Parlamentskorrespondenz Nr. 567 vom 24.05.2023

Nationalrat gibt grünes Licht für mehr Transparenz bei Lebensmittelverschwendung im Bereich des Handels

Rechnungshof-Berichte zeigen Handlungsempfehlungen auf

Wien (PK) – Grünes Licht gab der Nationalrat in seiner heutigen Plenarsitzung für eine Initiative der Regierungsfraktionen für mehr Transparenz bei der Lebensmittelverschwendung. Diese sieht vor, dass d er Lebensmittelhandel künftig die Menge an Lebensmitteln, die dieser entsorgt oder unentgeltlich weiter gibt, dokumentieren und berichten muss. Lebensmittelverschwendung sei eine Verschwendung von Ressourcen und in Zeiten hoher Inflation und Teuerung nicht hinzunehmen, erklärte Umweltministerin Leonore Gewessler. Während ÖVP und Grüne die Maßnahme als weiteren wichtigen Schritt lobten, kritisierte die Opposition diese als zu wenig weitreichend.

Außerdem beschäftigten sich die Abgeordneten mit Berichten und Empfehlungen des Rechnungshofes zu Generalsekretariaten und Telearbeit in Bundesministerien sowie zur FACULTAS DOM Buchhandels GmbH. Ebenso diskutierten sie den Tätigkeitsbericht 2022 des Rechnungshofes. Die Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.

ÖVP und Grüne: Handel soll künftig unentgeltliche Weitergabe und Entsorgung von Lebensmitteln dokumentieren und berichten

Der Lebensmittel-Handel soll künftig berichten, wie viele Lebensmittel dieser entsorgt sowie unentgeltlich weiter gegeben hat. Dies sieht ein von den Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) und Astrid Rössler (Grüne) eingebrachter Antrag zur Änderung des Abfallwirtschafts-Gesetzes 2002 vor. Damit soll die Verwendung von Lebensmitteln transparenter gemacht werden. Die Regelung zielt auf größere Unternehmen im Einzel- und Großhandel ab. "Mikrounternehmen" und Lebensmittelproduzent:innen wie Landwirt:innen, die Lebensmittel im Direktabsatz vertreiben, sollen im Gegenzug von der Regelung ausgenommen werden, wird im Antrag angeführt. Ab dem vierten Kalenderquartal 2023 sollen die Daten erfasst und erstmalig bis 10. Februar 2024 gemeldet werden. Die Entsorgung von Lebensmitteln stelle eine Verschwendung wertvoller Ressourcen und eine enorme Umweltbelastung dar, argumentieren die Antragsteller:innen. Der Antrag wurde unter Berücksichtigung eines im Zuge der Debatte eingebrachten Abänderungsantrages, der redaktionelle Richtigstellungen beinhaltet, mehrheitlich angenommen.

Gewessler: Lebensmittelverschwendung ist in Zeiten von Teuerung nicht hinzunehmen

Lebensmittelverschwendung sei einerseits eine Verschwendung von Ressourcen und andererseits in Zeiten hoher Inflation und Teuerung nicht hinzunehmen, erklärte Umweltministerin Leonore Gewessler. Die Gesetzesinitiative sei ein weiterer Schritt und Baustein gegen Lebensmittelverschwendung. Der Handel stelle einen großen Hebel dar, hier gegenzusteuern. Mit der "Drehscheibe Lebensmittel" und der Förderung der Logistik sozialer Einrichtungen wolle man weitere Maßnahmen setzen.

Die Positionen der Parlamentsparteien

Früher sei es eine "Sünde" gewesen, wenn Lebensmittel weggeworfen wurden, zeigte sich Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) von den aktuellen Zahlen zur Lebensmittelverschwendung erschüttert. Mit der Gesetzesänderung nehme man diese genauer unter die Lupe. Man müsse dafür sorgen, dass Lebensmittel nicht entsorgt, sondern weitergegeben werden, erklärte Joachim Schnabel (ÖVP). Im Bereich des Handels müsse man angesichts der Oligopolstellung der großen Handelsketten für mehr Wettbewerb und Transparenz sorgen. 0,5 Mio. Menschen könnten sich von den jährlich durch private Haushalte entsorgte Lebensmittel ernähren, kritisierte Nikolaus Berlakovich (ÖVP) und forderte Maßnahmen, damit die Menschen bewusster einkaufen und Lebensmittel mehr wertschätzen.

Von einer "halbherzigen Maßnahme" sprach hingegen Andreas Kollross (SPÖ) und forderte weitreichendere Schritte. Der dazu im Zuge der Debatte eingebrachte Entschließungsantrag blieb in der Minderheit. Darin trat Kollross für eine Abnahmepflicht des Handels für Obst und Gemüse, das nicht den "übertriebenen" optischen Normen entspricht, ein. Zudem brauche es ein Konzept für die verpflichtende Abgabe von nicht mehr benötigten oder verkaufbaren Lebensmitteln an soziale Einrichtungen. Als Maßnahme gegen die Teuerung schlug der Sozialdemokrat weiters eine befristete Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs vor.

Die Lebensmittelverschwendung sei moralisch und ethisch nicht tragbar, meinte Walter Rauch (FPÖ) und forderte gesetzliche Regelungen gegen die "übermäßig hohen" Lebensmittelkosten, wie ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Die eigentlichen Lebensmittelverschwender:innen seien die Landwirtschaft, die Gastronomie sowie zu großen Teilen die privaten Haushalte, kritisierte Peter Wurm (FPÖ) die Maßnahme als "bürokratischen Wahnsinn" und weiteren "Todesstoß" für Greißler:innen.

Während ihrer Rede würden 6.000 Kilogramm an Lebensmitteln – großteils noch genusstauglich – im Abfall landen und dies müsse geändert werden, forderte Astrid Rössler (Grüne). Dies stelle auch einen großen Hebel für den Klimaschutz dar. Mit der Gesetzesinitiative erhalte man eine bessere Datengrundlage in diesem Bereich. Lebensmittel seien zum Leben und nicht zur Verschwendung und Vergeudung da, forderte auch Ulrike Fischer (Grüne) eine Trendwende. Die Lebensmittelverschwendung durch den Handel sei sehr weitreichend, erklärte Clemens Stammler (Grüne) und wies auf dessen hohe Anforderungen an landwirtschaftliche Produkte und die damit verbundene Entsorgung genusstauglicher Ware hin.

Die Regierung liefere keine Maßnahmen, die an den "großen Schrauben" im Bereich des Klimaschutzes, der Umweltpolitik und Nachhaltigkeit drehen würden, kritisierte Michael Bernhard (NEOS). Mit dem Gesetzesvorschlag würde das Problem der Lebensmittelverschwendung angesichts des Anteils des Handels daran nur in kleinem Maße gelöst. Kein einziger Laib Brot, kein einziges Kilogramm Karotten und kein einziger Liter Milch würden durch den Antrag gerettet, forderte auch Katharina Werner (NEOS) weitreichendere Maßnahmen, wie im Bereich der saisonalen Überproduktion und der Außerhausverpflegung sowie zur Förderung des Verkaufs von B-Ware und zur Bewusstseinsbildung von Konsument:innen.

Rechnungshofbericht zu Generalsekretariaten in Bundesministerien

Zudem behandelten die Abgeordneten mehrere Berichte des Rechnungshofs, die einstimmig zur Kenntnis genommen wurden. Unter anderem prüfte dieser auf Verlangen von Abgeordneten der SPÖ die Generalsekretariate in den Bundesministerien während der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung von Dezember 2017 bis Juni 2019. Im Fokus des Berichts zur Sonderprüfung standen die Darstellung und Beurteilung der organisatorischen sowie dienst– und besoldungsrechtlichen Einrichtung der Generalsekretär:innen, ihrer Büros, ihrer Schnittstellen innerhalb der jeweiligen Ressorts, ihrer Ziele und Aufgaben sowie der Konferenz der Generalsekretäre. Zu den zentralen Empfehlungen des Rechnungshofs zählt eine klare Festlegung der Aufgaben und Ziele von Generalsekretariaten – insbesondere in Abgrenzung zu den Kabinetten und den Büros der Staatssekretär:innen – um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden.

Im Zuge der Debatte brachten die NEOS einen Entschließungsantrag ein, der auf die Rücknahme der Bundesministeriengesetz-Novelle 2017 abzielt, die eine standardmäßige Besetzung der Ministerien mit weisungsberechtigten Generalsekretär:innen ohne Ausschreibungsverfahren ermöglicht habe. Der Antrag fand ebenso keine Mehrheit wie jener der SPÖ, in dem eine Budgetbegrenzung für Ministerbüros und Generalsekretariate gefordert wird.

Rechnungshofbericht zu Telearbeit in Bundesministerien

Die dienstrechtliche und technische Umsetzung von Telearbeit in ausgewählten Bundesministerien in den Jahren 2020 und 2021 ist Gegenstand eines weiteren Rechnungshofberichts. Diesbezüglich wurden die Zentralstellen des Bundeskanzleramts und mehrerer Ministerien überprüft. Neben der Einrichtung einer ausreichenden IT-Ausstattung regt der Rechnungshof unter anderem an, die mit dem Einsatz von Telearbeit verfolgten Ziele klar zu definieren und deren Erreichung zu evaluieren. Bei Bediensteten mit Telearbeit wäre die Erfüllung der getroffenen Zielvereinbarungen mit besonderem Augenmerk auf den Einfluss der Telearbeit auf die qualitative und zeitgerechte Leistungserbringung zu analysieren.

Rechnungshofbericht zur FACULTAS DOM Buchhandels GmbH

Außerdem überprüfte der Rechnungshof die Geschäftsjahre 2015/16 bis 2020/21 der Facultas Dom Buchhandels GmbH, wie aus einem weiteren Bericht hervorgeht. Da mit Ausnahme des letztgeprüften Jahres, als das Unternehmen Corona-Förderungen erhalten hat, die Umsatzerlöse seit 2015 kontinuierlich gesunken seien, wird eine Fortsetzung des Sanierungsweges ausdrücklich empfohlen. Überdies sollten strategische Optionen, wie etwa Verkaufsmöglichkeiten, geprüft werden. Der Rechnungshof wies in seinem Bericht unter anderem auf Mängel des internen Kontrollsystems von Facultas hin. Positiv bewertet wurde, dass die Facultas Dom die schwierige Lage erkannt und bereits vor Beginn der Gebarungsüberprüfung Sanierungsmaßnahmen eingeleitet hatte.

Tätigkeitsbericht 2022 des Rechnungshofs

Als Grundsätze der Arbeit des Rechnungshofs nennt der Tätigkeitsbericht 2022 die Stärkung des Vertrauens in die öffentliche Verwaltung durch die Verbesserung der Kultur der Compliance und der Transparenz. Ein besonderer Fokus lag in diesem Sinne 2022 dabei auf dem "Verwalten in der Pandemie". Dazu gehörten die Durchleuchtung der Förderabwicklung durch die COFAG sowie insgesamt 22 Überprüfungen von COVID–19–Hilfsprogrammen. Aus den Prüfungen leitet der Rechnungshof Erkenntnisse ab, die für die Abwicklung künftiger großer Förderprogramme von Relevanz sein sollen. (Fortsetzung Nationalrat) pst/wit

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