Parlamentskorrespondenz Nr. 1173 vom 19.10.2022

Justizausschuss bringt Änderungen bei Online-Unternehmensgründungen und Firmenbuchgebühren auf den Weg

Mehrheit für Gesellschaftliches Digitalisierungsgesetz 2022

Wien (PK) – Das Gesellschaftliche Digitalisierungsgesetz 2022 passierte heute mit Stimmenmehrheit den Justizausschuss. In Umsetzung einer EU-Digitalisierungs-Richtlinie werden damit etwa Online-Firmenbuchanmeldungen von Einzelunternehmen ermöglicht. Zu zahlreichen Änderungen kommt es auch bei Firmenbuchgebühren.

Einstimmig sprach sich der Ausschuss zudem dafür aus, die Justizministerin zu einer Prüfung von allfälligen Gesetzeslücken im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch aufzufordern. Ausgangspunkt dafür war eine Initiative der FPÖ, mit der sich die Freiheitlichen für Strafen für Pädophilen-Handbücher und Kindersexpuppen einsetzen.

Vertagt hat der Ausschuss mehrere Initiativen der SPÖ. Die Sozialdemokrat:innen fordern etwa Änderungen bei der Ernennung von Staatsanwält:innen, Gewaltambulanzen für Fälle von häuslicher Gewalt sowie ein Klagsrecht und Klagsbudget für die Gleichbehandlungsanwaltschaft.

Gesellschaftliches Digitalisierungsgesetz 2022

ÖVP, FPÖ und Grüne stimmten im Justizausschuss für einen Koalitionsantrag für ein Gesellschaftliches Digitalisierungsgesetz 2022 (2893/A). Damit soll eine EU-Digitalisierungs-Richtlinie umgesetzt werden, die die Gründung von (Kapital-)Gesellschaften, die Eintragung von Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten sowie die spätere Einreichung von Urkunden und Informationen zum jeweiligen nationalen Unternehmensregister (in Österreich: zum Firmenbuch) vollständig online ermöglichen soll. Neben dem Gesellschaftlichen Digitalisierungsgesetz 2022 haben die Koalitionsparteien umfassende Änderungen von betreffenden Gesetzesmaterien zur Umsetzung der Richtlinie beantragt.

Vielen Vorgaben der Richtlinie werde bereits durch die geltende österreichische Rechtslage entsprochen, so die Erläuterungen. Beispielsweise könne eine GmbH schon derzeit online gegründet werden. In anderen Bereichen – etwa bei der Verknüpfung der Unternehmensregister der Mitgliedstaaten über das "Business Register Interconnection System (BRIS)" – seien jedoch noch Anpassungen erforderlich, die mit der Vorlage vorgenommen werden sollen. Außerdem sollen künftig auch die Firmenbuchanmeldungen von Einzelunternehmer:innen vollständig online durchgeführt werden können. Die bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft erforderliche Zahlung von Gesellschaftskapital soll nunmehr bei allen Banken aus dem EWR ermöglicht werden, die aufgrund der Niederlassungsfreiheit oder aufgrund der Dienstleistungsfreiheit zum Betreiben von Bankgeschäften in Österreich befugt sind.

Unter anderem kommt es mit den Anpassungen auch zu zahlreichen Änderungen bei den Gebühren betreffend das Firmenbuch. So sollen etwa für die erstmalige Eintragung eines Unternehmens einheitliche Gebühren vorgesehen werden. Eintragungsgebühren für Änderungen im Firmenbuch soll es nur mehr für ausgewählte Tatbestände geben. Mit der Einrichtung der digitalen Bürger:innen- und Unternehmensplattform "JustizOnline" wird laut Erläuterungen zudem ein einfacher und bürger:innenfreundlicher Zugriff auf das Grund- und Firmenbuch ermöglicht.

Justizministerin Alma Zadić zeigte sich erfreut über das vorliegende Gesetz, mit dem die Digitalisierungs-Richtlinie der EU umgesetzt werde. Mit den Änderungen würden sich Unternehmen in Österreich künftig jährlich rund 7,5 Mio. € an Gebühren ersparen, strich Zadić hervor. Damit handle es sich um eine Maßnahme im Sinne des österreichischen Wirtschaftsstandorts.

Klaus Fürlinger (ÖVP) bezeichnete den Umsetzungsentwurf als gelungen. Es komme zu einer Entbürokratisierung und zu weniger Gebühren für die Unternehmer:innen, so Fürlinger. Auch Harald Stefan und Philipp Schrangl (FPÖ) fanden das Gesetz positiv. Österreich sei in diesem Bereich fortschrittlich und mit digitalen Unternehmensgründungen ein Vorbild in Europa, so Stefan. Für Schrangl biete des Gesetz einen Weg, der Gründer:innen und Verbraucher:innen diene.

Nikolaus Scherak (NEOS) hingegen äußerte noch Skepsis. Man gehe zwar Schritte in die richtige Richtung, was die Digitalisierung anbelange. Vieles bleibe für die Unternehmer:innen aber weiterhin mühsam. Scherak kündigte an, einige Punkte des Gesetzes bis zur Abstimmung im Plenum noch genauer prüfen zu wollen.

Weil im Gesetzesantrag auch eine Regelung zur Veröffentlichung von Firmenbucheinträgen in der Ediktsdatei und der Wiener Zeitung enthalten ist, waren auch die Pläne der Regierung für die älteste Tageszeitung der Welt Thema im Ausschuss. Petra Oberrauner (SPÖ) sah die vorliegenden Maßnahmen untrennbar mit dem Schicksal der Zeitung verbunden. Ihre Fraktion könne das Paket erst unterstützen, wenn die Zukunft der Wiener Zeitung langfristig und als Printmedium gesichert sei, so Oberrauner. Ausschussvorsitzende Michaela Steinacker (ÖVP) verwies in diesem Zusammenhang auf ein Gesetz zur Wiener Zeitung, das sich derzeit in Begutachtung befinde.

Einstimmige Entschließung für Prüfung von Gesetzeslücken bei Kindesmissbrauch

Einstimmig sprach sich der Justizausschuss dafür aus, die Justizministerin zu einer Prüfung von Gesetzeslücken im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch aufzufordern.

Ausgangspunkt dafür war eine Forderung der Freiheitlichen nach einem Gesetzentwurf, der das Herunterladen, Hochladen, Weiterleiten oder Veröffentlichen von Pädophilen-Handbüchern und ähnlichen Anleitungen zum sexuellen Missbrauch an Minderjährigen sowie auch den Verkauf von Kindersexpuppen unter Strafe stellt (2660/A(E)). ÖVP und Grüne brachten im Zuge der Debatte einen Ausschussantrag ein, mit dem sie die Justizministerin auffordern, zu prüfen, ob in dieser Sache Handlungsbedarf besteht. Konkret soll untersucht werden, ob Strafbestimmungen gegen die Verbreitung und den Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern im Internet sowie gegen Kauf und Verkauf von Kindersexpuppen fehlen. Außerdem soll die Justizministerin evaluieren, inwiefern das Pornographiegesetz in seiner jetzigen Form dem Schutz von Minderjährigen gerecht wird. Diese Initiative wurde einstimmig angenommen, während der FPÖ-Antrag in der Minderheit blieb.

Harald Stefan (FPÖ) begründete die Initiative damit, dass man möglichst früh ansetzen müsse, um möglichen Missbrauch von Minderjährigen zu verhindern. Im Darknet verfügbare Anleitungen zum Kindesmissbrauch und Kindersexpuppen würden laut Expert:innen die Hemmschwelle für eine Tat herabsetzen.

Für Gudrun Kugler (ÖVP) gilt es, Kinder insbesondere vor sexueller Gewalt zu schützen. Sie dankte dem freiheitlichen Mandatar dafür, dass er aktuelle Entwicklungen aufzeige, denen im Strafrecht möglicherweise noch nicht Rechnung getragen werde. Es sei zu prüfen, ob die Terminologie der Gesetze den verübten Verbrechen gerecht werde, so Kugler. Dem stimmte Agnes Sirkka Prammer (Grüne) zu. Es gelte, schnell und intensiv zu prüfen, wie allfällige Lücken geschlossen werden können. Sie brachte deshalb den Ausschussantrag der Koalitionsparteien ein, mit dem die Justizministerin genau dazu aufgefordert wird. Insbesondere das in die Jahre gekommene Pornographiegesetz sei laut Prammer zu prüfen und auf den neuesten Stand zu bringen.

Ruth Becher (SPÖ) bekräftigte, dass auch ihre Fraktion sich zur Bekämpfung jeder Form des sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen bekenne. Sie signalisierte Zustimmung für den Antrag der Koalitionsparteien, weil dieser aus ihrer Sicht seriöser und stimmiger als jener der Freiheitlichen sei. Petra Oberrauner (SPÖ) forderte ein sofortiges Verbot der Produktion von Kindersexpuppen. Es gelte hier, im Sinne des Schutzes der Kinder sofort zu handeln.

Justizministerin Zadić betonte, dass auch ihr der Kinderschutz ein besonderes Anliegen sei. Sie versicherte, auf diese neuartigen Vorkommnisse zu reagieren. In Deutschland wurden bereits entsprechende Strafbestimmungen geschaffen, so Zadić. Sie werde nun genau prüfen, ob es auch im österreichischen Recht Anpassungen brauche.

SPÖ-Anträge vertagt

Mehrere Anträge der Sozialdemokrat:innen wurden im Ausschuss von der Koalition vertagt. Die SPÖ spricht sich in einem Entschließungsantrag etwa dafür aus, das Verfahren zur Ernennung von Staatsanwält:innen an jenes der Richter:innen anzupassen (2037/A(E)). Um die Staatsanwaltschaften vor politischen Angriffen und Einflussnahme zu schützen, soll laut Sozialdemokrat:innen die Personalkommission im Ernennungsverfahren mehrheitlich mit von der Berufsgruppe gewählten bzw. entsendeten Mitgliedern besetzt werden.

Mit einer ebenfalls vertagten Initiative setzt sich die SPÖ für Gewaltambulanzen ein (1638/A(E)). Mit Blick auf häusliche Gewalt und die hohe Zahl der Frauenmorde in Österreich fordern die Sozialdemokrat:innen gesetzliche Grundlagen, damit rechtsmedizinische Gewaltambulanzen geschaffen werden, die bei Gewalt objektiv und professionell Beweise sichern und Verletzungen dokumentieren, die vor Gericht verwendet werden können. Die Gewaltambulanzen sollen flächendeckend, rund um die Uhr zugänglich und für die Opfer kostenlos sein.

Justizministerin Alma Zadić verwies auf eine interministerielle Studie, die zur Erarbeitung eines Konzepts für Gewaltambulanzen in Auftrag gegeben worden sei. Bis zum Ende des Jahres sollen Ergebnisse vorliegen, so Zadić.

Vertagt wurde auch die erneute SPÖ-Forderung nach einem Klagsrecht und einem entsprechenden Budget für die Gleichbehandlungsanwaltschaft (2435/A(E)). Die Gleichbehandlungsanwaltschaft könne aktuell von Diskriminierung Betroffene nur im Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission, nicht aber vor Gericht, begleiten, kritisiert die SPÖ. (Fortsetzung Justizausschuss) kar