Parlamentskorrespondenz Nr. 519 vom 11.05.2023

Sozialausschuss ebnet Weg für Ende der Corona-Kurzarbeit

Umsetzung einer EU-Richtlinie zu Arbeitnehmerrechten bei Spaltung und Verschmelzung von Kapitalgesellschaften ebenfalls angenommen

Wien (PK) – Der Sozialausschuss hat heute mit Stimmenmehrheit einen Antrag der Koalition ins Plenum geschickt, in dem das Ende der Corona-Kurzarbeit und der Übergang zum vor der Pandemie gültigen Modell mit Ende September 2023 geregelt wird. Während ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grüne den Antrag befürworteten, kritisierten die NEOS, dass die Kurzarbeit – anders als die meisten anderen coronabedingten Sonderregelungen – nicht bereits mit Ende Juni außer Kraft treten soll.

Zustimmung gab es auch für einen von Arbeitsminister Martin Kocher vorgelegten Gesetzentwurf, mit dem der arbeitsrechtliche Teil einer im Jahr 2021 beschlossenen EU-Richtlinie betreffend die grenzüberschreitende Verschmelzung, Umwandlung und Spaltung von Kapitalgesellschaften umgesetzt werden soll. Ein Ausschussantrag der NEOS zur Abschaffung des Post-Betriebsverfassungsgesetzes blieb in der Minderheit.

Vertagt wurden mehrere Oppositionsforderungen zum Thema Arbeitszeit sowie ein Antrag der NEOS für einen Wechsel vom Asylverfahren zur Rot-Weiß-Rot-Karte und eine Initiative der SPÖ für eine Rehabilitationsfreistellung.

Aus für Corona-Kurzarbeit mit Ende September 2023

Sämtliche Sonderregelungen für Kurzarbeit, die aufgrund der Corona-Pandemie geschaffen wurden, sollen mit Ende September 2023 außer Kraft treten. Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen passierte eine entsprechende von der Koalition vorgeschlagene Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes heute den Sozialausschuss (3318/A). Darin wird der Übergang zurück zur Kurzarbeit vor der Pandemie geregelt. Demnach soll die Möglichkeit einer abweichenden Beihilfenhöhe noch einmal bis Ende September 2023 verlängert werden. Danach soll wieder das ursprüngliche Modell gelten. Dauerhaft angepasst soll aber eine Regelung zur Kurzarbeitsbeihilfe für Unternehmen werden. Ab Oktober 2023 soll sich die Beihilfe bereits ab dem vierten Monat, statt wie bisher ab dem fünften Monat, um die erhöhten Aufwendungen des Dienstgebers für die Beiträge zur Sozialversicherung erhöhen. Mittels Abänderungsantrag wurde im Ausschuss noch ein legistisches Versehen bei der Nummerierung korrigiert.

Alois Stöger (SPÖ) fand die Neugestaltung der Kurzarbeit aufgrund einer vorliegenden Sozialpartnereinigung in Ordnung. In sehr wenigen Fällen befänden sich Betriebe noch aufgrund der Corona-Pandemie in Kurzarbeitsverfahren. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) fragte, warum die Corona-Kurzarbeit erst mit Ende September abgeschafft werde, wenn mittlerweile sogar die WHO den Gesundheitsnotstand aufgehoben habe. Gerald Loacker (NEOS) kritisierte, dass die Sonderregelung ein weiteres Mal "hinausgezögert" werde, wo es doch dringend an der Zeit sei, wieder zu den vor der Pandemie gültigen Kurzarbeitsregeln zurückzukehren.

Arbeitsminister Kocher begründete die Umstellung mit Ende September mit notwendigen Änderungen im dafür eingesetzten EDV-System des AMS, die erst im Herbst erfolgen werden. Kocher betonte aber, dass bereits jetzt die Regelungen für Kurzarbeit strenger seien als vor der Pandemie. So gesehen sei das Modell auch jetzt keine "Corona-Kurzarbeit" mehr. Zudem seien derzeit nur rund 1.800 Personen österreichweit für Kurzarbeit vorangemeldet.

Berücksichtigung von Arbeitnehmerrechten bei Spaltung und Verschmelzung von Kapitalgesellschaften

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS angenommen wurde der von Arbeitsminister Kocher vorgelegte Gesetzentwurf (2031 d.B.) zur Umsetzung einer im Jahr 2021 beschlossenen gesellschaftsrechtlichen EU-Richtlinie, mit der zum einen ein Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umwandlungen und Spaltungen von Kapitalgesellschaften geschaffen wurde und der zum anderen eine Aktualisierung der geltenden Bestimmungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften vorsieht. Konkret sollen im Arbeitsverfassungsgesetz mit der Regierungsvorlage jene Teile der Richtlinie nachvollzogen werden, die die Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten und Arbeitnehmer:innen betreffen. Dabei geht es etwa um die Einrichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums und die Entsendung von Arbeitnehmervertreter:innen in Aufsichtsräte. In diesem Zusammenhang ist auch eine Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes nötig.

Ein Passus aus der ursprünglichen Vorlage wurde mittels Abänderungsantrag im Ausschuss gestrichen. Demnach hätte ermöglicht werden sollen, dass von der sechswöchigen Kündigungsfrist abweichende Regelungen durch Kollektivverträge festgelegt werden können. Nach Kritik von SPÖ und Gewerkschaften, die vor einer Aufweichung des Kündigungsschutzes für Arbeiter:innen warnten, hatte das Arbeitsministerium bereits im Vorfeld des Ausschusses betont, lediglich legistische Verbesserungen herbeiführen zu wollen, da es in der Vergangenheit zu rechtlichen Unklarheiten gekommen sei. Der Ankündigung, den Teil wieder aus dem Gesetzesvorschlag zu nehmen, kam die Koalition mit dem Abänderungsantrag nun nach.

Alois Stöger (SPÖ) dankte ÖVP und Grünen für den Abänderungsantrag, der aus seiner Sicht wesentlich sei. Das ursprüngliche Vorhaben wäre nämlich ein Angriff auf die Arbeiter:innen gewesen. Zum Rest der Gesetzesinitiative signalisierte er Zustimmung, da diese auf einer Absprache der Sozialpartner basieren.

Im Gegensatz zu Stöger wollte Dagmar Belakowitsch (FPÖ) der Koalition nicht für den Abänderungsantrag danken. Sie sei vielmehr entsetzt, dass ein solcher überhaupt notwendig gewesen sei. Denn die Regierung habe den Versuch gestartet, eine Änderung der Gleichstellung von Arbeiter:innen und Angestellten in eine Regierungsvorlage zu "schummeln", die in ihren eigentlichen Maßnahmen unterstützenswert wäre. Die FPÖ werde sich eine Zustimmung trotz Abänderungsantrag daher bis zum Plenum vorbehalten, weil sie den Regierungsparteien hier nicht traue.

Arbeitsminister Kocher wies den Vorwurf zurück, einen Passus in die Vorlage "hineingeschummelt" zu haben. Ihm sei der Eindruck vermittelt worden, dass es in dieser Angelegenheit eine Einigung der Sozialpartner gegeben habe. Weil das nicht der Fall sei, werde die Maßnahme nun gestrichen. Von Seiten der SPÖ verneinten die Gewerkschafter Alois Stöger und Josef Muchitsch, dass es Gespräche oder gar eine Einigung mit den Sozialpartnern gegeben habe.

Gerald Loacker (NEOS) meinte, er habe gegen die Regierungsvorlage wenig einzuwenden. Aus seiner Sicht hätte es auch den Abänderungsantrag nicht gebraucht. Er nutzte die Gelegenheit, um sich für Änderungen bei den Betriebsrät:innen der Österreichischen Post AG einzusetzen. Mittels Ausschussantrag wollte er vom Arbeitsminister eine Abschaffung des Post-Betriebsverfassungsgesetzes einfordern, sodass für die Post wie für alle anderen Unternehmen das Arbeitsverfassungsgesetz gilt. Die Post müsse nämlich mehr Betriebsräte als andere Unternehmen freistellen. Zudem gelte für diese ein eigenes Entlohnungsschema. Das habe historische Gründe, die längst weggefallen seien, kritisierte Loacker, der eine Angleichung der Rahmenbedingungen an andere Unternehmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Post forderte. Der Antrag fand keine Zustimmung.

Alois Stöger (SPÖ) konnte die Initiative nicht nachvollziehen. Josef Muchitsch (SPÖ) meinte, ihm würden – etwa mit Blick auf andere Zustelldienste und ihre prekären Arbeitsbedingungen – andere Hebel einfallen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Post zu stärken. Markus Koza (Grüne) betonte, es handle sich um ein Gesetz, das die Mitbestimmungsrechte von Mitarbeiter:innen regle. Ein solches Gesetz könne man nicht einfach ohne vorherige Diskussion mittels Ausschussantrag abschaffen.

Oppositionsanträge zum Thema Arbeitszeit vertagt

Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen wurden zahlreiche Anliegen der Opposition im Zusammenhang mit Überstunden und Teilzeitarbeit vertagt. Die SPÖ etwa setzt sich für ein "Fairnesspaket" gegen unbezahlte Arbeit ein (3323/A(E)). Die Sozialdemokrat:innen greifen in ihrem Antrag jüngste Zahlen der Statistik Austria auf, wonach rund 47 Mio. Überstunden pro Jahr ohne Bezahlung geleistet werden. Sie fordern vom Arbeitsminister eine Regierungsvorlage, durch die der Mehrarbeitszuschlag bei Teilzeit von 25 auf 50 % erhöht, Zuschläge bei rechtsgrundloser Lohnvorenthaltung zusätzlich zum geschuldeten Lohn eingeführt und bestimmte Klauseln in Arbeitsverträgen verboten werden sollen.

Bettina Zopf (ÖVP) und Gerald Loacker (NEOS) hielten eine Erhöhung des Mehrarbeitszuschlags bei Teilzeit für unfair gegenüber den Vollzeitbeschäftigten. Loacker bezeichnete den Vorschlag zudem als zusätzlichen Anreiz für Teilzeitarbeit. Im Gegenteil: Die vorgeschlagene Maßnahme wäre ein Anreiz für die Unternehmen, weniger Teilzeit anzubieten, zeigte sich Verena Nussbaum (SPÖ) überzeugt. Auch Josef Muchitsch (SPÖ) und Dagmar Belakowitsch (FPÖ) wiesen auf die Problematik hin, dass manche Unternehmen, meist große Konzerne, keine Vollzeitarbeitsplätze anbieten und die Menschen gegen ihren Willen in Teilzeit anstellen. Markus Koza (Grüne) hielt die Forderungen der SPÖ "nicht für wahnsinnig überzogen" und fand es gut, dass darüber diskutiert werde. Er kritisierte insbesondere den dreimonatigen Durchrechnungszeitraum bei der Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten.

Erneut auf der Tagesordnung stand ein SPÖ-Entschließungsantrag (3172/A(E)) für eine Meldepflicht über tatsächlich geleistete Arbeitszeiten. In der Debatte um Teilzeitarbeit wäre es sinnvoll, über konkrete Zahlen und Daten zur Arbeitszeit von Beschäftigten zu verfügen, sind die Sozialdemoktrat:innen überzeugt, weshalb sie eine Regierungsvorlage einfordern, die eine gesetzliche Meldeverpflichtung der Dienstgeber:innen über die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten der Arbeitnehmer:innen zum Ziel haben soll.

Bettina Zopf (ÖVP) begründete ihren Vertagungsantrag damit, keine überbordende Bürokratie für die Unternehmen schaffen zu wollen. Dieses Argument wollten Josef Muchitsch und Verena Nussbaum (beide SPÖ) in Zeiten der Digitalisierung nicht gelten lassen. Markus Koza (Grüne) hielt den Antrag für eine "intelligente Sache" und verwies auf ein Treffen im Arbeitsministerium, bei dem die technische und organisatorische Machbarkeit diskutiert werden solle.

Auch drei Oppositionsanträge, die sich auf das Vorhaben der Koalitionsparteien beziehen, die geblockte Altersteilzeit schrittweise abzuschaffen, wurden erneut von ÖVP und Grünen vertagt. Während sich FPÖ (3110/A(E)) und SPÖ (3093/A(E)) gegen eine entsprechende Gesetzesänderung aussprechen, drängen die NEOS auf ein sofortiges Aus der Blockvariante (3126/A(E)).

Aufgrund des Arbeitskräftemangels müsse man die geblockte Altersteilzeit bereits jetzt – und nicht erst 2030 – "abdrehen", meinte Gerald Loacker (NEOS). Bettina Zopf (ÖVP) sprach sich für kontinuierliche aber gegen geblockte Altersteilzeitmodelle aus. Letztere würde einer gesetzlich geförderten Frühpension gleichkommen und sei nicht fair. Markus Koza (Grüne) verwies auf laufende Verhandlungen.

Dietmar Keck (SPÖ) hingegen zeigte sich besorgt, dass es bei einer Abschaffung der geblockten Altersteilzeit zu Kündigungen älterer Arbeitnehmer:innen kommen würde. Das Modell müsse deshalb bleiben. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) wies darauf hin, dass sich selbst die Fraktion Christlicher Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter gegen eine Abschaffung des geblockten Modells ausspreche. Es gehe nicht um eine Abschaffung der Altersteilzeit, betonte der Arbeitsminister. Man wolle nicht verunmöglichen, dass eine Altersteilzeit betrieblich oder kollektivvertraglich festgelegt werden könne, sagte Kocher. Ein fertiges Modell liege aber noch nicht vor.

Weitere Anliegen der Opposition vertagt

In einem weiteren, vertagten Entschließungsantrag (3327/A(E)) beziehen sich die NEOS auf die Abschiebung einer indischen Familie, die das Land verlassen musste, obwohl zwei Familienmitglieder in Mangelberufen tätig gewesen seien. Der Anlassfall habe gezeigt, dass die Schaffung eines Übergangs vom Asylverfahren auf die Rot-Weiß-Rot-Karte für Mangelberufe sinnvoll wäre. Die NEOS wollen daher die Regierung auffordern, einen solchen "Spurwechsel" mittels Regierungsvorlage zu ermöglichen.

Während sich Grüne und SPÖ im Ausschuss positiv zum NEOS-Vorschlag äußerten, konnten ÖVP und FPÖ dem Antrag nichts abgewinnen. Auch der Arbeitsminister plädierte dafür, Asyl und Arbeitsmigration nicht zu vermischen. Er wolle sich auf weitere Verbesserungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte konzentrieren, sagte Kocher.

Von der SPÖ beantragt und ebenfalls erneut von ÖVP und Grünen vertagt wurde ein Rechtsanspruch auf bis zu vier Wochen Arbeitsfreistellung – unter Fortzahlung des Entgelts – für Eltern, deren erkranktem Kind ein Rehaaufenthalt bewilligt wurde (2127/A).

Markus Koza (Grüne), der die Vertagung beantragte hatte, meinte, er hoffe ernsthaft, dass das Anliegen zum letzten Mal vertagt werde, denn es handle sich um ein zentrales, dringliches Thema. Der Arbeitsminister verwies auf laufende Gespräche. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar


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