Parlamentskorrespondenz Nr. 287 vom 15.03.2023

Hauptausschuss genehmigt Amtssitzabkommen für Impfstoffinstitut und Ständigen Schiedshof

Zustimmung auch zu Entsendungen ins Ausland

Wien (PK) – Der Hauptausschuss billigte in seiner heutigen Sitzung Amtssitzabkommen für die Wiener Büros des Internationalen Impfstoffinstituts und des Ständigen Schiedshofs, die den Organisationen für ihre Niederlassung in Österreich bestimmte Vorrechte und Befreiungen gewähren.

Auf der Tagesordnung standen auch zahlreiche Entsendungen von Polizist:innen, Bundesheer-Angehörigen bzw. Mitarbeiter:innen von Ministerien zu internationalen Missionen nach Armenien, Kosovo und Niger, die ebenfalls genehmigt wurden. Die Verteidigungsministerin berichtete zudem über Entsendungen zu Übungen und Ausbildungsmaßnahmen Ausland.

Amtssitzabkommen für Internationales Impfstoffinstitut und Ständigen Schiedshof gebilligt

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS genehmigte der Hauptausschuss ein Abkommen zwischen der Bundesregierung und dem Internationalen Impfstoffinstitut über die Rechtsstellung des Instituts in Österreich (217/HA). Das Internationale Impfstoffinstitut hat sich die Erforschung, Entwicklung und Bereitstellung von sicheren, wirksamen und erschwinglichen Impfstoffen zum Ziel gesetzt. Das Institut mit Sitz in Seoul hat am 1. November 2022 eine Niederlassung in Wien eröffnet. Mit dem vorliegenden Abkommen wird der Rechtsstatus des Büros und seiner Beamt:innen geregelt.

Österreich gewähre dem Institut in Wien Vorrechte und Befreiungen, weil ein außenpolitisches Interesse dadurch gegeben sei, dass die Niederlassung die Zusammenarbeit bei der Forschung und Entwicklung von Impfstoffen für die globale Gesundheit erleichtere und den Amtssitz Wien stärke, heißt es in der Begründung.

Konkret sind die Räumlichkeiten des Instituts, ähnlich wie diplomatische Vertretungen, unverletzlich. Österreichische Organe dürfen die Räumlichkeiten also nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Büroleiterin oder des Büroleiters betreten und dort Amtshandlungen vornehmen. Außerdem wird im Abkommen die grundsätzliche Immunität des Instituts vor der österreichischen Gerichtsbarkeit und anderen Vollzugshandlungen festgelegt. Wie bei anderen internationalen Organisationen mit Sitz in Wien werden auch beim Impfstoffinstitut die Unverletzlichkeit der Archive und der Empfang und Versand von Nachrichten ohne Eingriffe gewährleistet. Außerdem genießt das Institut die üblichen Steuer- und Zollbefreiungen.

Die Beamt:innen des Instituts sind von den Pflichtbeiträgen der Sozialversicherung ausgenommen. Beamt:innen und amtlichen Besucher:innen des Instituts wird die Einreise und der Aufenthalt nach Österreich nach Maßgabe des heimischen Rechts erleichtert. Auch weitere Befreiungen und Erleichterungen für die Beamt:innen, wie etwa Steuerbefreiungen, werden im Abkommen geregelt. Die Bestimmungen des Abkommens werden rückwirkend seit 1. November 2022 angewendet.

Ein weitgehend ähnliches Amtssitzabkommen zwischen der Bundesregierung und dem Ständigen Schiedshof über dessen Niederlassung in Wien wurde einstimmig gebilligt (218/HA). Dem Schiedshof werden Vorrechte und Befreiungen gewährt, weil Österreich Mitglied des Schiedshofs ist und dessen Ansiedelung in Wien zudem von außenpolitischem Interesse ist, so die Begründung.

Es werden weitgehend die gleichen Vorrechte gewährt, so etwa die Unverletzlichkeit und die Immunität des Büros, sowie die Unverletzlichkeit der Archive und Bestimmungen über den Nachrichtenverkehr. Auch Steuer- und Zollbefreiungen sowie die Erleichterungen und Befreiungen für Angestellte des Schiedshofs gleichen jenen des Abkommens mit dem Internationalen Impfstoffinstitut, wenngleich in diesem Fall auch Personen, die sich bloß temporär, etwa im Rahmen von Schiedsverfahren, in Österreich aufhalten, umfasst sind. Das Abkommen tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2023 in Kraft.

Außenminister Alexander Schallenberg strich die Niederlassung von internationalen Organisationen in Österreich als wesentlichen wirtschaftlichen Faktor für das Land hervor und zeigte sich vor diesem Hintergrund erfreut über die beiden Abkommen. Das Internationale Impfstoffinstitut biete Kooperationsmöglichkeiten für Forschungseinrichtungen und Unternehmen in Österreich. Vom Büro des Ständigen Schiedshofs erwarte man sich, dass es weitere Unternehmen und Rechtsanwaltskanzleien nach Österreich zieht. Die in den Abkommen gewährten Vorrechte und Befreiungen seien Klauseln wie sie in allen anderen Amtssitzabkommen auch vorkommen, so Schallenberg.

Kai Jan Krainer (SPÖ) signalisierte zwar die Zustimmung seiner Fraktion, betonte aber, dass aus Sicht der Sozialdemokrat:innen keine Schiedsgerichtsbarkeitsklauseln in internationalen Verträgen vorkommen sollen, weil die österreichische Gerichtsbarkeit gut genug funktioniere, sodass es keine Schiedsgerichte brauche. Mit Blick auf die Niederlassung des Impfstoffinstituts wollte Helmut Brandstätter (NEOS) wissen, wie hoch der finanzielle Beitrag Österreichs sei und welche Vorteile der Sitz bringe. Weil Österreich noch kein Mitglied sei, seien die Kosten momentan auf die Mietkosten beschränkt und daher überschaubar, so der Außenminister. Die Niederlassung trage zur Bildung eines Clusters im Bereich der Impfstoffentwicklung bei.

Ablehnend zum Abkommen mit dem Impfstoffinstitut äußerte sich Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Die Freiheitlichen seien zwar grundsätzlich dafür, internationale Amtssitze nach Österreich zu holen, weil damit das Ansehen Österreichs gestärkt werde. In diesem Fall sieht sie aber einen möglichen Schaden für die Reputation des Landes, weil die internationale Gemeinschaft sich bei der Beschaffung von Impfstoffen während der Corona-Pandemie nicht mit Ruhm bekleckert habe.

Entsendungen nach Armenien und Kosovo genehmigt

Der Entsendung von Polizist:innen und Bundesheer-Angehörigen zu einer EU-Mission nach Armenien hat der Hauptausschuss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS zugestimmt. Konkret geht es um drei Polizist:innen, bis zu fünf Angehörige des Bundesheers, bis zu vier Angehörige des Innenministeriums, bis zu 30 Bundesheer-Angehörige oder sonstige Personen für vorbereitende Tätigkeiten und bis zu 20 Angehörige des Bundesheers bei Einsatz von gewissen Lufttransportsystemen (219/HA).

Die Mission wurde vom Rat der EU im Jänner dieses Jahres mit Blick auf den Konflikt in der Region Berg-Karabach zwischen Armenien und Aserbaidschan eingerichtet. Die vorerst für zwei Jahre eingesetzte Mission soll die Vorfälle in den vom Konflikt betroffenen Gebieten Armeniens vermindern und das Risiko für die Bevölkerung reduzieren. Dadurch soll auch ein Beitrag zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Armenien und Aserbaidschan vor Ort geleistet werden. Die eingesetzten Beobachter:innen versehen ihren Dienst unbewaffnet. Österreich entsendet Beobachter:innen vorerst bis Ende des Jahres 2023. Laut Vorlage sind Kosten von insgesamt rund 750.000 € zu erwarten.

Er begrüße die Entsendung sehr, sagte David Stögmüller (Grüne). Es sei wichtig, den Menschen in Armenien zu zeigen, dass die EU präsent ist und die Region nicht Russland überlässt. Er erkundigte sich nach den konkreten Aufgaben der entsendeten Personen. Katharina Kucharowits (SPÖ) wollte wissen, über welche Kompetenzen die entsendeten Polizist:innen verfügen und wie diese ausgewählt werden. Vordergründige Aufgabe sei, das Überschwappen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf andere Staaten wie Armenien zu verhindern, führte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner aus. Ein Experte aus ihrem Ressort gab Auskunft, dass die entsendeten Personen physisch und psychisch geeignet sein müssen und speziell für den Einsatz ausgebildet werden.

Während Helmut Brandstätter (NEOS) die Beteiligung an der Mission befürwortete, drückten Christian Hafenecker und Dagmar Belakowitsch (beide FPÖ) ihre Ablehnung aus. Die Entsendung bedeute einen erheblichen Mittel- und Kräfteaufwand. Ein direkter Nutzen für Österreich sei aber nicht erkennbar, sagten sie. Außenminister Alexander Schallenberg entgegnete, dass die Sicherheit und Stabilität in der Nachbarschaft auch für die Sicherheit und Stabilität Österreichs relevant sei.

Einstimmig gab der Hauptausschuss einer weiteren Entsendung seine Zustimmung. Eine Person des Verteidigungsministeriums, bis zu 30 Bundesheerangehörige oder sonstige Personen für vorbereitende Tätigkeiten sowie bis zu 20 Angehörige des Bundesheers bei Einsatz von Lufttransportsystemen werden bis Ende 2023 in den Kosovo entsandt (220/HA). Die Entsendung erfolgt im Rahmen der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo, deren Hauptaufgaben in den Bereichen Sicherheit, Stabilität und Achtung der Menschenrechte liegen.

Österreich beteiligt sich seit 2014 an der Mission und wurde nun eingeladen, eine Person als Information Operations Adviser zu nominieren. Die Aufgaben werden unter anderem Verbindungs- und Koordinierungstätigkeiten mit KFOR, der lokalen Regierung, der Zivilverwaltung und anderen Kräften umfassen. Die Kosten für die Entsendung werden mit voraussichtlich rund 155.000 € angegeben.

Für Andreas Minnich (ÖVP) sei es besonders wichtig, dass Österreich im Kosovo eine Vermittlerrolle einnimmt. Aus seiner Sicht sei der Westbalkan jenes Gebiet, ohne das eine europäische Integration nicht vollständig ist. Auch Christian Hafenecker (FPÖ) äußerte Zustimmung. Im Gegensatz zu Armenien zähle der Kosovo nämlich wirklich zur Nachbarschaft Österreichs.  

Österreich beteiligt sich an Mission in Niger

Auch der Entsendung von Angehörigen des Verteidigungsministeriums und des Bundesheers nach Niger stimmte der Hauptausschuss – allerdings ohne die Stimmen der FPÖ - zu. Bis zu zehn Personen aus dem Verteidigungsministerium, bis zu 30 Angehörige des Bundesheers oder sonstige Personen für vorbereitende Tätigkeiten und bis zu 20 Bundesheer-Angehörige bei Einsatz von Lufttransportsystemen werden bis Ende 2024 im Rahmen der Militärischen Partnerschaftsmission der EU in Niger entsandt (222/HA).

Die Mission soll die nigrischen Streitkräfte beim Kapazitätsaufbau unterstützen. Sie wird bei der Einrichtung und dem Aufbau eines Ausbildungszentrums für technisches Fachpersonal der Streitkräfte mitwirken und beim Aufbau eines neuen Bataillons unterstützen. Um einen Beitrag zu den europäischen Bestrebungen zur Stabilisierung der Sahelzone zu leisten, beteiligt sich Österreich an der Mission. Die Kosten werden mit voraussichtlich rund 150.000 € pro Jahr angegeben.

Um die Befugnisse und Mittel für den Auslandseinsatz im Rahmen der EU-Mission in Niger zu regeln, hat die Regierung dem Hauptausschuss auch die EUMPM Niger-Verordnung vorgelegt (221/HA). Sie wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS gebilligt. Darin wird normiert, dass die entsendeten Organe im Rahmen ihres Auslandseinsatzes im Einzelfall unmittelbare Zwangsgewalt anwenden dürfen. Das ist etwa bei Festnahmen, Personenkontrollen und der Beendigung von Angriffen gegen die Mission erlaubt. Außerdem erhalten die entsendeten Personen die Befugnis zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten.

Die Grünen würden die Mission unterstützen, sagte David Stögmüller. Die Sahel-Zone sei die aktivste terroristische Zone der Welt. Österreich und die EU dürften in dieser Region kein Vakuum entstehen lassen, zeigte er sich überzeugt. Auf Nachfrage von Robert Laimer (SPÖ) erläuterte eine Expertin aus dem Ressort die Befugnisse der entsendeten Personen vor Ort, die in der Verordnung geregelt werden. So seien sie etwa zu Festnahmen befugt, wenn es den Verdacht gebe, dass von Personen Gefahr für die Mission ausgehe.

Vor einer Zustimmung zur Entsendung warnte Christian Hafenecker (FPÖ). Die Lage im Land werde von Tag zu Tag bedrohlicher, sagte er. Zudem sehe er keine Interessen von Seiten Österreichs an einem Einsatz. Was in der Sahel-Zone derzeit passiere, dürfe der EU und Österreich nicht egal sein, entgegnete Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. Am Ende des Tages gehe es auch um die Sicherheit in Österreich, sagte sie mit Blick auf Terrorismus und illegale Migration. Dem pflichtete Außenminister Schallenberg bei. Er sei der Meinung, dass es sinnvoll sei, in der Region aktiv zu sein und nicht zu warten, bis Flüchtlinge im Mittelmeer oder am Brenner angekommen seien.

Entsendungen von Grundwehrdienern ins Ausland

Auf der Tagesordnung stand auch ein Bericht der Verteidigungsministerin über Entsendungen von Mitgliedern des Bundesheers zu Übungen im Ausland (215/HA), den der Hauptausschuss mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS zur Kenntnis nahm. Laut den gesetzlichen Grundlagen obliegt die Entsendung von Personen, die den Grundwehrdienst, Truppenübungen oder die ersten sechs Monate des Ausbildungsdienstes leisten, der Bundesregierung. Sie hat dem Hauptausschuss darüber unverzüglich zu berichten. Folglich berichtet Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, dass im Jahr 2023 sieben Entsendungen von Einheiten zu Übungen und Ausbildungsmaßnahmen ins Ausland geplant sind, an denen auch Grundwehrdiener teilnehmen werden. Drei Entsendungen sind nach Tschechien, eine in die Slowakei und drei nach Deutschland geplant. Von den insgesamt bis zu 750 entsendeten Teilnehmer:innen befinden sich bis zu 184 im Grundwehr- bzw. Ausbildungsdienst. Diese Personen melden sich freiwillig zur Teilnahme.

Im Ausschuss diskutierten die Abgeordneten speziell über eine Entsendung für eine mechanisierte Streitkräfteübung nach Letzlingen in Deutschland. Diese sei "höchst brisant", sagte etwa Robert Laimer (SPÖ). Denn dort würden ukrainische Soldaten an Leopard-Panzern ausgebildet. Auch Christian Hafenecker (FPÖ) hielt diese Entsendung für ein "fatales Signal" im Zusammenhang mit der österreichischen Neutralität. Er wollte wissen, ob ausgeschlossen werden könne, dass österreichische Soldaten im Rahmen dieser Entsendung gemeinsam mit ukrainischen üben. Österreich unterstütze auf keine Art und Weise die Ausbildung von ukrainischen Soldaten, betonte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. Dass österreichische und ukrainische Soldaten zeitversetzt an denselben Schießständen üben, konnte ein Experte aus dem Verteidigungsressort auf Nachfrage nicht ausschließen. Er betonte, dass es sich um einen sehr großen Übungsplatz handle.

FPÖ und SPÖ lehnten daraufhin den Übungs- und Ausbildungsplan ab, wenngleich beide Fraktionen betonten, grundsätzlich für internationale Übungen zu sein. Zustimmend äußerten sich Helmut Brandstätter (NEOS), David Stögmüller (Grüne) und Andreas Minnich (ÖVP). Stögmüller und Minnich strichen insbesondere die internationale Zusammenarbeit im Rahmen der geplanten Übungen hervor. (Schluss) kar