Parlamentskorrespondenz Nr. 991 vom 03.10.2023

Verfassungsausschuss billigt höhere Zuwendungen für jüdische Gemeinden

Nationalrats-Wahlordnung wird adaptiert, Beratungen über Nationalfonds vertaqt

Wien (PK) – Um das jüdische Gemeindeleben in Österreich zu unterstützen und das österreichisch-jüdische Kulturerbe bewahren zu helfen, leistet der Bund der israelitischen Religionsgemeinschaft seit 2020 eine jährliche Sonderzahlung von 4 Mio. €. Nun sollen die zur Verfügung gestellten Mittel – rückwirkend mit heurigem Jahr – auf 7 Mio. € aufgestockt werden. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat heute mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS eine entsprechende Novelle zum Österreichisch-Jüdischen Kulturerbegesetz gebilligt. Geplant ist außerdem, den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus durch eine geänderte Struktur und neue Aufgaben "für die Zukunft auszurichten". Abgeschlossen wurden die Verhandlungen über einen diesbezüglichen Gesetzesantrag der Koalitionsparteien heute allerdings noch nicht – ÖVP und Grüne wollen noch die Opposition an Bord holen.

Bereits den Ausschuss passiert hat dagegen eine Adaptierung der Nationalrats-Wahlordnung und weiterer Wahlgesetze. Anders als ursprünglich geplant, werden Stimmzettel demnach künftig nicht automatisch als ungültig gewertet, wenn das Wahlkuvert in der Wahlzelle zugeklebt wurde. Eine Beschriftung oder sonstige Markierung des Kuverts bleiben allerdings verboten. In Bezug auf die neu eingerichtete "Stiftung Forum Verfassung" werden die Bestimmungen zur Beschlussfähigkeit von Vorstand und Kuratorium präziser geregelt.

Österreichisch-Jüdisches Kulturerbegesetz

Vorgelegt wurde die mit breiter Mehrheit angenommene Novelle zum Österreichisch-Jüdischen Kulturerbegesetz (2206 d.B.) von der Regierung. Die jährlich 7 Mio. € sollen unter anderem dazu dienen, das jüdische Leben in Österreich zu unterstützen und sichtbar zu machen sowie interreligiösen Dialog und interkulturellen Austausch zu fördern. Ein Schwerpunkt liegt außerdem auf der jungen Generation: so können die bereitgestellten Mittel künftig etwa auch für Stipendien verwendet werden. Eine Evaluierung der Zuwendungen ist für 2027 vorgesehen.

Neben Martin Engelberg (ÖVP) und Eva Blimlinger (Grüne) begrüßte auch Selma Yildirim (SPÖ) die Aufstockung der Mittel ausdrücklich. Die SPÖ stimme dem Gesetz mit vollster Überzeugung zu, sagte sie. Schließlich zeigten die jährlichen Gedenktage, wie wenig junge Österreicher:innen über die Geschichte und über das österreichisch-jüdische Kulturerbe wissen. Symbol- und Aktionstage seien wichtig, es brauche aber eine breite Auseinandersetzung mit der Geschichte.

Als gutes Zeichen wertete Engelberg, dass die jüdische Gemeinde in Österreich, zwar langsam, aber doch wachse. Damit steige aber auch der Mittelbedarf, nicht zuletzt, weil es auch um Sicherheitsfragen gehe. Er bedankte sich daher bei Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler für die Erhöhung der Mittel und betonte, es sei wichtig, dass jüdisches Leben in Österreich willkommen sei.

Zumindest vorläufig gegen das Gesetz stimmte die FPÖ. Susanne Fürst begründete das damit, dass im Gesetz nicht erläutert werde, warum man vom ursprünglich vorgesehenen Evaluierungszeitpunkt 2025 abgegangen sei und die Mittel nun ohne Evaluierung um 75 % erhöhe. Die Ziele des Gesetzes würden von der FPÖ nach wie vor mitgetragen, versicherte sie. Man habe auch der ursprünglichen Fassung des Gesetzes zugestimmt.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler hielt Fürst entgegen, dass die Evaluierung des Gesetzes planmäßig drei Jahre nach dessen Inkrafttreten 2020 durchgeführt worden sei. Worauf sich Fürst beziehe, sei eine interne Prüfung der WFA-Ziele, diese würde 2025 erfolgen.

Nationalfonds: Beratungen über Koalitionsantrag vertagt

Vertagt hat der Verfassungsausschuss einen Gesetzesantrag der Koalitionsparteien (3537/A), der eine Änderung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und des Bundesgesetzes über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe zum Inhalt hat. Zum einen geht es ÖVP und Grünen darum, den Nationalfonds "für die Zukunft auszurichten" und eine transparente und zeitgemäße Struktur sicherzustellen. Zum anderen soll die Instandsetzung jüdischer Friedhöfe vorangetrieben werden.

Nach Kritik von SPÖ, FPÖ und NEOS an der Vorgehensweise der Koalitionsparteien einigten sich die Fraktionen darauf, die Beratungen am 17. Oktober fortzusetzen. Damit soll eine Beschlussfassung des Gesetzentwurfs in der nächsten Plenarwoche ermöglicht werden, wobei ÖVP und Grüne versuchen wollen, die Oppositionsparteien bis dahin an Bord zu holen. Ein einstimmiger Beschluss sei ihnen ein wichtiges Anliegen, versicherten Martin Engelberg (ÖVP) und Eva Blimlinger (Grüne).

SPÖ, FPÖ und NEOS hatten davor nicht nur eine mangelnde Einbindung der Opposition, sondern auch des Kuratoriums des Nationalfonds und der Opferverbände bei der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs beklagt sowie auf zahlreiche kritische Stellungnahmen verwiesen. Engelberg und Blimlinger legten in der Sitzung zwar einen umfangreichen Abänderungsantrag vor, mit dem ihnen zufolge einem Großteil der Einwände Rechnung getragen wurde, die Opposition sieht aber nach wie vor etliche Fragen "offen".

Konkret hinterfragten sowohl SPÖ-Abgeordneter Reinhold Einwallner als auch NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak etwa die Notwendigkeit, im Nationalfonds einen Zweiervorstand – statt des bisherigen "Generalsekretärs" – zu installieren. Durch die Generalsekretärin und den Präsidenten gebe es bereits jetzt de facto ein Vier-Augen-Prinzip, machte Einwallner geltend. Zudem befürchten er und Scherak höhere Kosten. SPÖ und NEOS plädierten außerdem dafür, die nächste Woche geplante Kuratoriumssitzung des Nationalfonds abzuwarten, um zu sehen, wie die vorgesehenen Abänderungen dort bewertet werden. In Sachen Nationalfonds sei es immer Usus gewesen, dass die Parteien gemeinsame Anträge einbringen, machte Scherak geltend.

Seitens der Koalitionsparteien hielten Engelberg und Blimlinger fest, dass man Vorschläge aus dem Begutachtungsprozess und aus bisherigen Gesprächsrunden im Abänderungsantrag berücksichtigt habe. So habe man etwa Änderungen beim geplanten wissenschaftlichen Beirat vorgenommen, wobei die nunmehr vorgesehene Lösung eine Zweidrittelmehrheit benötigen würde. Der in Aussicht genommene Zweier-Vorstand würde laut Engelberg und Blimlinger keine zusätzlichen Kosten verursachen, da man dann auf die bisherige Stellvertretung der Generalsekretärin verzichten könnte.

Sowohl Engelberg als auch Blimlinger signalisierten außerdem weitere Gesprächsbereitschaft. Es sei den Grünen wichtig, alle Perspektiven zu berücksichtigen, betonte Blimlinger. Änderungen beim Fonds hält sie aber für notwendig, schließlich gehe dessen ursprüngliche Aufgabe – Geste-Zahlungen an Opfer des Nationalsozialismus – aufgrund der Zeit zu Ende.

Kleine Wahlrechtsnovelle

Bei der vom Verfassungsausschuss einstimmig angenommenen kleinen Wahlrechtsnovelle (3623/A) handelt es sich um ein Nachwehen der bereits Anfang dieses Jahres vom Nationalrat beschlossenen größeren Wahlrechtsreform. Ziel des Ende Jänner verabschiedeten Gesetzespakets war es unter anderem, sicherzustellen, dass auch bei bundesweiten Wahlen bereits am Wahltag ein Ergebnis vorliegt, das nahe am Endergebnis liegt. Erreicht werden soll das etwa durch eine beschleunigte Auszählung von Briefwahlstimmen, wobei lange darüber diskutiert wurde, ob ein Zukleben des kleineren Kuverts, in dem der Stimmzettel liegt, als unzulässige Markierung des Stimmzettels gewertet werden soll. Letztlich hat man sich aus demokratiepolitischen Gründen dagegen entschieden, derartige Briefwahl-Stimmen automatisch für ungültig zu erklären. Nun wird für das Wählen in der Wahlzelle eine analoge Regelung verankert – demnach wird auch hier das Zukleben des Wahlkuverts nicht automatisch zur einer ungültigen Stimme führen.

Regelungen zur Beschlussfähigkeit von Vorstand und Kuratorium der "Stiftung Forum Verfassung"

Die Einrichtung einer "Stiftung Forum Verfassung" wurde vom Nationalrat im heurigen Frühjahr mit dem Ziel beschlossen, die Bedeutung der Bundesverfassung und des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken und das Verfassungswissen zu verbessern. Nun sollen zur Arbeitsweise des Vorstands und des Kuratoriums der Stiftung Klarstellungen vorgenommen werden. Ein gemeinsamer Gesetzesantrag von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS (3622/A) wurde heute vom Verfassungsausschuss unter Berücksichtigung eines rein formalen Abänderungsantrags einstimmig angenommen. Der fünfköpfige Stiftungsvorstand soll demnach bei Anwesenheit von mindestens drei Mitgliedern mit einfacher Mehrheit beschlussfähig sein. Das Kuratorium wiederum soll als beschlussfähig gelten, wenn mehr als zwei Drittel seiner Mitglieder anwesend sind, wobei eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Auch die Übertragung von Stimmrechten, Beschlüsse per Video- bzw. Telefonkonferenz sowie Umlaufbeschlüsse werden ermöglicht. (Schluss Verfassungsausschuss) gs