Parlamentskorrespondenz Nr. 124 vom 15.02.2024

Abschaffung des Amtsgeheimnisses nimmt letzte parlamentarische Hürde

Zweidrittelmehrheit im Bundesrat für Recht auf Information

Wien (PK) – Mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit besiegelte der Bundesrat heute das Aus für das Amtsgeheimnis. Ab September 2025 wird es damit in Österreich ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Information gegenüber dem Staat geben. Außerdem werden öffentliche Stellen deutlich mehr Informationen von sich aus veröffentlichen müssen, als das derzeit der Fall ist.

Als "Meilenstein", "Paradigmenwechsel" und "Kultursprung" bezeichneten Verfassungsministerin Karoline Edtstadler sowie Bundesratsmitglieder von ÖVP und Grünen die Einführung der Informationsfreiheit. Auch die SPÖ äußerte sich positiv über das Gesetz. Einzig die FPÖ sah in der Novelle eine "Mogelpackung" und verweigerte daher ihre Zustimmung.

Grünes Licht für Informationsfreiheit

Mit der Verfassungsnovelle und dem begleitenden Informationsfreiheitsgesetz werden öffentliche Stellen künftig verpflichtet, Informationen von allgemeinem Interesse wie in Auftrag gegebene Gutachten, Studien und Verträge von sich aus zu veröffentlichen und über ein zentrales Informationsregister zugänglich zu machen. Ausnahmen von dieser proaktiven Informationspflicht sind nur für Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohner:innen vorgesehen. Auch kleine Gemeinden werden individuelle Anfragen von Bürger:innen und Journalist:innen aber, so wie alle anderen Verwaltungsstellen, grundsätzlich innerhalb von vier Wochen – mit einer möglichen Fristerstreckung um weitere vier Wochen – beantworten müssen. Die Amtsverschwiegenheit wird endgültig aus der Verfassung gestrichen, Bürger:innen ein Informationsrecht gegenüber dem Staat eingeräumt. Ebenso müssen staatsnahe Unternehmen, Stiftungen und Fonds sowie gesetzliche Interessenvertretungen künftig mehr Transparenz walten lassen.

Auskünfte werden weiterhin etwa dann verweigert werden können, wenn die öffentliche Sicherheit durch die Informationserteilung in Gefahr geraten könnte, ein erheblicher finanzieller Schaden droht, eine Entscheidung erst in Vorbereitung ist oder Interessen Dritter schwerer wiegen als das öffentliche Informationsinteresse. Auch extrem zeitraubende und offensichtlich mutwillige Anfragen müssen nicht beantwortet werden. Für staatsnahe Unternehmen und Interessenvertretungen sind überdies weitere einschränkende Sonderbestimmungen vorgesehen.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler zeigte sich im Bundesrat "hoch erfreut". Mit dem heutigen Beschluss gelinge es, das Amtsgeheimnis endgültig "in die Mottenkiste der Republik zu verbannen" und einen transparenten Staat Wirklichkeit werden zu lassen. Das bisherige Prinzip werde um 180 Grad umgedreht: Information werde zur Regel, Geheimhaltung zur Ausnahme. Edtstadler sprach angesichts dessen von einem Paradigmenwechsel, der auch Akzeptanz bei den öffentlich Bediensteten erfordere, die das Gesetz anwenden müssen. Für diesen Prozess habe man sich richtigerweise Zeit genommen, sagte sie mit Blick auf die lange Historie des Gesetzes. Die Ministerin führte auch an, dass einzelne Aspekte wie etwa die Stärkung des Interpellationsrechts von Parlamentarier:innen und Verbesserungen für Journalist:innen im Zuge der Detailverhandlungen mit der SPÖ aufgenommen worden seien. Nun sei der moderne Rechtsstaat da – mit Verständnis für das Informationsbedürfnis der Bürger:innen im 21. Jahrhundert und mit Augenmaß für die Verwaltung.

ÖVP, Grüne und SPÖ erfreut über Novelle, FPÖ übt Kritik

Das Gesetz für Informationsfreiheit sei leider den Titel nicht wert, fand hingegen Bundesrätin Isabella Theuermann (FPÖ/K). Die Freiheitlichen seien grundsätzlich dafür, das Amtsgeheimnis gegen Informationsfreiheit zu tauschen, die Umsetzung in der vorliegenden Form finde aber nicht ihre Zustimmung. Zentraler Kritikpunkt der FPÖ sei, dass Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohner:innen von der proaktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen sind. Damit bleibe eine große Hürde für Transparenz bestehen.

Diese Begründung für die Ablehnung der FPÖ fand Bernadette Geieregger (ÖVP/NÖ) "billig". Denn alle Gemeinden, auch kleine, seien von der passiven Veröffentlichungspflicht umfasst. So würden alle Bürger:innen gewünschte Informationen erhalten, unabhängig vom Wohnort. Das Gesetz sei ausgewogen und effektiv und unterstreiche das Engagement für die Prinzipien der Transparenz und Rechenschaftspflicht. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) sprach von einem Paradigmenwechsel, der Schulungen und begleitende Maßnahmen für das Verwaltungspersonal nötig mache. Ihr sei es auch ein Anliegen gewesen, dass die Verwaltungen nicht durch Anfragen lahmgelegt werden können.

Aus Sicht von Marco Schreuder (Grüne/W) sei die vorliegende Novelle das "beste Informationsfreiheitsgesetz, das derzeit in der Republik mit ihrer föderalen Verfassung möglich ist". Schreuder zeigte sich auch überzeugt davon, dass das Gesetz Korruption verhindern und das Vertrauen in die Politik stärken werde. Er sah daher auch einen "politischen Kultursprung". Denn das Grundverständnis von Politik werde sich stark verändern. Elisabeth Kittl (Grüne/W) betonte das Grundrecht auf Information über das Handeln von staatlichen und staatsnahen Betrieben als "Riesenschritt". Die Kontrolle staatlichen Handelns durch die Zivilgesellschaft, Medien, Wissenschaft und Opposition sei wichtig, um die Demokratie zu beschützen. Wer gegen das Gesetz stimme, setze aus ihrer Sicht daher ein Zeichen gegen Demokratie.

Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) fand es angesichts der langen Vorgeschichte des Gesetzes gut, dass die Informationsfreiheit nun beschlossen werde. Schließlich hätte es bereits vor vielen Jahren eine beschlussreife Regierungsvorlage gegeben, bevor Sebastian Kurz Kanzler wurde. Für die damalige schwarz-blaue Bundesregierung sei Transparenz ein rotes Tuch gewesen. Grossmann bezeichnete daher die Argumentation der FPÖ zur heutigen Ablehnung als "fadenscheinig". Selbstverständlich seien noch viele Aktivitäten zur Umsetzung des Gesetzes notwendig, neben weiteren Gesetzesänderungen auch eine Schulung des Verwaltungspersonals. Die Novelle trete daher aus gutem Grund erst im September 2025 in Kraft, betonte die Bundesrätin. (Fortsetzung Bundesrat) kar

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