Parlamentskorrespondenz Nr. 518 vom 11.05.2023

Bundesrat genehmigt Einrichtung der Stiftung Forum Verfassung und Anpassung des Patentrechts an EU-Gesetzgebung

Grünes Licht für Beschlüsse aus dem Forschungsbereich

Wien (PK) – Die Einrichtung der "Stiftung Forum Verfassung" auf Basis eines gemeinsamen Antrags von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS nahm heute mit dem Bundesrat seine letzte parlamentarische Hürde. Die Bedeutung der Bundesverfassung und des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) soll damit stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Einhellige Zustimmung gab es für eine Novelle zum Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetz, mit der Mitarbeiter:innen von Abgeordneten bei einem vorzeitigem Ausscheiden aus dem Nationalrat besser abgesichert werden sollen.

Ebenfalls auf der Tagesordnung standen mehrere Beschlüsse aus dem Forschungsbereich. So sprachen sich die Bundesrät:innen mehrheitlich für ein Gesetzespaket aus, das unter anderem das österreichische Patentverbot für im Wesentlichen herkömmliche Tier- und Pflanzenzüchtungen stärken soll. Neben Vereinfachungen bei der Anmeldung von Patenten wurden auch gesetzliche Grundlagen für die Einführung des neuen europäischen Einheitspatents geschaffen. In diesem Zusammenhang erhielt ein Staatsvertrag über die Einrichtung einer Filiale des europäischen Patentgerichts in Wien einhellige Zustimmung.

Eine Mehrheit der Bundesrät:innen sprach sich zudem für ein Errichtungsgesetz aus, das Struktur und Aufgaben des neuen Forschungs-, Wissenschafts-, Innovations- und Technologieentwicklungsrats (FWIT-Rats) festlegt, der die Bundesregierung in dahingehenden Fragen umfassend beraten soll. Einstimmigkeit erzielte eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG), durch die Unternehmen in diesem Bereich, die zur Teilnahme an der Umsetzung des geplanten öffentlichen Warnsystems verpflichtet sind, einen Kostenersatz für dafür notwendige Investitionen beantragen können.

Stiftung Forum Verfassung soll Verfassungsbewusstsein steigern

Die Steigerung des Verfassungsbewusstseins der Österreicherinnen und Österreicher ist das Ziel einer gemeinsamen Initiative von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS. Dafür soll eine Stiftung Forum Verfassung eingerichtet werden. Sie soll unter anderem mittels Ausstellung mit digitalem Schwerpunkt, interaktiven Führungen, Veranstaltungen und der Entwicklung von Unterrichtsmaterialen zum Verfassungsbewusstsein beitragen. Auch die Vergabe eines Verfassungspreises für die Vermittlung der Bedeutung der Bundesverfassung und der Verfassungsgerichtsbarkeit sowie zur Förderung wissenschaftlicher Arbeiten ist in Aussicht genommen. Finanziert werden soll die Stiftung vorrangig von der öffentlichen Hand, wobei neben einer Anschubfinanzierung von 710.000 € durch den Finanzminister jährliche Zuwendungen in der Höhe von mindestens 700.000 € – wertgesichert – vorgesehen sind.

Auf Kritik im Begutachtungsverfahren haben die vier Parlamentsfraktionen mit der Einbringung eines Abänderungsantrags im Zuge der Ausschussberatungen reagiert. Er betrifft etwa die Zusammensetzung des Stiftungsvorstands, die Formulierung des Stiftungszwecks und die Zusammenarbeit der Stiftung mit Bildungseinrichtungen, Universitäten, Interessenvertretungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Um die objektive und unbeeinflusste Amtsführung der Mitglieder des VfGH sicherzustellen, wurde mit einem weiteren, im Nationalratsplenum eingebrachten Abänderungsantrag geregelt, dass die Stiftung keine Zahlungen oder Sachleistungen an die Verfassungsrichter:innen, Bediensteten des VfGH sowie an die Organe der Stiftung leisten darf.

Prinzipiell sei es legitim und wünschenswert, das Verfassungsbewusstsein in der Bevölkerung erhöhen zu wollen, die vorgeschlagene Stiftung sah Klemens Kofler (FPÖ/N) allerdings als "zu teuer, zu komplex und zu bürgerfern" an. Eher sollten vorhandene Strukturen wie Schulen und Universitäten genutzt werden. Zudem habe die COVID-19-Pandemie gezeigt, dass nicht die Bürger:innen Verständnisschwierigkeiten bezüglich der Verfassung aufwiesen, sondern vielmehr die Bundesregierung.

Die Verfassung als Fundament der Demokratie und wesentlichen Bestandteil der österreichischen Identität hob Markus Stotter (ÖVP/T) hervor. Es sei von größter Bedeutung, für die Basis des gesamten politischen Wirkens einzustehen, befürwortete er die Stiftung entschieden. In Kombination mit der Demokratiewerkstatt, als Bildungseinrichtung des Parlaments für junge Menschen, könne vor allem Jugendlichen ein tieferes Verständnis für die Rolle der Verfassung auch in ihrem alltäglichen Leben vermittelt werden.

Auch Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) stimmte der Errichtung der Stiftung Forum Verfassung zu, die helfen könne, jene Werte zu vermitteln, die das gesellschaftliche Leben zusammenhalten. Kritikpunkte an der Stiftung, die etwa von universitärer Seite geäußert worden seien, hätten im Vorfeld ausgeräumt werden können. Nun ginge es darum, "ins Tun zu kommen".

Grünen-Mandatarin Simone Jagl aus Niederösterreich brachte kein Verständnis für die ablehnende Haltung der Freiheitlichen auf, wunderte sich jedoch nicht darüber, da ein besseres Verfassungsverständnis auch eine geringere Anfälligkeit für "populistische Politik" bedeute. Die FPÖ schüre bewusst Misstrauen gegen demokratische Institutionen, deren generelle Infragestellung Jagl als gefährlich ansah. Gerade deshalb sei eine niederschwellige Aufklärung über die Grundlagen der Demokratie so wichtig.

Bessere Absicherung für Parlamentsmitarbeiter:innen

Von allen fünf Parlamentsfraktionen unterstützt wird ein Novelle zum Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetz. Konkret geht es darum, persönliche Mitarbeiter:innen von Abgeordneten besser für Fälle abzusichern, in denen ein Abgeordneter bzw. eine Abgeordnete kurzfristig aus dem Hohen Haus ausscheidet. Auch in diesem Fall sollen die üblichen Kündigungsfristen und der damit verbundene Entgeltanspruch gelten.

Patentrecht wird an neue Entwicklungen der EU-Gesetzgebung angepasst

Das bestehende Patentverbot für im Wesentlichen herkömmliche Tier- und Pflanzenzüchtungen soll mittels Änderungen im Patengesetz abgesichert werden. Auch Neuerungen in den Bereichen Patentverträge, Gebrauchsmuster, Marken- und Musterschutz sowie bei den Patentamtsgebühren standen zur Debatte. Neben technischen Vereinfachungen der Patentanmeldungen stellen die Anpassungen des österreichischen Patentrechts an aktuelle Entwicklungen auf EU-Ebene einen wesentlichen Aspekt dar, insbesondere die Schaffung eines europäischen Einheitspatents. So wurde das Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten des Einheitlichen Patentgerichts vom Bundesrat einstimmig genehmigt. Ein EU-Übereinkommen regelt die Einrichtung der österreichischen Lokalkammer des Einheitlichen Patentgerichts beim Arbeits- und Sozialgericht in Wien. Unter anderem wird festgelegt, dass Mitarbeiter:innen des Österreichischen Patentamts einen Teil ihrer Arbeitszeit für die Agenden der Lokalkammer aufwenden sollen. In Kraft tritt das Übereinkommen zum Patentgericht mit 1. Juni 2023. Damit kann auch das Einheitspatent in Österreich Wirklichkeit werden.

Neues Gremium soll Bundesregierung in Fragen der FTI-Strategie beraten

Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (FTE-Rat) und der Wissenschaftsrat werden zusammengeführt. Der neue Forschungs-, Wissenschafts-, Innovations- und Technologieentwicklungsrat (FWIT-Rat) soll laut FWIT-Rat-Errichtungsgesetz die Bundesregierung künftig bei der Umsetzung der Forschungs-, Technologie- und Innovationsstrategie (FTI-Strategie) beraten. Damit soll auch die Stringenz der österreichischen Forschungs- und Innovationspolitik erhöht werden.

Nach den neuen Regelungen hat Wissenschaftsminister Martin Polaschek ein Vorschlagsrecht für die Hälfte der Mitglieder des neuen Rats. Vier weitere Mitglieder sind von der für Innovation und Technologie zuständigen Umweltministerin, Leonore Gewessler, zu nominieren. Jeweils ein Mitglied wird von Wirtschaftsminister Martin Kocher und von Bundeskanzler Karl Nehammer im Einvernehmen mit Vizekanzler Werner Kogler vorgeschlagen.

Unternehmen erhalten Kostenersatz für Teilnahme am öffentlichen Warnsystem

Einhellig stimmten die Bundesrät:innen einem Initiativantrag von ÖVP und Grünen zum Telekommunikationsgesetz zu. Telekommunikationsunternehmen, die zur Teilnahme an der Etablierung eines öffentlichen Warnsystems verpflichtet sind, soll ein Kostenersatz für dazu notwendige Investitionen zugesichert werden. Förderbar sollen demnach Anschaffungskosten, Einrichtungskosten, Netzanpassungskosten und Lizenzkosten sein. Der auf Seiten der Telekom-Unternehmen anfallende Aufwand wird auf rund 6,83 Mio. € geschätzt. (Schluss) wit/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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