Parlamentskorrespondenz Nr. 187 vom 21.02.2023

Budgetvollzug 2022: Rückgang des Defizits auf 20,8 Mrd. € trotz höherer Auszahlungen

Kritik der Opposition an zu exzessiver Nutzung von Mittelverwendungsüberschreitungen

Wien (PK) – Sowohl die Auszahlungen in der Höhe von 111,4 Mrd. € als auch die sich auf 90,6 Mrd. € belaufenden Einzahlungen lagen über den ursprünglichen Werten des Bundesvoranschlags, ergab eine erste Analyse des Budgetvollzugs 2022. Unterm Strich fiel der Nettofinanzierungsbedarf mit 20,8 Mrd. € jedoch um 2,3 Mrd. € geringer aus als budgetiert. Diese Ergebnisse sind dem Bericht über den Monatserfolg Dezember 2022 zu entnehmen, der heute im Budgetausschuss behandelt und dann dem Unterausschuss zur näheren Erörterung zugewiesen wurde.

Die umfangreiche Tagesordnung beinhaltete noch eine Reihe von weiteren Berichten des Finanzressorts, die sich unter anderem mit der Staatsverschuldung, den Förderungen des Bundes, den Bundeshaftungen, Mittelverwendungsüberschreitungen sowie dem aktuellen Stand der Euro-Krisenländer befassten. Die ebenfalls auf der Agenda stehenden Berichte zur Wirkungsorientierung 2020, zu den Bundesbeteiligungen 2022 sowie zur Entwicklung des Bundeshaushalts von Jänner bis April 2022 wurden bereits im Budgetunterausschuss ausführlich debattiert und heute mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS zur Kenntnis genommen.

Monatserfolgsbericht vom Dezember liefert Grundlage für Analyse des Budgetvollzugs des Jahres 2022

Das Defizit des Bundes beläuft sich im Jahr 2022 voraussichtlich auf -20,8 Mrd. € und ist damit um 2,8 Mrd. € höher als im Vorjahr, so die Daten des sogenannten letzten Erfolgsberichts aus dem Monat Dezember. Die Auszahlungen betrugen im Jahr 2022 111,4 Mrd. € und sind um 7,4 Mrd. € (+7,1 %) höher als im Jahr 2021. Der Anstieg wird vom Finanzministerium überwiegend auf Entlastungs- und Anti-Teuerungsmaßnahmen (+5,7 Mrd. €), auf die Beschaffung der strategischen Gasreserve (+3,8 Mrd. €) sowie auf höhere Refinanzierungskosten (+2,8 Mrd. €) zurückgeführt.

Die Auszahlungen des Bundes sind im Jahresvergleich gegenüber 2021 gestiegen, darunter auch jene, die keinen Bezug zur COVID-19-Krisenbewältigung haben. Den insgesamt um 16,4 Mrd. € höheren Auszahlungen stehen aber deutlich geringere Auszahlungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Krisenbewältigung (-9 Mrd. €) gegenüber. Bei den Einzahlungen gab es mit 90,6 Mrd. € ein Plus von 4,6 Mrd. € (+5,3 %) gegenüber dem Vorjahr. Das Finanzministerium begründet dies mit der positiveren Wirtschaftsentwicklung, die in höheren Einzahlungen aus öffentlichen Abgaben (+3,4 Mrd. €) und um jeweils +0,4 Mrd. € im Sektor Arbeit (hauptsächlich Arbeitslosenversicherungsbeiträge) sowie im Bereich Familie und Jugend (FLAF-Einzahlungen) resultieren (119/BA).

Der Analyse des Parlamentarischen Budgetdienstes zum Budgetvollzug des Gesamtjahres 2022 ist zu entnehmen, dass  die bereinigten Auszahlungen mit 111,4 Mrd. € höher als ursprünglich vorgesehen ausfielen (+3,9 Mrd. €). Die Einzahlungen seien vor allem wegen der höheren Inflation und der stärker als angenommenen Nachholeffekte im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise über dem Voranschlagswert (+6,2 Mrd. €, insgesamt 90,6 Mrd. €) gelegen. Durch die deutlich höheren Einzahlungen war der Nettofinanzierungsbedarf trotz der höheren Auszahlungen mit 20,8 Mrd. € um 2,3 Mrd. € geringer als budgetiert.

Während die Monatserfolgsberichte von Oktober und November mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurden (113/BA und 114/BA), sprachen sich die Abgeordneten beim Dezemberbericht dafür aus, ihn dem Budgetunterausschuss zuzuweisen.

Mittelverwendungsüberschreitungen und Vorbelastungen im 4. Quartal 2022

Im vierten Quartal 2022 wurden Mittelverwendungsüberschreitungen in der Höhe von 6,5 Mrd. € (Finanzierungshaushalt) bzw. 7,6 Mrd. € (Ergebnishaushalt) genehmigt. Die den Finanzierungshaushalt betreffenden Budgetposten wurden zu 69,4 % durch Kredite, zu 21,4 % durch Mehreinzahlungen und zu 9,2 % durch Umschichtungen bedeckt. Die größte Überschreitung hat es im Bereich Umwelt, Energie und Klima für die Sicherung der Gasvorräte gegeben. Bei den Vorbelastungen wurden im vierten Quartal 2022 2,4 Mrd. € genehmigt. Die höchste Vorbelastung findet man im Bereich Wirtschaft, wo insgesamt 941,8 Mio. € für den Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen ausgegeben wurden (120/BA). Der Bericht wurde mit ÖVP-Grünen-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Auf Detailfragen von Abgeordneter Petra Bayr (SPÖ) führte ein Vertreter des Ressorts aus, dass die für die Ausgabe von digitalen Endgeräten an Schulen veranschlagten Mittel ausschließlich für die Bereitstellung der Computer, aber nicht für Reparaturaufwendungen vorgesehen seien. Was die Unterstützung des landwirtschaftlichen Sektors betrifft, so könne die Sonderrichtlinie zum Teuerungsgleich nicht mit den Hilfen für die Wirtschaft verglichen werden.

Abgeordnete Karin Doppelbauer (NEOS) erneuerte ihre Kritik an der exzessiven Verwendung von Mittelverwendungsüberschreitungen, die aus demokratiepolitischer Sicht grundsätzlich zu hinterfragen seien. Auch SPÖ-Vertreter Christoph Matznetter teilte diese Meinung und wies darauf hin, dass in anderen Parlamenten etwa Ständige Haushaltsausschüsse eingerichtet seien, um Budgets rasch anpassen zu können. Jakob Schwarz von den Grünen gab zu bedenken, dass gewisse Ausgaben bei der Budgetplanung nicht vorhergesehen werden können, wie z.B. die erforderlichen Mittel für die Gasreserve.

Finanzminister Magnus Brunner kündigte an, dass man sich im Rahmen der nächsten Haushaltsrechtsreform auch dieses Thema genau anschauen werde.

Der Leiter des Parlamentarischen Budgetdienstes Helmut Berger bestätigte, dass in den letzten Jahren auffällig große Mittelüberschreitungen getätigt wurden. Es sei aber richtig, dass der Finanzminister eine gewisse Flexibilität in der Budgetierung brauche.

Auswirkungen eines stark volatilen Zinsumfeldes auf die Finanzschulden im Jahr 2022

Im Bericht über die Finanzschulden und Währungstauschverträge im Finanzjahr 2022 wird auf ein  - wegen  makroökonomischer Unsicherheiten - stark volatiles Zinsumfeld hingewiesen (118/BA). Mit der stufenweisen Anhebung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (von 0 % auf 2,5 %) hätten sich auch die Renditen für zehnjährige österreichische Bundesanleihen im Jahresabstand von 0,09 % p.a. (31.12.2021) erhöht. Sie erreichten im Oktober mit 3,19 % den Höchststand für 2022 und schlossen das Jahr mit 3,13 % ab.

Die Bonität der langfristigen Verbindlichkeiten der Republik Österreich werde von den führenden Ratingagenturen weiterhin sehr hoch bewertet, so das Finanzministerium. Für kurzfristige Verbindlichkeiten (bis zu einem Jahr) hat Österreich von allen Agenturen das bestmögliche Rating. Verschlechterungen gab es bei den langfristigen Ratings von S&P sowie von Fitch. Die Finanzschulden des Bundes erhöhten sich Ende 2022 im Vergleich zum Vorjahr von 253,6 Mrd. € auf 270,9 Mrd. €. Im Jahr 2022 wurden Finanzierungen für über 66,13 Mrd. € getätigt. Davon entfielen 41,68 Mrd. € auf Anleihen, 22,88 Mrd. € auf Bundesschatzscheine und 1,57 Mrd. € auf Darlehen. Der Bund konnte im Jahr 2022 seine Finanzierungen mit einer durchschnittlichen Rendite von 1 % p.a. und einer durchschnittlichen Laufzeit von 8,64 Jahren tätigen. Nach drei Jahren mit negativen Begebungsrenditen (2019-2021) ist die durchschnittliche Rendite im Jahr 2022 wieder positiv, hob das Finanzministerium hervor. Zusätzlich hat der Bund im Finanzjahr 2022 Kredite von 5,68 Mrd. € für Länder und Rechtsträger des Bundes getätigt. Der größte Teil davon entfiel auf die ÖBB-Infrastruktur (3,34 Mrd. €) und das Land Wien (1,64 Mrd. €). 

Auf Fragen der Abgeordneten Kai Jan Krainer (SPÖ) und Hubert Fuchs (FPÖ) teilten Vertreter des Finanzressorts mit, dass sich durch die Verkürzung der Laufzeiten der Finanzierungen die Zinskosten reduziert hätten. Man gehe derzeit von einer Zinsanstiegswelle aus, der aber dann wieder Zinssenkungen folgen sollten. Was den Anteil an Bundesschatzscheinen betrifft, so war dieser auch schon in den Jahren 2020 und 2021 höher als 10 %. Von Seiten der Investoren wurde zudem die relativ hohe Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas eingepreist, führte der Finanzexperte weiter aus, außerdem würden sich die Investoren generell von kleineren Märkten zurückziehen. 

Der Bericht wurde ebenso mit den Stimmen von ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen wie jener über die Bundeshaftungen für den Infrastrukturbereich im Jahr 2022 (117/BA).

Euro-Krisenländer: Spanien hat erste planmäßige Rückzahlung von 3,6 Mrd. € an ESM geleistet

Im Bereich des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wurde Ende November 2022 der erste Prüfbericht im Rahmen der gewöhnlichen Post-Programm-Überwachung Griechenlands vorgelegt. Der ausstehende Darlehensbetrag beträgt derzeit 59,9 Mrd. €. Die Rückzahlung soll planmäßig zwischen den Jahren 2034 und 2060 erfolgen. Gleichzeitig wurde bezüglich Spanien und Zypern darüber informiert, dass keine kurzfristigen Rückzahlungsrisiken bestehen. Spanien hat Mitte Dezember die erste planmäßige Tranche in der Höhe von 3,6 Mrd. € an den ESM geleistet. Außerdem hat der ESM-Gouverneursrat dem Beitritt Kroatiens zum Stabilitätsmechanismus zugestimmt (116/BA und 115/BA).  Beide Berichte wurden mehrheitlich (ohne Stimmen der FPÖ) zur Kenntnis genommen.

Es sei erstaunlich, dass Griechenland trotz der negativen Auswirkungen der Coronakrise seine Verpflichtungen aus dem ESM erfüllen konnte, merkte Abgeordneter Christoph Matznetter (SPÖ) an. Sorge bereite ihm hingegen die Staatsverschuldung in Italien.

Auch Finanzminister Brunner hielt es für durchaus bemerkenswert, wie erfolgreich die Reformen in Griechenland waren. Positiv hätten sich aber auch die Erstreckung der Laufzeiten bis in die 2060er Jahre hinein ausgewirkt. Ähnliches gelte für Italien, wo die Verlängerung der Laufzeiten einen stabilisierenden Effekt auf die Auswirkungen durch die steigenden Zinsen habe.

Berichte zur Wirkungsorientierung, zum Bundeshaushalt und den Bundesbeteiligungen

Der Budgetausschuss widmete sich auch den Berichten zur Wirkungsorientierung 2020, den Bundesbeteiligungen 2022 sowie der Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis April 2022, die bereits im Budgetunterausschuss diskutiert wurden. Der Bericht zur Wirkungsorientierung zeigt, dass bedingt durch die Corona-Pandemie ein Höchststand an nicht erreichten Kennzahlen seit der Einführung der Wirkungsorientierung im Jahr 2013 erzielt wurde (74/BA). Gleichzeitig wurde ein Tiefststand bei den überplanmäßig erreichten Kennzahlen verzeichnet. Analog zur Bewertung der Wirkungsziele konnten auch bei den Kennzahlen deutlich weniger Zielwerte als in den Vorjahren realisiert werden.

Der Bund ist aktuell an 101 Gesellschaften direkt und mehrheitlich beteiligt, so der Beteiligungsbericht 2022, der dem Budgetausschuss vorliegt (77/BA) und vom Unterausschuss behandelt wurde. Die Umsatzerlöse und sonstigen betrieblichen Erträge der Beteiligungen des Bundes haben im Jahr 2020 22,1 Mrd. € betragen. Die Bilanzsumme aller 101 Beteiligungen lag bei 315,5 Mrd. €. 228,4 Mrd. € davon gehören der Österreichischen Nationalbank. Die Bilanzsumme des ÖBB-Konzerns lag 2020 bei 33,1 Mrd. €, gefolgt von der ASFINAG mit 18,3 Mrd. €.

Von Jänner bis April 2022 waren die bereinigten Einzahlungen mit 24,13 Mrd. € um 2,08 Mrd. € bzw. 9,4 % höher als im Vorjahr (98/BA), dies wird überwiegend auf das gestiegene Aufkommen aus Abgaben und abgabenähnlichen Erträgen zurückgeführt, da das Aufkommen im Vergleichszeitraum des Vorjahres stark durch Lockdowns und weiteren krisenbedingten Einschränkungen gedämpft wurde. Die Auszahlungen im Jahr 2022 für Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Krise beliefen sich per Ende April auf 3,45 Mrd. €. Alle drei Berichte wurden mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Der Bericht über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrollings zum Stichtag 30. September 2022 (112/BA) wurde mit den Stimmen aller Fraktionen dem Budgetunterausschuss zugewiesen. (Schluss Budgetausschuss) sue/gla

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.