Parlamentskorrespondenz Nr. 517 vom 11.05.2023

Bundesrat erhebt keinen Einspruch gegen Aus für Wiener Zeitung in der bisherigen Form

Novelle zum Medientransparenzgesetz erhält auch in der Länderkammer erforderliche Zweidrittelmehrheit

Wien (PK) – Der Bundesrat hat heute seine Zustimmung zu zwei von drei Teilen des von den Regierungsparteien vorgelegten Medienpakets gegeben. Trotz Protests der Oppositionsparteien sprachen sich bei der namentlichen Abstimmung 31 von 60 Mandatar:innen mehrheitlich für den gesetzlichen Rahmen zur Neuaufstellung der Wiener Zeitung aus. SPÖ und FPÖ untermauerten ihre Kritik mit einem Einspruchsantrag, der bei einer weiteren namentlichen Abstimmung mit den selben Mehrheitsverhältnissen in der Minderheit blieb.

Teil des Medienpaketes sind zudem ausgeweitete Transparenzbestimmungen bei Regierungsinseraten und öffentlichen Informationskampagnen. Für dieses Vorhaben war in der zweiten Kammer des Parlaments die notwendige Zweidrittelmehrheit gegeben.

Die sich in der emotionalen und rund dreieinhalbstündigen Debatte zahlreich zu Wort gemeldeten SPÖ-Mandatar:innen bezeichneten das Vorgehen der Regierungsparteien als "kulturpolitische Schande" und "dunklen Tag für die Demokratie". Sie appellierten erfolglos an die Vertreter:innen der Grünen, sich gegen die "Einstellung der Wiener Zeitung" auszusprechen. Für die Freiheitlichen wird die Wiener Zeitung zu einem "Regierungsvehikel", um der ÖVP zu mehr Einfluss in der Medienlandschaft zu verhelfen. Die NEOS befürchten einen Umbau der österreichischen Medienpolitik nach ungarischem Vorbild.

Durch die Abschaffung der Veröffentlichungspflicht sei das Geschäftsmodell der Wiener Zeitung abhandengekommen, weshalb man sich für "neue Wege" entschieden habe. Die "Marke Wiener Zeitung" bleibe jedoch auch durch die neue Ausrichtung erhalten, hielten ÖVP und Grüne entgegen.

Medienministerin Susanne Raab verwies auf den digitalen Transformationswandel in der Medienbranche. Die Politik müsse die Gesetze diesem Wandel anpassen.

Medienpaket: Neues Geschäftsmodell für die Wiener Zeitung sowie mehr Transparenz bei öffentlichen Inseraten

Das neue Geschäftsmodell für die Wiener Zeitung sieht unter anderem vor, das Traditionsblatt in ein Online-Medium umzuwandeln. Eine Printausgabe soll nur noch "nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel" erscheinen. Gleichzeitig soll die Wiener Zeitung eine wichtige Rolle in der praxisnahen Ausbildung von Journalist:innen und als Content-Lieferantin für staatliche Stellen spielen. Grund für das neue Geschäftsmodell der Wiener Zeitung ist die Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen im "Amtsblatt", welche derzeit für einen Großteil der Einnahmen des Blattes verantwortlich sind. Anstelle des Amtsblattes soll eine deutlich erweiterte elektronische Verlautbarungs- und Informationsplattform (EVI) eingerichtet werden, die als eine Art digitales "schwarzes Brett" des Bundes fungieren soll. Insgesamt will die Regierung für das neue Geschäftsmodell Fördermittel in der Höhe von 16,5 Mio. € bereitstellen, wobei 7,5 Mio. € auf die Wiener Zeitung selbst, 6 Mio. € auf die Journalist:innenausbildung sowie weitere Aufgaben des sogenannten "Media Hub Austria" und 3 Mio. € auf die Verlautbarungs- und Informationsplattform entfallen.

Mit der Novelle zum Medientransparenzgesetz werden Ministerien und andere öffentliche Stellen ab 2024 unter anderem dazu verpflichtet, auf ihrer Website Informationen über größere Werbekampagnen – ab einem Volumen von 150.000 € – bereitzustellen. Übersteigt die Kampagne den Betrag von 1 Mio. € ist zusätzlich eine Wirkungsanalyse durchzuführen. Neu ist außerdem die Meldepflicht für alle entgeltlichen Inserate und Einschaltungen bei der KommAustria. Die Bagatellgrenze von 5.000 € und die bisherige Beschränkung der Bekanntgabepflicht auf periodische Medien entfallen. Außerdem müssen auch die einzelnen Werbesujets veröffentlicht werden, wenn die Gesamtsumme der Aufträge pro Halbjahr den Betrag von 10.000 € überschreitet. Im Gegenzug sollen die Umstellung von quartalsweisen auf halbjährliche Meldeintervalle, der Entfall von Leermeldungen und eine Verlängerung der Meldefristen administrative Erleichterungen bringen. Weiters wird geregelt, dass in Medien, die rechtskräftig wegen Verhetzung, der Gutheißung terroristischer Straftaten oder wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz verurteilt wurden, über einen Zeitraum von einem Jahr keine öffentlichen Inserate geschaltet werden dürfen.

Opposition pocht auf Erhalt der Wiener Zeitung

"Heute ist ein dunkler Tag für die Demokratie, des Journalismus und des Bundesrates, heute wird die die älteste Tageszeitung der Welt zu Grabe getragen", hielt Korinna Schumann (SPÖ/W) fest. Qualitätsjournalismus sei "in Zeiten von Fake-News und Verschwörungstheorien so wichtig wie nie", es brauche klare und faktenbasierte Medienberichterstattung. ÖVP und Grüne würden jedoch bewusst dagegen agieren und hätten allen alternativen Finanzierungsvorschlägen eine Absage erteilt, zeigte sich Schumann entsetzt. Doris Hahn (SPÖ/N) sprach von einem "Sterben auf Raten". Die Wiener Zeitung sei im Gegensatz zu manch anderen österreichischen Medien ein "Garant für objektive und unabhängige Berichterstattung" und ein "Kulturgut von unschätzbarem Wert". Das Ende der Wiener Zeitung sei ein "Skandal in der österreichischen Medienwelt", betonte Andreas Babler (SPÖ/N). Die SPÖ werde alles daran setzen, die traditionsreiche Wiener Zeitung wieder "zurückzubringen".

"ÖVP und Grüne besiegeln heute das Zugrabetragen der ältesten Tageszeitung der Welt", betonte Isabella Theuermann (FPÖ/K). Die Wiener Zeitung werde zu einem "Regierungsvehikel", mit dem Ziel, der ÖVP zu mehr Einfluss in der Medienlandschaft zu verhelfen. Sie könne nicht verstehen, dass sich die Grünen dafür als "Beiwagerl" hergeben würden. Was die Novelle zum Medientransparenzgesetz betrifft, sei diese das "Papier nicht wert, auf dem es steht", so die FPÖ-Mandatarin. Johannes Hübner (FPÖ/W) zeigte sich verwundert, dass es seitens der Bundesregierung keine Anstrengungen gegeben habe, die Wiener Zeitung an andere Investoren zu verkaufen. Christoph Steiner (FPÖ/T) erhob in seiner Wortmeldung scharfe Kritik an den zahlreichen SPÖ-Beteiligungen an Medienunternehmen und kritisierte die Pläne der Bundesregierung zur künftigen ORF-Finanzierung.

Man sei sich zwar über die Parteigrenzen hinweg in der Diagnose einig, dass sich die Wiener Zeitung aufgrund des Wegfalls der Pflichtveröffentlichungen ändern müsse, kein Konsens herrsche aber in den daraus zu ziehenden Konsequenzen, befand Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W). Der NEOS-Mandatar befürchtete einen Umbau der österreichischen Medienpolitik nach ungarischem Vorbild. Es brauche hingegen eine diverse Medienlandschaft mit gemeinsamen Qualitätsregeln.

ÖVP und Grüne: Marke Wiener Zeitung bleibt in neuer Form erhalten

Die Vertreter:innen der Regierungsparteien verteidigten ihre Vorgehensweise. Für Matthias Zauner (ÖVP/N) ist durch die Abschaffung der Veröffentlichungspflicht das Geschäftsmodell der Wiener Zeitung abhandengekommen. Deshalb habe man sich für "neue Wege" entschieden, die "Marke Wiener Zeitung" bleibe jedoch auch durch die neue Ausrichtung erhalten. Zudem komme es zu einer "Qualitätsoffensive" in der Journalistenausbildung. "Natürlich" werde auch die neue Redaktion unabhängig von politischem Einfluss sein und ein Redaktionsstatut haben, so ÖVP-Bundesrat Zauner.

Ähnlich argumentierte Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O). Durch das Ende der Finanzierungsgrundlage hätte man bei einem "Festklammern" an der Wiener Zeitung in der bisherigen Form das gesamte Unternehmen in Gefahr gebracht. Man mache diese nun als digitales sowie innovatives und investigatives Medium "fit für die Zukunft". Zudem haben laut Hauschildt-Buschberger die Grünen durchgesetzt, dass es weiterhin zehn Mal pro Jahr eine gedruckte Version geben werde. Zu den Änderungen im Medientransparenzgesetz hielt die Grünen-Mandatarin fest, dass es nun einen verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeld geben werde.

Medienministerin Raab: Politik muss Gesetze dem Transformationswandel anpassen

Der gesamte Medienmarkt befinde sich in einem "enormen Transformationswandel", hielt Medienministerin Susanne Raab in ihrer Wortmeldung fest. Es komme zur Verlagerung in den digitalen Raum, zudem habe sich vor allem das Nutzungsverhalten der jungen Menschen geändert. Die Politik müsse die Gesetze diesem Wandel anpassen. Die "Traditionsmarke Wiener Zeitung" bleibe aber in neuer Form erhalten.

Zur Medientransparenznovelle betonte Raab, dass sich die Standards und Anforderungen an die Transparenz beim Umgang mit Steuergeld verändert hätten. Jeder Bürger und jede Bürgerin habe das Recht zu wissen, was mit ihrem Steuergeld passiere. Medienkooperationen der Bundesregierung seien "per se nichts Schlechtes", es müsse aber Transparenz "ab dem ersten Euro" geben. Zukünftig seien etwa auch der Nutzen sowie das Erreichen von Zielwerten der Kampagnen anzugeben, betonte die Medienministerin. (Fortsetzung Bundesrat) med

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