Parlamentskorrespondenz Nr. 1037 vom 10.10.2023
Wirtschaftsausschuss: Mehr Preistransparenz und Informationen für Gaskund:innen beschlossen
Wien (PK) – Ab dem 1. Februar 2024 müssen die Bezieher:innen von Gas von ihren Lieferanten einmal jährlich in einem persönlich an sie gerichteten Informationsschreiben auf die Möglichkeit eines Wechsels auf ein günstigeres Produkt sowie auf den Tarifkalkulator der Regulierungsbehörde hingewiesen werden. Wenn sogenannte Floater-Tarife angeboten werden, müssen die Verbraucher:innen zudem sowohl vor Abschluss des Vertrags sowie auch während der Laufzeit über Chancen sowie Kosten und Risiken von diesen Produkten aufgeklärt werden. Das sind nur einige der neuen Transparenzbestimmungen, die heute im Rahmen einer Sammelnovelle und in der Fassung eines Abänderungsantrags mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen im Wirtschaftsausschuss beschlossen wurden.
Angesichts nach wie vor bestehender Unsicherheiten im Zusammenhang mit Erdgaslieferungen aus Russland in die EU und nach Österreich soll zudem die Geltungsdauer der strategischen Gasreserve in Österreich bis 1. April 2026 verlängert werden, heißt es im Antrag. Die von den Regierungsfraktionen vorgeschlagenen Änderungen im Gaswirtschaftsgesetz, dem Erdölbevorratungsgesetz sowie dem Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) sehen weiters vor, dass die Versorgung von geschützten Kund:innen (z.B. Haushalte, soziale Einrichtungen) mit Gas zwischen 1. Oktober und 1. März für 45 Tage gewährleistet sein muss. Dieser Zeitraum verkürzt sich durch einen entsprechenden Nachweis auf 30 Tage, wenn die vorzuhaltenden Gasmengen ausschließlich nicht-russischer Herkunft sind. Überdies werden die Meldeverpflichtungen der Erdgasversorger an den Tarifkalkulator der E-Control gestärkt sowie eine Klarstellung hinsichtlich der Einbindung des Hauptausschusses beim Erlass von Verordnungen im Zusammenhang mit der strategischen Gasreserve getroffen.
Auf der Agenda standen zudem eine Reihe von Oppositionsanträgen zu verschiedenen Energiethemen, die jedoch alle mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt wurden.
Bessere Transparenz und Vergleichbarkeit der Preise soll Kund:innen zum Wechseln animieren
Im Zentrum der Sammelnovelle steht, dass die Gaskund:innen dazu animiert werden sollen, auf für sie finanziell günstigere Standardprodukte zu wechseln. Damit einher gehen eine Reihe von Informationsverpflichtungen von Seiten der Lieferanten, wie dies bereits schon im Strombereich umgesetzt wurde. Es wird zudem die Möglichkeit geschaffen, dass die Teilbeträge auf Verlangen der Verbraucher:innen zumindest halbjährlich an den aktuellen Verbrauch und das vereinbarte Entgelt angepasst werden müssen. Erhöhte Informationspflichten bestehen bei sogenannten Floater-Tarifen; derartige Verträge dürfen von den Kund:innen jederzeit unter Einhaltung einer Frist gekündigt werden.
Versorger, die Endverbraucher beliefern, werden verpflichtet, unverzüglich alle preisrelevanten Daten ihrer Standardprodukte (Bezeichnungen, Angebotsbeginn, allfällige automatische Preisanpassungen und Stichtage) der Regulierungsbehörde zu melden und die dafür erforderlichen Daten für die Eingabe in den Tarifkalkulator zu übermitteln. Damit soll gewährleistet werden, dass Kund:innen die Preise für ihre in der Vergangenheit abgeschlossenen Standardprodukte mit aktuellen Angeboten vergleichen und somit Preisvorteile erkennen können. Durch die Meldepflicht wird die Regulierungsbehörde in die Lage versetzt, diese Daten im Vergleichsinstrument zur Verfügung stellen zu können.
Zur Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung haben Betreiber von Kraftwerken, die an das öffentliche Netz angeschlossen sind und mit Erdgas betrieben werden, Vorräte in einem solchen Ausmaß zu halten, dass ihre Gaskraftwerke mit den gespeicherten Vorräten vom 1. Oktober bis zum 1. März für einen Zeitraum von insgesamt 45 Tagen mit Erdgas versorgt werden können. Die abzusichernde Dauer verkürzt sich auf 30 Tage, wenn nachgewiesen werden kann, dass die gespeicherten Vorräte nicht-russischen Ursprung haben. Angepasst werden auch die Bestimmungen zur Brennstoffbevorratung von Kraftwerken im Erdölbevorratungsgesetz (3531/A).
Die zahlreichen Maßnahmen würden nicht nur die Transparenz für die Kund:innen, sondern auch die Versorgungssicherheit erhöhen, war Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne) überzeugt. Außerdem habe man einen Anreiz, um aus russischem Gas auszusteigen und eine Diversifizierung vorzunehmen. Er dankte der SPÖ für ihren konstruktiven Beitrag und zur Zustimmung zum Gesetz, da für die Beschlussfassung im Plenum eine Zweidrittelmehrheit erforderlich sei. Durch den gemeinsam formulierten Abänderungsantrag werde unter anderem sichergestellt, dass nunmehr alle im Zusammenhang mit der strategischen Gasreserve stehenden Verordnungen einer Zustimmung durch den Hauptausschuss des Nationalrats bedürfen.
Tanja Graf (ÖVP) wies darauf hin, dass künftig auch Kraftwerke, die Strom aus Erdgas erzeugen, von der Bevorratungspflicht umfasst sind.
SPÖ-Vertreter Alois Schroll zeigte sich erfreut darüber, dass es gelungen sei, die schon im Stromsektor bestehenden Informationspflichten nun auch auf die Gaskund:innen auszuweiten.
Axel Kassegger von der FPÖ konnte den Gesetzesänderungen einiges Positives abgewinnen. Da ihm aber die Versorgungssicherheit wichtiger sei als die Diversifizierung der Gasreserve, werde er der Novelle nicht zustimmen.
Neben der Versorgungssicherheit müsse auch auf die Diversifizierung geachtet werden, entgegnete Bundesminister Leonore Gewessler, die an die schwierige Lage im letzten Jahr erinnerte. Es liege auch in der Verantwortung der Energieanbieter, die einen adäquaten Anteil des Risikos mittragen müssten.
NEOS für integrierte, länderübergreifende Infrastrukturplanung und Verlängerung des Strompreiskosten-Ausgleichsgesetzes
Gerade bei dem für die Energiewende so wichtigen Ausbau der Energieinfrastruktur könnten den NEOS zufolge Synergien mit anderen Energienetzen wie Gas oder Wasserstoff sowie mit Glasfaserkabeln oder mit dem Kanalnetz geschaffen und so das Tempo erhöht werden, führte Abgeordnete Karin Doppelbauer aus. Die NEOS fordern von der Energieministerin, unter Berücksichtigung von Landeskompetenzen und in Zusammenarbeit mit anderen Ressorts die Grundlagen für eine integrierte, länderübergreifende Infrastrukturplanung zu schaffen. Diese sollte Daten und Ressourcen bündeln, Synergien bei der Trassenfindung ermöglichen sowie die Behördenkommunikation und den Datenaustausch intensivieren. Umfassen sollte sie aus Sicht der NEOS unter anderem auch Straßen-, Fahrrad-, Geh-, und Schieneninfrastruktur, Telekommunikation sowie Energieinfrastrukturen wie Strom- und Gasleitungen (3385/A(E)).
Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne) verwies auf die geplante Umsetzung eines integrierten Netzinfrastrukturplanes; eine diesbezügliche Novelle sei Anfang Juli in Begutachtung geschickt worden. Die darin enthaltenen Vorschläge stuften aber sowohl Christoph Matznetter als auch Karin Doppelbauer (NEOS) als zu wenig weitreichend ein.
Um eine Abfederung der weiterhin hohen Energiekosten und damit einhergehend um eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven österreichischen Industrie geht es den NEOS. Sie sprechen sich dafür aus, energieintensiven Unternehmen finanzielle Förderungen im Sinne des Strompreiskosten-Ausgleichsgesetzes (SAG) bis 2030 zu gewähren (3582/A(E)). Durch die bisherige Begrenzung des österreichischen Strompreiskosten-Ausgleichsgesetzes auf das Jahr 2022 würden österreichische Industrieunternehmen systematischen Benachteiligungen im internationalen und europäischen Wettbewerb ausgesetzt, so Gerald Loacker von den NEOS. Energieintensive Betriebe würden in ganz Europa unterstützt, führte er ins Treffen.
Beide Anträge wurden mit ÖVP-Grüne-Mehrheit vertagt.
FPÖ: "Echtes Opting-out" bei Smart-Metern
In einem – ebenso vertagten - Entschließungsantrag sprach sich die FPÖ für ein "echtes Opting-out" für Stromkund:innen zur Verhinderung des Einbaus von intelligenten Messgeräten – sogenannte Smart-Meter – aus. Das Recht, auf die weitere Verwendung mechanischer bzw. elektrischer Messgeräte ohne Kommunikationsfähigkeit zu bestehen, soll insbesondere dann zur Geltung kommen, wenn der Ausrollungsgrad des jeweils zuständigen Verteilernetzbetreibers bereits die gesetzlich normierten 95 % erreicht hat. Der Einbau eines intelligenten Messgerätes und somit der Austausch des alten Zählers lasse sich nach geltender Rechtslage nicht verhindern, was in den letzten Jahren zu massivem Unmut und Unverständnis bei den Betroffenen geführt habe, argumentierte Axel Kassegger (3611/A(E)).
Es sei bedauerlich, dass dieses wichtige Instrument seit über zehn Jahren von der FPÖ torpediert werde, merkte Laurenz Pöttinger (ÖVP) an.
SPÖ pocht auf rechtskonformen Zustand bei der Preistransparenz für Fernwärme
Auch wenn der Großteil der Kosten im Fernwärmesystem von der jeweiligen Erzeugung abhänge, könnte eine Veröffentlichung der jeweiligen Preisbestandteile dazu beitragen, dass für die Kund:innen eine größere Nachvollziehbarkeit herrscht, macht die SPÖ geltend. Entsprechende Transparenzregeln seien bereits seit Juli 2021 im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) verbindlich verankert worden. Für die Veröffentlichung der Daten sei die Umwelt- und Energieministerin zuständig. Seit über zwei Jahren und drei Monaten sei aber nichts passiert, kritisierte Alois Schröll (SPÖ) mit Nachdruck. Die SPÖ forderte daher die Ministerin auf, in diesem Bereich umgehend ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach dem EAG nachzukommen und die Daten zur Herstellung der Preistransparenz zu veröffentlichen (3587/A(E)).
Es sei ausdrücklicher Wunsch der SPÖ gewesen, dass nicht die Regulierungsbehörde, sondern das Ministerium für den Fernwärmesektor zuständig sein soll, erinnerte Tanja Graf (ÖVP). Eine Lösung wäre daher schon lange möglich gewesen.
Auch Lukas Hammer (Grüne) gab zu bedenken, dass aufgrund der Zuständigkeit des Ministeriums eine europaweite Ausschreibung durchgeführt werden musste. Was die Preiskontrolle betrifft, so hätte es schon längst entsprechende gesetzliche Möglichkeiten gegeben. Während etwa in Oberösterreich die Preise nur um rund 8 % angepasst wurden, habe sich die Fernwärme Wien, die sich im Eigentum der Stadt Wien befindet, für eine Erhöhung um 92 % entschieden.
Derzeit gebe es nur eine leere Homepage, erklärte Christoph Matznetter (SPÖ), er verstehe nicht, warum das so lange dauere.
Von Seiten des Ministeriums wurde darüber informiert, dass bis Ende des Jahres erste Tarife im Internet veröffentlicht werden sollen. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) sue/mbu
Links
- 3531/A - Gaswirtschaftsgesetz 2011, Erdölbevorratungsgesetz 2012 und Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010
- 3587/A(E) - Herstellung des rechtskonformen Zustands bei der Preistransparenz für Fernwärme
- 1/A-WH - Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie
- 3385/A(E) - Schaffung einer integrierten, länderübergreifenden Infrastrukturplanung
- 3582/A(E) - Verlängerung des Strompreiskosten-Ausgleichsgesetzes 2022
- 3611/A(E) - Echtes "Opting out" für Konsumenten bei Smart-Meter