Parlamentskorrespondenz Nr. 170 vom 16.02.2023

Bundesrat bekräftigt mit Mehrheit Neuregelung des Zweckzuschusses des Bundes zu den Gehältern von Pflegekräften

Zustimmung auch zu Wohn- und Heizkostenzuschüssen, neuen Stichtagen für Frauenpensionen und Klarstellungen bei Heimopferrenten

Wien (PK) – Zwei Gesetzesnovellen zu Zweckzuschüssen, die der Bund den Ländern für den Sozialbereich gibt, passierten heute den Bundesrat. Beschlossen wurden Klarstellungen zum Zweckzuschuss des Bundes, dem so genannten "Pflegebonus", der von den Ländern für die Erhöhung der Gehälter von Pflegekräften eingesetzt wird. Ziel ist, dass die Gehalterhöhung alle im Pflegebereich Beschäftigten gleichermaßen erreicht. Daher inkludiert der Zuschuss nun auch die Dienstgeberbeiträge.

Mehrheitliche Zustimmung gab es auch dafür, dass die Länder mehr Mittel erhalten, um angesichts der gestiegenen Kosten Wohn- und Heizkostenzuschüsse zu gewähren. Auch die Mittel des "Wohnschirms", der Menschen in Notsituationen vor der Delogierung bewahren soll, werden damit aufgestockt.

Darüber hinaus besiegelte die Länderkammer die gesetzlichen Anpassungen für die Stichtage zur bevorstehenden Anhebung des Frauenpensionsalters mehrheitlich. Mit einem einstimmigen Beschluss des Bundesrats wurde außerdem eine Lücke im Heimopferrentengesetz geschlossen.

Gehälter der Pflegekräfte werden auch 2023 erhöht

Um die Gehälter von Pflegekräften zu erhöhen, stellt der Bund den Ländern für die Jahre 2022 und 2023 insgesamt 570 Mio. € in Form eines Zweckzuschusses zur Verfügung. 2022 haben die Länder dieses Geld für einen einmaligen Gehaltsbonus für Pflegepersonal in der Höhe von 2.000 € verwendet. Für 2023 soll der Bonus nun 2.460 € pro Person inklusive Dienstgeberbeiträge betragen. Neben einer administrativen Vereinfachung der Zahlungsabwicklung erfolgt auch eine Klarstellung, dass auch Zahlungen an Leiharbeitnehmer:innen abgerechnet werden können und Teilzeitkräfte aliquot zu berücksichtigen sind.

Kritik kam von der niederösterreichischen SPÖ-Bundesrätin Andrea Kahofer. Die angekündigte Pflegereform sei nach wie vor nur ein "Reförmchen". Als symptomatisch für die Krise des Pflegebereichs bezeichnete es die Bundesrätin, dass immer mehr Beschäftigte eine Anstellung über Leiharbeitsfirmen wählen, da sie sich davon bessere Rahmenbedingungen im Arbeitsalltag versprechen würden. Die vorliegende Novelle lasse weiterhin eine Reihe von Berufsgruppen unberücksichtigt. Zudem werde der Gehaltsbonus je nach Bundesland unterschiedlich ausgezahlt. Damit verschärfe man die Ungleichbehandlung der Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich, beklagte die Bundesrätin. Wichtig wäre, die Gehälter im Pflegebereich einheitlich und dauerhaft zu erhöhen, erklärte Kahofer. Sie brachte einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion ein, der forderte, den Entgelt-Erhöhungszuschuss als "echten Gehaltsbestandteil" ab dem Jahr 2023 umzusetzen und ihn dauerhaft zu verankern. Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit.

Die Pflegereform sei ein Prozess, der erst begonnen habe und noch länger andauern müsse, meinte die Bundesrätin der Grünen aus Oberösterreich, Claudia Hauschildt-Buschberger. Die Probleme des Pflegebereichs, die über mehrere Jahrzehnte entstanden seien, könnten nicht über Nacht aufgelöst werden. Die Reform müsse weitergehen, dazu gehöre auch die Evaluierung der bereits getroffenen Maßnahmen. Die Novellierung des Zweckzuschussgesetzes reagiere auf Probleme, die sich bei der Auszahlung des Pflegebonus im Jahr 2022 gezeigt hätten.  

Der steirische ÖVP-Bundesrat Ernest Schwindsackl betonte, die nun eingeleitete Pflegereform setze tatsächlich um, was seit drei Jahrzehnten immer nur gefordert worden sei. Unter anderem habe der Bund bereits intensiv in die Verbesserung der Pflegeausbildung investiert. Mit dem Zweckzuschuss zum Entgelt für Pflegekräfte erreiche man nun eine dauerhafte Erhöhung der Gehälter im Pflegebereich. Das gewählte Vorgehen sah der Bundesrat als Beispiel eines "gelebten Föderalismus".

Der oberösterreichische FPÖ-Bundesrat Günter Pröller sah es als richtigen Schritt, die Gehälter im Pflegebereich anzuheben. Seine Fraktion stimme der Novelle daher zu. Allerdings müsse sichergestellt werden, dass die Pflegeprämie in allen Bundesländern jedenfalls 2.000 € netto beträgt, forderte Pröller. Er brachte in diesem Sinne einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der in der Minderheit blieb. Der finanzielle Aspekt sei aber nur ein Teil des Problems. Während der COVID-19-Pandemie sei gerade der Pflegebereich durch eine verfehlte Politik der Bundesregierung immer größeren Belastungen ausgesetzt worden, meinte Pröller. Aus seiner Sicht müssten daher Konsequenzen gezogen werden. Die FPÖ werde weiter volle Aufklärung fordern, wer für das politische Versagen in der Pandemie die Verantwortung trage.

Zweckzuschuss für Wohn- und Heizkosten wird erhöht

Um private Haushalte bei der Bewältigung der Wohn- und Heizkosten zu unterstützen, erhalten die Länder einen einmaligen Zweckzuschuss vom Bund in Höhe von 450 Mio. € über das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz. Das ermöglicht den Bundesländern, bestehende Initiativen zu verstärken und neue zu setzen. Die Mittel können für Zuschüsse ab 1. Jänner 2023 herangezogen werden. Vom Plenum des Nationalrats wurde zudem beschlossen, dass die Länder bis zu 5 % des Zuschusses für die Förderung von Heimen und Wohngemeinschaften sowie Beratungs- und Betreuungseinrichtungen im Sozialbereich verwenden können, um gestiegene Wohn- und Heizkosten abzufedern. Zudem wurde der so genannte "Wohnschirm", der Mittel für Maßnahmen zur Wohnungs- und Energiesicherung enthält, für 2023 und 2024 um 5 Mio. € auf insgesamt 55 Mio. aufgestockt.

"Besondere Zeiten verlangen besondere Maßnahmen", meinte Bundesrat Otto Auer (ÖVP/N). Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine und anderer Krisen hätten insbesondere einkommensschwache Gruppen besonders getroffen. Die Bunderegierung habe in Reaktion auf die Teuerung bereits viele Maßnahmen gesetzt. Der Wohn- und Heizkostenzuschuss könne über die Gemeinden treffsicher und bedarfsorientiert verteilt werden. Die Gemeinden würden sicherstellen, dass die Hilfe dort ankomme, wo sie gebraucht werde.

Der Tiroler SPÖ-Bundesrat Daniel Schmid meinte, die Bundesregierung setze angesichts der Inflation einmal mehr auf eine Einmalzahlung, deren Effekt rasch wieder verpuffen werde. Da viele Menschen diese Hilfe dringend benötigen würden, stimme seine Fraktion zu, fordere aber die Bundesregierung gleichzeitig auf, effektive Schritte gegen den "Preiswahnsinn" zu setzen, sagte der SPÖ-Bundesrat. Wichtig wäre das Einfrieren der Mieten, da ständige Inflationsanpassungen der Mieten selbst wieder inflationstreibend wirken würden, führte Schmid aus. Andere Länder hätten daher die Mieter:innen bereits effektiv entlastet. Der SPÖ-Bundesrat brachte einen Entschließungsantrag mit der Forderung nach einem "Inflationslinderungspaket" ein. Ein wesentlicher Teil des Pakets wäre laut den Sozialdemokrat:innen die Aussetzung der Mietpreiserhöhungen bis 2025 und die Entkoppelung der Mietpreiserhöhungen von der Inflation ab 2026.

Die oberösterreichische SPÖ-Bundesrätin Bettina Lancaster wies darauf hin, dass viele Haushalte mit den steigenden Kosten überfordert seien. Immer mehr Familien könnten nicht mehr ausreichend heizen und hätten in weiterer Folge mit Schimmel in den Wohnräumen zu kämpfen. Die Gemeinden seien bereit, die zu erwartenden zusätzlichen Anträge zu bearbeiten, betonte sie. Die Gemeinden seien aber bereits jetzt am Limit und müssten für ihre Leistungen entsprechend bezahlt werden.

Der oberösterreichische FPÖ-Bundesrat Markus Steinmaurer sagte, die Freiheitlichen würden dem Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz zwar zustimmen, es handle sich aus ihrer Sicht aber einmal mehr nur um eine halbherzige Maßnahme. Mit Einmalzahlungen nach dem "Gießkannenprinzip" könnte das Problem steigender Energiekosten nicht an der Wurzel gepackt werden. Vielmehr sei eine grundlegende Neuordnung des Strom- und Gasmarktes notwendig. Eine wichtige Maßnahme, um die Menschen rasch und nachhaltig zu entlasten, wäre außerdem die Senkung der Lohnnebenkosten, wie sie die Freiheitlichen seit langem fordern würden.

Adi Gross, Bundesrat der Grünen aus Vorarlberg, widersprach der Aussage, dass die Maßnahmen der Bundesregierung nur "verpuffen" würden. Vielmehr habe sie mit einer Reihe von Entlastungsmaßnahmen die Preissteigerungen am Energiesektor abfangen können. Bei allen Maßnahmen sei immer auf die soziale Treffsicherheit geachtet worden. Das sei das genaue Gegenteil eines Gießkannenprinzips. Die nun gewählte Form des Zuschusses an die Länder, mit denen sie Wohn- und Heizkostenzuschüsse leisten können, sei eine ideale Lösung, denn sie greife auf bewährte Strukturen zurück und stelle sicher, dass die Unterstützung dort ankomme, wo sie tatsächlich benötigt werde. Auch die Erweiterung des "Wohnschirms" helfe vielen Haushalten, da er nun auch die Energiekosten umfasse. Langfristig müsse das Ziel sein, den Umstieg der Haushalte auf nachhaltige und damit günstigere Heizsysteme umzusetzen.

Stichtage für bevorstehende Anhebung des Frauenpensionsalters

Ergänzend zur schrittweisen Angleichung des Regelpensionsalters von Frauen an jenes der Männer werden nun mittels einer Sozialversicherungsnovelle auch die Stichtage fixiert. Zwischen 2024 und 2033 wird das Frauen-Regelpensionsalter sukzessive von 60 auf 65 Jahre steigen. Mit der Novelle wird das Regelpensionsalter für Frauen, die zwischen 1. Jänner und 30. Juni 1964 geboren sind, mit 60,5 Jahren festgelegt. Für die Geburtsstichtage 1. Juli bis 31. Dezember 1964 erhöht sich das Regelpensionsalter auf 61 Jahre. Danach setzt sich dieses Muster bis zum Geburtsjahrgang 1968 in weiteren Halbjahresschritten fort. Für Frauen, die nach dem 30. Juni 1968 geboren sind, wird, wie für Männer, das Regelpensionsalter von 65 Jahren gelten. Analog dazu werden auch die Stichtage für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer (Korridorpension) angepasst. Davon werden insbesondere Frauen mit den Geburtsmonaten Juni und Dezember profitieren. Für bereits vereinbarte Altersteilzeitregelungen, die nicht mit den neuen Stichtagen in Einklang stehen, sind Übergangsbestimmungen vorgesehen.

Mit dem Gesetzespaket wird darüber hinaus der sogenannte Bildungsbonus um ein Jahr verlängert. Demnach werden auch Arbeitslose, die erst heuer mit einer längeren Umschulung von mindestens vier Monaten starten, zusätzlich zum Arbeitslosengeld und zum allgemeinen Schulungszuschlag 4 € pro Tag bzw. 120 € im Monat erhalten.

Ein in der Sitzung eingebrachter Entschließungsantrag der SPÖ, die Inanspruchnahme der geblockten Altersteilzeit weiterhin zu ermöglichen und nicht abzuschaffen, blieb in der Minderheit.

Lücke im Heimopferrentengesetz geschlossen

Mit der Novelle zum Heimopferrentengesetz soll eine Lücke geschlossen werden: Auch dauerhaft arbeitsunfähige Personen, die nur deshalb keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben, weil ihr Partner bzw. ihre Partnerin zu viel verdient, sollen eine Heimopferrente bekommen, sofern sie die weiteren Voraussetzungen für diese staatliche Leistung erfüllen. Bisher mussten die betroffenen Personen bis zum Regelpensionsalter warten. Anspruch auf eine Heimopferrente haben insbesondere Personen, die als Kind in einem Heim, in einer Pflegefamilie oder in Einrichtungen wie Heilanstalten und Psychiatrien misshandelt bzw. missbraucht wurden. Zudem erhalten in Reaktion auf ein OGH-Urteil auch jene Heimopfer einen Anspruch auf die Rentenleistung, die eine individuelle Entschädigungsleistung vereinbart haben bzw. denen eine solche gerichtlich zuerkannt wurde. (Fortsetzung Bundesrat) sox/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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