Parlamentskorrespondenz Nr. 346 vom 27.03.2023

Parlament: TOP im Nationalrat am 29. März 2023

Wohnkostenabfederung, Verkehrsstrafen, häuslicher Unterricht, Petitionen, Volksbegehren, Corona-Untersuchungsausschuss

Wien (PK) – Der Nationalrat wird in seiner nächsten Sitzung am 29. März mehrere Beschlüsse des Finanzausschusses, unter anderem zur Wohnkostenabfederung, behandeln. Außerdem könnte das Telefonieren beim Lenken eines Autos bald teurer werden. Weitere Gesetzesänderungen, die dem Plenum vorliegen, betreffen die Dekarbonisierung der Industrie und den häuslichen Unterricht. Eine breite Themenpalette – von Pflege über Kapitalbesteuerung bis zur Asylpolitik – eröffnen die Petitionen und Bürgerinitiativen, über die der Nationalrat ebenfalls diskutieren wird. Zwei Geschäftsordnungsnovellen werden Ersten Lesungen unterzogen. Wenig Chancen hat ein FPÖ-Antrag auf Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses.

An der Spitze der Tagesordnung steht die abschließende Diskussion über ein Volksbegehren, das auf baldige Neuwahlen abzielt, gefolgt von zwei Volksbegehren gegen Corona-Maßnahmen.

Aktuelle Stunde

Die Sitzung beginnt um 09.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde mit Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher. Die ÖVP hat dafür das Thema "Wirtschaft, Standort, Arbeit – Österreich 2023" ausgewählt.

Volksbegehren "Rücktritt Bundesregierung"

Erster Tagesordnungspunkt ist ein von 172.712 Österreicher:innen unterzeichnetes Volksbegehren, in dem ein Auflösungsbeschluss des Nationalrats gefordert wird, um den Weg für eine unverzügliche Abberufung der Bundesregierung und die Ernennung einer Expert:innenregierung frei zu machen.

Begründet wird die Forderung mit der nach Ansicht der Unterzeichner:innen offenkundigen "Inkompetenz und Verantwortungslosigkeit der Bundesregierung", wobei insbesondere die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie im Zentrum der Kritik stehen. Diese seien unverhältnismäßig, nicht evidenzbasiert und teilweise verfassungswidrig gewesen, wird unter anderem moniert. Zudem werfen die Unterzeichner:innen der Regierung eine Spaltung der Gesellschaft vor und orten eine Unterdrückung von Kritiker:innen. Auch seien "depressive Zustände und Angstzustände" bei Kindern infolge der Corona-Maßnahmen gestiegen. Im Zuge der Beratungen des Volksbegehrens im Verfassungsausschuss legten die Initiatoren weiter nach und stellten nicht nur den Corona-Maßnahmen, sondern auch der Asylpolitik der Regierung ein vernichtendes Zeugnis aus. In einer Demokratie sei das "Volk der Chef", die Politik habe zu "spuren", so der Sukkus eines der Proponenten.

Bei den Abgeordneten lösten die Ausführungen der Initiatoren gespaltene Reaktionen aus. Während die FPÖ die Anliegen des Volksbegehrens als "völlig richtig" beurteilte und sich ausdrücklich für die Initiative bedankte, mahnten nicht nur die Koalitionsparteien eine Respektierung des Rechtsstaats und einen respektvollen Umgang mit Andersdenkenden und Flüchtlingen ein. NEOS und SPÖ plädierten zwar ebenfalls für Neuwahlen, konnten mit manchen Aussagen der Proponenten aber wenig anfangen.

Volksbegehren zu Corona-Maßnahmen

Zwei in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehende Volksbegehren wird der Nationalrat gemeinsam diskutieren. In der Initiative mit dem Titel "Wiedergutmachung der COVID-19-Maßnahmen" werden unter anderem eine Rücknahme aller Covid-19-Gesetze, die Aufhebung sämtlicher Strafen sowie die Rückzahlung bereits bezahlter Bußgelder gefordert. Zudem geht es den 184.936 Unterzeichner:innen um die Gewährung von Schadenersatz nach dem bisherigen Epidemie-Gesetz, die Ermöglichung von Eilentscheidungen des Verfassungsgerichtshofs und die Ausweitung der Amtshaftung auf verfassungswidrige Gesetze. Die vielen "willkürlichen Vorschriften" der Regierung hätten massive menschliche, soziale und wirtschaftliche Schäden verursacht, wird die Initiative begründet.

Eine ähnliche Stoßrichtung hat ein weiteres Volksbegehren, das von 218.000 Menschen unterstützt wurde. Der Gesetzgeber soll die sofortige Aufhebung aller COVID-19-Maßnahmen beschließen, wird von den Unterzeichner:innen gefordert. Zudem wendet sich das Volksbegehren gegen "jede Art von Impfzwang, insbesondere bei Kindern".

In der Begründung der Initiative wird geltend gemacht, dass Maßnahmen wie Testen, Maskentragen, Abstandhalten, Lockdowns oder Impfen nicht geeignet seien, eine Infektion mit dem COVID-19-Virus zu verhindern. Vielmehr hätten die Schutzmaßnahmen zahlreiche negative Folgen gezeitigt, wobei neben einer "tiefen Spaltung der Gesellschaft" etwa auch steigende Firmenpleiten, hohe Arbeitslosenzahlen und Impfschäden angeführt werden. Besonders leidtragend seien Kinder und Jugendliche gewesen. Auch in Krisenzeiten müssten verfassungsrechtlich verankerte Grundrechte wie das Recht der Freiheit der Person, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Meinungsfreiheit, das Recht auf Versammlungsfreiheit und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gewährleistet werden, heißt es im Volksbegehren.

Der Gesundheitsausschuss hat zu den beiden Volksbegehren ein öffentliches Hearing abgehalten, bei dem sich allerdings nur die FPÖ und ein von ihr nominierter Experte hinter die Forderungen stellten. Laut Gesundheitsminister Johannes Rauch ist nach wie vor geplant, das COVID-19-Maßnahmengesetz mit Ende Juni 2023 auslaufen zu lassen.

Wohnpaket

Zur Abfederung der ab 1. April geltenden 8,6-prozentigen Inflationsanpassung bei den Richtwertmieten sowie der generell stark gestiegenen Wohnkosten stimmte der Finanzausschuss mit ÖVP-Grünen-Mehrheit für eine Ausweitung der Wohnkostenunterstützung. So sollen die für 2023 von den Bundesländern ausbezahlten Wohn- und Heizkostenzuschüsse von Seiten des Bundes um 225 Mio. € aufgestockt werden. Zudem wird der sogenannte "Wohnschirm", der vor Delogierungen schützen soll, für das Jahr 2024 um 25 Mio. € erweitert. Als Grundlage für den entsprechenden Ausschussantrag diente eine formale Änderung im Einkommensteuergesetz.

Die Mittel sollen zu dem bereits vom Nationalrat beschlossenen Zweckzuschuss in der Höhe von 450 Mio. € hinzukommen und im Juni an die Länder übermittelt werden. Die Zuschüsse müssen wie bisher von den Betroffenen im jeweiligen Bundesland beantragt werden. Das ärmste Viertel aller Haushalte werde dadurch mit durchschnittlich 225 € unterstützt, heißt es von Koalitionsseite, wobei die Grünen das Ausbleiben einer Mietpreisbremse bedauerten.

Die Vertreter:innen der Oppositionsparteien kritisierten im Ausschuss aus unterschiedlichen Gründen die von der ÖVP und den Grünen gewählte Vorgangsweise. Während die SPÖ auf eine Mietpreisbremse drängt, vermisst die FPÖ eine sozial treffsichere Lösung. Die NEOS stoßen sich an der "Einmalzahlung" zur Wohnkostenunterstützung.

Mit einem Abänderungsantrag zum Einkommensteuergesetz wurde im Ausschuss eine ökologische Maßnahme für Betriebe in Zusammenhang mit den Heizkosten auf den Weg gebracht. Demnach kann für die Anschaffung und Herstellung von klimafreundlichen Heizungen (Wärmepumpen, Biomassekessel, Fernwärmetauscher, Fernwärmeübergabestationen und Mikronetze) ein Investitionsfreibetrag geltend gemacht werden.

Interbankenentgelte

Die EU-Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge soll in österreichisches Recht umgesetzt werden. Dazu sollen das "Interbankenentgeltevollzugsgesetz – IEVG" erlassen und das E-Geldgesetz 2010, das Wettbewerbsgesetz sowie das Zahlungsdienstegesetz 2018 geändert werden. Im Zentrum stehen dabei Sanktionen für Verstöße gegen die europäische Verordnung und die begleitenden Aufsichts- und Verfahrensvorschriften. Die Bundeswettbewerbsbehörde soll als zuständige Behörde tätig werden und die notwendigen Befugnisse erhalten, um die Einhaltung der Verordnung sicherstellen zu können. Den Finanzausschuss passierte die Gesetzesinitiative unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags mit rein technischen Änderungen einstimmig.

Doppelbesteuerungsabkommen

Auch für eine Gesetzesnovelle, mit der Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und anderen Ländern auf den neuesten Stand des internationalen Steuerrechts gehoben werden sollen, signalisierten sämtliche Fraktionen im Finanzausschuss ihre Unterstützung. Konkret geht es dabei um eine Erweiterung des Anwendungsbereiches des "Mehrseitigen Übereinkommens zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung". 34 Doppelbesteuerungsabkommen werden zusätzlich in den bestehenden Anwendungsbereich aufgenommen.

Bürgerinitiative für Finanztransaktionssteuer

Dem Anliegen einer 2019 im Parlament eingebrachten Bürgerinitiative, eine Finanztransaktionssteuer umzusetzen, können alle Fraktionen – in unterschiedlichem Ausmaß – beitreten. Das zeigte sich bei der Debatte darüber im Finanzausschuss, als Finanzminister Magnus Brunner von den Abgeordneten aufgefordert wurde, sich auf EU-Ebene rasch für eine effektive Besteuerung von Devisentransaktionen einzusetzen. Ein solcher Schritt sei längst überfällig und würde zu einer Regulierung der Finanzmärkte, zu mehr Gerechtigkeit sowie einer Eindämmung der Gefahren von Finanzkrisen beitragen, sind die Unterstützer:innen der Bürgerinitiative überzeugt.

Flexiblere Förderung der Dekarbonisierung

ÖVP und Grüne wollen das Förderinstrument für Investitionen in die Dekarbonisierung der Industrie flexibler gestalten. Ermöglicht werden soll das durch eine Änderung des Vergabemodus, die den Wirtschaftsausschuss des Nationalrats mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen passierte. Projekte kleineren und mittleren Umfangs könnten damit ohne vorherige Ausschreibung gefördert werden, soweit dem keine beihilfenrechtlichen Vorgaben entgegenstehen. Dabei müsse ein offenes, klares, transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren sichergestellt und beihilfenrechtlichen Vorgaben entsprochen werden, wird von den Grünen betont. Die Änderung soll laut Antrag vorerst bis zum 31. Dezember 2023 befristet sein. Seitens der SPÖ und der NEOS wurde im Ausschuss die kurzfristige Einbringung des Abänderungsantrags kritisiert. Beide Fraktionen betonten aber auch, die Sinnhaftigkeit der neuen Regelungen bis zum Plenum überprüfen zu wollen.

Höhere Strafen für Handy am Steuer und Missachtung der Gurtenpflicht

Die von Verkehrsministerin Leonore Gewessler vorgelegte 41. KFG-Novelle bringt unter anderem deutlich höhere Strafen für Autofahrer:innen und andere Verkehrsteilnehmer:innen, die gegen das Handyverbot am Steuer verstoßen. Sie müssen im Falle eines Organmandats künftig 100 € statt bisher 50 € bezahlen. Auch die Strafen für die Missachtung der Gurten- und der Sturzhelmpflicht werden angehoben.

Außerdem bringt das Paket zahlreiche weitere Neuerungen. So ist etwa geplant, die Ausbildung von Fahrlehrer:innen praxisnäher zu gestalten und Fahrleher:innen zu regelmäßigen Weiterbildungen zu verpflichten. Zudem erhalten einschlägig geschulte Organe der ASFINAG die Befugnis, auch ohne Polizeimitwirkung Sondertransporte auf dem hochrangigen Straßennetz anzuhalten und technische Kontrollen durchzuführen. Ebenso wird bei der Bewilligung von Überstellungsfahrten nachgeschärft, um Missbrauch entgegenzuwirken. Bei der Abgrenzung von Fahrrädern und Kraftfahrzeugen wird künftig auf die sogenannte "Nenndauerleistung" abgestellt und ein Wert von 250 Watt festgelegt.

Weitere Punkte der Novelle betreffen die Neugestaltung des Fahrlehrausweises im Scheckkartenformat, die Verbesserung der Datenqualität der Zulassungsevidenz durch Abgleiche mit dem Unternehmensregister und die Beprobung von Treibstoffen.

Im Verkehrsausschuss erhielt die Novelle die Zustimmung von ÖVP, Grünen und NEOS. SPÖ und FPÖ sehen die vorgesehene Anhebung der Strafen hingegen kritisch.

Maßnahmen zur Qualitätssicherung für häuslichen Unterricht

Zu den Zielen eines von der Regierung vorgelegten Schulrechtspakets gehört es unter anderem, die Qualität des häuslichen Unterrichts in Österreich sicherzustellen. So werden Eltern, die ihre Kinder selbst unterrichten wollen, künftig ein pädagogisches Konzept für den Unterricht vorlegen sowie bekanntgeben müssen, wo der häusliche Unterricht stattfindet. Außerdem sollen die sogenannten Reflexionsgespräche für daheim unterrichtete Kinder auf die Vorschulstufe ausgeweitet werden, um den Übergang von der elementarpädagogischen in die schulische Bildung zu verbessern. Für Personen, die im häuslichen Unterricht gemäß der 9. Schulstufe einen berufsbildenden Lehrplan gewählt haben, sieht der Novellenvorschlag eine flexiblere Regelung vor, sodass die Prüfung an allen geeigneten Schularten abgelegt werden kann.

Ein weiterer Punkt der Sammelnovelle betrifft die Verlängerung einer COVID-19-Sonderbestimmung bis zum Ende des Wintersemesters 2024/25. Sie soll nachteilige Auswirkungen auf eine bestimmte Gruppe von Bezieher:innen von Studienbeihilfe abfedern. Mittels eines Abänderungsantrags wurde das Paket überdies um Bestimmungen zur Sicherstellung der Qualität der Ausbildung und des Unterrichts für Pflegeassistenzberufe sowie zur Feststellung der Sprachkompetenz durch MIKA-D-Testungen ergänzt. Letztere können nun zumindest einmal am Ende eines jeden Semesters erfolgen.

Die Regierungsvorlage wurde im Unterrichtsausschuss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS angenommen. Der Abänderungsantrag wurde von ÖVP, Grünen, FPÖ und NEOS unterstützt. Bildungsminister Martin Polaschek betonte, der Gesetzentwurf schaffe nicht nur mehr Rechtsklarheit, sondern mache den Eltern auch bewusst, welche Verantwortung sie im häuslichen Unterricht übernehmen würden. Die FPÖ steht der Verpflichtung zur Vorlage eines pädagogischen Konzepts für den häuslichen Unterricht hingegen ablehnend gegenüber.

Berufsorientierung im ländlichen Raum

Für eine bessere Begleitung und Beratung von Schüler:innen der 9. Schulstufe – besonders abseits der Städte - hinsichtlich ihrer Bildungs- bzw. Berufslaufbahn setzt sich die SPÖ ein. Konkret geht es ihr darum, Nichtregierungsorganisationen mit öffentlichen Geldern darin zu unterstützen, entsprechende Berufsorientierungsprogramme im ländlichen Raum anzubieten.

Der Antrag dürfte im Plenum allerdings keine Mehrheit finden. ÖVP und Grüne sehen keinen Anlass, im Bereich der Berufsorientierung Unterscheidungen zwischen Stadt und Land zu treffen. Zudem verwiesen sie im Unterrichtsausschuss auf bestehende Angebote.

Förderung der Erwachsenenbildung

Auch ein weiterer Antrag der SPÖ fand im Unterrichtsausschuss keine Mehrheit. Die SPÖ wollte die Bundesregierung mit dem Antrag auffordern, ein gesamtheitliches Maßnahmenpaket zur Förderung der Erwachsenenbildung vorzulegen, wobei sie unter anderem auf die Erarbeitung einer nationalen Strategie mit klaren Zielvorstellungen, eine Erhöhung des Budgets für die Erwachsenenbildung, die Wahrnehmung einer Koordinierungsfunktion durch das Bildungsministerium, eine stärkere Forcierung des Konzepts "Lehre mit Matura", die Einrichtung eines von der Wirtschaft finanzierten österreichweiten Aus- und Weiterbildungsfonds und einen Rechtsanspruch auf jährlich eine Woche Weiterbildung für Arbeitnehmer:innen drängt.

Die Regierungsparteien lehnten den SPÖ-Antrag ab, nutzten diesen allerdings für die Einbringung einer eigenen Initiative, in der sie sich dafür aussprechen, die bestehende Bund-Länder-Vereinbarung zur Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich der Basisbildung sowie des Nachholens des Pflichtschulabschlusses über das Jahr 2024 hinaus fortzuführen. Die Absicherung unentgeltlicher Bildungsangebote für Jugendliche und Erwachsene sei wichtig, betonten die Koalitionsparteien in diesem Zusammenhang.

Bericht des Petitionsausschusses

Befassen wird sich der Nationalrat in seiner Sitzung auch mit einem Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, der sieben Petitionen und vier Bürgerinitiativen umfasst. Dabei geht es unter anderem um den Zugang von Pflegepersonal zur Schwerarbeitspension, die Anerkennung von COVID-19-Infektionen am Arbeitsplatz als Berufskrankheit, weitere Entlastungsmaßnahmen für Pendler:innen, eine Ausweitung der LKW-Maut auf Landes- und Gemeindestraßen, die Aufstockung des Bewertungspersonals in der Finanzverwaltung, die Errichtung eines Polizeipostens in der Gemeinde Strasshof und die Verhinderung eines Asylquartiers in Kindberg. Auch eine faire Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen von Gesundheits- und Pflegepersonal sowie ein uneingeschränkter Schulbetrieb im Schuljahr 2022/23, unabhängig von der Corona-Lage, gehören zu den Bürger:innenanliegen.

Im Unterrichtsausschuss weiterberaten werden soll über eine Bürgerinitiative, die einen Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr für Kinder mit Behinderung zum Ziel hat. Zudem wird eine Petition zum Thema ME/CFS-Erkrankungen dem Gesundheitsausschuss zugewiesen. Dabei geht es um eine neuroimmunologische Multisystemerkrankung, bei der die Betroffenen an extrem eingeschränkter Leistungsfähigkeit und schwerer Müdigkeit leiden und die zuletzt auch mit Long-COVID in Verbindung gebracht wurde. Gefordert wird unter anderem ein Ausbau der medizinischen Versorgung und die soziale Absicherung von ME/CFS-Patient:innen.

Antrag auf Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses

Wohl wenig Aussicht auf Erfolg hat die Forderung der FPÖ nach Einsetzung eines Corona-Untersuchungsauschusses. Die anderen Fraktionen lehnten den Antrag im Geschäftsordnungsausschuss einhellig ab. Der FPÖ gehe es nicht um eine ernsthafte Aufarbeitung der Corona-Pandemie, sie wolle nur politisches Kleingeld wechseln, sind sich ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS einig. Die ÖVP ist außerdem überzeugt, dass der Antrag auch juristisch unzulässig wäre, weil er viel zu viele Dinge miteinander vermische und die erforderliche Konkretheit vermissen lasse.

Kritik an der Entscheidung übte die FPÖ. Ihrer Meinung nach ist es höchst an der Zeit, das aufzuarbeiten, was im Zuge der Bekämpfung der Corona-Pandemie schiefgelaufen ist. Es seien so viele Dinge passiert, da könne man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, macht sie geltend.

In der Begründung des U-Ausschuss-Antrags ist unter anderem von einer "Corona-Diktatur" die Rede. Konkret wirft die FPÖ der Regierung vor, nicht nur Grund- und Freiheitsrechte unverhältnismäßig eingeschränkt, sondern viele Folgen der Corona-Maßnahmen wie Vereinsamung in Alten- und Pflegeheimen, Lerndefizite durch Homeschooling, häusliche Gewalt und gesundheitliche Folgeschäden durch verschobene Operationen und psychische Belastungen nicht bedacht zu haben. Zudem hätten "viele Milliarden Euro" für Corona-Hilfen aufgewendet werden müssen. Diese würden das Budget massiv belasten und zu einer "sich immer rasanter entwickelnden Staatsverschuldung" und zur aktuellen Inflationsentwicklung beitragen.

Die FPÖ will in diesem Sinn sämtliche Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zwischen 7. Jänner 2020 und 28. Juni 2022 unter die Lupe nehmen. Dazu gehören nicht nur politische Entscheidungen wie Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverbote und die Verpflichtung zum Tragen von Masken, sondern etwa auch Beschaffungsvorgänge, Informationskampagnen und die Einrichtung diverser Krisenstäbe wie der Krisenkoordination Gecko. Auch Förderungen und Entschädigungszahlungen, die Einführung der Impfpflicht sowie viele weitere Entscheidungen sollen beleuchtet werden.

Erste Lesung zur Ausweitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung von Gesetzesvorhaben

Österreich ist gemäß einer EU-Richtlinie dazu verpflichtet, vor der Einführung neuer Berufsreglementierungen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen. Unter anderem ist zu prüfen, ob die Reglementierung notwendig und angemessen ist, welche Auswirkungen sie auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr hat und ob es nicht andere – weniger einschränkende – Alternativen gäbe. Damit sollen unter anderem das Grundrecht auf Berufsfreiheit abgesichert und eine Diskriminierung von Bürger:innen anderer EU-Länder vermieden werden.

Umfang und Procedere dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung sind im Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz (VPG) geregelt, das 2021 vom Nationalrat beschlossen wurde. Bislang sind allerdings im Wesentlichen nur Regierungsvorlagen vom Gesetz umfasst, nun sollen auch Initiativanträge von Abgeordneten, Gesetzesanträge von Ausschüssen, Initiativen des Bundesrats und Abänderungsanträge zu Regierungsvorlagen einbezogen werden. Die fünf Parlamentsfraktionen haben dazu einen gemeinsamen Gesetzentwurf eingebracht, der zusammen mit einer begleitenden Geschäftsordnungsnovelle im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats vorberaten werden soll. Davor muss die GOG-Novelle, die den genauen Ablauf einer solchen Verhältnismäßigkeitsprüfung regelt, einer Ersten Lesung unterzogen werden. Um Verzögerungen von Gesetzesbeschlüssen zu vermeiden, ist eine Frist von längstens acht Tagen – ohne Wochenende und Feiertage – für die Prüfung geplant, wobei der zuständige Ausschuss auch eine andere Frist beschließen können soll und eine bestimmte Zahl von Prüfungen auch von einzelnen Klubs durchgesetzt werden kann.

Einrichtung eines Klubregisters

Ein zweiter Fünf-Parteien-Antrag auf Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes steht in Zusammenhang mit der geplanten Einrichtung eines Klubregisters. Mit einer Novelle zum Klubfinanzierungsgesetzes soll der Präsident bzw. die Präsidentin des Nationalrats ausdrücklich dazu verpflichtet werden, ein öffentlich einsehbares Verzeichnis zu führen, das die Namen der parlamentarischen Klubs sowie die für diese vertretungsbefugten Personen enthält. Damit kann ein Passus im Geschäftsordnungsgesetz, wonach der Einrichtung eines Klubregisters zwingend Beratungen in der Präsidiale voranzugehen haben, gestrichen werden. Beide Anträge sollen nach der Ersten Lesung dem Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats zugewiesen werden. (Fortsetzung TOP im Nationalrat) rei/mbu/gs/kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.