Parlamentskorrespondenz Nr. 245 vom 12.03.2024

Debatte im Justizausschuss über Senkung der Strafmündigkeit auf das Alter von 12 Jahren

Weitere Themen: Alternativen zur Haft von Jugendlichen, Straferschwerung für Migrant:innen, "Dickpics" und Tierquälerei

Wien (PK) – Im weiteren Verlauf der heutigen Sitzung des Justizausschusses standen eine Reihe von oppositionellen Initiativen auf der Tagesordnung, welche von ÖVP und Grünen vertagt wurden. Die FPÖ sprach sich für die Senkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre aus und forderte erneut einen Erschwerungsgrund für kriminelle Migrant:innen. Forderungen der SPÖ betrafen Alternativen zur Haft von Jugendlichen sowie härtere Strafen für das Versenden von "Dickpics" und für schwere Tierquälerei.

Debatte über Senkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre

Mit einem wiederaufgenommenen Antrag brachte die FPÖ die Debatte über die Senkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre (3349/A(E)) neuerlich auf die Tagesordnung. Er wolle nicht, dass Zwölfjährige im Gefängnis sitzen, doch man müsse reagieren können, da es sehrwohl vorkomme, dass Unter-14-Jährige "unglaublich brutale Straftaten" begehen, sagte Harald Stefan (FPÖ). Er verwies auf die Schweiz, da dort Kinder bereits ab zehn Jahren strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.

Es müsse auf das, was kürzlich durch junge Täter passiert ist, "relativ schnell" eine klare Antwort gegeben werden, sagte Klaus Fürlinger (ÖVP). So etwas könne nicht folgenlos bleiben und das System müsse "neu gedacht" werden. Alle seien sich darüber einig, dass ein Problem bestehe und es werde sich darum gekümmert, so Fürlinger, der den Vertagungsantrag stellte. Bewusstsein müsse auch in den Schulen und Elternhäusern geschaffen werden und man müsse überlegen, wo die Haftung der Eltern in diesem Bereich liege, sagte Michaela Steinacker (ÖVP).

Die Frage sei, wie man mit straffälligen Kindern umgehe, eine zuständige Stelle dafür gebe es bereits, nämlich die Kinder- und Jugendhilfe in den Ländern, betonte Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Es könne darüber diskutiert werden, diese Kompetenz an den Bund zu übertragen. Die Kinder- und Jugendhilfe in den Ländern sei komplett unterfinanziert und dies sei das eigentliche Problem.

Er bezweifle, dass die Herabsetzung der Strafmündigkeit Wirkung zeigen würde, dies sei kein "Allheilmittel". Jedoch könne das, was passiert ist, nicht sanktionslos bleiben. Daher müsse über andere Maßnahmen nachdacht werden, sagte Nikolaus Scherak (NEOS). Es brauche Prävention und klare Sanktionen, die "Eindruck machen". Die "Verländerung" der Kinder- und Jugendhilfe sei kein "smarter Schritt" gewesen.

Es müsse Konsequenzen geben, doch man dürfe sich "nicht hinter dem Strafrecht verstecken", sagte Selma Yildirim (SPÖ). Auch sie bezweifle, dass die Senkung der Strafmündigkeit dazu führen würde, künftige Verbrechen zu verhindern. Es gebe Schutzkonzepte, die jedoch nicht greifen. Die Gewaltspirale müsse durchbrochen und Verhaltensänderungen bewirkt werden, so Yildirim.

Der Bundeskanzler werde keine Freude über diese Vertagung haben, da dieser ja Überlegungen zur Senkung der Strafmündigkeit angeregt habe, meinte Christian Lausch (FPÖ). Doch wolle man offensichtlich dieses Thema vor der Wahl nicht mehr angehen, die Bevölkerung hätte sich dies aber verdient, so Lausch.

Justizministerin Alma Zadić bedankte sich bei den Abgeordneten für die aus ihrer Sicht konstruktive Debatte zu diesem Thema. Im weltweiten Ländervergleich würde sich Österreich bei der Herabsetzung der Strafmündigkeit in "keine gute Gesellschaft" begeben und auch in der Schweiz sei eine Bestrafung erst mit dem 15. Lebensjahr möglich. Man müsse bei der Debatte über das Modell in der Schweiz genauer hinblicken und sich mit den rechtlichen Regelungen auseinandersetzen. Zadić verwies darauf, dass in Österreich die Kinder- und Jugendhilfe im Jahr 2020 "verländert" wurde und diese sehr wohl die Möglichkeit habe, Maßnahmen zu setzen, jedoch oft zugewartete werde, bis Jugendliche 14 Jahre alt sind und der Strafjustiz übergeben werden können. Wenn ein Jugendlicher in Österreich ins Gefängnis müsse, hätte er "schon echt etwas verbrochen", es sei zu spät erst hier anzusetzen, so die Justizministerin. Weiters wies sie darauf hin, dass Paragraf 199 im Strafgesetzbuch die Eltern in die Pflicht nehme.

Alternativen zur Haft von Jugendlichen

Für Alternativen zur Haft bei jungen Menschen setzt sich die SPÖ mit einem wiederaufgenommenen Antrag ein (897/A(E)), der erneut vertagt wurde. Gefordert wird eine Rücknahme der im Gewaltschutzgesetz 2019 enthaltenen Verschärfungen für junge Erwachsene sowie die Schaffung von zusätzlichen Jugendkompetenzzentren, deren Schwerpunkte in den Bereichen Lernen und Entwicklung mit konstanten Bezugspersonen liegen sollen. In Österreich gebe es eine "auffallend hohe Zahl inhaftierter junger Erwachsener", sagte Selma Yildirim (SPÖ), doch eine längere Haft bringe keine Verhaltensänderungen, daher brauche es andere Lösungen.

Man müsse sich der Situation junger Menschen in Haft intensiv widmen. Durch das Gewaltschutzgesetz 2019 sei "eine Lücke entstanden", es sei ein Bestreben, dies zu verbessern, sagte Agnes Sirkka Prammer (Grüne) und stellte den Vertagungsantrag. Die generalpräventive Wirkung des Strafrechts sei eines der Grundsätze des Strafrechts und er empfinde es als befremdlich, wenn dieses in Frage gestellt werde, sagte Christian Stocker (ÖVP).

Selbstverständlich brauche es Strafen, meinte Selma Yildirim (SPÖ), es gehe jedoch auch darum, die Rückfallquote zu minimieren.

Für die Generalprävention nach außen hätte dieser Vorschlag eine verheerende Wirkung, sagte Christian Lausch (FPÖ). Über eine elektronische Fußfessel könnte man diskutieren.

FPÖ für Straferschwerungsgrund für kriminelle Migrant:innen

Mit der zunehmenden Zahl von Migrant:innen vergrößere sich auch die Anzahl der von ihnen begangenen Straftaten, heißt es in einem wiederaufgenommenen Initiativantrag der FPÖ, der im Strafgesetzbuch auf einen Erschwerungsgrund für kriminelle Migrant:innen abzielt und neuerlich vertagt wurde (2329/A ). Der "Missbrauch des Gastrechts" sei "unzweifelhaft eine besonders verwerfliche Handlung", welche eine entsprechende Sanktionierung erforderlich mache. Beim Unrechtsgehalt werde hier nicht auf die Herkunft abgestellt, sondern auf das besondere verwerfliche Verhalten bzw. Handeln unter Ausnutzung des vom Staat gewährten Schutzes, ist im Antrag zu lesen. Bei Vergewaltigungen und "besonders schlimmen Delikten" seien Migrant:innen in hohem Ausmaß überrepräsentiert, es müsse daher "stärker vorgegangen werden", sagte Harald Stefan (FPÖ).

Ausländer sein sei kein Erschwerungsgrund und für alle Täter:innen gelte das gleiche Strafgesetz. Es handle sich dabei um eine Diskussion, die "schon so oft" im Plenum geführt wurde, daher stelle er den Vertagungsantrag, sagte Georg Bürstmayr (Grüne). Es habe keinen Sinn, die Augen davor zu verschließen, dass bei Frauenmorden und Vergewaltigungen der Anteil der Täter mit Migrationshintergrund besonders hoch ist. Es gebe hier ein Problem, doch dieses könne nicht im Sinne dieses Antrags gelöst werden, sagte Gudrun Kugler (ÖVP). Denn dieser widerspreche der Logik des Strafrechts, welches vorsehe, das Strafausmaß aufgrund der begangenen Handlungen festzusetzen, nicht aufgrund eines Status.

Debatte über Strafbarkeit des Versendens von "Dickpics"

Das ungefragte Versenden von Bildern von männlichen Genitalien im Internet, sogenannten "Dickpics", sei eine Grenzüberschreitung, Machtdemonstration und laut Expert:innen klar als sexuelle Belästigung einzustufen, heißt es in einem wiederaufgenommenen Antrag der SPÖ (2434/A(E)), der neuerlich vertagt wurde. Ein rechtliches Vorgehen in Österreich sei aktuell nur möglich, wenn regelmäßig und über einen längeren Zeitraum hinweg Genitalfotos verschickt werden oder bei unmündigen Opfern die Anbahnung von Sexualkontakten beabsichtigt ist. Die Sozialdemokrat:innen fordern daher einen Gesetzentwurf für die Strafbarkeit des ungefragten Versendens von solchen Bildern. Die "unsagbar tragischen" Vorfälle der vergangenen Zeit hätten gezeigt, wie wenig Bewusstsein es gebe, wenn es um sexuelle Belästigung gehe, sagte Selma Yildirim (SPÖ) und sprach sich dafür aus, mehr Sensibilität dafür zu schaffen.

Sie stimme zu, dass es an der Zeit sei, eine diesbezügliche Lösung zu finden, es gebe jedoch noch keine Einigung darüber, in welchem Gesetz man die diesbezüglichen Bestimmungen unterbringen wolle, sagte Corinna Scharzenberger (ÖVP) und stellte daher den Vertagungsantrag. Innerhalb der Koalition sei man sich nach wie vor nicht einig, wo dieses Verbot verankert werden solle, betonte auch Georg Bürstmayr (Grüne). Das Strafrecht sei für die Grünen das "Ulima ratio", die Vertagung bedeute aber keinesfalls die Missachtung des Anliegens.

Er wolle das Problem keineswegs verharmlosen, jedoch komme es vor, dass Jugendliche derartige Bilder mitunter "sehr unbedarft" verschicken, meinte Harald Stefan (FPÖ). Jedenfalls sei die neuerliche Vertagung des Antrags "enttäuschend", da die Regierungsparteien bereits genug Zeit gehabt hätten, sich für einen Paragraf zu entscheiden, um dieses Thema zu regeln.

Schwere Fälle der Tierquälerei härter bestrafen

Ebenfalls höhere Strafen forderte die SPÖ in einem wiederaufgenommenen Initiativantrag für besonders schwere Fälle der Tierquälerei, da der pauschale Strafrahmen mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren nicht ausreichend sei. Er solle deshalb auf drei bzw. fünf Jahre erhöht werden (3107/A). Zudem solle beim Ausmaß der Strafe insbesondere berücksichtigt werden, wenn es um eine Vielzahl von gequälten Tieren gehe, beispielsweise um das Häuten von lebenden Kleintieren sowie wenn Tiere aufgrund der erlittenen Misshandlungen eingeschläfert werden müssen, sagte Selma Yildirim (SPÖ). Auswertungen hätten gezeigt, dass spätere Serientäter:innen häufig in ihrer Kindheit Taten von massiver Tierquälerei ausgeführt hätten, daher müsse man bei diesem Thema genau hinsehen.

Es handle sich hierbei um einen "interessanten Antrag", der bereits im Juni 2023 erstmals vertagt wurde, sagte Gertraud Salzmann (ÖVP). Es brauche dazu weitere Überlegungen und eine Gesamtbeurteilung der Verhältnismäßigkeit beispielsweise im Vergleich zum Strafausmaß bei Körperverletzung von Menschen. Sie stellte daher neuerlich einen Vertagungsantrag.

Er bedauere auch diese Vertagung, sagte Harald Stefan (FPÖ), denn seine Fraktion würde diesen Antrag unterstützen (Fortsetzung Justizausschuss) bea