Parlamentskorrespondenz Nr. 368 vom 30.03.2023

Einstimmiger Nationalratsbeschluss ermöglicht leichteren Zugang zu Krediten für ältere Personen ab 1. Mai 2023

Justizministerin Zadić sieht darin klares Zeichen gegen Altersdiskriminierung und für mehr Selbstbestimmung

Wien (PK) –  Ab Mai wird es für ältere Personen leichter werden, einen Kredit zu erhalten. Dies wird durch Änderungen im Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes ermöglicht, die heute im Nationalrat einstimmig beschlossen wurden. Demnach sollen künftig Darlehen auch unabhängig von der Lebenserwartung vergeben werden können, sofern die Abdeckung des offenen Betrags durch Vermögenswerte sichergestellt ist. Mit dieser Novelle werde ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Selbstbestimmung gemacht und eine diskriminierende Regelung beseitigt, betonte Justizministerin Alma Zadić.

Weiters sprachen sich die Abgeordneten einstimmig für die Änderung des Strafgesetzbuches im Bereich "terroristische Straftaten" aus. Klargestellt wird vor allem, dass bei allen vorsätzlichen Drohungen mit "terroristischer Eignung" eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren verhängt werden kann. Damit reagiert Österreich auf ein Mahnschreiben der EU-Kommission, die eine ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie Terrorismus eingefordert hatte.

Den Zuspruch aller Fraktionen fand auch die Fundrechts-Novelle 2023. In Hinkunft können Gegenstände im Wert von bis zu 100 € schon nach einem halben Jahr von den Finder:innen behalten werden, wenn sich der Besitzer oder die Besitzerin nicht meldet.

Leichterer Zugang zu Krediten für ältere Personen und klare Regelungen für den Erbfall

Durch Änderungen im Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz will die Regierung die Kreditvergabe an ältere Personen erleichtern. Derzeit bestehen Unklarheiten darüber, ob die Kreditwürdigkeitsprüfung positiv abgeschlossen werden kann, wenn die angestrebte Laufzeit die durchschnittliche Lebenserwartung der Verbraucher:innen übersteigt, heißt es in den Erläuterungen. Eine Kreditvergabe soll nun auch in diesen Fällen möglich sein, sofern durch Vermögenswerte "eine hinreichende Gewähr für die Abdeckung des offenen (Rest-)Betrags" sichergestellt ist. Gleichzeitig muss es wahrscheinlich sein, dass die Kund:innen zu Lebzeiten den laufenden Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag nachkommen können.

Abgestellt wird in der Regierungsvorlage nicht nur auf das Alter der Verbraucher:innen, sondern auch auf den Gesundheitszustand, der ebenso mit einer geringeren Lebenserwartung einhergehen könne. Für die Erb:innen gilt, dass sie die laufende Kredittilgung fortsetzen und so eine Verwertung vermeiden können. Wenn eine Tilgung nicht möglich ist, dann sollte eine einvernehmliche Lösung (wie etwa eine Stundung) gefunden werden, um das Anfallen von Verzugszinsen zu vermeiden. Weiters sollte den Erb:innen primär die Möglichkeit eingeräumt werden, die Liegenschaft selbst zu veräußern und den Kredit aus dem Verwertungserlös abzudecken, ist den Erläuterungen zu entnehmen.

Zadić: Kreditvergabe künftig ohne Berücksichtigung der Lebenserwartung möglich

Wenn genügend Sicherheiten vorhanden seien, dann soll die Lebenserwartung aufgrund des Alters oder einer Krankheit bei der Vergabe von Krediten keine Rolle mehr spielen, erläuterte Justizministerin Alma Zadić die Eckpunkte des Gesetzentwurfs. Ihrer Einschätzung nach sei es gelungen, eine gute Balance zwischen den Bedürfnissen und gleichzeitig dem Schutz der Verbraucher:innen zu erzielen.

Abgeordnete Ulrike Fischer (Grüne) begrüßte die Regelung ausdrücklich, da eine bestehende Ungerechtigkeit beseitigt werde. Ältere Personen und Menschen mit geringerer Lebenserwartung hätten nun leichter Zugang zu Krediten, um etwa ihre Wohnungen umzubauen oder neue Heizungen zu installieren. Eine klarere Regelung gebe es nun auch für den Erbfall. Mit der Vorlage werde ein "guter Mittelweg" beschritten, da Verbraucher:innen natürlich auch davor geschützt werden müssten, sich mit Krediten "zu übernehmen", argumentierte ihre Fraktionskollegin Agnes Sirkka Prammer. Auf der anderen Seite werde es für über zwei Millionen Senior:innen in Österreich leichter gemacht, ein selbstbestimmtes und finanziell unabhängiges Leben zu führen, zeigte sich Bedrana Ribo (Grüne) überzeugt.

Ähnliche Argumente führte Abgeordnete Michaela Steinacker (ÖVP) ins Treffen, die darauf hinwies, dass teilweise schon Mittfünfziger von den diskriminierenden Bestimmungen bei der Kreditvergabe betroffen seien. Die Novelle sei daher ausdrücklich zu begrüßen, weil sie ein klares Zeichen für mehr Fairness und Gerechtigkeit darstelle. Nicht selten würden ältere Menschen vor der Herausforderung stehen, ihre Wohnungen oder Häuser adaptieren zu müssen oder barrierefrei zu gestalten, gab auch Gertraud Salzmann (ÖVP) zu bedenken. Bisher sei es trotz Sicherheiten schwer gewesen, in einem gewissen Alter noch Kredite zu bekommen. Daran anschließend appellierte Klaus Fürlinger (ÖVP) daran, dass generell darauf geachtet werden sollte, keine "lebensfremden Regelungen" in Gesetzen zu verankern. Es werde auch erst die Praxis weisen, ob mit dem heutigen Beschluss mehr Rechtssicherheit geschaffen werde.

Abgeordneter Christian Drobits (SPÖ) erinnerte daran, dass die SPÖ in der Vergangenheit immer wieder Anträge zu diesem Thema eingebracht habe, die aber regelmäßig vertagt worden seien. Nunmehr hätten es die Koalitionsparteien endlich geschafft, die Rahmenbedingungen für die Kreditvergabe an ältere Menschen zu verbessern, hob Drobits hervor, und dies sei auch dringend notwendig gewesen. Denn gerade die Senior:innen, die "das Land aufgebaut hätten" und immer gute Kund:innen der Banken gewesen seien, sollten auch im Alter fair behandelt werden. Zahlreiche Menschen hätten sich an ihn gewandt und erzählt, dass sie keine Darlehen erhalten würden, um etwa eine Gastherme oder einen Treppenlift in ihre Wohnungen einzubauen. Nun müssten aber weitere Schritte folgen, da es Altersdiskriminierung immer noch auf vielen Ebenen gebe, betonte der sozialdemokratische Konsumentenschutzsprecher. Es handle sich um einen guten Kompromiss, meinte Petra Bayr (SPÖ), da einerseits Altersdiskriminierung gestoppt und Rechtssicherheit für beide Seiten gewährleistet werde.

Auch Christian Ragger (FPÖ) zeigte sich froh darüber, dass die Justizministerin die Zeichen der Zeit erkannt habe und es nun endlich Fortschritte in dieser Frage gebe. Bei der Vergabe von Krediten an ältere Menschen brauche es aber noch weitere Schritte, wie zum Beispiel die Klärung von Haftungsfragen oder Regelungen zur Begrenzung von Spesen und Zinsen.

Die Novelle sei positiv zu bewerten, urteilte Nikolaus Scherak (NEOS), dennoch müssten die Kreditinstitute auch in Zukunft prüfen, ob die Darlehen ausreichend gesichert seien. Er halte es generell für verwerflich, wenn man immer den "bösen Banken" die Schuld gebe, zumal die Rahmenbedingungen vom Gesetzgeber vorgegeben würden. Die bestehende rechtliche Grundlage wurde zudem noch in Zeiten einer ÖVP-SPÖ-Regierung beschlossen, hielt er Abgeordnetem Drobits (SPÖ) entgegen.

Terroristische Drohungen: Klarstellung im Strafgesetzbuch zur rechtskonformen Umsetzung einer EU-Richtlinie

Mit einer – ebenso einstimmig angenommenen - Änderung im Strafgesetzbuch (StGB) soll im Bereich der "terroristischen Straftaten" im § 278c StGB ein neuer Tatbestand für "terroristische Drohungen" eingeführt werden. Wenn diese Drohung mit der im betreffenden Paragrafen genannten "terroristischen Eignung" und dem dort bezeichneten Vorsatz begangen wird, soll eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren verhängt werden können.

Bei der zur Debatte stehenden Gesetzesänderung werde nur etwas nachgeholt, über das man sich schon längst einig gewesen sei, erklärte Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Es seien wohl alle der Überzeugung, dass eine Drohung, eine Terrorstraftat zu begehen, als eine "terroristische Straftat" zu werten sei.

Johanna Jachs (ÖVP) stellte grundsätzliche Überlegungen in Bezug auf terroristische Straftaten an, die nicht nur Furcht und Schrecken verbreiten würden, sondern auch zur Spaltung der Gesellschaft beitragen sollen. Allein im Jahr 2020 seien in der EU 57 durchgeführte, vereitelte oder gescheiterte Terroranschläge verzeichnet worden. Auch wenn die Anzahl in den letzten Jahren zurückgegangen sei, musste man leider feststellen, dass insgesamt das Gewaltpotenzial gestiegen sei. Es sei daher sehr erfreulich, dass alle Fraktionen den vorliegenden Verschärfungen im Strafgesetzbuch zustimmen, hob Karl Schmidhofer (ÖVP) hervor.

Da es sich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie handle, werde mit dem Gesetz sichergestellt, dass in Bezug auf Terrorismus ein einheitlicher Strafkodex in Europa geschaffen werde, führte Harald Troch (SPÖ) aus. Er war jedoch der Meinung, dass die Regierung noch wesentlich mehr tun könne, wie der Terroranschlag im November 2020 in Wien gezeigt habe. Während der slowakische Geheimdienst gut funktioniert und Österreich über den Waffenkauf des Täters informiert habe, hätten die heimischen Behörden nicht entsprechend reagiert, führte Troch als Beispiel ins Treffen.

Eine gesetzliche Änderung wäre aus seiner Sicht nicht unbedingt notwendig gewesen, meinte FPÖ-Vertreter Christian Ragger, da nunmehr der dritte Tatbestand in Sachen gefährliche Drohung geschaffen werde. Im Gegensatz zu Troch stellte er in Bezug auf den Terroranschlag in Wien fest, dass laut dem Bericht der Volksanwaltschaft die Wiener Polizeibehörden gut gearbeitet hätten. Es habe allerdings ein "Komplettversagen der Dienststellen in der Frage der Kommunikation" gegeben.

Johannes Margreiter (NEOS) hielt es für richtig, dass es in Reaktion auf das Mahnschreiben der EU zu einer Anpassung im österreichischen Strafgesetzbuch komme. Man müsse weiterhin sehr wachsam bleiben und die strafrechtlichen Möglichkeiten, um dem Terror entschieden entgegentreten zu können, "auf die Höhe der Zeit bringen". Ob es wirklich einen zusätzlichen Paragraphen gebraucht hätte, sei dahingestellt.

Fundrechts-Novelle: Geringwertige Gegenstände müssen nur mehr ein halbes Jahr aufbewahrt werden

Ab 1. Mai 2023 wird die Frist für den Eigentumserwerb durch die Finderin bzw. den Finder von Gegenständen, deren "gemeiner Wert" 100 € nicht übersteigt, von einem Jahr auf ein halbes Jahr verringert. Das sieht eine mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossene Novellierung des ABGB vor. Die Zahl der Funde habe in den letzten Jahren deutlich zugenommen, ist der Regierungsvorlage zu entnehmen. In Österreich wurden im Jahr 2021 insgesamt 168.885 Gegenstände abgegeben, wobei ab dem 7. Monat nur mehr 0,4 % der gefundenen Sachen abgeholt werden. Dennoch müssen sie für ein Jahr aufbewahrt werden, was mit beträchtlichen Lagerkosten für die Fundämter verbunden sei, gab Justizministerin Alma Zadić zu bedenken. Durch die Herabsetzung der Aufbewahrungszeit könnten daher deutliche Einsparungen – allein rund 50.000 € beim Zentralen Fundservice Wien - erzielt werden.

Von einer "kleinen, aber feinen Änderung" sprach SPÖ-Mandatarin Ruth Becher, die aus Sicht der Praxis eine wichtige Verbesserung bringe. Dinge von geringem Wert würden nun schneller in den Besitz der Finder:innen übergehen und somit geringere Lagerkosten verursachen. Dieser Meinung schlossen sich auch die Abgeordneten Bettina Zopf (ÖVP) und Johannes Margreiter (NEOS) an. Viele würden nicht wissen, dass Fundgegenstände schon ab einem Wert von 10 € abgegeben werden müssen, merkte Margreiter an. (Fortsetzung Nationalrat) sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.