Parlamentskorrespondenz Nr. 63 vom 31.01.2024

Aktuelle Europastunde im Nationalrat: Österreichs Rolle in Europas Sicherheitspolitik

Alle Fraktionen außer FPÖ für verstärkte europäische Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen

Wien (PK) – "Sicherheit für Österreich erfordert auch den Blick nach Europa" lautete heute das von der ÖVP gewählte Thema der Aktuellen Europastunde im Nationalrat. Mit Ausnahme der FPÖ sprachen sich alle Fraktionen für eine verstärkte europäische Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen aus. Für die Freiheitlichen geht die EU in eine "völlig falsche Richtung". Europaministerin Karoline Edtstadler sprach von einer "fundamental" veränderten Bedrohungslage in den letzten zehn Jahren. Die Sicherheit Österreichs sei "untrennbar" mit der Sicherheit Europas verbunden.

ÖVP: EU muss sich von Friedensprojekt zur Sicherheitsunion weiterentwickeln

Das "Friedensprojekt EU" sei in den letzten Jahren erfolgreich gelungen, nun gelte es, die Weiterentwicklung zu einer Sicherheitsunion zu gestalten, hielt Reinhold Lopatka (ÖVP) fest. Mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine habe eine "neue Zeitrechnung" begonnen, auf die man sich gemeinsam mit den anderen EU-Staaten vorbereiten müsse. Österreich bleibe zwar einerseits neutral, werde aber andererseits solidarisch an der Sicherheit in Europa mitarbeiten, so Lopatka. Für den ÖVP-Mandatar gehört hier auch die Teilnahme am Luftverteidigungssystem Sky Shield dazu, welches mit der Neutralität vereinbar sei. Der ÖVP-Mandatar kritisierte zudem die aus seiner Sicht zu engen Verbindungen der FPÖ nach Russland. Diese halte immer noch an ihrem Freundschaftsvertrag mit der Partei des russischen Präsidenten fest.

Wenn sich die EU ernst nehme, müsse sie auch ohne USA und NATO wehrhaft sein, betonte ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas. Um die österreichische und europäische Verteidigungsfähigkeit sicherzustellen, geht es für Karas darum, in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik schneller und unabhängiger zu werden. So müssten etwa die nationalen Armeen verstärkt in der Beschaffung zusammenarbeiten. Ähnlich argumentierte Friedrich Ofenauer (ÖVP). Europäische Solidarität sei keine "Einbahnstraße", sie verlange das aktive Mitwirken Österreichs an einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Romana Deckenbacher (ÖVP) begrüßte die für die kommenden Jahre geplanten Investitionen in ein "schlagfertiges Bundesheer". Zur Abwehr von konventionellen und hybriden Bedrohungen benötige Österreich als neutraler Staat glaubhafte militärische Stärke sowie die enge Kooperation mit den europäischen Partnern.

SPÖ: Gewaltschutzmaßnahmen, Gleichstellung und Arbeitnehmerrechte wichtig für Sicherheit in Europa

Eva Maria Holzleitner (SPÖ) sprach in ihrer Wortmeldung die aus ihrer Sicht wichtigen Schritte auf Unionsebene in den Bereichen der Gleichstellungspolitik, der sozialen Sicherheit sowie beim Gewaltschutz von Frauen an. Für die SPÖ-Mandatarin ist die Bundesregierung bei deren Umsetzung jedoch säumig. Was die Arbeitnehmerrechte für ein sozial gerechtes Europa betrifft, sei die EU gefordert, auf der Seite der arbeitenden Menschen zu stehen. Für die Sicherheit in Europa plädierte Holzleitner zudem für klare Beitrittsperspektiven für die Länder des Westbalkans.

In eine ähnliche Kerbe schlug SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner. Gewalt gegen Frauen oder Hass im Netz stellten große Sicherheitsproblem in Österreich dar, die Bundesregierung sei aber bei der Umsetzung von entsprechenden EU-Regelungen säumig. Für Robert Laimer (SPÖ) muss Österreich durch eine aktive Neutralitätspolitik an der Erhaltung des Friedens in Europa mitwirken. Eine neue europäische Sicherheitsarchitektur brauche zudem die Balance zwischen militärischer Abschreckung und Diplomatie.

FPÖ: EU geht in völlig falsche Richtung

Laut dem FPÖ-Europaabgeordneten Harald Vilimsky geht die EU mit ihren Sanktionspaketen gegen Russland sowie der Inflations- und Migrationspolitik in "die völlig falsche Richtung". Durch den Green Deal habe die EU zudem der Atomwirtschaft das Feld aufbereitet. Was den Ukraine-Krieg betrifft, habe die Bundesregierung mit ihrer Sanktionspolitik "Öl ins Feuer" gegossen. Vielmehr hätte Österreich als UNO-Standort Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ermöglichen sollen, so der EU-Mandatar der FPÖ.

Die für Sicherheit in Österreich verantwortliche ÖVP habe in den letzten Jahren "auf ganzer Linie versagt", meinte Petra Steger (FPÖ). Dies betreffe etwa die Zustimmung zum EU-Flüchtlingspakt, "mangelnden Außengrenzschutz" oder die EU-Beitrittsverhandlungen der "Kriegspartei Ukraine". Für Hannes Amesbauer (FPÖ) muss die Kriegsrhetorik ein Ende haben. Nur eine "wirkliche Friedenspolitik" garantiere die Sicherheit in Österreich.

Grüne: Sicherheit heißt, sich von der Abhängigkeit von fossilen Diktaturen zu befreien

Um die sicherheitspolitischen Herausforderungen zu lösen, braucht es für David Stögmüller (Grüne) ein vertieftes und solidarischeres Europa. Anstatt einer "Festung Österreich", müsse man die Probleme in Europa gemeinsam angehen und lösen. Stögmüller bezeichnete in diesem Zusammenhang Russland als "akute Gefahr". Auch die "Klimakatastrophe" lasse sich nur durch europäische Lösungen bekämpfen. Dazu zähle eine Energieunabhängigkeit von "Despoten". Das unterstrich Michel Reimon (Grüne). Wenn man Sicherheit für Österreich erreichen wolle, "müssen wir uns von der Abhängigkeit von fossilen Diktaturen befreien", so Reimon in Richtung ÖVP und SPÖ.

Dem schloss sich Grünen-Europaabgeordnete Monika Vana an. Sicherheit in Österreich sei nur durch europäisches Miteinander möglich und gehe weit über politische und militärische Maßnahmen hinaus. Diese beinhalte eine europäische Klimaschutzpolitik sowie eine solidarische Asyl- und Migrationspolitik. Vana sprach sich für eine gemeinsame europäische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik aus, bei der die Menschenrechte als Leitlinien gelten müssten.

NEOS: Stehen von Anfang an für gemeinsame europäische Verteidigungspolitik

Die NEOS seien von Anfang an für eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik eingetreten, unterstrich Helmut Brandstätter (NEOS). Nur durch die Garantie von Sicherheit könne man den Wohlstand in Europa sicherstellen. Auch Brandstätter kritisierte die Position der FPÖ zu Russland, das durch Cyberattacken und einem Informationskrieg aktuell auch Österreich bedrohe.

Durch die aktuellen Bedrohungen müsse man das Bundesheer "kriegsfähig" machen, was nur durch verstärkte internationale Zusammenarbeit möglich sei, erklärte Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Der NEOS-Abgeordnete kritisierte  die aus seiner Sicht fehlende Strategie bei der Beschaffung des militärischen Geräts und forderte eine offene Sicherheitsdebatte im Hohen Haus. Bei dem heute für die Aktuelle Europastunde von der ÖVP gewählten Thema handle es sich um eine wichtige Debatte, die ÖVP selbst habe aber durch ihre "russlandfreundliche Politik" oder der Schengen-Blockade in den letzten Jahren selbst nicht zu mehr Sicherheit beigetragen.

Europaministerin Edtstadler: Sicherheit Österreichs untrennbar mit der Sicherheit Europas verbunden

Die Sicherheitslage habe sich in den letzten zehn Jahren durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, durch den Überfall der HAMAS auf Israel, durch terroristische Bedrohungen und Cyberattacken "fundamental" geändert, was zu Unsicherheit in der Bevölkerung geführt habe, hielt Europaministerin Karoline Edtstadler fest. Das habe Teile der Bevölkerung am demokratischen Lebensmodell zweifeln lassen. Es gelte jedoch, dieses mit aller Kraft zu verteidigen. Einerseits definiere die Neutralität den Rahmen des Handelns, andererseits sei diese auch Auftrag und Chance, eine umfassende Landesverteidigung sicherzustellen, so die Europaministerin. Die Sicherheit Österreichs sei "untrennbar" mit der Sicherheit Europas verbunden, weshalb man etwa auch die Möglichkeit einer gemeinsamen europäischen Luftraumverteidigung im Rahmen von Sky Shield nutzen wolle. (Schluss) med

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