Parlamentskorrespondenz Nr. 1485 vom 20.12.2022

Erneuerbare Energie: Biomasse-Debatte im BR-EU-Ausschuss

Weitgehend Einigkeit über Nutzen verbesserten Datenaustauschs zwischen Behörden in der EU

Wien (PK) – Der Ausbau erneuerbarer Energieträger in der EU schreitet aus Sicht der Europäischen Kommission zu langsam voran. Bis zu 40 % der Energieversorgung seien bis 2030 auf erneuerbare Formen umzustellen, peilt die Kommission höhere Zielsetzungen und eine bessere Koordinierung in diesem Zusammenhang an. Die Mitgliedstaaten müssten die Entwürfe ihrer aktualisierten nationalen Energie- und Klimapläne bis Juni 2023 vorlegen, so die Kommission. Die ÖVP nutzte heute im EU-Ausschuss des Bundesrats die Debatte über eine verstärkte Förderung von erneuerbarer Energie in Europa für ein Plädoyer zur Energiegewinnung aus Holzbiomasse. Befürchtet werden von den Bundesrät:innen der Volkspartei Verschärfungen der Nachhaltigkeitskriterien bei Biomasseanlagen, zu Lasten der Forstwirtschaft im "Waldland Österreich", wie Martin Preineder (ÖVP/N) sagte. Stefan Schennach (SPÖ/W) bekrittelte hingegen die "Holzdebatte" im Zusammenhang mit der Förderung erneuerbarer Energieformen, wiewohl er unisono mit Marco Schreuder (Grüne/W) die Fernwärme- und Kälteproduktion auf Grundlage von Biomasse am Beispiel Wiens würdigte. Aus dem Klimaschutzministerium hieß es dazu, man trete weiterhin dafür ein, nicht als Qualitätsholz definierte Holzformen als nachhaltige Form der Energieerzeugung zu werten. Vom kommenden Ratsvorsitzland Schweden erwarte man Unterstützung dabei.

Weiters diskutierten die Bundesrätinnen und Bundesräte einen Verordnungsentwurf der EU-Kommission, die das Zusammenwirken öffentlicher Stellen in der Europäischen Union durch gemeinsame Leitlinien im digitalen Austausch verbessern soll. Dieser Vorschlag für ein "interoperables Europa" stieß bei den Ausschussmitgliedern auf grundsätzliche Zustimmung, nachdem der zuständige Experte aus dem Finanzministerium erklärte, Datenschutz und Barrierefreiheit würden bei dem Vorhaben unverändert zentrale Rollen einnehmen.

Green Deal: Mehr Anstrengung bei Erneuerbaren Energien nötig

Gemäß Green Deal der EU ("Fit für 55"-Paket) sind die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 um mindestens 55 % zu senken. Dafür wiederum sei ein wesentlich höherer Anteil an erneuerbaren Energiequellen in einem integrierten Energiesystem erforderlich als in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) mit mindestens 32 % vorgesehen, unterstreicht die EU-Kommission in ihren Änderungsvorschlägen zur Richtlinie für Energie aus erneuerbaren Quellen. Abgestrebt wird mit der überarbeiteten Richtlinie RED III demnach ein Anteil von 38-40 % an erneuerbaren Energieträgern im Energieversorgungssystem der EU, wobei die Kommission speziell für die Bereiche Wärme- und Kälteerzeugung, Verkehr (Transport), Industrie, Gebäude und Elektrizität regulative Vorgaben andenkt. Weiters werden Regelungen betreffend grenzüberschreitende Projekte, Herkunftsnachweise, Verwaltungsverfahren sowie Information und Ausbildung adaptiert. Die Richtlinie soll auch Vorgaben bezüglich der Kriterien für Nachhaltigkeit und Treibhausgasemissionen von verschiedenen Biokraftstoffen, sowie wiederverwerteten kohlenstoffhaltigen Kraftstoffen erhalten.

Den Handlungsbedarf auf EU-Ebene erklärt die Kommission mit der Notwendigkeit, den Mitgliedstaaten die richtigen Anreize zu bieten, die Energiewende weg von fossilen Brennstoffen hin zu einem stärker integrierten, energieeffizienteren System der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen voranzutreiben. Grundsätzlich werden alle Initiativen vom Klimaministerium (BMK) begrüßt, die den Ausbau von erneuerbaren Energien, den Umstieg auf nachhaltige Energiesysteme, einen ambitionierten Klimaschutz und die Beseitigung vorhandener Hindernisse zum Inhalt haben. Essentiell sei dabei die Vereinfachung und Beschleunigung von langwierigen und komplizierten Verwaltungsverfahren, gab der Ministeriumsexperte der Bundesrätin Isabella Kaltenegger (ÖVP/St) recht. Umfasst von den rechtlichen Erleichterungen ist ihm zufolge auch der Netzausbau im Rahmen des sogenannten Netzinfrastrukturplans.

Allerdings spricht sich das Ministerium gegen die Aufnahme von "kohlenstoffarmen Kraftstoffen" in die RED III aus, weil sich dadurch potentiell die Atomenergie in die förderungswürdige Gruppe erneuerbarer Energieformen reihen könnte, wie der BMK-Vertreter anmerkte. Zum Eintreten der Bundesräte Ferdinand Tiefnig (ÖVP/OÖ), Silvester Gfrerer (ÖVP/S) und Martin Preineder (ÖVP/N) für das Verständnis von Holz als "nachwachsende Biomasse" sagte der Experte, tatsächlich gleiche Holz für die Energiegewinnung "Schwankungen" bei anderen erneuerbaren Energieträgern wie Wind oder Sonne aus. Wichtig sei dabei das "Kaskadenprinzip", wodurch Schadholz oder Hackschnitzel anstelle von Qualitätsholz zur Energiegewinnung verfeuert würden. Johannes Hübner (FPÖ/W) meldete gerade hinsichtlich der schwankenden Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien seine Zweifel an der Energiestrategie der EU an und betonte, Österreich benötige daher eine stabile Infrastruktur an nicht-erneuerbaren Energieträgern, um Lücken zu decken. Außerdem seien mit dem Erneuerbaren-Ausbau höhere Energiepreise zu befürchten, vermutete Hübner. Von der Wirtschaftskammer kam im Ausschuss die Forderung, erneuerbare Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen zu erhalten und außerdem vermehrt auf die "Sektorkoppelung" – etwa die Nutzung von Abwärme für Fernwärme – zu fokussieren.

Verbesserte Verwaltungszusammenarbeit in der EU

Digitalisierung soll grenzüberschreitende Behördenwege in der EU vereinfachen. Das ist das Ziel eines Verordnungsentwurfs, der laut EU-Kommission von den Mitgliedstaaten selbst eingefordert worden ist. Für die ungehinderte Erbringung nahtloser öffentlicher Dienste zwischen und innerhalb der Mitgliedstaaten sowie in Verbindung mit EU-Organen brauche es daher nicht nur entsprechend adaptierte rechtliche Rahmenbedingungen in den Nationalstaaten, so die Kommission. Die Zusammenarbeit von Netz- und Informationssystemen der Verwaltungen in der Union sei auch technisch und semantisch so zu gestalten, dass der Datenaustausch über Ländergrenzen, Sektoren und Organisationsgrenzen hinweg funktioniert. Das spare Bürger:innen und Unternehmen Zeit und Geld.

Interoperable digitale öffentliche Dienste seien für den Aufbau des digitalen Binnenmarkts unverzichtbar, hält dementsprechend das Finanzministerium (BMF) in seiner Stellungnahme zum Vorschlag fest. Allerdings mahnt das BMF, bei der Umsetzung den entstehenden Verwaltungsaufwand überschaubar zu halten, etwa hinsichtlich der Berichtspflichten. Vorhandene Synergien müssten bestmöglich genutzt werden, nennt das Ministerium als Beispiel die Fortschrittsmessungen anhand des bestehenden Instruments der eGovernment-Benchmark. Generell baue der Vorschlag zur koordinierten Verwaltungsarbeit auf existierenden Lösungen auf, die in den letzten Jahren in verschiedenen öffentlichen Einrichtungen und Sektoren wie dem EIF (europäischen Interoperabilitätsrahmen) entwickelt und teilweise auch umgesetzt worden seien. So würden auf einer EU-Plattform eGovernment-Modelle von Mitgliedstaaten gesammelt, berichtete dem Ausschuss ein BMF-Vertreter auf Nachfrage von Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS). Neben einem Best-Practice-Austausch diene diese Plattform auch der Schaffung eines europäischen Software-Standards, sodass Schnittstellenprobleme – angesprochen von Marco Schreuder (Grüne/W) - vermieden werden.

Zwar werde der aktuelle Plan zur verbesserten Interaktion der Verwaltungen Kosten - sowohl auf EU-Ebene als auch in den Mitgliedstaaten - verursachen, räumt die Kommission in ihrem Entwurf ein. Auf längere Sicht würden diese Kosten jedoch durch die Vorteile ausgeglichen, die sich aus der verbesserten Zusammenarbeit öffentlicher Dienste ergeben, ist die Kommission überzeugt und weist auf die Verringerung von Doppelarbeit und unnötigen Belastungen hin.

Der vorliegende Entwurf ändere nichts an den in der Datenschutzgrundverordnung der EU festgehaltenen Befugnissen zur Datenverarbeitung, beantwortete der BMF-Experte diesbezügliche Fragen von Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) und Stefan Schennach (SPÖ/W). Vielmehr würden dadurch "mehr Datenschutzmaßnahmen" geschaffen, nicht zuletzt durch den Einsatz eines Datenschutzexperten zur Überwachung des Umgangs mit personenbezogenen Daten. Eder-Gitschthalers Ersuchen, Personen wie Senior:innen, die digitale Services nicht nutzen, nicht von Leistungen öffentlicher Stellen auszuschließen, werde ebenfalls Rechnung getragen, versicherte der Experte mit Hinweis auf den Grundsatz der Inklusion im EIF-Rahmen. (Schluss EU-Ausschuss) rei


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