Parlamentskorrespondenz Nr. 357 vom 11.04.2024

Rechnungshofausschuss widmet sich Prüfbericht zur Sanierung des Parlamentsgebäudes

Rechnungshofpräsidentin Kraker diskutiert mit Abgeordneten Tätigkeitsbericht 2023

Wien (PK) – Insgesamt drei Berichte hat der Rechnungshof zur in den Jahren 2018 bis 2022 erfolgten Sanierung des Parlamentsgebäudes vorgelegt. Im heute vom Rechnungshofausschuss behandelten Bericht standen Organisation, Termin-, Kosten- und Budgetentwicklung, Vergaben, Bestandserhebung und Nachhaltigkeit der Sanierung im Zentrum. Während das Prüforgan Schwächen bei der Ausführungsterminplanung, der Erkundung von Schad- und Störstoffen sowie bei der Qualitätssicherung von Ausschreibungsunterlagen ortet, bewertet es das Mängelmanagement sowie Verbesserungen bei Barrierefreiheit und Brandschutz positiv. Außerdem habe der Heizenergiebedarf pro Quadratmeter reduziert werden können, wie aus dem Bericht hervorgeht. Geprüft wurden die Jahre 2015 bis 2022.

Als Auskunftspersonen standen den Abgeordneten neben Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker, Alexis Wintoniak, Parlamentsvizedirektor und Generalbevollmächtigter für die Sanierung des Parlamentsgebäudes, und Wolfgang Gleissner, Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), zur Verfügung.

Zudem befasste sich der Ausschuss mit dem Tätigkeitbericht 2023 des Rechnungshofs. Die Abgeordneten interessierten sich in diesem Zusammenhang vor allem für den Wirkungsgrad der Tätigkeit des Prüforgans sowie für dessen zukünftige Herausforderungen. Beide Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.

Prüfbericht zur Sanierung des Parlamentsgebäudes

Die Kosten für die fünfjährige Sanierung des Parlamentsgebäudes inklusive Interimslokationen und Umsiedlung belaufen sich laut Rechnungshofbericht voraussichtlich auf insgesamt 517,53 Mio. € (III-1027 d.B.). Sie lägen somit 19 % bzw. 83,12 Mio. € über einer Schätzung vom November 2015, wobei der Betrag unter anderem aufgrund noch ausständiger Schlussrechnungen noch nicht fixiert sei. Die Gebäudesanierung selbst schlage laut Prognose mit 362,77 Mio. € zu Buche. Bei den Hauptaufträgen sei es zu Mehrkosten von 53,1 % gegenüber den Auftragssummen gekommen. Änderungen gegenüber der freigegebenen Entwurfsplanung und die verlängerte Bauzeit, etwa wegen der COVID-19-Pandemie, seien Ursachen für die Zusatzaufträge, wie aus dem Bericht hervorgeht. Mehr als geplant sei vor allem in den Hauptgewerken Baumeister, Heizung-Klima-Lüftung-Sanitär und Elektrotechnik ausgegeben worden.

Weiters hält der Rechnungshof fest, dass das Parlamentsgebäude 26,5 Monate später fertiggestellt worden sei, als geplant. Er führt dies sowohl auf die Pandemie zurück als auch auf eine zu späte Schad- und Störstofferkundung. Letztlich seien  in allen Geschoßen mehrere Schadstoffe vorhanden gewesen, was Rückbaumaßnahmen notwendig gemacht und vermeidbare Mehrkosten von 1,47 Mio. € produziert habe. Auch widerrufenen Vergabeverfahren aufgrund zu kostenintensiver Angebote sowie Umplanungen und Projektoptimierungen hätten Zeit gekostet. Der Rechnungshof kritisiert daher, dass der Ausführungsterminplan zu Baubeginn nicht in der erforderlichen Detailschärfe vorgelegen sei.

Außerdem seien von der Örtlichen Bauaufsicht und der Begleitenden Kontrolle aufgezeigte Mängel bei den Ausschreibungsunterlagen nicht behoben worden. Dies habe zu Leistungsabweichungen und Zusatzaufträgen geführt, die dadurch nicht mehr dem Wettbewerb unterlegen seien. Der Rechnungshof empfiehlt daher im Qualitätssicherungsprozess der Ausschreibungsunterlagen auf eine konsequente Abarbeitung sämtlicher Anmerkungen von am Prüfprozess beteiligten Auftragnehmern zu achten. Zu Zusatzaufträgen habe auch die erst nachträglich beauftragte Fassadensanierung geführt.

Positiv bewertet der Rechnungshof, dass die Barrierefreiheit und der Brandschutz im Zuge der nachhaltigen Sanierung des Parlamentsgebäudes gesetzeskonform umgesetzt worden seien. Die Sanierungsmaßnahmen hätten zu einer energetischen Einsparung beim Heizenergiebedarf pro Quadratmeter und Jahr um 61 % geführt. Da die genutzte Fläche von rund 37.000 Quadratmetern auf circa 43.000 Quadratmeter anstieg, sei der Energiebedarf für das Gebäude jedoch nahezu ident zum Zustand vor der Sanierung geblieben. Außerdem seien seit der Sanierung rund 100 Quadratmeter weniger an Bürofläche vorhanden und der Anteil an zugemieteten Flächen um 19.448 Quadratmeter gestiegen, was zu zusätzlichen jährlichen Mietkosten von 3,34 Millionen Euro führe. Die Anzahl an Besucher:innen von jährlich durchschnittlich 100.000 vor der Sanierung habe sich auf über 500.000 im Jahr 2023 erhöht, wie im Bericht zudem ausgeführt wird.

Kraker, Wintoniak und Gleissner stellen sich Fragen der Abgeordneten

Für die Flächenentwicklung des Parlaments interessierten sich im Ausschuss auch Johann Singer (ÖVP), David Stögmüller (Grüne) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Parlamentsvizedirektor Alexis Wintoniak bestätigte die Steigerung der zugemieteten Flächen und begründete dies unter anderem mit einem "fundamental geänderten" Betrieb des Parlamentsgebäudes. Es würde sich nun eine wesentlich höhere Anzahl an Besucher:innen im Haus einfinden und viel mehr Veranstaltungen abgehalten werden. Auch die Anzahl an Mitarbeiter:innen im Haus sei angestiegen, erklärte Wintoniak und nannte etwa die Bereiche Demokratievermittlung, Führungen, Sicherheit und Facility Management. Zudem seien für das Besucherzentrum etwa 5.000 Quadratmeter an Betriebsfläche abgetreten worden. Schließlich stünden auch den Klubs nun mehr Flächen zu Verfügung, wobei die Anzahl an Fraktionen einen "nicht unwesentlichen Faktor" darstelle, wie Wintoniak in Hinblick auf die diesjährige Nationalratswahl anmerkte. Die Höhe der Mietkosten ließe sich außerdem mit den Büroflächen am Stubenring erklären, deren Mietung nicht unmittelbar beendet werden habe können. Generell müssten in historischen Gebäuden bei der Effizienz der Flächennutzung Abstriche gemacht werden. Die Kunstausstattung des Parlaments, für die sich Grünen-Abgeordnete Ulrike Maria Böker interessierte, sei "bewusst kein Thema" des Sanierungsprozesses gewesen, wie Wintoniak erklärte.

Von Johann Singer (ÖVP) auf die Schad- und Störstofferkundung bei der Sanierung angesprochen, antwortete BIG-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner, dass es bereits erste Erhebungen gegeben habe, als das Parlamentsgebäude noch in Betrieb gewesen sei. Jedoch seien die Schadstoffe erst bei den Abbrucharbeiten in vielen Teilen des Hauses aufgefunden worden. Die daraus entstandenen Kosten wären "so oder so" angefallen, erklärte Gleissner. Die von Wolfgang Zanger (FPÖ) angesprochenen noch vorhandenen Mängel, etwa bei der Temperatursteuerung oder den Fenstern, würden nach und nach abgearbeitet werden. Auch die Luftqualität im Gebäude werde regelmäßig gemessen, wie Karin Greiner (SPÖ) von Gleissner erfragte.

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker erwähnte die Steigerung der Energieeffizienz des Parlamentsgebäudes im Ausschuss lobend. Man habe sich auch sehr bemüht, dementsprechende Zertifizierungen zu erhalten, wie sie Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) antwortete. Auf Nachfrage seines Fraktionskollegen Johannes Margreiter ging sie näher auf die Rolle des Rechnungshofs bei der Kontrolle des Sanierungsprojekts und den Bauherrenausschuss ein. Der Rechnungshof erfülle prinzipiell eine nachprüfende und keine begleitende Funktion, wie Kraker ausführte. Sie sei zwar als "beratende Stimme" im Bauherrenausschuss vertreten gewesen, habe sich jedoch in keine Entscheidungsvorgänge eingemischt. Das zentrale Anliegen des Rechnungshofs sei die Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit, die bei seinen Berichten im Gegensatz zu den Sitzungen des Bauherrenausschusses gegeben sei. Die im Verlauf des Projekts erfolgte Verkleinerung des Aufsichtsgremiums bewertete Kraker als Schwächung der Projektaufsicht.

Tätigkeitsbericht 2023 des Rechnungshofs

Das Vorjahr war für den Rechnungshof geprägt vom Ende der COVID-19-Pandemie sowie der Teuerung und dem Rückgang der Wirtschaftsleistung Österreichs, wie aus seinem Tätigkeitbericht 2023 hervorgeht (III-1076 d.B.). Gestiegenen Ansprüchen an die Finanzkontrolle habe der Rechnungshof versucht durch einen "umfassenden Prüfansatz" gerecht zu werden. Im Prüfportfolio für 2023 finden sich noch einige COVID-19-Prüfungen, aus denen Handlungsanleitungen aus der Pandemie abgeleitet wurden, sowie Prüfungen zu künftigen Herausforderungen, wie Raumordnung, Energiewende und Klimaschutz. Auch die Nachhaltigkeit des Pensionssystems angesichts steigender Lebenserwartung und sinkender Geburtenraten wurde einer Gebarungsprüfung unterzogen. Darin ortet der Rechnungshof Handlungsbedarf, insbesondere was die Funktionalität der Alterssicherungskommission und den stark steigenden Bundesbeitrag zu den Pensionen betrifft.

Weiters standen die Funktionsfähigkeit der Verwaltung vor dem Hintergrund der Digitalisierung im Fokus sowie die Neuorganisation von Behörden, wie den Bildungsdirektionen. Hinzu seien Querschnittsmaterien "mit hoher Relevanz für unsere Gesellschaft", wie der Gewalt- und Opferschutz für Frauen gekommen. Prüfungsziel war es hier, unter anderem den rechtlichen Rahmen, die strategischen Ziele und Maßnahmen, die Aufgabenverteilung und Zusammenarbeit von Bundesministerien, Ländern und Opferschutzeinrichtungen sowie den Ressourceneinsatz, die Verfügbarkeit von Daten und die Erfahrungen mit dem im Jahr 2021 beschlossenen Gewaltschutzpaket darzustellen bzw. zu beurteilen.

Die Vermeidung von Interessenkonflikten und das Compliance-Management der öffentlichen Einrichtungen sowie die Korruptionsprävention spielten bei der Arbeit des Rechnungshofs  ebenfalls eine wichtige Rolle. Hier müsse ein strenger Maßstab gelten, da er für das Vertrauen in die Institutionen entscheidend sei, wird im Tätigkeitsbericht festgehalten. Zudem hat der Rechnungshof im Rahmen des Bundesrechnungsabschlusses im Jahr 2023 erstmals einen Schuldenbericht veröffentlicht, in dem er im Sinne einer nachhaltige Finanzierbarkeit des Haushalts zu Zurückhaltung bei der Ausgabensteigerung mahnt.

Kraker sieht Rechnungshof auf Wahljahr "gut vorbereitet"

Auf Nachfrage von Ulrike Maria Böker (Grüne) ging Rechnungshofpräsidentin Kraker im Ausschuss näher auf den Prüfschwerpunkt "Next Generation Austria" ein mit dem das Prüforgan seit 2022 ein besonderes Augenmerk auf die Generationengerechtigkeit und die Nachhaltigkeit staatlichen Handelns lege. Auch im Schuldenbericht werde versucht, diesen Aspekt zu berücksichtigen, der in Hinblick auf die kommenden Wahlen nicht vernachlässigt werden dürfe, erklärte Kraker. Wie sie Johannes Margreiter (NEOS) antwortete, werde das "Superwahljahr" den Rechnungshof vor besondere Herausforderungen stellen, was etwa erweiterte Rechenschaftsberichte aufgrund des Parteiengesetzes betreffe. Kraker sah den Rechnungshof darauf jedoch "gut vorbereitet". Die Abteilung für Parteien und Wahlen, bestehend aus sieben Prüfer:innen, werde im Mai um zwei weitere aufgestockt, erfuhr Georg Bürstmayr (Grüne).

Für den Wirkungsgrad der Tätigkeit des Rechnungshofs interessierten sich Stefan Hintner (ÖVP) und Wolfgang Zanger (FPÖ). Der Rechnungshof habe im Jahr 2023 acht Berichte über Follow-up-Überprüfungen von Umsetzungen von Empfehlungen veröffentlicht, wie Kraker ausführte. Der Wirkungsgrad von 69,6 % sei deutlich unter dem Zielwert von 80 % gelegen, was auf einem Bericht zum Pflegesystem basiere, aus dem ein großer Handlungsbedarf hervorgeht. Die Wirkung einer Institution dürfe jedoch nicht nur anhand eines Indikators gemessen werden, so Kraker. Neben dem Wirkungsgrad von Empfehlungen seien auch indirekte Wirkungen etwa durch die Beratungsleistungen für die geprüften Stellen zu berücksichtigen. (Schluss Rechnungshofausschuss) wit