Parlamentskorrespondenz Nr. 1386 vom 30.11.2022

Unterrichtsausschuss: Schulveranstaltungen wichtig für Schulgemeinschaft

Bildungsminister Polaschek soll Nachfolgemodell zum Schulveranstaltungsfonds ausarbeiten

Wien (PK) – Die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne richteten heute im Unterrichtsausschuss des Nationalrats die Forderung an Bildungsminister Martin Polaschek, ein Nachfolgeprogramm für den Schulveranstaltungsfonds zu erarbeiten. Die Opposition aus SPÖ, FPÖ und NEOS begrüßte zwar das Bekenntnis der Regierungsparteien, allen Kindern gleichermaßen schulische Bildungserfahrungen außerhalb des Unterrichts geben zu wollen. Sie trugen den entsprechenden Antrag aber heute im Ausschuss nicht mit, da er ihrer Auffassung nach zu viele Fragen der Umsetzung offen lässt.

Abgelehnt wurden von der Mehrheit im Ausschuss die Anträge der SPÖ auf eine digitale Schulungsoffensive für die Gesamtbevölkerung und mehr Budget für Berufsschulen, ein FPÖ-Antrag, die Lehrer:innenausbildung erneut zu reformieren sowie ein NEOS-Antrag zur Belastungsminderung für Lehrkräfte. Die restlichen Oppositionsanträge vertagten die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne. Dabei handelte es sich um Forderungen der SPÖ nach kostenfreiem Mittagessen in Bildungseinrichtungen und praxisorientierten Lehrplänen, einen FPÖ-Vorstoß betreffend Sexualbildung an Schulen sowie NEOS-Anträge zu Pflegeausbildung, Deradikalisierung an Schulen und für einen Rechtsanspruch auf Sonderpädagogische Förderung bis zur 12. Schulstufe.

Unterstützung für Teilnahme an Schulveranstaltungen

In ihrem Antrag (2959/A(E)) auf ein Nachfolgemodell für den wegen der Corona-Pandemie eingerichteten Schulveranstaltungsfonds verweisen Rudolf Taschner (ÖVP) und Sibylle Hamann (Grüne) auf bestehende Unterstützungen von Bund und Ländern für Schüler:innen aus wirtschaftlich benachteiligten Elternhäusern. Auf dieser Basis sollten Maßnahmen zur weiteren finanziellen Unterstützung für ökonomisch schlechter gestellte Schüler:innen ergriffen werden, um ihnen die Teilnahme an mehrtägigen Schulveranstaltungen zu ermöglichen und sich als Teil der Klassengemeinschaft zu sehen, skizzierte Grünen-Bildungssprecherin Hamann das Anliegen, wobei Nico Marchetti (ÖVP) die Betonung auf soziale Treffsicherheit legte. Die Bildungssprecher:innen der Oppositionsparteien, Hermann Brückl (FPÖ), Petra Tanzler (SPÖ) und Martina Künsberg Sarre (NEOS) hingegen warnten, sobald in einer Klasse bekannt würde, welche Schüler:innen Zuschüsse für Schulausflüge erhalten, könnten Scham und Ausgrenzung der Betroffenen die Konsequenz sein. Besser wäre es, nach sozialen Kriterien einer Schule bemessene zusätzliche Budgetmittel den Standorten für die autonome Nutzung zu geben, schlug Künsberg Sarre vor.

SPÖ sieht Finanzbedarf bei Digitalbildung, Berufsschulen und Mittagsverpflegung in Bildungseinrichtungen

Mit Verweis auf laufende Aktivitäten des Bildungsressorts bei der Vermittlung digitaler Kompetenzen, auch in der Erwachsenenbildung, begründete Süleyman Zorba (Grüne) die Ablehnung des SPÖ-Antrags (2834/A(E)) auf eine Ausweitung flächendeckender, niederschwelliger Kursangebote zur digitalen Grund- und Medienkompetenz. Nico Marchetti (ÖVP) fügte an, auch an den Hochschulen bestünden niederschwellige Angebote zur Digital Literacy. Katharina Werner und Martina Künsberg Sarre (beide NEOS) warfen im Gegenzug den Regierungsparteien vor, die Gefahren mangelnder Digitalkompetenz in der Bevölkerung nicht zu erkennen und auch im Lehrkörper eine diesbezügliche Weiterbildung nicht ausreichend voranzutreiben.

Mehr Budget als im jüngst beschlossenen Bundesfinanzierungsgesetz 2023 vorgesehen, forderte die SPÖ erfolglos auch für Berufsschulen (2835/A(E). Immerhin brauche Österreich viel mehr Lehrlinge, warf Klaus Köchl (SPÖ) der Regierung vor, nicht ausreichend Investitionen gegen den großen Fachkräftemangel im Land zu tätigen. Dieser Sicht widersprach Martina Kaufmann (ÖVP) dezidiert. Im Antrag der Sozialdemokrat:innen schienen die Transferzahlungen für Berufsschulen an die Bundesländer nicht auf, sagte sie, woraus sich ein viel höherer Mittelzuwachs ergebe. Zorba (Grüne) ergänzte, der Lehrlingsmangel sei nicht allein ein Finanzierungsproblem. Gegen die Annahme stimmten neben ÖVP und Grünen auch die Freiheitlichen.

Den Appell (2845/A(E)) von Petra Tanzler und Petra Wimmer (beide SPÖ), angesichts der Teuerung eine qualitativ hochwertige Ernährung von Kindern durch kostenfreie Mittagessen in Schulen und Kindergärten budgetär sicherzustellen, vertagten die Koalitionsparteien mit dem Hinweis, im Rahmen seiner Zuständigkeit sei der Bund hier überaus aktiv. Inwieweit die Bundesländer, zuständig für Pflichtschulen und Kindergärten, für budgetäre Sicherstellung derartiger Verpflegung in Bildungseinrichtungen Sorge tragen, sei noch zu erheben. Wimmer pochte daraufhin auf eine einheitliche Lösung für ganz Österreich.

Lehrpläne: Opposition vermisst Transparenz bei Neukonzeption

Unzufrieden mit den für das Schuljahr 2023/24 angekündigten Pflichtschullehrplänen des Bildungsministeriums ist nicht nur die SPÖ, in deren Antrag (2963/A(E)) dem Bildungsressort eine intransparente Herangehensweise bei der Lehrplanerstellung vorgeworfen wird. Wie SPÖ-Bildungssprecherin Tanzler meinte auch Künsberg Sarre, sie könne den seit 2018 laufende Prozess zur Neuerstellung der Lehrpläne schwer nachvollziehen, da Stellungnahmen aus der Begutachtung der Entwürfe nicht öffentlich seien. Zeitliche Unsicherheiten belasteten zudem auch die Schulbuchverlage. Unter Einbeziehung von Praktiker:innen sollten gut lesbare und praxistaugliche Vorschläge erarbeitet werden, die nicht nach kurzer Zeit wieder geändert werden müssen, appellierte Tanzler, nachdem sie Minister Polaschek vorgeworfen hatte, bereits eine neuerliche Überarbeitung der finalisierten Lehrpläne anzudenken. Dieser hielt daraufhin fest, um weitere Verzögerungen zu verhindern, würden die mit Expert:innen ausgearbeiteten neuen Lehrpläne wie geplant eingeführt, auch wenn noch einige Abänderungen daran nötig seien. Auf dieser Grundlage wolle er künftig "punktuell regelmäßige Änderungen" an den Lehrplänen vornehmen. ÖVP und Grüne vertagten den Antrag schließlich.

FPÖ-Forderungen zu Lehrer:innenbildung und Sexualerziehung

Ausreichende Praxisausbildung vermisst die FPÖ in der schon einige Male reformierten Lehrer:innenausbildung (2809/A(E)). Konkret kritisiert ihr Bildungssprecher Brückl im Antrag den Ersatz des Unterrichtspraktikums durch die Induktionsphase. Im Ausschuss unterstrich er, angesichts des bestehenden Lehrer:innenmangels sei die Ausbildung zu verkürzen. In Übereinstimmung mit dem Bildungsminister, dem zufolge bis zum Frühjahr 2023 ein verschlanktes Bachelor- und Masterstudium für alle Lehrer:innen ausgearbeitet sein sollte, lehnten ÖVP, Grüne und SPÖ den Antrag ab.

Für Sexualerziehung an Schulen will Brückl jedenfalls nur Schullehrer:innen herangezogen wissen (2953/A(E)). Diese könnten nämlich den Schüler:innen besser als externe Personen oder Vereine die Inhalte altersgerecht und weltanschaulich neutral vermitteln. Von der ÖVP hieß es dazu, die Beiziehung von externen Vereinen in den Schulunterricht habe bereichernde Wirkung, solange eine Qualitätssicherung den Rahmen dafür bilde. Eine derartige Qualitätssicherungsstelle für Sexualpädagogik werde es geben, unterstrich Bildungsminister Polaschek, ehe die Koalitionsparteien den Antrag vertagten.

NEOS spannen Bogen von Pflegeausbildung bis Inklusion

Im Fachhochschulstudium Gesundheits- und Krankenpflege müssten im Zuge der neuen Pflegeausbildung vorherige Pflegeberufe angerechnet werden, finden die NEOS (2915/A(E)). Ansonsten würden Interessierte vor der langen Ausbildungsdauer, die mit Einkommensverlusten einhergeht, zurückschrecken, warnen die Bildungs- und die Gesundheitssprecherin der NEOS, Martina Künsberg Sarre und Fiona Fiedler. Ihren Antrag vertagten ÖVP und Grüne jedoch, weil sie die Anrechnung am FH-Sektor bereits verankert sehen. Zeitersparnis bei Verwaltungsaufgaben und grundsätzlich verbesserte Arbeitsbedingungen für Lehrer:innen erhofft sich Künsberg Sarre auf Grundlage einer systematischen Erhebung der täglichen Belastungen von Lehrkräften (2932/A(E)). Bereits vorhandene Studien über zeitraubende und dadurch belastende Tätigkeiten von Lehrkräften führte Romana Deckenbacher (ÖVP) als Argument an, weswegen die Koalitionsparteien gemeinsam mit der FPÖ den Antrag der NEOS ablehnten. Die restlichen NEOS-Initiativen vertagten die Koalitionsparten wiederum.

Eine klare Strategie gegen Radikalisierung unter Schüler:innen fordern Künsberg Sarre und Yannick Shetty (NEOS) ein. Schon bei ersten Radikalisierungsanzeichen von Schüler:innen müssten geregelte Prozesse greifen, in denen qualifizierte Ansprechpersonen und Zuständigkeiten definiert sind (2925/A(E)). Personelle und finanzielle Ressourcen für derartige Deradikalisierungskonzepte seien bereitzustellen. Vorhandene Deradikalisierungsprogramme, die laut Hamann (Grüne) im Umfang von 8 Mio. € jährlich von verschiedenen Ministerien ausgerollt werden, böten keine "Deradikalisierungsstellen" an Schulen, bestätigte Nurten Yilmaz (SPÖ) das Anliegen der NEOS.

Mit Verweis auf die UN-Behindertenrechtskonvention fordern die NEOS-Abgeordneten Künsberg Sarre und Fiedler in einem gemeinsamen Antrag (2931/A(E)), einen Rechtsanspruch auf bedarfsgerechte sonderpädagogische Förderung auch im 11. und 12. Schuljahr gesetzlich festzuschreiben. Derzeit müssten sich Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach dem 10. Schuljahr einen weiteren Schulbesuch von den Bildungsdirektionen bewilligen lassen, kritisierten auch Tanzler (SPÖ), Brückl (FPÖ) und Hamann (Grüne) im Ausschuss. Deckenbacher konnte die Forderung nach einer Ausweitung des inklusiven Unterrichts samt Lehrplänen für die Sekundarstufe 2 bzw. entsprechend ausgebildetem Lehrpersonal ebenfalls nachvollziehen, sie gab jedoch zu bedenken, zur Sicherstellung entsprechender Angebote seien noch Gespräche mit den Bundesländern nötig. (Schluss Unterrichtsausschuss) rei