Parlamentskorrespondenz Nr. 331 vom 23.03.2023

Corona-Kurzarbeit: Arbeitsminister berichtet in Sozialausschuss über Ausgaben

Sonderbetreuungszeit und Teilzeitarbeit weitere Themen im Ausschuss

Wien (PK) – Über das im Zuge der Corona-Pandemie eingeführte COVID-19-Kurzarbeitsmodell diskutierten die Abgeordneten heute im Sozialausschuss. Arbeitsminister Martin Kocher berichtete, dass bis Ende des Jahres 2022 rund 9,82 Mrd. € dafür aufgewendet wurden.

Kocher gab außerdem Auskunft über die Kosten der Sonderbetreuungszeit, die als Entlastung für Eltern ebenfalls während der Pandemie eingeführt worden war. Bis Ende Jänner 2023 sind dafür Kosten von rund 32,1 Mio. € angefallen. Anträge von SPÖ und NEOS zum derzeit verstärkt diskutierten Thema Arbeitszeit wurden vertagt.

Corona-Kurzarbeit kostete 9,82 Mrd. € bis Ende 2022

Von Beginn der Corona-Pandemie bis Ende des Jahres 2022 hat die Kurzarbeit rund 9,82 Mrd. € gekostet. Inklusive noch offener Verpflichtungen betrug die Budgetbelastung mit Ende Dezember 2022 rund 9,91 Mrd. €. Das zeigt der 24. aus dem Arbeitsressort vorgelegte Bericht zur Kurzarbeit von Dezember 2022 (III-868 d.B.), der ebenso wie die Berichte von Oktober 2022 (III-815 d.B.) und November 2022 (III-836 d.B.) heute im Sozialausschuss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen zur Kenntnis genommen wurde. Ein Blick zurück zeigt, dass im Jahr 2022 im Vergleich zu den beiden Vorjahren verhältnismäßig geringe Zahlungen für Kurzarbeit anfielen. Während 2020 insgesamt knapp 5,5 Mrd. € und 2021 rund 3,7 Mrd. € an Kurzarbeitsbeihilfen ausbezahlt wurden, kamen im Jahr 2022 nur noch rund 626 Mio. € dazu. 

Zwischen März 2020 und Ende Dezember 2022 waren insgesamt 1.335.308 Personen in Kurzarbeitsprojekten einbezogen. Die Betroffenen waren durchschnittlich 118 Tage in Kurzarbeit. Der Frauenanteil betrug mit Ende Dezember 2022 44,6 %. Am stärksten betroffen waren Beschäftigte in den Branchen Warenerzeugung, Handel sowie Beherbergung und Gastronomie. Im Bundesländervergleich lagen 2022 Wien und Niederösterreich an der Spitze.

Für Lukas Brandweiner (ÖVP) zeigt der Bericht, dass die Kurzarbeit eine wichtige Maßnahme gewesen sei und viele Arbeitsplätze gerettet habe. Das "Schönreden eines sinnlos langen Hinausziehens der Kurzarbeit" vonseiten der ÖVP kritisierte Gerald Loacker (NEOS). Aus seiner Sicht sei viel Geld ausgegeben worden, um teilweise Unternehmen zu fördern, die nicht im Stande gewesen seien, ihre Lieferketten aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig würden in anderen Betrieben die Mitarbeiter:innen fehlen.

Alois Stöger (SPÖ) sah das anders. Selbst bei einer angespannten Lage am Arbeitsmarkt könne es sinnvoll sein, Betriebe durch Kurzarbeit aufrechtzuerhalten, auch wenn etwa kurzfristig eine Lieferkette nicht funktioniere. Für ihn sei es den Sozialpartnern mit dem Instrument der Kurzarbeit gelungen, die Corona-Krise gut zu bewältigen. Markus Koza (Grüne) gab Stöger Recht. Um kurze Phasen zu übertauchen, in denen sich ein Unternehmen in nicht selbst verschuldeten Problemen, etwa aufgrund von Lieferketten, befinde, sei Kurzarbeit sinnvoll. Er plädierte dafür, nicht das System der Kurzarbeit an sich in Frage zu stellen.  

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) kritisierte, dass es bei den Kontrollen "stark gehapert" habe und Scheinfirmen gefördert worden seien. Arbeitsminister Martin Kocher erinnerte daran, dass es zu Beginn der Corona-Kurzarbeit weit über 100.000 Anträge auf einmal gab. Dass damals nicht alle Kontrollen im Vorhinein durchgeführt werden konnten, sei völlig klar. Im Nachhinein werde aber natürlich jedes Detail kontrolliert. Kocher betonte ebenfalls, dass es um kurzfristige Überbrückungen gehe. Zudem werde eine Arbeitsmarktprüfung durchgeführt, die er für sinnvoll halte. Damit könne es nicht passieren, dass in einem Unternehmen viele Arbeitskräfte durch Kurzarbeit gebunden werden, während im Umfeld zahlreiche Stellen offen seien.

Sonderbetreuungszeit: Rund 32,1 Mio. € Ausgaben bis Ende Jänner 2023

Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen wurden Berichte des Arbeitsministers über die Kosten für Sonderbetreuungszeit, die von Mitte März 2022 bis Ende Jänner 2023 bei rund 32,1 Mio. € lagen. Eltern, deren Kinder coronabedingt zu Hause betreut werden müssen, können mit diesem Instrument von der Arbeit freigestellt werden. Die Lohnkosten werden den Arbeitgeber:innen vom Bund ersetzt. Im Ausschuss debattiert wurden neben dem Bericht von Jänner 2023 (III-887 d.B.) auch jene von November 2022 (III-829 d.B.) und Dezember 2022 (III-851 d.B.).

4.522 Anträge der insgesamt 17.927 in der Phase 6 eingelangten Anträge waren mit Stand Ende Jänner 2023 noch offen. In der Phase 7 sind mittlerweile 374 Anträge eingelangt, wobei 373 davon noch nicht erledigt wurden.

Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) erinnerte daran, dass in der Corona-Pandemie Kindergärten und Schulen teilweise geschlossen waren und Eltern ihre Kinder daher selbst betreuen mussten. Der Bund habe mit der Sonderbetreuungszeit deshalb die Eltern und ihre Arbeitgeber unterstützt, was aus ihrer Sicht gut funktioniert habe.

Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ging auf die abgelehnten Anträge ein und betonte, dass sie es nicht gutheiße, wenn Eltern zu Bittsteller:innen gemacht werden. Alois Stöger (SPÖ) wies auf die Zahl der offenen Anträge hin und forderte eine raschere Behandlung ein.

Der Arbeitsminister erläuterte daraufhin die Gründe für die Ablehnungen und für die noch offenen Anträge. Von den abgelehnten Anträgen sei die überwiegende Zahl auf Doppel- oder Folgeanträge zurückzuführen. Die Anträge seien zusammengeführt worden. Es handle sich daher um eine formale Ablehnung, nicht um eine inhaltliche. Was die Dauer der Behandlung betrifft, betonte er, dass die Anträge von Unternehmen, nicht von den betroffenen Eltern gestellt werden. Viele Unternehmen würden die Anträge gesammelt am Ende einer Phase stellen, so Kocher.

Vier-Tage-Woche: SPÖ-Antrag vertagt

Die Sozialdemokrat:innen thematisierten mit einem Entschließungsantrag die Vier-Tage-Woche (3171/A(E)). Eine britische Studie habe gezeigt, dass bei einem sechsmonatigem Pilotversuch Stress und Krankenstandstage der Mitarbeiter:innen zurückgingen, während die Einnahmen der Unternehmen sich kaum veränderten und kaum Produktivitätseinbußen zu verzeichnen waren. Die SPÖ will daher den Arbeitsminister auffordern, auch in Österreich umgehend einen bundesweiten, wissenschaftlich begleiteten Pilotversuch zur Vier-Tage-Woche nach britischem Vorbild umzusetzen.

Ihm sei bewusst, dass eine Vier-Tage-Woche nicht in allen Branchen möglich sei, sagte Antragsteller Josef Muchitsch (SPÖ). Es sollte aber die Möglichkeit für einen Versuch geben. Nach einer Pilotstudie könnte man auf den Erkenntnissen aufbauen und als Gesetzgeber die nächsten Schritte setzen, meinte er. "Nicht unspannend" fand Markus Koza (Grüne) den britischen Versuch, wenngleich er betonte, dass dieser nicht von einer Behörde, sondern von einer NGO ausgegangen sei. Koza sprach sich dafür aus, flexible Arbeitszeitmodelle auszutesten.

Für Gerald Loacker (NEOS) sei es zu begrüßen, wenn Unternehmen gemeinsam mit ihren Mitarbeiter:innen passende Lösungen zur Arbeitszeitreduktion finden. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) fügte hinzu, dass das seit der 2018 eingeführten Arbeitszeitflexibilisierung auch bereits möglich sei. Arbeitsminister Martin Kocher führte ebenfalls an, dass die Vier-Tage-Woche bereits von vielen Unternehmen in Österreich angewendet werde. Diese Beispiele könne man sich ansehen. Kocher wies auf Unterschiede zwischen den Branchen hin, etwa was die Produktivitätssteigerung anbelangt.

Von Seiten der ÖVP äußerten sich Tanja Graf und Rebecca Kirchbaumer kritisch zur britischen Studie und ihrer Methodik. Kirchbaumer stellte einen Vertagungsantrag, der mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen wurde.

Oppositionsanträge zur Meldung von Arbeitszeiten vertagt

Ebenfalls von den Koalitionsfraktionen vertagt wurden Initiativen von SPÖ und NEOS für bessere Daten zur Arbeitszeit. Die SPÖ setzt sichfür eine Meldepflicht über tatsächlich geleistete Arbeitszeiten ein (3172/A(E)). In der Debatte um Teilzeitarbeit wäre es sinnvoll, über konkrete Zahlen und Daten zur Arbeitszeit von Beschäftigten zu verfügen, heißt es im Antrag. Die Sozialdemoktrat:innen fordern daher eine Regierungsvorlage ein, die eine gesetzliche Meldeverpflichtung der Dienstgeber:innen über die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten der Arbeitnehmer:innen zum Ziel haben soll.

Auch die NEOS urgieren genauere Daten über Teilzeitarbeit (2766/A(E)). Unternehmen sollen im Zuge der monatlichen Abgabenmeldungen künftig auch die in den Arbeitsverträgen vereinbarte Wochenarbeitszeit ihrer Beschäftigten automatisch übermitteln, lautet der Vorschlag. Die daraus gewonnenen Daten könnten genutzt werden, um Maßnahmen gegen den bestehenden Arbeitskräftemangel und den "Teilzeitboom" zu setzen.

Verena Nussbaum (SPÖ) führte an, dass Daten zu Teilzeitarbeit derzeit etwa aus Befragungen stammen. Sie fände eine Übermittlung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten daher begrüßenswert. Auch Gerald Loacker (NEOS) sprach sich für besseres Datenmaterial aus, um die Debatte zur Teilzeitarbeit zu versachlichen. Die von den NEOS geforderte Meldung könne nach einer einmaligen Programmierung automatisiert über die EDV-Systeme der Personalabteilungen erfolgen. Klaus Fürlinger (ÖVP) ortete dennoch einen erhöhten bürokratischen Aufwand für die Unternehmen und beantragte eine Vertagung der beiden Anträge. Markus Koza (Grüne) äußerte zwar Zustimmung zur Vertagung, ersuchte den Arbeitsminister aber dennoch, eine solche Erhebung zu verfolgen. Aus seiner Sicht handle es sich um eine sinnvolle Maßnahme.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) führte an, dass einige Unternehmen, vor allem große Handelsketten, nur Teilzeitstellen anbieten würden und somit Gewinnmaximierung auf dem Rücken der Arbeitnehmer:innen erzielen würden.

Martin Kocher betonte, auf diese Thematik ein stärkeres Augenmerk legen zu wollen. Eine schnellere und akkuratere Information über tatsächlich geleistete Arbeitszeiten sei aus seiner Sicht grundsätzlich positiv zu bewerten. Der Arbeitsminister bot an, mit den betroffenen Stakeholdern dazu Gespräche zu führen. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar

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