Parlamentskorrespondenz Nr. 440 vom 20.04.2023

Sportausschuss pocht auf strenge Auslegung der IOC-Teilnahmeempfehlungen für Athlet:innen aus Russland und Belarus

Oppositionsanträge zu den Sportsanktionen wurden abgelehnt

Wien (PK) – Zur strengen Auslegung der Empfehlungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hinsichtlich der Teilnahme von Sportler:innen aus Russland und Belarus an internationalen Wettkämpfen als "neutrale Athlet:innen" fasste der Sportausschuss des Nationalrats heute mit den Stimmen der Regierungsparteien, SPÖ und NEOS eine Entschließung. Abgezielt wird auf eine Präzisierung und die Festlegung eines rückwirkenden Stichtags für die Definition von Militärangehörigen, sodass diese jedenfalls von internationalen Großevents ausgeschlossen sind. Sportminister Werner Kogler meinte, es sei ukrainischen Sportler:innen nicht zumutbar, sich mit jenen zu messen, die zur russischen Armee zählen.

Abgelehnt wurde in diesem Zusammenhang ein Antrag der FPÖ zur Beendigung der Sportsanktionen gegen Russland sowie ein NEOS-Antrag zur Ausweitung dieser.

Anträge der Opposition zum Sport-Sponsoring, zur geplanten Einstellung des TV-Senders ORF SPORT+, zu Schwimmunterricht, zu Mountainbike-Strecken und zur Sportförderung wurden vertagt.

Sportsanktionen gegen Russland

Der Sportminister möge sich gemäß der Ausschussentschließung dafür einsetzen, dass die kürzlich vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) publizierten Empfehlungen zur Teilnahme von Sportler:innen aus Russland und Belarus als "neutrale Athlet:innen" bei internationalen Wettkämpfen streng ausgelegt und präzisiert werden. Für die Definition von Militärangehörigen sei ein Stichtag festzulegen, um deren Zugehörigkeit klar zu regeln. Gemäß der IOC-Empfehlungen sollten Sportler:innen beider Länder mit Verbindung zum Militär von internationalen Sportevents ausgeschlossen bleiben wie auch Teams. Beides sollte gemäß des von Christoph Zarits (ÖVP) und Agnes Sirrka Prammer (Grüne) eingebrachten Entschließungsantrags vom IOC klarer definiert werden.

Obwohl der organisierte Sport in seiner Entscheidungsfindung autonom ist, sei es laut Sportminister Werner Kogler wichtig, ein Auge auf die Vorgänge zu haben und politisch Position zu beziehen. Sportminster:innen aus 35 Ländern hätten sich ob der IOC-Empfehlung zusammengetan, um die Ausgangssituation des schwierigen Themas klar zu benennen. Immerhin sei diese ein brutaler völkerrechtswidriger Angriffskrieg, betonte Kogler. Sein Zugang sei es, nicht jede/n mit russischem Pass auszuschließen, aber trotzdem Kriterien und Bedingungen zu identifizieren, damit "neutrale" Sportler:innen an internationalen Bewerben teilnehmen können. Dies sei eine heikle Abgrenzung, meinte er. Auch der Mannschaftsbegriff sei seiner Meinung nach zu klären. In Bezug auf die Teilnahme von Angehörigen des russischen Sicherheitsapparats vertrete Kogler die klare Position, dass es ukrainischen Sportler:innen nicht zumutbar sei, sich mit diesen zu messen. Besonders relevant sei daher die Festlegung eines rückwirkenden Stichtags, damit Armeeangehörige die Sanktionen nicht noch umgehen können.

Damit der Sport nicht in Propagandazwecke miteinbezogen werde, sollte differenziert vorgegangen werden, meinte auch Christoph Zarits (ÖVP), der dem Vizekanzler vollinhaltlich zustimmte und betonte, dass die Sportverbände autonom entscheiden. Da Petra Steger (FPÖ) meinte, Athlet:innen, die sich für einen fairen Wettbewerb einsetzen, würden politisch diskriminiert werden, erläuterte Agnes Sirkka Prammer (Grüne), dass - auch wenn es für Einzelsportler:innen tragisch sei – Sport nicht unpolitisch sei und sie nun mal die Staaten, für die sie antreten, repräsentieren. Der Ausschussantrag ziele ihr zufolge darauf ab, dort wo es irgendwie möglich ist, Athlet:innen zuzulassen. In vielen Fällen sei dies ohnehin nicht möglich, da einzelne Verbände selbstständig Sanktionen ausgesprochen haben.

Zur Diskussion standen zwei themenverwandte Oppositionsanträge, die abgelehnt wurden. Die Freiheitlichen sprechen sich gegen den Ausschluss russischer Athlet:innen von internationalen Wettkämpfen aus (2898/A(E)). Die Sanktionen gegen Sportler:innen der Russischen Föderation sollten beendet werden, meinte Petra Steger (FPÖ). Sie hält es für grundlegend falsch und eine Verzerrung des sportlichen Wettbewerbs, "unpolitische" Sportler:innen auszuschließen. Sport sollte verbindend und nicht trennend wirken, sagte sie. Laut Martin Graf (FPÖ) sei das Thema auf EU-Ebene zu diskutieren. Die NEOS hingegen sind für die Aufrechterhaltung bzw. Ausweitung der Sportsanktionen (3205/A(E)). Solange Russland in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ist, sollten russische Vereine und Athlet:innen von internationalen Sportevents ausgeschlossen bleiben, so Yannick Shetty (NEOS). Die Sportsanktionen seien wegen des hohen Stellenwerts des Sports in Russland sehr effizient. Russischen Athlet:innen sollten gemäß des NEOS-Vorschlags außerdem keine Visa für die Einreise zu Veranstaltungen in Österreich gewährt werden.

FPÖ-Initiativen zum Sport-Sponsoring und TV-Sport

Vertagt wurde eine FPÖ-Initiative hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung, um das Sponsoring von Sportvereinen durch Privatpersonen oder Unternehmen als Betriebs- oder Sonderausgabe steuerlich absetzen zu können (3214/A(E)). Wegen der geplanten Einstellung des Spartensenders ORF SPORT+ müssten laut FPÖ-Sportsprecherin Petra Steger zahlreiche Verbände und Vereine um große Teile ihrer Sponsoring-Einnahmen bangen. Auch die Corona-Pandemie habe die Lage dramatisch verschlimmert, meinte sie. Laut Christoph Zarits (ÖVP) seien steuerliche Begünstigungen für alle Vereine geplant. Eva Blimlinger (Grüne) konkretisierte, dass zwar keine steuerliche Erleichterung in Bezug auf das Sponsoring angedacht sei, jedoch eine für Spenden - mit der Gemeinnützigkeit als Ausgangsbasis. Sie geht davon aus, dass bis Ende Mai ein entsprechender Gesetzesentwurf vorliegt.

Angesichts der geplanten Einstellung des Spartensenders ORF SPORT+ wird der Sportminister von FPÖ-Mandatarin Steger außerdem dazu aufgefordert, Gespräche mit dem organisierten Sport und dem ORF zu führen, sodass Sportübertragungen auch in Zukunft vollumfänglich im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgestrahlt werden (3215/A(E)). Bei einer Einstellung würde es zu Einbußen beim Medienwert kommen, was Randsportarten, Frauensport oder Behindertensport massiv schade, meinte die Mandatarin. Außerdem gebe es einen klaren gesetzlichen Auftrag des ORF, eine umfassende Sportberichterstattung zu gewährleisten. Der Erhalt des Kanals als wichtige Präsentationsfläche für Sportarten ohne große Bühne sei auch der Wunsch seiner Fraktion, sagte Maximilian Köllner (SPÖ). Eva Blimlinger (Grüne) und Katharina Werner (NEOS) meinten, die Programmgestaltung sei nicht Aufgabe der Politik. Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt.

SPÖ-Anträge zu Schwimmunterricht und Mountainbike-Strecken

Erneut vertagt wurde eine SPÖ-Forderung nach einer Strategie zum Erhalt und Ausbau der Schwimminfrastruktur, insbesondere von Hallenbädern (2121/A(E)). Der Schwimmunterricht in Schulen sollte ausgebaut werden, um allen Kindern die Teilnahme zu ermöglichen, so das Anliegen. Der Bund sei verantwortlich, den Rahmen dafür zu sichern, meinte Petra Tanzler (SPÖ) angesichts 160.000 Kindern und Jugendlichen in Österreich, die nicht schwimmen könnten. Sie erinnerte wie auch SPÖ-Fraktionskollege Alois Schroll an die Häufigkeit der Todesursache Ertrinken bei Kindern. Es sei dringend an der Zeit, ein Konzept auszuarbeiten. Petra Steger (FPÖ) meinte zustimmend, die Corona-Pandemie habe die Lage verschlimmert. Klaus Lindinger (ÖVP) zeigte sich der Problematik bewusst, verwies im Zuge seines Vertagungsantrags auf einen laufenden Aufholprozess, aber auch auf den kostenintensiven Erhalt der Hallenbäder.

Abgesehen von ausdrücklich freigegebenen Strecken sei das Mountainbiken im Wald laut Forstgesetz generell verboten, weshalb viele Sportler:innen in die Illegalität getrieben würden, kritisiert SPÖ-Sportsprecher Maximilian Köllner in einem weiteren, heute ebenfalls wiederholt vertagten Entschließungsantrag (2977/A(E)). Diese Problematik könne gelöst werden, indem man mit einer Zusammenführung der verschiedenen Modelle von Bund, Ländern und Gemeinden die notwendigen Wege, die bereits über eine entsprechende Infrastruktur verfügen, zur Verfügung stelle, meinte er. Auch Thomas Spalt (FPÖ) ortet diesbezüglich akuten Handlungsbedarf. Die Vertagung wurde von Lukas Hammer (Grüne) durch ein demnächst stattfindendes Vernetzungstreffen begründet. Eine Strategie soll entwickelt werden.

NEOS fordern Reform der Sportförderung

Ebenfalls nach Wiederaufnahme vertagt wurde ein Vorstoß zur Reform der Sportförderung seitens der NEOS. Mit einer Neuorganisation sollte sichergestellt werden, dass sich in den Gremien der Fördermittelvergabe künftig keine Vertreter:innen von Fördernehmer:innen mehr befinden und es zu keinem Interessenskonflikt kommen könne, so der grundlegende Gedanke von NEOS-Sportsprecher Yannick Shetty (2924/A(E)). Auch Petra Steger (FPÖ) war der Meinung, dass die Sportförderung überarbeitet werden sollte. Laut Lukas Hammer (Grüne) sei eine solche Änderung durchaus vorstellbar, man dürfe den Mitgliedern allerdings nicht pauschal Vorwurf machen, die ehrenamtliche Arbeit nicht seriös zu machen. Er sprach sich mit der Vertagung für eine Evaluierung aus. (Schluss Sportausschuss) fan