Parlamentskorrespondenz Nr. 660 vom 17.06.2024

Neu im Innenausschuss

Wien (PK) – Die Regierungsparteien legen einen Gesetzesantrag (4130/A) betreffend Rechtsberatung von Asylwerber:innen vor. ÖVP und Grüne reagieren damit auf ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom Dezember 2023. Laut VfGH sei die Unabhängigkeit der Rechtsberatung für Asylwerber:innen und Fremde durch die Bundesbetreuungsagentur (BBU) bloß vertraglich, nicht aber hinreichend gesetzlich abgesichert. Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf werde verletzt.

Mit dem von den Antragsteller:innen eingebrachten Gesetzesentwurf soll das BBU-Errichtungsgesetz und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden. Es wird im Antragstext erläutert, dass damit die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Rechtsberater:innen gesetzlich abgesichert werden soll.

Kündigungsschutz für Rechtsberater:innen und klare Fallzuteilung

Zunächst ist im Antrag festgehalten, dass die Geschäftsführung der BBU einen eigenen, von den übrigen Geschäftsbereichen organisatorisch "strikt zu trennenden Geschäftsbereich für Rechtsberatung" einrichten solle. Die Bereichsleitung soll laut dem Entwurf von der Bundesministerin für Justiz bestimmt werden. Dem Geschäftsbereich Rechtsaufsicht solle die Fachaufsicht über die Beschäftigten zukommen, außerdem solle er mit Personal- und Budgethoheit ausgestattet sein. Um sicherzustellen, dass genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, solle der Vorhabensbericht der BBU-Geschäftsführung die Bereichsleitung beim Erstellen miteinbinden, heißt es.

Die Fachbereichsleitung Rechtsbeistand solle nur "fachliche Weisungen genereller Art" und keine, die sich auf einzelne Rechtsberatungsfälle beziehen, erteilen. Diese hätte schriftlich zu erfolgen, ebenso wie Weisungen gegenüber einzelnen Rechtsberater:innen.

Mit dem gewünschten Gesetz solle zudem geregelt werden, wie Fälle verteilt werden. Außerdem seien Regelungen vorzusehen, bei welchen Fällen sich ein Rechtsberater, eine Rechtsberaterin zwingend vertreten lassen müsste ("jedenfalls bei Befangenheit des Rechtsberaters"). Nur im Ausnahmefall dürften den Rechtsberater:innen zugeteilte Fälle entzogen werden. Dem Geschäftsbereich der Rechtsberatung sollen künftig auch Dolmetscher:innen und Übersetzer:innen, die bei der BBU beschäftigt sind, unterstehen. Des Weiteren soll auch ein Kündigungs- und Entlassungsschutz festgelegt werden. Damit eine Entlassung bzw. Kündigung rechtswirksam werden kann, sollen unter anderem Geschäftsführung und die Bereichsleitung Rechtsberatung im Vorhinein einvernehmlich entscheiden.

Qualitätsbeirat soll verpflichtend werden

Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates soll ebenso angepasst werden. Jeweils eines der Mitglieder, die vom Innenminister bzw. der Justizministerin bestimmt werden, müsse über "entsprechendes" Fachwissen im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts oder des Gesellschaftsrechts verfügen.

Außerdem soll der "bereits bestehende Qualitätsbeirat" künftig gesetzlich verpflichtend eingerichtet sein. Auch die Rahmenbedingungen dafür sind im Gesetzesentwurf festgelegt. So soll er aus acht Mitgliedern bestehenden, die alle über Fachwissen im Asyl- und Fremdenrecht verfügen. Jeweils ein Mitglied soll vom Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag und von der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter, zwei Mitglieder von zwei privaten gemeinnützigen Einrichtungen, die von den Minister:innen von Justiz und Inneres zu bestimmen seien, und zwei weitere Mitglieder von zwei universitären Instituten mit Forschungsschwerpunkt im Bereich der Menschenrechte kommen. Das achte Mitglied soll in einem rechtswissenschaftlichen Fach habilitiert sein mit besonderer Expertise für Asyl- und Fremdenrecht, es soll vom Innenminister und von der Justizministerin bestimmt werden. Dem Qualitätssicherungsbeirat komme laut Erläuterung ausschließlich eine beratende und empfehlende Funktion zu. Einmal jährlich müsse er einen Tätigkeitsbericht auf der Homepage der BBU veröffentlichen. (Schluss) map