Parlamentskorrespondenz Nr. 1156 vom 18.10.2022

EU-Haushalt: Stärkere Kontrolle bei Auszahlungen nötig

EuRH-Mitglied Berger berichtet im Rechnungshofausschuss über erhöhte Fehlerquote

Wien (PK) – In den nächsten Jahren werde sich das EU-Budget fast verdoppeln, wodurch die Kontrolle der Haushaltsführung vor allem bei den Ausgaben noch bedeutender werde, sagte heute Österreichs Vertreterin im Europäischen Rechnungshofs (EuRH), Helga Berger, im Rechnungshofausschuss des Nationalrats. Sie bezog sich dabei auf den zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie installierten Wiederaufbaufonds "Next Generation EU", der von 2021 bis 2027 mit 750 Mrd.€ den gewöhnlichen Siebenjahresplan für den EU-Haushalt ergänzt. Die Ex-post-Prüfung der Ausschüttung dieser zusätzlichen Mittel an die Mitgliedsländer stelle den EuRH vor neue Herausforderungen, so Berger, weil diese Zahlungen nur auf der Erfüllung von Meilensteinen und Zielen unabhängig von den tatsächlichen Kosten basieren. Eine Rücknahme von erfolgten Meilensteinen wie einer Pensionsreform sei wiederum nicht angedacht, nachdem das EU-Geld geflossen ist. Der EuRH wolle aber gerade in schwierigen Zeiten eine "solide Prüfungssicherheit gewährleisten".  

EU-Haushalt: 3% Fehlerquote bei Auszahlungen

In seinem Jahresbericht 2021 weist der EU-Rechnungshof auf einen Anstieg bei fehlerhaften Zahlungen aus dem EU-Haushalt auf 3% hin. 2020 betrug die Gesamtfehlerquote noch 2,7 %. Der Anteil der mit einem hohen Risiko verbunden Ausgaben im Vorjahr wird mit 63,2 % (2020: 59%) angegeben, bei diesen Zuwendungen betrug die Fehlerquote 4,7 % (2020:4%). Aufgrund der Probleme bei den Auszahlungen fällten die Prüfer:innen zum dritten Mal in Folge ein negatives Prüfungsurteil zur Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Ausgaben des ordentlichen EU-Haushalts, wobei EuRH-Mitglied Berger im Ausschuss betonte, fehlerhafte EU-Zahlungen seien häufig auf unzureichende Kenntnisse der Antragsstellenden über die Auszahlungsvoraussetzungen zurückzuführen. Ein wichtiger Hebel, die Fehlerquote zu senken, biete daher die "Simplifizierung" der Fördermodelle, wie sie für Ausgaben zum Krisenmanagement bereits schlagend wurde.

Positiv vermerkt der EuRH allerdings, dass die Rechnungsführung 2021 korrekt war, das heißt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild ergab. Bei den Einnahmen in den EU-Haushalt gab es keine wesentliche Fehlerquote, trotz Schwachstellen bei internen Kontrollen einiger Mitgliedsstaaten in Bezug auf traditionelle EU-Eigenmittel (TEM) wie Zölle und Zuckerabgaben.

Insgesamt wurden 2021 nach Angaben des EU-Rechnungshofes 181,5 Mrd. € Euro aus dem EU-Haushalt ausbezahlt. Für etwa drei Viertel davon waren die Mitgliedstaaten verantwortlich. Der EuRH berichtet in diesem Zusammenhang von 15 Fällen von Betrugsverdacht, die dem Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) weitergeleitet wurden. Einer davon liegt derzeit außerdem bei der Europäischen Staatsanwaltschaft; Österreich-Bezug gibt es Berger zufolge bei keinem dieser Fälle.

Keine nennenswerten Fehler bei Österreich

Grundsätzlich zeichnete Berger ein positives Bild der EuRH-Prüfungen in Österreich, habe es doch keine Fehler mit finanziellen Auswirkungen gegeben. Einen Fall bewertete der EuRH wegen eines Projektbeginns vor Genehmigung als nicht förderwürdig. Im Landwirtschaftsbereich seien alle erhobenen Direktzahlungen fehlerfrei gewesen. Dennoch bestehe in sämtlichen Mitgliedsländern das Risiko, dass die Prüfbehörden Fehler in den Projekten nicht erkennen, mahnte Berger. Sie legte im Einklang mit Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker ein Bekenntnis zur intensiven Zusammenarbeit "auf allen Ebenen" bei der Finanzkontrolle ab; man stehe daher in ständigem Austausch mit dem österreichischen Rechnungshof bzw. den Landesrechnungshöfen.

EuRH rät zu vereinfachten Fördermodellen

Verbesserungsvorschläge des Europäischen Rechnungshofs zur Dämpfung der Fehlerquote thematisierten in verschiedenen Zusammenhängen Karin Greiner (SPÖ), Michel Reimon (Grüne), Wolfgang Zanger (FPÖ), Hermann Gahr (ÖVP) und Gerald Loacker (NEOS). Angesprochen wurde die Schwierigkeit, die rechtmäßige Mittelverwendung etwa bei Infrastrukturausbauten oder Ausgaben zur Belebung des ländlichen Raums sicherzustellen. Für EuRH-Mitglied Berger liegt der "Hauptansatzpunkt" zum Drücken der Fehlerquote bei den nationalen Prüfbehörden, da diese zunächst die Einhaltung der Auflagen für Förderungen kontrollierten und der EuGH erst auf dieser Grundlage prüfen könne. Speziell bei der Auszahlung der Mittel aus dem Wiederaufbaufonds stelle auf EU-Ebene jedoch eine zeitnahe Prüfung ein wichtiges Kriterium dar, um langfristig einen ordnungsgemäßen Mitteleinsatz sicherzustellen. Mit neuen Förderleitlinien sollte zudem die unterschiedliche Interpretation von Förderfähigkeitskriterien hintangehalten werden, sprach sich Berger generell für vereinfachte Fördermodelle aus. Besonders am Ende einer Finanzierungsperiode wären diese sinnvoll, da dann der Druck auf die Mitgliedstaaten, noch ausreichend Geld abzurufen, steige. Satellitenaufnahmen könnten die Prüfung des Mitteleinsatzes zusätzlich unterstützen, regte sie zukünftige Prüfmethoden an. Aus den Mitgliedstaaten gebe es Bereitschaft dafür, so Berger. (Fortsetzung RH-Ausschuss) rei