Parlamentskorrespondenz Nr. 1307 vom 29.11.2023

Kulturausschuss setzt sich für kulturelle Bildung ein

Zahlreiche Oppositionsanträge vertagt

Wien (PK) – Der Kulturausschuss unterstützte heute eine Koalitionsforderung nach einer Initiative, um mehr kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche zu ermöglichen. Zahlreiche Anträge der Oppositionsfraktionen, etwa zu Kulturbildungsangeboten, Gipfelkreuzen als alpines Kulturgut und einer Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport wurden vertagt. Auf der Tagesordnung standen auch Berichte über die Ausgaben aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds.

Zahlreiche Forderungen zu kultureller Bildung

Die Abgeordneten treten für eine stärkere Unterstützung der kulturellen Bildung von Kindern und Jugendlichen ein. Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen schickte der Ausschuss einen entsprechenden Entschließungsantrag (3733/A(E)) der Koalition ins Plenum. Die Regierung wird darin ersucht, eine Initiative zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Kultur- und Bildungseinrichtungen und der kulturellen Bildung der Schüler:innen in Österreich zu setzen.

Auch vonseiten der Sozialdemokrat:innen lagen mehrere Initiativen zum Thema vor, die allesamt mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt wurden. So stand etwa ein Entschließungsantrag (2833/A(E)) erneut auf der Tagesordnung, mit dem die SPÖ Fördertöpfe einfordert, um allen Kindern und Jugendlichen die Teilhabe an Schulveranstaltungen und außerschulischen Angeboten der kulturellen Bildung und des Sports zu ermöglichen. Eine weitere SPÖ-Initiative fordert ein Kulturguthaben für alle 18-Jährigen in der Höhe von 200 €, das im Verlauf von zwei Jahren für Konzert- und Theaterkarten oder Bücher und Tonträger ausgegeben werden kann (2983/A(E)). Unter dem Motto "Jedem Kind sein Instrument" fordert die SPÖ vom Kulturminister und dem Bildungsminister, ein Programm ein, um allen Schüler:innen das Erlernen eines Instruments in der Schule zu ermöglichen, und dabei vor allem mit örtlichen Musikschulen zu kooperieren (3692/A(E)). Ein weiterer Entschließungsantrag der Sozialdemokrat:innen zielt auf den Ausbau von Förderprogrammen für die Vermittlung von Kunst und Kultur unter Berücksichtigung einer gemeinsamen Steuerung und Vernetzung sowie die Stärkung der Position der Kunstvermittler:innen in den Kulturbetrieben ab (3691/A(E)).

Debatte über Koalitionsantrag und Erlernen von Instrumenten

Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) wertete die Koalitionsinitiative als gute Reaktion auf die zahlreichen Bemühungen seitens der Sozialdemokrat:innen, den Zugang zu Kunst und Kultur für Kinder zu Jugendliche zu erweitern. Der Antrag selbst sei aber substanzlos und oberflächlich. Auch Katharina Kucharowits (SPÖ) sprach von einem "No-Na-Ned-Antrag". Beide wollten von Staatssekretärin Andrea Mayer wissen, was nun – außer dem Bekenntnis zur Zusammenarbeit von Kultur- und Bildungsressort konkret passiere. Kucharowits machte auf die Vorschläge ihrer Fraktion aufmerksam, die von Fördertöpfen, über ein Kulturguthaben bis zur Initiative "Jedem Kind sein Instrument" reichen. Ihr sei wichtig, jedem Kind das Recht auf kulturelle Bildung zu gewähren, betonte die Abgeordnete. Auch Ruth Becher (SPÖ) ging auf den Vorschlag ein. Die Bereitstellung von PCs für Schüler:innen habe relativ friktionsfrei funktioniert. In einem Hochkulturland wie Österreich müsse das auch für Instrumente möglich sein. Es sei nicht zu akzeptieren, dass das Erlernen von Instrumenten nur Kinder aus besser verdienenden Familien vorbehalten sei.

Hermann Brückl (FPÖ) unterstützte den Antrag. Es sei notwendig, Kinder und Jugendliche in ihren musischen Talenten zu unterstützen. Auch die von der SPÖ geforderten Fördertöpfe fand er sinnvoll. Dem Koalitionsantrag hingegen konnte er gar nichts abgewinnen. Dieser sei "völlig substanzlos und unkonkret". In der Begründung werde außerdem angeführt, dass einiges bereits in Bewegung sei. Den Antrag brauche es daher aus seiner Sicht nicht, weshalb er einen Vertagungsantrag stellte. Auch Thomas Spalt (FPÖ) konnte keine konkreten Inhalte im Antrag von ÖVP und Grünen finden. Für eine Vertagung gab es im Ausschuss keine Mehrheit: FPÖ, SPÖ und Teile der NEOS stimmten dafür.

Julia Seidl (NEOS), die den Koalitionsantrag ebenfalls als unkonkret kritisierte, vermutete, dass das Ressort bereits ein fertiges Projekt in der Schublade habe, das kurz nach dem Beschluss im Parlament präsentiert werde. Kritik übte sie, wie ihre Fraktionskollegin Henrike Brandstötter, aber auch an der SPÖ-Initiative für das Erlernen von Instrumenten. Abgesehen davon, dass nicht jedes Kind ein Instrument erlernen wolle, fehle es dafür auch an Musikschullehrer:innen und Räumlichkeiten an den Schulen, betonten beide.

Eva Blimlinger (Grüne) sprach sich dafür aus, dass jedes Kind die Möglichkeit haben soll, ein Instrument zu erlernen. Zu ihrer eigenen Initiative erläuterte sie, dass diese deshalb so allgemein gehalten sei, weil die Maßnahmen gerade ausgearbeitet werden. Sibylle Hamann (Grüne) betonte, dass der Schule eine Schlüsselrolle zukomme, wenn es darum gehe, Hemmschwellen zu Kunst und Kultur zu überschreiten. Sie werde sich deshalb in den laufenden Gesprächen zwischen Kultur- und Bildungsressort einbringen, damit es zu konkreten Maßnahmen komme. Von Seiten der ÖVP zeigte sich Laurenz Pöttinger überzeugt, dass die Initiative das Kunst- und Kulturland ein Stück weiterbringen werde. Maria Großbauer und Rudolf Taschner (beide ÖVP) äußerten sich kritisch zum SPÖ-Vorschlag zum Erlernen von Instrumenten. Man könne Kinder nicht dazu zwingen. Andrea Kunzl (SPÖ) hielt dem entgegen, dass es ihrer Fraktion nicht um einen Zwang, sondern um die Möglichkeit gehe.

Staatssekretärin Mayer meinte, sie werde den Vorschlag in den Austausch mit dem Bildungsministerium mitnehmen. Generell habe sie sich mit dem Bildungsressort darauf verständigt, mehr Kultur in die Schulen zu bringen, in einem ersten Schritt für Zehn- bis Vierzehnjährige in allen Schultypen. Konkrete Maßnahmen, die mit zusätzlichen Mittel aus beiden Ressorts finanziert werden sollen, werde man zu Jahresbeginn präsentieren, stellte Mayer in Aussicht. Ihr sei es ein zentrales kulturpolitisches Anliegen, die Zugänge zu Kunst und Kultur gerade für junge Menschen zu stärken. Denn die aktive Teilhabe möglichst vieler Menschen sei die Voraussetzung dafür, dass Kunst und Kultur ihre Kraft entfalten können. Eine kürzlich durchgeführte Studie habe belegt, dass der Stellenwert von Kunst und Kultur insbesondere von Familie und Schule geprägt werde.

Debatte über Visa für Künstler:innen des globalen Südens

Die SPÖ setzte sich für die Erteilung von Visa für Einreise, Aufenthalt und vorübergehende Reisen von Künstler:innen des globalen Südens ein (3690/A(E)). Aus der Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt Kultureller Ausdrucksformen ergebe sich eine Vorzugsbehandlung, die laut Katharina Kucharowits (SPÖ) aktuell nicht umgesetzt wird. Künstler:innen, die für Preisverleihungen, Ausstellungen oder andere Veranstaltungen nach Österreich kommen wollen, erhalten teilweise kein Visum, stellte sie dar.

Staatssekretärin Andrea Mayer war sich der Problematik bewusst. Es stehe nicht in primärer Zuständigkeit des Kulturressorts. Im Kontakt mit dem Außenministerium setze sich ihr Ressort für die Künstler:innen ein. Wichtig und richtig empfand Henrike Brandstötter (NEOS) den Antrag. Österreich handhabe dies sehr streng, verwies sie auf Geschäftsleute, die nach Österreich kommen wollen. Demgegenüber konnte Laurenz Pöttinger (ÖVP) kein Problem bei der Präsentation der Kunstwerke in Galerien feststellen. Fraktionskollege Rudolf Taschner sah keinen triftigen Grund für eine Bevorzugung.

Baukultur als Zukunftsthema

SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek wies auf Mängel im Umgang mit dem baukulturellen Erbe in Österreich hin. Sie forderte eine gesetzliche Grundlage zur Steigerung der baukulturellen Qualität und ein Bundesbaukulturgesetz zur Umsetzung der baukulturellen Leitlinien des Bundes (3507/A(E)). Henrike Böker (Grüne) lenkte die Aufmerksamkeit auf den Bodenverbrauch. Vielfach sei eine Abwanderung aus dem Ortskern in das umliegende Randgebiet zu beobachten, erinnerte sie an den Donut-Effekt.

Baukultur sei zum Zukunftsthema geworden, betätigte Mayer. Es handle sich dabei um eine Querschnittsmaterie. Mayer verwies auf den Umsetzungspakt "Raum für Baukultur – Orts- und Stadtkerne stärken und Raum für Baukultur eröffnen". Es werde zusätzliche Stellen im Bereich Baukultur geben, hob sie hervor, wodurch ein Kompetenzzentrum für Baukultur geschaffen wird. Als Meilenstein sah Mayer die Novelle des Denkmalschutzgesetzes an, die sich in Begutachtung befinde. Baukultur habe an Bedeutung gewonnen, bestätigte Julia Seidl (NEOS), sprach sich aber dafür aus, die Stellen besser außerhalb politischer Abhängigkeit anzusiedeln. Thomas Spalt (FPÖ) stand einem Bundesbaukulturgesetz kritisch gegenüber. Er sprach sich für Baukultur mit Hausverstand aber gegen eine Vorgabenpolitik aus in dieser Querschnittsmaterie aus. Seitens der ÖVP war Laurenz Pöttinger gegen zusätzliche Strukturen. Planstellen wurden geschaffen, betonte er. Hans Stefan Hintner (ÖVP) erinnerte: Mödling hat den Baukulturgemeinde-Preis gewonnen.

Sanierung von Gipfelkreuzen

Seitens der FPÖ forderte Kultursprecher Thomas Spalt Mittel für Sanierung, Erhalt und Errichtung von Gipfelkreuzen als Teil der alpinen Kultur und Tradition (3669/A(E)). Johann Höfinger (ÖVP) zeigte Verständnis für Gipfelkreuze als Kulturgüter. Verschiedensten Gruppen haben diese in der Vergangenheit aufgestellt, zog er diese in Verantwortung für deren Erhalt. Auch Eva Blimlinger (Grüne) wollte Gipfelkreuze nicht durch öffentliche Gelder finanzieren. Aus Sicht der NEOS sind die Alpen bereits erschlossen. Weiterer Neubau von Gipfelkreuzen ist für Brandstötter nicht gerechtfertigt. Wenn etwas aufgestellt werde, dann "besser Windräder als Gipfelkreuze", kam Blimlinger mit ihr überein.

Vertrauensstelle vera* ausbauen

Die Einrichtung der Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport vera* ist aus Sicht der NEOS ein wichtiger und überfälliger Schritt gewesen. Seidl forderte daher im Westen Österreichs eine weitere Vertrauensstelle mit einem Präsenzbüro zu schaffen (3646/A(E)). Mobile Teams seien geplant. Ein guter Vorschlag, aber langfristig hielten die NEOS eine zweite Stelle für sinnvoller. Dazu gab es Unterstützung von der SPÖ.

Wichtig war für Mayer das Angebot im gesamten Bundesgebiet bekannter zu machen. Die Vertrauensstelle sei als Maßnahme aus dem Fairness-Prozess hervorgegangen. 90 Fälle wurden im ersten Betriebsjahr gemeldet, so Mayer, überwiegend waren Frauen betroffen. Irene Neumann-Hartberger (ÖVP) signalisierte Bereitschaft die Stelle auszubauen – aber erst nach Etablierung und Bekanntmachung. Laut Blimlinger ist es noch zu früh für ein weiteres Büro.

Investment Obligation: Gespräche werden geführt

Julia Seidl (NEOS) plädierte dafür, alle verfügbaren rechtlichen Mittel einzusetzen, um einen Teil der Ausgaben für die staatliche Filmförderung abzudecken. Dazu verwies sie auf die "Investment Obligation" der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD). Die Verpflichtung könne von den EU-Staaten auf Mediendiensteanbieter, die auf Zuschauer:innen in ihrem Gebiet abzielen, aber in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, ausgedehnt werden, sofern die Beiträge verhältnismäßig und diskriminierungsfrei seien, betonte Seidl. Sie forderte, dass Österreich die "Investment Obligation" auf Streamingdienste ausdehnt (3200/A(E)). Laut Blimlinger gibt es dazu bereits Gespräche, diese stehen noch am Anfang. Eine Basis für Investment Obligation müsse erst geschaffen werden.

Unterstützungszahlungen während der Pandemie

Auf der Tagesordnung standen ferner Berichte des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport zur Auszahlung von Mitteln aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für August (III-1014 d.B.) und September 2023 (III-1040 d.B.). Die einhellig zur Kenntnis genommenen Berichte zeigen, dass die Zahlungen für Maßnahmen in Kunst und Kultur bereits abgeschlossen sind. (Schluss Kulturausschuss) kar/gla


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