Parlamentskorrespondenz Nr. 998 vom 03.10.2023

Polaschek: Ressort ist in intensivem Austausch mit Finanzministerium über Universitätsfinanzierung

Wien (PK) – In einer Aussprache mit den Mitgliedern des Wissenschaftsausschusses des Nationalrats sagte Wissenschaftsminister Martin Polaschek zu den in der verbleibenden Legislaturperiode noch geplanten Gesetzesvorhaben, dass die Rechtsgrundlagen des Institute of Digital Science (IDSA) noch weiterentwickelt werden. Auch in Bezug auf Privatuniversitäten und bei der Pädagog:innenbildung Neu sieht Polaschek noch gesetzlichen Regelungsbedarf.

Der Qualitätssicherungsrat (QSR), der seit Implementierung der "Pädagog:innenbildung Neu" Aufgaben der Qualitätssicherung der Ausbildung von Lehrer:innen übernimmt, blickt im aktuellen Tätigkeitsbericht auf die Erfahrungen eines Jahrzehnts zurück, zu denen er auch eine eigene Publikation in Buchform vorgelegt hat. Der Jahresbericht 2022 des QSR wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. In der Debatte des Berichts wurden jüngste Entscheidungen des AQ Austria teilweise kritisch hinterfragt, ungeachtet dessen wurde ihr Jahresbericht ebenfalls einstimmig zur Kenntnis genommen.

Polaschek steht den Abgeordneten Rede und Antwort zu Universitätsthemen

Ein wesentlicher Punkt der Aussprache des Ausschusses mit Wissenschaftsminister Polaschek waren die finanzielle Situation der Universitäten und die Verhandlungen über die nächste Leistungsvereinbarungsperiode 2025-2027. Muna Duzda (SPÖ) wies darauf hin, dass die Universitäten aufgrund der Teuerungsentwicklung aktuell mit einem Budgetloch von rund einer halben Milliarde Euro konfrontiert seien. Auch die Studierenden seien von der Teuerung betroffen, die letzte Valorisierung der Studienförderung sei bei weitem nicht ausreichend. Eva Blimlinger (Grüne) wies darauf hin, dass die Österreichische Universitätenkonferenz uniko für die kommende Leistungsvereinbarungsperiode von einem Finanzbedarf von 20 Mrd. € ausgehe. Das sei aus ihrer Sicht zu hoch angesetzt, sie halte aber 15-16 Mrd. € für eine realistische Schätzung.

Polaschek wies darauf hin, dass er derzeit in intensiven Austausch mit dem Finanzminister über die Universitätsfinanzierung der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode sei und daher keine Aussagen über konkrete Zahlen treffen könne. Von einer aktuellen Budgetlücke könne man aus seiner Sicht nicht sprechen, meinte er in Richtung von Abgeordneter Duda. Hier gehe es um eine Schätzung des weiteren Finanzierungsbedarfs. Die Teuerung sei für die Universitäten und Studierenden zweifellos ein wichtiges Thema. Sie wird laut dem Minister in den laufenden Budgetverhandlungen berücksichtigt. 

Eva Maria Holzleitner (SPÖ) thematisierte die Entwicklung des Institute of Digital Sciences Austria (IDSA)in Linz und wollte wissen, ob an eine Umbenennung gedacht sei, um den universitären Charakter der Einrichtung besser zum Ausdruck zu bringen. Der Minister meinte, dass eine Umbenennung durchaus möglich sei, auch, um Verwechslungen mit dem IST Austria vorzubeugen. Zu den bisherigen Kosten der Errichtung teilte er mit, dass sich diese auf rund fünf Millionen Euro belaufen. Was die weitere Entwicklung betreffe, so werde die IDSA sich entlang eines technischen Schwerpunkts im Bereich der Digitalisierung weiterentwickeln. Die Kooperation mit der Ars Electronica habe sich angeboten, da die IDSA auch künstlerische Aspekte bearbeiten solle. Das bedeute aber nicht, dass hier eine weitere Kunstuniversität entstehen werde, stellte Polaschek klar.

Rudolf Taschner (ÖVP), der sich nach neuen Entwicklungen in der medizinischen Forschung erkundigte, teilte der Minister mit, dass mit dem Förderprogramm Klinische Forschungsgruppen (KFG) die Lücke zwischen Grundlagenforschung und anwendungsnaher Entwicklung in der nicht-kommerziellen klinischen Forschung geschlossen werden solle. Bisher seien drei KFG eingerichtet worden, weitere sollen folgen, berichtete Polaschek. Helmut Brandstätter (NEOS) erfuhr, dass Vorlesungen in englischer Sprache bereits Standard in der Medizinausbildung sind.

Gegenüber Gerhard Deimek (FPÖ), der die Gefahr sah, dass "Numerus-Clausus-Flüchtlinge" österreichischen Studierenden die Studienplätze streitig machen könnten, betonte der Minister, dass grundsätzlich Klarheit über die Zulassungskriterien herrsche. Welche Änderungen möglich seien, werde rechtlich überprüft. Generell sei das Problem hinter dem Mangel an Ärzt:innen aber nicht ein Mangel an Studienplätzen oder eine zu geringe Zahl von Absolvent:innen.

Zu den von ihm noch geplanten Gesetzesvorhaben teilte Polaschek SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl mit, dass noch gesetzliche Klarstellungen zur IDSA, im Privatuniversitätengesetz und bei der Pädagog:innenbildung Neu geplant seien.

Qualitätssicherungsrats für Pädagog:innenbildung blickt auf ein Jahrzehnt Erfahrung zurück

Der seit der Implementierung der "Pädagog:innenbildung Neu" 2013 tätige Qualitätssicherungsrat (QSR) habe sich als wichtiges Bindeglied zwischen den Pädagogischen Hochschulen und seinem Ressort erwiesen. Nach dem ersten Jahrzehnt der reformierten Ausbildung von Lehrer:innen für die Primarstufe und für die Sekundarstufe habe der Rat mit dem Tätigkeitsberichts des QSR für das Jahr 2022 eine erste wissenschaftliche Evaluierung der Pädagog:innenbildung vorgelegt (III-1005 d.B.). Grundsätzlich sei die Entscheidung, einheitliche Ausbildungsstandards zu schaffen, richtig gewesen, betonte Polaschek.

Zum Bericht stand Universitätsprofessor Andreas Schnider, Vorsitzender des Qualitätssicherungsrates für Pädagoginnen- und Pädagogenbildung, den Abgeordneten als Auskunftsperson zur Verfügung. Neben den Evaluationsergebnissen und Analysen über die "Pädagog:innenbildung Neu" präsentiert der QSR-Bericht 2022 auch Stellungnahmen zu den Curricula und zur Durchführung der Monitorings sowie relevante Daten und Fakten über den Qualitätssicherungsrat selbst. Um die Ergebnisse dieses Jahrzehnts transparent darzustellen, habe der QSR seine Evaluierungen und Analysen in Buchform zusammengefasst und das so entstandene umfangreiche Werk dem aktuellen Jahresbericht beigelegt.

In der Debatte zum Bericht sah Martina Künsberg Sarre (NEOS) die Notwendigkeit, dem Kompetenzerwerb in der Ausbildung stärkeres Augenmerk zu schenken. Auch beim Quereinstieg in den Beruf würden sich weiterhin Probleme zeigen. Sie hinterfragte auch die Sinnhaftigkeit der Verkürzung des Lehramtsstudiums, die derzeit angedacht werde. Petra Tanzler (SPÖ) sah Handlungsbedarf bei der Feststellung von Kompetenzen und Befähigungen sowie der Budgetautonomie der Pädagogischen Hochschulen. Petra Oberrauner (SPÖ) entnahm dem Bericht, dass es noch Defizite bei der Einbeziehung von MINT-Fächern ins Leitbild der Hochschulen gibt. Eva Blimlinger (Grüne) sah nach wie vor geringe Erfolge der Bemühungen, Mädchen und junge Frauen für MINT-Fächer zu begeistern. Aus ihrer Sicht sind Antisemitismus und Antiziganismus gesellschaftliche Probleme, auf die angehende Lehrer:innen vorbereitet werden müssen. Der Induktionsphase beim Berufseinstieg kommt aus ihrer Sicht eine zentrale Rolle in der Studienarchitektur zu. Für Gertraud Salzmann (ÖVP) bietet die Kohärenz zwischen der Ausbildung an den Hochschulen und der schulischen Praxis weiterhin Herausforderung, die bewältigt werden müssen. Gerhard Deimek (FPÖ) hinterfragte eine aus seiner Sicht zunehmende Tendenz zur Akademisierung des Lehrer:innenberufs. Angesichts des Lehrer:innenmangels müsse eine "vernünftige Ausbildung" im Fokus stehen. Helmut Brandstätter vermisste Anstrengungen, die Pädagog:innen vom überbordenden bürokratischen Aufwand zu entlasten.

Schnider betonte, dass der QSR keine eigentliche Verkürzung des Lehramtsstudiums zur Debatte stelle, sondern eine Änderung der Studienarchitektur für sinnvoll halte. So sollte es nach sechs Semestern möglich sein, in den Beruf einzusteigen und dann berufsbegleitend in weiteren vier Semestern einen Masterabschluss zu erwerben. In Richtung des Abgeordneten Deimek Was die verschiedenen Kompetenzen für das Berufsleben betreffe, müsse das Ziel sein, dass auf diese jeweils in jenen Studienabschnitten fokussiert werden solle, in denen das erworbene Wissen auch rasch in die Praxis umgesetzt werden könne. Nur so entstehe Nachhaltigkeit. Grundsätzlich habe man sich mit der Pädagog:innenbildung dafür entschieden, Theorie und Praxis eng miteinander zu verknüpfen. Aus seiner Sicht habe sich gezeigt, dass das auch insgesamt sehr gut funktioniere.

Bundesministr Polaschek verwies zum Thema Quereinsteiger:innen auf die Einrichtung einer Clearingstelle seines Ressorts, um im jeweiligen Einzelfall helfen zu können. Die Frage, ob das geltende Dienstrecht hinderlich wirke, werde man sich ansehen. Was die Budgets der Pädagogischen Hochschulen betrifft, so seien an ihn keine Wünsche herangetragen worden, das bestehende System zu ändern, das gut zu funktionieren scheine. Er sehe auch keinen Grund, in den Ausbildungserfordernissen zwischen Primär- und Sekundarstufe zu unterscheiden.

AQ Austria sieht sich als Garant für Qualität im österreichischen Hochschulraum

Zum Tätigkeitsbericht 2022 der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria war als Auskunftsperson Geschäftsführer Jürgen Petersen eingeladen worden. Laut ihm gibt der aktuelle Jahresbericht 2022 (III-1026 d.B.) Einblick in das breite Leistungsspektrum der AQ Austria. Die AQ Austria übernehme Aufgaben in der externen Qualitätssicherung für den Hochschulbereich in Österreich. Diese habe das Ziel, zusätzlich zur internen Qualitätssicherung der Einrichtung, die Qualität der Studienangebote und von Lehre und Forschung sicherzustellen und damit auch die Anerkennung des Hochschulstandorts abzusichern. Das sei im Sinne der Studierenden wie der zukünftigen Arbeitgeber:innen , vor allem aber auch im Sinne der Gesellschaft. Die externe Qualitätssicherung müsse eine ständige Weiterentwicklung erfahren, um mit den Veränderungen im Hochschulbereich Schritt zu halten, hielt Petersen fest. 2022 sei die Agentur aufgrund ihrer Entscheidungen zur Sigmund Freud Privatuniversität Wien (SFU) besonders im Blickpunkt der Öffentlichkeit gestanden, hielt er fest.

Die Vorgänge rund um das Medizinstudium an der SFU gaben Anlass zu kritischen Anmerkungen der Abgeordneten. So wiesen Eva Blimlinger (Grüne) und Andrea Kuntzl (SPÖ) darauf hin, dass die Entscheidung der AQ Austria zu Unsicherheiten für Studierende geführt habe, ob sie ihr Studium fortsetzen und abschließen werden können. Verschärft worden seien die Probleme noch durch Formalfehler der Qualitätssicherungsagentur, die letztlich dazu geführt hätten, dass das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde der SFU gegen den Bescheid der AQ Austria stattgegeben habe, merkte Blimlinger an. Kuntzl entnahm dem Bericht, dass die AQ Austria gesetzlichen Handlungsbedarf bei Privatuniversitäten und der Akkreditierung ausländischer Studiengänge sehe. Sie sah auch einen möglichen Interessenskonflikt darin, dass die AQ Austria laut ihrem Bericht nicht nur Audits von Hochschulen durchführe, sondern diese auch berate. Rudolf Taschner (ÖVP) sah in Zusammenhang mit den Entscheidungen zur SFU eine mangelnde Bereitschaft der AQ Austria, die eigene Arbeit kritisch zu hinterfragen. Martina Künsberg Sarre sprach ebenfalls von "bedauerlichen Vorkommnissen" rund um die SFU. Sie erkundigte sich, ob daran gedacht sei, Teile der Aufgaben der AQ Austria wieder ans Wissenschaftsministerium zu übertragen.

Petersen betonte, dass die AQ Austria zu ihren Entscheidungen zum Medizinstudium an der SFU weiterhin stehe, das Urteil des BVG aber selbstverständlich akzeptiere. Hier habe man sich im Sinne der Qualitätssicherung "weit hinausgewagt", meinte er. Die Entscheidung der AQ Austria zu den festgestellten Mängeln des Studiums sei auch nicht aufgehoben worden. Das Gericht habe vielmehr festgestellt, dass weitere Gutachten zu berücksichtigen sind und eine erneute Prüfung stattfinden müsse, ob die Voraussetzungen für eine erneute Akkreditierung vorliegen. Das Akkreditierungsverfahren gehe daher weiter. Aus dem Gerichtsurteil entnehme er aber, dass die AQ Austria noch weiter an der Qualität ihrer Bescheide arbeiten müsse. Wichtig sei es nun, die SFU "gut zu begleiten". Was die Meldung ausländischer Studiengänge betreffe, so würde er sich eine gesetzliche Grundlage wünschen, in gewissen Fällen auch qualitätssichernd eingreifen zu können, führte Petersen aus. Was die Beratungen betreffe, so gehe es um Hilfe bei der internen Qualitätssicherung. Zudem bestehe eine klare Trennung von Beratung und Audits. Die AQ Austria handle nach dem Prinzip, dass sie nie gleichzeitig Beratungen und Audits an einer Institution durchführe.

Wissenschaftsminister Polaschek sah durch die Vorgänge rund um die SFU bestätigt, dass es noch Handlungsbedarf beim Qualitätssicherungsgesetz und im Privatuniversitätengesetz gebe. Selbstverständlich müssten Interessenskonflikte vermieden werden. Eine Rücknahme von Aufgaben der AQ Austria ins Ressort sei nicht geplant. (Schluss Wissenschaftsausschuss) sox

Themen