beharrlichkeit von Grünen-Mandatarin Eva Blimlinger in dieser Sache habe sich aber wohl ausgezahlt. Diese schlug vor, die Kaserne nun nach Richard Wadani, einem Kämpfer für die Gerechtigkeit gegen die NS-Militärjustiz, anstatt nach einem "Kriegsverbrecher" zu benennen. FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger lehnte hingegen diese Bezeichnung für Alois Windisch und somit auch den Antrag im Namen seiner Fraktion ab. Er versteht diesen als ein Beispiel von "Cancel-Culture".

Stärkung der "Umfassenden Landesverteidigung"

Auch die vom Nationalrat einstimmig gefasste Entschließung betreffend die Stärkung der umfassenden Landesverteidigung hatte ihren Ursprung in einem SPÖ-Antrag. Demnach wird die Bundesregierung unter Bezugnahme auf eine einstimmig gefasste Empfehlung des Nationalen Sicherheitsrates vom 25. Februar 2022 aufgefordert, die "Umfassende Landesverteidigung" in allen ihren Bereichen (militärische, geistige, zivile und wirtschaftliche Landesverteidigung) wiederzubeleben und zu stärken, sowie in geeigneter Form dem Parlament darüber zu berichten, erläuterte ÖVP-Mandatar Wolfgang Gerstl den Fokus. Hybride Bedrohungen würden laut David Stögmüller (Grüne) verdeutlichen, dass es Investitionen brauche, um die Resilienz auszubauen. Zudem soll das Heer zu einem modernen Arbeitgeber werden.

Robert Laimer (SPÖ) hätte sich von den Regierungsfraktionen ein noch klareres Bekenntnis zur Neutralität gewünscht. Eine Absage an einen Militärpakt komme im abgeänderten Antrag nicht mehr vor, obwohl diese als "Essenz militärischer Neutralität" zu verstehen sei, meinte er. Auch die FPÖ hätte sich ein noch stärkeres Bekenntnis zur Neutralität sowie die definitive Ablehnung eines Beitritts zu einem Verteidigungsbündnis erwartet, wie Volker Reifenberger (FPÖ) klarstellte. Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) hingegen sieht angesichts des Kriegs in Europa das Erfordernis, noch stärker auf europäischer Ebene zusammenzuarbeiten.

Bundesministerin Tanner bedankte sich bei den Abgeordneten, trotz unterschiedlicher Zugänge das Einende vor das Trennende zu stellen. "Sicherheit dürfe nie ein parteipolitisches Mascherl haben", sagte sie.

Auslandseinsätze des Bundesheeres

Auf eine Initiative der NEOS geht eine mehrheitlich angenommene Entschließung zurück, mit der Verteidigungsministerin Tanner und Europaministerin Edtstadler aufgefordert werden, dem Nationalrat einen Entwurf zur Novellierung des KSE-BVG unter besonderer Berücksichtigung der Implikationen des "Strategischen Kompasses" der Europäischen Union vorzulegen. In dem genannten Bundesverfassungsgesetz sind die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die Entsendung österreichischer Soldat:innen in das Ausland geregelt. Nach Meinung der NEOS braucht es eine Ausweitung des Rechtsrahmens, um die Teilnahme Österreichs an der auf EU-Ebene vereinbarten schnellen europäischen Eingreiftruppe (RDC) zu ermöglichen. Im ursprünglichen Antrag hatten sie vor diesem Hintergrund unter anderem die Einfügung einer Dringlichkeitsklausel und die Abschaffung des Freiwilligkeitsgebots für Auslandseinsätze gefordert. Nun soll die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich und Österreichs Beitrag zur Friedenssicherung und Friedenserhaltung verbessert werden, sagte Friedrich Ofenauer (ÖVP).

Die FPÖ erteilte dem Vorhaben, für Kampfeinsätze im Ausland eine Dringlichkeitsklausel zu verankern, ein klares "Nein", wie Volker Reifenberger (FPÖ) zum Ausdruck brachte.

Zum Abschluss der Beratungen bedankte sich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka beim scheidenden FPÖ-Landesverteidigungssprecher Reinhard Eugen Bösch für dessen Arbeit und Wirken im Dienste der Republik. Der FPÖ-Mandatar hat angekündigt, mit Ende Oktober aus dem Nationalrat auszuscheiden. Bösch gehöre zu den erfahrensten und längstdienenden Parlamentarier:innen, sagte Sobotka und wünschte ihm für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Parlament alles Gute.

Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse

In Bezug auf die vorgeschlagene Änderung der Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse gaben SPÖ-Abgeordneter Christoph Matznetter und NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper zu bedenken, dass einmal gewählte Verfahrensanwält:innen nach der geltenden Rechtslage – anders als Verfahrensrichter:innen – selbst dann nicht abgewählt werden können, wenn die Voraussetzungen für ihre Ernennung weggefallen sind. Die Lücke sei jüngst zutage getreten, als die Verfahrensanwältin des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses mit einer Aktion ihre Kompetenzen überschritten und so Zweifel an ihrer Objektivität geweckt habe, erklärte Krisper. Sowohl SPÖ als auch NEOS plädieren in diesem Sinn dafür, diese rasch zu schließen.

Allerdings ist offen, wann sich der Geschäftsordnungaausschuss mit dem Anliegen befassen wird. ÖVP-Abgeordnete Bettina Rausch zeigte sich zwar gesprächsbereit, da es, wie sie sagte, durchaus Verbesserungs- und Änderungsbedarf in der Gestaltung von U-Ausschusssitzungen gebe. Ihrer Ansicht nach bedarf es aber eines Gesamtpakets und nicht einzelner Maßnahmen. Ihrer Fraktion sei insbesondere eine Stärkung der Persönlichkeitsrechte wichtig, betonte Rausch.

Untersuchungsausschüsse müssten gestärkt und nicht geschwächt werden, hielt SPÖ-Abgeordneter Matznetter dazu in einer Replik fest. Er sieht auch keinen Sinn darin, Fragen, die gestellt werden, schriftlich einzureichen, wie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka das in einem Interview vorgeschlagen hatte. Das würde den Anschein von Zensur erwecken. Matznetter selbst glaubt, dass ein Großteil der Probleme von U-Ausschüssen gelöst würde, würde man die Befragungen im Fernsehen übertragen. Dann würden sich Auskunftspersonen zweimal überlegen, wie sie auf Fragen reagieren, meinte er. Das gleiche gelte "für dauernd hineingrätschende Abgeordnete".

Krisper warf der ÖVP in diesem Zusammenhang vor, die einzige Partei zu sein, die bis jetzt nicht bereit gewesen sei, über die Öffentlichkeit von U-Ausschüssen zu diskutieren. Es brauche Transparenz und Aufklärung, mahnte sie. Nicht zu Wort meldeten sich in der Debatte die Grünen und die FPÖ.

Breite Palette an Bürgeranliegen

Davor hatte sich der Nationalrat nicht nur mit der Situation der österreichischen Landwirtschaft, sondern auch mit einer breiten Palette an Bürgeranliegen befasst. So hatten diverse Petitionen und Bürgerinitiativen unter anderem Maßnahmen zur Verhinderung von häuslicher Gewalt, die Schaffung bundegesetzlicher Grundlagen betreffend die Beseitigung von Schwemm- und Treibholz, Förderungen für Vorsorgemaßnahmen zur Verhinderung von Blackouts, eine Verlegung der Ostbahn-Trasse bei Trautmannsdorf sowie eine Änderung der Drogenpolitik samt Entkriminalisierung von Drogenkonsument:innen gefordert. Auch ein " Klimaschutz mit Hausverstand " ohne neue Steuern, ein umfassendes Entlastungspaket zur Abfederung der aktuellen Teuerung sowie die Aufhebung aller COVID-19-Rechtsnormen gehören zu den an das Parlament herangetragenen Anliegen.

Bereits im Ausschuss hatte die Opposition kritisiert, dass Petitionen und Bürgerinitiativen nach dem Einlangen angeforderter Stellungnahmen, etwa von Seiten der Ministerien, nur in seltenen Fällen an die zuständigen Fachausschüsse weitergeleitet werden. Diese Kritik wurde im Plenum wiederholt. Lediglich eine Petition betreffend die Stärkung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen wurde dieses Mal dem Familienausschuss zugewiesen. Dort liegt auch ein Volksbegehren zum gleichen Thema. Die parlamentarischen Beratungen über die anderen Initiativen sind mit der Kenntnisnahme des Berichts des Petitionsausschusses abgeschlossen.

Landwirtschaftliche Einkommen sind 2021 durchschnittlich um 15% gestiegen

Aus dem Grünen Bericht 2022 zur Situation der heimischen Land- und Forstwirtschaft geht hervor, dass die durchschnittlichen Einkommen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe – nach einer Stagnation in den Jahren 2019 und 2020 – im vergangenen Jahr um 15% gestiegen sind. Dafür verantwortlich waren unter anderem deutliche Ertragsanstiege in der Forstwirtschaft und im Marktfruchtbau, die Zunahme der Erträge in der Rinderhaltung, die Erhöhung öffentlicher Gelder aufgrund von Corona-Hilfen sowie Preissteigerungen im Obst- und Weinbau. Der Produktionswert der Land- und Forstwirtschaft konnte demnach um 16,5% auf rund 10,9 Mrd. € zulegen. Auch bei den Exporten gab es mit einem Plus von 8,5% auf 13,84 Mrd. € einen deutlichen Anstieg. Allerdings blieb das Agrarhandelsdefizit mit 4,4 Mio. € weiterhin leicht im Minus, da sich auch die Importe (+7,8%) erhöhten.

Die Gesamtsumme der Fördermittel aus den EU-, Bundes- und Landestöpfen für die heimische Land- und Forstwirtschaft betrug im Jahr 2021 rund 2,41 Mrd. €. Das bedeutet eine Steigerung von rund 4,2% bzw. 98 Mio. € gegenüber 2020.

Die Oppositionsparteien nutzten den Debattenpunkt für vielfältige landwirtschaftliche Initiativen, wobei allerdings in keinem Fall eine Mehrheit zustande kam. So wurden FPÖ-Anträge für ein aktives Wolfsmanagement samt Entnahme von "Problemwölfen" und zur bürokratischen und steuerlichen Entlastung der Landwirtschaft ebenso abgelehnt wie mehrere Entschließungsanträge der SPÖ. Diese hatten eine Erweiterung der Datengrundlage des Grünen Berichts, eine Machbarkeitsstudie zur Wasserversorgung sowie die Reduzierung chemisch-synthetischer Pestizide in der Landwirtschaft zum Ziel. (Schluss Nationalrat) gs/fan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.