Parlamentskorrespondenz Nr. 1434 vom 20.12.2023

Bundesrat: Mietpreisdeckel nimmt letzte parlamentarische Hürde

Weitere Beschlüsse zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Menschen mit Behinderung und zum Ausländerbeschäftigungsgesetz

Wien (PK) – Mit der heutigen Abstimmung im Bundesrat nahm der von ÖVP und Grünen vorgeschlagene Mietpreisdeckel seine letzte parlamentarische Hürde. Damit werden Mieterhöhungen von Kategoriemieten, Richtwertmieten und gemeinnützigen Wohnungen geregelt und begrenzt. Während ÖVP und Grüne den Entlastungscharakter der Maßnahme betonten, kritisierten die Oppositionsfraktionen die Regelung. So sprach etwa die SPÖ von einem "Mietpreisbremserl", das zu spät, nicht rückwirkend und nicht ausreichend im Ausmaß erfolge. Zwei Entschließungsanträge der Sozialdemokrat:innen mit der Forderung nach entsprechend weitergehenden Regelungen blieben in der Minderheit. "Fake Politik" orteten die Freiheitlichen bei der Bundesregierung angesichts einer ihrer Einschätzung unzureichenden Entlastung. Die NEOS wiederum kritisierten unter anderem, dass die Mietpreisbremse einen Bereich regle, der ohnedies streng reglementiert sei und vergleichsweise eher niedrige Mieten aufweise.

Ebenso befürworteten die Bundesrät:innen, dass die Arbeitsunfähigkeit bei Menschen mit Behinderung künftig erst mit 25 Jahren festgestellt wird. Grünes Licht gab es auch für das Gesetz über die höhere berufliche Bildung sowie für zu das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen.

Ebenso passierten Änderungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes den Bundesrat, das dem Mangel an Buslenker:innen und Straßenbahnfahrer:innen entgegenwirken soll. Die Freiheitlichen forderten im Zuge der Debatte mittels Entschließungsantrag ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit, das unter anderem Zuzugsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt für EU- als auch Nicht-EU-Bürger:innen vorsieht. Der Antrag fand nicht die notwendige Mehrheit bei den anderen Fraktionen.

Mietpreisdeckel mit Vereinheitlichungen im Mietrecht

Mit dem von ÖVP und Grünen vorgelegten Mietpreisdeckel sollen die Mieterhöhungen von Kategoriemieten, Richtwertmieten und gemeinnützigen Wohnungen begrenzt werden. Nicht von der Beschränkung erfasst sein sollen freie Mietverträge. Für die im Mietrechtsgesetz geregelten Kategoriemieten sollen Erhöhungen künftig ausschließlich mit 1. April stattfinden. Im Jahr 2024 soll die Wertanpassung der Miete entfallen. In den Jahren 2025 und 2026 werden die Erhöhungen mit 5 % begrenzt. Künftig sollen die Richtwerte jährlich und nicht wie bisher alle zwei Jahre valorisiert werden. Für die nächste Valorisierung zum 1. April 2025 soll ausschließlich die Veränderung des VPI-Jahresdurchschnittswerts aus 2024 gegenüber dem von 2023 maßgeblich sein. Auch hier wird ein Deckel von 5 % für die Valorisierungen 2025 und 2026 gelten. Bei den gemeinnützigen Wohnungen wird die Erhöhung auf 5 % gedeckelt. Am 1. April 2024 können sich die Beträge gegenüber dem letzten Änderungszeitpunkt also um nicht mehr als 5 % erhöhen. Ab 2027 soll die Valorisierung der betreffenden Mieten anhand der Durchschnittsinflation der letzten drei Jahre berechnet werden und der 5 % übersteigende Teil bei der Anpassung nur zur Hälfte berücksichtigt werden. Die Regelungen wurden mit Stimmenmehrheit angenommen.

Die Bundesregierung habe auf Hochtouren gearbeitet, um die Menschen zu entlasten und ihnen zu helfen, meinte Sandra Lassnig (ÖVP/K). Dadurch sei die Inflation gesunken und die Kaufkraft gestiegen. Mit der Mietpreisbremse erfolge nun eine weitere Entlastung.

"Zahlen lügen nicht", erklärte Matthias Zauner (ÖVP/NÖ) und verwies auf die gestiegene Kaufkraft, die gesunkene Inflation und die verbesserten Zahlen zur Armutsgefährdung. Österreich stehe daher besser da als andere Länder in Europa und besser als es der "linke und der rechte Populismus" wahrhaben wollen, meinte Zauner in Richtung von SPÖ und FPÖ. ÖVP und Grüne würden sich nicht mehr spüren, meinte daraufhin Günter Kovacs (SPÖ/B) und sprach von "Arroganz" angesichts der nicht erfolgten Entlastung.

Als zu spät, nicht rückwirkend und nicht ausreichend im Ausmaß kritisierte Korinna Schumann (SPÖ/W) die getroffene Regelung als "Mietpreisbremserl". Mittels eines im Zuge der Debatte eingebrachten Entschließungsantrag, der in der Minderheit blieb, forderte sie eine gesetzliche Begrenzung der Mietsteigerungen im sogenannten freien, nicht preisregulierten Wohnungsmarkt.

"Die Reichen kassieren und die Vielen verlieren", kritisierte Sascha Obrecht (SPÖ/W) die Mietpreisbremse als "PR-Schmäh". Es brauche vielmehr ein "umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen", wie er mittels eines im Zuge der Debatte eingebrachten Entschließungsantrags vorschlug, der in der Minderheit blieb. Dieses beinhaltet unter anderem Maßnahmen für einen Mietenstopp und eine umfassende Wohnrechtsreform mit einem einheitlichen, transparenten und neuen Mietrecht. Ebenso sprechen sich die Sozialdemokrat:innen für einen Mindestzinssatz für Spareinlagen und einen Höchstzinssatz für Wohn- und Überziehungskredite aus.

Von "Fake Politik" der Bundesregierung sprach Christoph Steiner (FPÖ/T) angesichts der seiner Meinung nicht erfolgenden Entlastung der Österreicher:innen. Der FPÖ gehe es darum, eine schlechte Stimmung im Land aufrecht zu erhalten, meinte demgegenüber Harald Himmer (ÖVP/W). Daher würden sie auch die Maßnahmen kritisieren, die den Menschen helfen würden.

Die Mietpreisbremse helfe nicht den Richtigen und sie greife in Sektoren ein, die ohnedies bereits streng reglementiert seien und wo es vergleichsweise niedrigere Mieten gebe, kritisierte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W). Nun sei zu befürchten, dass sich das Wohnungsangebot im reglementierten Bereich weiter verknappe und sich die Preise dadurch im freien Bereich weiter erhöhen würden. Weiters würde KMU-Vermieter:innen der finanzielle Spielraum für Sanierungen genommen, kritisierte der NEOS-Bundesrat.

Menschen mit Behinderung: Feststellung der Arbeitsunfähigkeit künftig erst mit 25 Jahren

Derzeit wird die Arbeitsunfähigkeit bei Menschen mit Behinderung bereits im Jugendalter festgestellt, was dazu führt, dass die Betroffenen keinen Zugang zu Leistungen des AMS haben. Die Regierung hat daher eine Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vorgeschlagen, die die Bundesrät:innen heute einstimmig befürworteten. Betroffene dürfen damit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nicht verpflichtet werden, an einer Untersuchung der Arbeitsfähigkeit teilzunehmen. Sie werden bis zum Alter von 25 Jahren vom AMS betreut und vorgemerkt und können Schulungen in Anspruch nehmen. Auch eine Unterstützung des Sozialministeriumservice (SMS) und der Länder bei der Suche nach offenen Stellen und der Abklärung besonderer Bedarfslagen ist vorgesehen. Sofern sie ihre Anwartschaft aufgrund einer Beschäftigung nachweisen können, werden Betroffene auch Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.

Änderungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes

Angesichts des Mangels an heimischen Buslenker:innen und Straßenbahnfahrer:innen wird die Anwerbung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten erleichtert. Die von ÖVP und Grünen vorgeschlagene Änderung des Ausländerbeschäftigungs- sowie des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes wurde vom Bundesrat mehrheitlich angenommen. Demnach wird künftig eine Berufsberechtigung dem Nachweis einer abgeschlossenen Berufsausbildung bzw. einem Lehrabschluss gleichgestellt. Auch im Bereich der Sozialberufe wird es Erleichterungen geben. So wird es künftig möglich sein, für den Besuch von Fachschulen für Sozialberufe und ähnliche Ausbildungen eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

Mittels Entschließungsantrag, der in der Minderheit blieb, forderte Günter Pröller (FPÖ/OÖ) ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit. Dieses soll sektorale Zuzugsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt für EU- als auch Nicht-EU-Bürger:innen nach Maßgabe bestimmter Kriterien wie Alter oder Ausbildungsniveau beinhalten. Damit soll den Freiheitlichen nach den negativen Auswirkungen der COVID-19-Krise und der Sanktionspolitik gegen Russland entgegengewirkt werden. Zudem sollen Langzeitarbeitslose mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft dazu motiviert werden, in ihre Heimatländer zurückzukehren oder weiterzuwandern.

"Höhere berufliche Bildung" für neuen formalen Bildungsabschluss

Das Gesetz über die höhere berufliche Bildung soll neue Möglichkeiten für einen formalen Bildungsabschluss etwa in Lehrberufen ermöglichen. Die verbesserte Fortbildung soll Fachkräften mehr gesellschaftliche Anerkennung bringen und richtet sich an rund 1,6 Mio. Österreicher:innen zwischen 25 und 64, die eine abgeschlossene Lehre als höchsten Bildungsabschluss aufweisen. Zudem werden rund 870.000 Personen angesprochen, die nach dem Pflichtschulabschluss eine mehrjährige berufliche Erfahrung erworben haben. Damit soll eine durchgängige Weiterbildungsperspektive auf berufspraktischem Wege in vielen Berufsfeldern geschaffen und die Entscheidung für einen Lehrberuf oder eine berufliche Ausbildung attraktiver werden. Die Regierungsvorlage wurde einstimmig befürwortet.

Register für Emissionen aus Kesselanlagen

Einheitliche Standards bezüglich Schadstoffemissionen aus Kesselanlagen sowie Verwaltungsvereinfachungen sind die Ziele einer Novelle zum Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen. Damit soll einerseits eine EU-Richtlinie umgesetzt werden und zum anderen ein Schreiben der Europäischen Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens in diesem Bereich Berücksichtigung finden. Erforderlich wird demnach in erster Linie die Einrichtung eines Registers und die einmalige Registrierung der mittelgroßen Anlagen mit einer Brennstoffwärmeleistung von mindestens 1 Megawatt (MW) und – mit bestimmten Ausnahmen im Fall von Aggregationsanlagen - weniger als 50 MW. Die Regierungsvorlage wurde einstimmig angenommen. (Fortsetzung Bundesrat) pst

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