Parlamentskorrespondenz Nr. 1377 vom 29.11.2022

EU-Ausschuss des Bundesrats berät über geplantes EU-Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit

Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofs präsentiert

Wien (PK) – Die Bundesrät:innen befassten sich im EU-Ausschuss heute mit Verordnungsvorschlägen zum Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten sowie zur Schaffung eines Finanzhilfeinstruments für die Ukraine. Österreichs Mitglied im Europäischen Rechnungshof Helga Berger präsentierte den EuRH-Jahresbericht über den EU-Haushalt 2021.

Verbot für in Zwangsarbeit hergestellte Produkte

Die Kommission will einen Rechtsrahmen schaffen, um in Zwangsarbeit hergestellte Produkte verbieten zu können, die in der EU in den Verkehr gebracht werden. Neben der Schaffung von fairen Wettbewerbsbedingungen soll dadurch gewährleistet werden, dass europäischen Produkten ein besonderes Vertrauen hinsichtlich fairer Produktionsweisen entgegengebracht werden könne, erklärte eine Vertreterin des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft. Der von Österreich unterstützte Vorschlag beinhaltet zudem die Einrichtung einer Datenbank zur Identifikation von Risikoprodukten sowie Orientierungshilfen für Wirtschaftsakteure, um Zwangsarbeit in den Lieferketten zu vermeiden. Die nationalen Zuständigkeiten (etwa Zollbehörden) seien noch offen, da sich die Beratungen in einem frühen Stadium befinden.

Ein Wirtschaftskammer-Experte berichtete von besorgten Kleinunternehmer:innen wegen zusätzlicher Auflagen. Trotz der unbestrittenen Ziele im Kampf gegen Zwangsarbeit würden sie wohl zur Verteuerung von Produkten führen, wenn die Unternehmen künftig die Lieferkette dokumentieren müssten, meinte er. Trotz eines Bekenntnisses gegen Zwangsarbeit und für einen fairen Wettbewerb ist es auch für Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP/NÖ) unzumutbar, wenn öffentliche Aufgaben auf Betriebe umgewälzt werden. Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP/OÖ) sprach sich ebenso dagegen aus, die Unternehmer:innen zu belasten.

Begrüßt wird der Verordnungsvorschlag von der Arbeiterkammer, obwohl es eigentlich Grundkonsens sein sollte, dass keine derartigen Produkte im Umlauf sind, meinte eine AK-Expertin. Die Wirtschaftsakteur:innen müssten dafür Transparenz schaffen. Verbesserungsbedarf ortet sie auch, weil keinerlei Wiedergutmachungsmaßnahmen für von Zwangsarbeit betroffene Arbeitnehmer:innen vorgesehen sind.

Auch Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ/W) machte auf die im Kommissionsvorschlag fehlende Opferperspektive aufmerksam, weshalb er einen Antrag auf Mitteilung einbrachte, um Entschädigungen für Opfer von Zwangsarbeit als Voraussetzung zur Aufhebung von Importrestriktionen in den Rechtsakt miteinzubeziehen. Er wurde allerdings ebenso von den restlichen Fraktionen abgelehnt wie ein SPÖ-Antrag auf Stellungnahme, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, dem Kampf gegen Zwangsarbeit auf europäischer Ebene höchste Priorität einzuräumen.

Für Bundesrat Marco Schreuder (Grüne/W) ist es wichtig, dass die Interessen aller Stakeholder:innen berücksichtigt werden, und vor allem große Konzerne und Massenproduktionen betrachtet werden, ohne dass es zu Erschwernissen für KMUs komme.

Bundesrat Johannes Hübner (FPÖ/W) wurde von der Ressortvertreterin informiert, dass die Rechtsdefinition für Zwangsarbeit aus den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) stammt.

Finanzhilfeinstrument für die Ukraine

Ein bereits weiter gediehener Kommissionsvorschlag beinhaltet die Schaffung eines Instruments für eine Makrofinanzhilfe mit 18 Mrd. € an Darlehen für die Ukraine im Jahr 2023. Da von einer monatlichen Finanzierungslücke von 3-4 Mrd. € auszugehen ist, soll die wirtschaftliche und finanzielle Stabilisierung des Landes damit unterstützt werden. Die Finanzhilfe soll in Form stark vergünstigter Darlehen vergeben werden, die in mehreren Tranchen ausgezahlt werden. Die Zinsen sollen bis Ende 2027 von den EU-Mitgliedstaaten freiwillig (aber durch verbindliche Beitragsabkommen) übernommen und über externe zweckgebundene Einnahmen an den EU-Haushalt finanziert werden. Die Darlehen sollen über den "Headroom" des EU-Haushaltes abgesichert werden, sagte eine Vertreterin des Finanzministeriums, wo der Vorschlag positiv wahrgenommen wird. Laut eines weiteren Ressortvertreters soll damit die Voraussetzung für den Wiederaufbau geschaffen werden.

Die FPÖ lehnt die geplante Makrofinanzhilfe für die Ukraine und die EU-Verschuldung ab, was Bundesrat Johannes Hübner (FPÖ/W) mit einem Antrag auf Stellungnahme zum Ausdruck brachte. Dem Antrag stimmte keine weitere Fraktion zu.

EuRH-Jahresbericht 2021

In seinem Jahresbericht 2021 weist der Europäische Rechnungshof (EuRH) auf einen Anstieg bei fehlerhaften Zahlungen aus dem EU-Haushalt auf 3 % hin. 2020 betrug die Gesamtfehlerquote noch 2,7 %. Bei Ausgaben in der Höhe von 142,8 Mrd. € wurden somit rund 4,3 Mio. € nicht regelkonform ausgegeben. Besonders bei den mit einem hohen Risiko verbunden Ausgaben sei die Fehlerquote mit 4,7 % weiterhin hoch, erläuterte die österreichische Vertreterin im Europäischen Rechnungshof Helga Berger. Das betreffe etwa die ländliche Entwicklung. Die Hauptfehlerquote im Bereich Binnenmarkt liege bei den Personalkosten und Forschungsausgaben, im Bereich Verwaltung liege die Fehlerquelle hingegen unterhalb der Wesentlichkeitsschwelle. In Bezug auf Österreich habe der EuRH ein gemischtes Bild festgestellt, sagte Berger. Während bei einer Stichprobenprüfung eines Infrastrukturprojekts kein Fehler festgestellt wurde, habe es im fehlerbehafteten Bereich ländliche Entwicklung eine Förderungsunwürdigkeit bei Vergabeverfahren gegeben.

Das Fehlerrisiko sei bei komplexen Vorschriften höher, räumte die EuRH-Vertreterin gegenüber Bundesrat Martin Preineder (ÖVP/NÖ) ein, der von schwierigen Förderabwicklungen beim LEADER-Programm berichtete und sich für ein vereinfachtes System aussprach. 15 Fälle von Betrugsverdacht bei Transaktionen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen auf europäischer Ebene seien an das europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) weitergeleitet worden, wurde Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ/W) informiert. Er interessierte sich wie auch Bundesrat Johannes Hübner (FPÖ/W) für etwaige Prüfungen der EU-Gelder in Zusammenhang mit der Corona-Krise. Obwohl die Prüfungen erst zwei Jahre im Nachhinein stattfinden, habe der Europäische Rechnungshof in Bezug auf das Vergabeverfahren und die Beschaffung der Corona-Impfstoffe bereits kritisiert, dass von der Kommission nicht alle Unterlagen vorgelegt wurden, so Berger. Außerdem habe das Prüforgan – ebenso in Bezug auf die Ukraine-Mittel - darauf hingewiesen, dass sich durch Rückzahlungen budgetäre Risiken auf zukünftige Budgets verlagern würden. Die Änderung der EU-Haushaltsordnung, um Schuldenaufnahmen zu diversifizieren, erachtet der EuRH aber grundsätzlich als sinnvoll. Von Bundesrat Marco Schreuder (Grüne/W) auf den Green Deal angesprochen, gab Berger zu bedenken, dass die Einhaltung des 37 % Klimaziels in Anbetracht kritischer Prüfberichte wohl nur schwer möglich sein werde.

Positive Zuverlässigkeitserklärungen stellt der EuRH sowohl für die Kontenführung als auch für die Einnahmen in den EU-Haushalt aus. Die aktuellen Prüfschwerpunkte liegen bei der Aufbau- und Resilienzfazilität "Next Generation EU". Der österreichische Aufbauplan wurde von der Kommission bereits positiv bewertet. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) fan


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