Parlamentskorrespondenz Nr. 755 vom 28.06.2023

Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes passiert Sozialausschuss

Oppositionsanträge zu Arbeitsthemen vertagt

Wien (PK) - Um eine vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Regelung im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Personen aus dem Ausland zu reparieren, schickte der Sozialausschuss heute eine Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ins Plenum. Demnach soll eine Beschäftigungsbewilligung künftig auch ohne einhellige Zustimmung des Regionalbeirats des AMS erteilt werden können, wenn die Beschäftigung der Person aus dem Ausland aus besonders wichtigen Gründen notwendig ist.

Die FPÖ-Forderung nach einem "Zuwanderungsstopp" in den österreichischen Sozialstaat wurde ebenso vertagt wie der erneute Vorstoß der SPÖ für ein höheres Arbeitslosengeld, ein Antrag der Sozialdemokrat:innen auf Ausweitung des Diskriminierungsschutzes und die Forderung der NEOS, das Post-Betriebsverfassungsgesetz abzuschaffen. Auf der Tagesordnung standen außerdem Berichte des Arbeitsministers zu den Ausgaben für Corona-Sonderbetreuungszeit, die sich bis Ende April 2023 auf rund 35,68 Mio. € beliefen.

Beschäftigung von Personen aus dem Ausland: Einbindung des Regionalbeirats wird neu geregelt

Das AMS kann Unternehmen in Österreich in Ausnahmefällen auch dann eine Beschäftigungsbewilligung für Nicht-EU-Bürger:innen erteilen, wenn diese keine Rot-Weiß-Rot-Karte oder einen anderen mit einer Beschäftigungsbewilligung verbundenen Aufenthaltstitel besitzen. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass die Stelle anders nicht besetzt werden kann und der Beschäftigung keine wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen entgegenstehen. Zudem muss der Regionalbeirat des AMS, dem auch Vertreter:innen der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer, der Industriellenvereinigung und des ÖGB angehören, die Beschäftigungsbewilligung in der Regel einhellig befürworten. Diese Bestimmung wurde vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit Wirkung zum 30. Juni 2023 allerdings mit der Begründung aufgehoben, dass die zuständige Behörde dadurch keine eigenständige Beurteilung der gesetzlichen Voraussetzungen vornehmen kann, sondern an die Zustimmung eines nichtbehördlichen Organs gebunden ist.

Der Sozialausschuss hat mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS nun eine Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz (3415/A) auf den Weg gebracht, mit der die gesetzlichen Bestimmungen repariert werden sollen. Demnach soll eine Beschäftigungsbewilligung auch ohne einhellige Zustimmung des Regionalbeirats erteilt werden können, wenn die Beschäftigung der Person aus dem Ausland aus besonders wichtigen Gründen notwendig ist oder öffentliche bzw. überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung erfordern. Explizit als besonders wichtige Gründe werden dabei der Erhalt von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer:innen und die nachweisliche Qualifikation der betroffenen Person als Arbeitskraft in einem Mangelberuf genannt.

Tanja Graf (ÖVP) legte dar, dass es aufgrund einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs einer Klarstellung bedürfe, die man nun vornehmen wolle. Auch Markus Koza (Grüne) betonte, dass die vorige Regelung laut VfGH dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip widersprochen habe, weil die Letztentscheidung von einer Behörde zu treffen sei.

Kritik kam von FPÖ und SPÖ. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) zeigte sich entschieden dagegen, die Tore noch weiter für ausländische Arbeitskräfte zu öffnen. Sie sah ebenso wie Rudolf Silvan (SPÖ) außerdem eine Aushebelung der Sozialpartnerschaft, wenn künftig Beschäftigungsbewilligungen auch gegen den Willen der Arbeitnehmer:innenvertretung im Beirat erteilt werden können.

Gerald Loacker (NEOS) äußerte Zustimmung zur Gesetzesänderung. Aus seiner Sicht sei jedoch der Regionalbeirat generell zu überdenken, weil dieser durch seine seltenen Sitzungen zur Verlängerung der Verfahren beitrage.

Arbeitsminister Martin Kocher betonte, die Regierung wolle in Reaktion auf die VfGH-Entscheidung die neue Regelung "lieber sauber" treffen und für ein rechtsstaatlich abgesichertes Verfahren sorgen. Er habe das AMS bereits per Erlass angewiesen, den Regionalbeirat alle zwei Wochen einzuberufen und andernfalls im Umlauf zu entscheiden, damit es zu keinen Verzögerungen komme, sagte er mit Blick auf die Anmerkung Loackers.

Oppositionsanträge vertagt

Mehrere Initiativen der Opposition wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. So drängte etwa die FPÖ neuerlich auf einen "Zuwanderungsstopp" in den österreichischen Sozialstaat (3461/A(E)). Die Freiheitlichen plädieren dafür, die Grundversorgung für alle Flüchtlinge auf Sachleistungen zu beschränken, selbst wenn ihnen Asyl zuerkannt wurde. Zudem sollen sie zu gemeinnütziger Arbeit ohne Entgelt verpflichtet werden können. Weiters soll eine temporäre Sondersteuer in Höhe von 10 % des Einkommens für in den Arbeitsmarkt integrierte Flüchtlinge mit Schutzstatus dazu beitragen, zumindest einen Teil der Verfahrens-, Unterbringungs- und Integrationskosten abzudecken.

Erneut vertagt wurde auch die SPÖ-Forderung nach einem Paket gegen die Armutsgefährdung von arbeitslosen Menschen, das unter anderem die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 % des letzten Einkommens enthält (2846/A(E)). Außerdem soll der Berechnungszeitraum des Arbeitslosengeldes näher an jenen Zeitpunkt rücken, zu dem die Leistung tatsächlich beansprucht wird. Auch eine jährliche Valorisierung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sowie eine Verdreifachung des Familienzuschlags, der seit Einführung des Euro nicht mehr erhöht worden sei, werden gefordert.

Um die Wettbewerbsfähigkeit der Österreichischen Post AG zu stärken und die Rahmenbedingungen für das Unternehmen an jene seiner Mitbewerber anzugleichen, setzen sich die NEOS erneut dafür ein, das Post-Betriebsverfassungsgesetz abzuschaffen (3396/A(E)). Wie für jedes andere Unternehmen soll auch für die Post das Arbeitsverfassungsgesetz gelten, fordert die Partei. Auch dieser Antrag wurde vertagt.

Koalition uneins bei Levelling-Up im Gleichbehandlungsgesetz

Anlass für eine Debatte zum Levelling-Up, also zur Ausweitung des Diskriminierungsschutzes, war ein Antrag der SPÖ (3469/A). Die Sozialdemokrat:innen fordern, auch beim Sozialschutz, bei sozialen Vergünstigungen, bei der Bildung und beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen einschließlich Wohnraum ein umfassendes gesetzliches Gleichbehandlungsgebot zu verankern. Zur Umsetzung beantragten sie eine entsprechende Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes.

Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) führte an, dass die SPÖ bereits seit vielen Jahre versuche, die Lücke im Diskriminierungsschutz zu schließen. Es könne nicht sein, dass nicht-heterosexuelle Personen etwa beim Mieten von Wohnungen oder bei Aufenthalten in Hotels diskriminiert werden. Sie wisse, dass auch den Grünen ein Levelling-Up ein Anliegen sei, sagte Heinisch-Hosek und zeigte sich gespannt auf deren Argumentation.

Ralph Schallmeiner (Grüne) fand es legitim, dass die SPÖ hier die Grünen in die Pflicht nehme. Immerhin sei man ein Verbündeter in der Sache. Aus Sicht der Grünen sei es zwingend notwendig, den Diskriminierungsschutz auszuweiten. In der Koalition mit der ÖVP gebe es aber keinen Konsens zu diesem Thema, was zur Kenntnis zu nehmen sei. Schallmeiner zeigte sich aber optimistisch, irgendwann eine Lösung zu finden. Die Diskussion sei mit Sicherheit noch nicht abgeschlossen, sagte er.

Bettina Zopf (ÖVP) betonte, dass ein Levelling-Up nicht Teil des Regierungsprogramms sei. Die Forderung der SPÖ fand sie überschießend, zumal viele der dargestellten Fälle bereits geregelt seien. Zopf brachte einen Vertagungsantrag an, der schließlich mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen wurde.

Gerald Loacker (NEOS) sprach sich mit Verweis auf die Privatautonomie gegen die Initiative der Sozialdemokrat:innen aus. Die Menschen müssten frei entscheiden können, mit wem sie etwa einen Vertrag abschließen, ohne, dass die Republik ihnen hier Vorschriften machen könne, zeigte er sich überzeugt.

Corona-Sonderbetreuungszeit kostete bis Ende April 2023 rund 35,68 Mio. €

Im Ausschuss enderledigt wurden Berichte des Arbeitsministers über die Ausgaben für Corona-Sonderbetreuungszeit für die Monate Februar (III-904 d.B.), März (III-927 d.B.) und April 2023 (III-948 d.B.). Im Rahmen der mit Beginn der Corona-Pandemie geschaffenen Sonderbetreuungszeit können Eltern, deren Kinder coronabedingt zu Hause betreut werden müssen, von der Arbeit freigestellt werden. Die Lohnkosten werden den Arbeitgeber:innen vom Bund ersetzt. Finanziert wird die Sonderbetreuungszeit aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds.

Bis Ende April 2023 beliefen sich die Kosten dafür auf insgesamt rund 35,68 Mio. €. Von den 17.927 eingelangten Anträgen in Phase 6 waren mit Ende April 2023 noch 1.123 offen. Dazu kamen 521 offene Anträge aus Phase 7 und 69 offene Anträge aus Phase 8. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar


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