Parlamentskorrespondenz Nr. 429 vom 19.04.2023

Verfassungsausschuss gibt grünes Licht für "Stiftung Forum Verfassung"

Novelle zum Parlamentsmitarbeiter:innengesetz einstimmig angenommen

Wien (PK) – Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat den Weg für die Einrichtung einer "Stiftung Forum Verfassung" geebnet. Trotz einiger kritischer Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren billigten die Abgeordneten heute mit breiter Mehrheit einen entsprechenden Gesetzentwurf. Zuvor hatten ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne allerdings noch einige Änderungen an ihrem gemeinsamen Antrag vorgenommen. Die Stiftung wird eng an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) angebunden sein und jährlich rund 700.000 € aus Budgetmitteln des Bundes erhalten. Ziel des Vorhabens ist es, die Bedeutung der Bundesverfassung und des Verfassungsgerichtshofs stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken und das Verfassungswissen zu verbessern. Kritik kommt von der FPÖ, die Eigenwerbung des VfGH für die Verfassung sowie die Beurteilung der eigenen Rechtsprechung ortet. Für VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter handelt es sich hingegen um einen wichtigen Beitrag zur Verfassungskultur in Österreich.

Ans Plenum geschickt hat der Verfassungsausschuss außerdem eine Novelle zum Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetz mit der Kündigungsfristen und die damit verbundenen Entgeltansprüche für Mitarbeiter:innen von Abgeordneten bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Nationalrat präzisiert werden.

Stiftung Forum Verfassung soll Verfassungsbewusstsein in Österreich steigern

Basis für den Beschluss zur "Stiftung Forum Verfassung" bildete ein gemeinsamer Antrag von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS (3077/A), der im Ausschuss noch adaptiert wurde. So wurden etwa der Stiftungsvorstand gegenüber dem ursprünglichen Entwurf erweitert und Adaptierungen bei der Zusammensetzung des beratenden Kuratoriums und beim Stiftungszweck vorgenommen. Zudem ist die Stiftung nunmehr ausdrücklich dazu angehalten, mit Bildungseinrichtungen, Universitäten, gesetzlichen Interessenvertretungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenzuarbeiten.

Gemäß dem Entwurf sollen unter anderem eine Ausstellung mit digitalem Schwerpunkt, interaktive Führungen, Veranstaltungen und die Entwicklung von Unterrichtsmaterialen dazu beitragen, das Verfassungsbewusstsein in Österreich zu steigern. Auch die Vergabe eines Verfassungspreises für die Vermittlung der Bedeutung der Bundesverfassung und der Verfassungsgerichtsbarkeit sowie zur Förderung wissenschaftlicher Arbeiten ist in Aussicht genommen. Diese sollen sich allerdings nicht mit konkreten Entscheidungen des VfGH, sondern nur allgemein mit der Verfassung bzw. der unabhängigen Verfassungsgerichtsbarkeit befassen.

Als Stiftungsorgane sieht der Gesetzentwurf nunmehr u.a. einen fünfköpfigen Vorstand bestehend aus drei Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs und zwei Mitgliedern der Universitäten vor. Dazu kommt ein/e vom Finanzministerium zu bestellende/r Prüfer bzw.  Prüferin und ein beratendes Kuratorium, dem unter anderem die jeweiligen Präsident:innen des Obersten Gerichtshofs (OGH), des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, die Leiter:innen des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt und der Parlamentsdirektion, zwei ehemalige Verfassungsrichter:innen sowie Vertreter:innen der Nationalratsparteien, der Universitäten, der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer angehören sollen. Finanziert wird die Stiftung vorrangig von der öffentlichen Hand, wobei neben einer Anschubfinanzierung von 710.000 € durch den Finanzminister jährliche Zuwendungen in der Höhe von mindestens 700.000 € – wertgesichert – vorgesehen sind.

In der Begründung des Antrags wird darauf verwiesen, dass die anlässlich des 100. Geburtstags der Bundesverfassung im Jahr 2020 angebotenen Veranstaltungen auf breites Interesse gestoßen sind und die Informations- und Vermittlungsarbeit nun dauerhaft und abgesichert fortgeführt werden soll. Dabei stehen insbesondere Schüler:innen. Lehrlinge und Student:innen im Fokus, aber auch die allgemeine Öffentlichkeit soll angesprochen werden.

Aufgrund eines gemeinsamen Beschlusses im Verfassungsausschuss war der Gesetzentwurf einer Begutachtung unterzogen worden, wobei die meisten Stellungnahmen grundsätzlich positiv ausfielen. Etliche Organisationen bzw. Einrichtungen urgierten jedoch ihre Aufnahme in das beratende Kuratorium. Auch die Fachhochschulen fühlten sich zu wenig eingebunden. Insgesamt skeptisch äußerten sich dagegen unter anderem die Finanzprokuratur und die juridische Fakultät der Universität Wien. Auch der im Bundeskanzleramt eingerichtete Verfassungsdienst ortete in einigen Punkten Optimierungsbedarf.

ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS begrüßen Einrichtung, FPÖ ortet Selbst-Beurteilung der Rechtsprechung durch den VfGH

"Der VfGH macht jetzt Werbung für die Verfassung", begründete Harald Stefan (FPÖ) die Ablehnung durch seine Fraktion. "In Zeiten wie diesen" handle es sich um eine "Provokation", Geld auszugeben, "für etwas das systemfremd ist". Die Ansätze zur Aufklärung über Demokratie und Rechtsstaatlichkeit seien zwar wichtig, der VfGH habe aber eine andere Funktion, als seine eigene Rechtsprechung zu beurteilen, kritisierte der FPÖ-Mandatar.

Die Vertreter:innen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS begrüßten die Einrichtung der "Stiftung Forum Verfassung". Wolfgang Gerstl (ÖVP) dankte dem VfGH-Präsidenten für die Initiative, die mehr Aufmerksamkeit für die Verfassung bringe. Es gehe um die Vermittlung von Rechtstaatlichkeit und Demokratie. Die Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung stehe dabei jedoch im Hintergrund, reagierte Gerstl auf die Kritik der Freiheitlichen. Für Friedrich Ofenauer (ÖVP) handelt es sich um einen wesentlichen Beitrag zur "Stärkung der geistigen Landesverteidigung".

Das sah Nikolaus Scherak (NEOS) ähnlich. Man schaffe nun eine zusätzliche Institution, um das Wissen über die österreichische Bundesverfassung besser zu vermitteln. Durch die Einarbeitung der im Begutachtungsverfahren eingelangten Vorschläge habe man etwa auf die Kritik einer "Haus- und Hofwissenschaft für den VfGH" reagiert, zeigte sich Scherak über den Beschluss erfreut.

Selma Yildirim (SPÖ) sprach von einem "gelungenem Werk". Es gehe dabei um eine breitenwirksame Vermittlung und Diskussion der Säulen und Grundwerte einer liberalen Demokratie. Yildirim begrüßte zudem, dass man die Gremien zur Vergabe des Verfassungspreises auf breitere Beine gestellt habe. Laut Ausschussvorsitzenden Jörg Leichtfried (SPÖ) soll die Stiftung dazu beitragen, die Akzeptanz gegenüber dem VfGH und anderen demokratischen Institutionen zu stärken

"Demokratie lebt davon, dass sich möglichst viele beteiligen", weshalb es "genau in Zeiten wie diesen", erforderlich sei, die Vermittlung "auf eine gute Basis" zu stellen, betonte Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Für ihre Fraktionskollegin Eva Blimlinger ist eine breite Zusammenarbeit mit anderen Bildungseinrichtungen in diesem Bereich wichtig. Geht es nach der Grünen-Mandatarin soll sich die neu gegründete Stiftung darum bemühen, dass auch andere Organisationen ausreichend finanzielle Mittel erhalten.

VfGH-Präsident Grabenwarter: Beitrag zur Verfassungskultur

Die "Stiftung Forum Verfassung" solle einen Beitrag zur Verfassungskultur leisten, hielt VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter im Ausschuss fest. Es handle sich dabei nicht um Werbung für den VfGH, entgegnete Grabenwarter der FPÖ-Kritik. Die Kooperation und Beziehungspflege zu anderen Institutionen sowie Vermittlungs- und Bildungsangebote würden dabei im Vordergrund stehen. Bisher seien diese Aufgaben durch einen Verein getragen worden, nun habe man klare und steuerfinanzierte Strukturen geschaffen, zeigte sich Grabenwarter erfreut.

Änderung des Parlamentsmitarbeiter:innengesetzes

In einem im Ausschuss eingebrachten und einstimmig angenommen Allparteienantrag nehmen die Abgeordneten eine Änderung des Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetzes (ParlMG) vor. Die Basis dafür bildete eine sogenannte Trägerrakete mit lediglich technischen Anpassungen im ParlMG (2722/A). Konkret geht es um die Präzisierung von Kündigungsfristen und den damit verbundenen Entgeltansprüchen bei einem vorzeitigen Ausscheiden von Abgeordneten zum Nationalrat sowie von Fraktionsvorsitzenden im Bundesrat.

Sowohl Agnes Sirkka Prammer (Grüne), Christian Drobits (SPÖ) als auch Nikolaus Scherak sprachen von einem "wichtigen Lückenschluss". Für Drobits handelt es sich um eine "Sache der sozialen Fairness", Scherak betonte, dass man in der Verantwortung stehe, Vergütungsschutz sicherzustellen.

Für Werner Herbert (FPÖ) geht es um bessere Planbarkeit und um eine Gleichstellung der Parlamentsmitarbeiter:innen zum öffentlichen Dienst. Johann Singer (ÖVP) begrüßte die "wesentliche Verbesserung für PaMis" im Falle eines Ausscheidens von Abgeordneten. (Fortsetzung Verfassungsausschuss) gs/med