Parlamentskorrespondenz Nr. 280 vom 10.04.2025

Bundesrat besiegelt Novellen zum Nationalfonds und zum ORF-Gesetz

Wien (PK) – Die Novelle zum Nationalfonds-Gesetz wird es Nationalratspräsident Walter Rosenkranz künftig ermöglichen, sich in seiner Rolle als Kuratoriumsvorsitzender des Nationalfonds vertreten zu lassen. Alternativ soll der Hauptausschuss des Nationalrats die Möglichkeit erhalten, Rosenkranz als Kuratoriumsvorsitzenden abzuwählen und stattdessen den Zweiten Präsidenten bzw. die Dritte Präsidentin mit der Leitung des Fonds zu betrauen. Im Bundesrat sprach sich heute eine breite Mehrheit für die Novelle aus. Kritik kam von der FPÖ, die darin etwa "Anlassgesetzgebung" ortet.

Mit der Novellierung des ORF-Gesetzes wird der monatliche ORF-Beitrag, den jeder österreichische Haushalt zahlen muss, bis Ende 2029 bei 15,30 € eingefroren. Zudem soll die Zahl der von der Regierung bestellten Stiftungsrät:innen von neun auf sechs reduziert werden. Gleichzeitig wird der Publikumsrat mehr Gewicht im 35-köpfigen Gremium erhalten. Diese Regelungen beschloss der Bundesrat mit Mehrheit. Weder FPÖ noch Grüne glauben, dass mit der vorliegenden Gremienreform der politische Einfluss auf den ORF geringer wird.

Nationalfonds-Vorsitzender kann ersetzt werden

Zusätzlich zu der neuen Regelung, dass der Nationalfonds-Vorsitzende ersetzt werden kann, wurde in der Novelle sichergestellt, dass der Fonds auch unter neuer Leitung weiterhin durch die Parlamentsdirektion personell unterstützt wird. Hintergrund der ursprünglich von den Grünen initiierten Initiative ist, dass die jüdische Gemeinschaft und Opferschutzverbände Vorbehalte gegen Rosenkranz haben.

Marlies Doppler (FPÖ/S) kritisierte, dass mit der Novelle ein politisch-ideologischer Eingriff gemacht werde. Aus ihrer Sicht werde damit nicht der Wille der Wähler:innen akzeptiert, die die Freiheitlichen "mehrheitlich" gewählt hätten. Mit dieser "Anlassgesetzgebung" würden demokratische Prinzipien mit Füßen getreten. Die FPÖ bekenne sich zum Nationalfonds und zur Erinnerungskultur, hielt sie fest. Dass außerdem in der Debatte die FPÖ unterschwellig mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht werde, lehne er massiv ab, betonte Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N). Das sei nicht nur eine Frechheit, sondern auch eine Verharmlosung des Nationalsozialismus. Aus seiner Sicht werde das Thema des Vorsitzes politisch instrumentalisiert, um Stimmung gegen die FPÖ zu machen.

Die Gesetzesänderung sei Ausdruck der Verantwortung gegenüber jenen, die verfolgt, entrechtet, vertrieben oder ermordet wurden, sagte Margit Göll (ÖVP/N). Außerdem sei sie ein Signal an die Opfer, dass sie gehört werden und ein Signal an die Gesellschaft, wachsam zu bleiben. Klara Neurauter (ÖVP/T) zufolge gehe es um die Glaubwürdigkeit für die historische Verantwortung Österreichs. Sie bat Nationalratspräsident Rosenkranz, seine Ankündigung wahr zu machen und freiwillig zur Seite zu treten.

Auch Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) hob die historische, politische und moralische Verantwortung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus hervor. Das Vertrauen sei allerdings durch Symboliken seitens des Nationalratspräsidenten Rosenkranz erschüttert, wie etwa durch eine Mitgliedschaft bei einer umstrittenen Burschenschaft. Nunmehr werde ein gangbarer Weg ermöglicht, dass es im Vorsitz des Fonds eine Vertretung geben kann. Diese Änderung werde auf demokratischem Weg mit breiter Mehrheit herbeigeführt, entgegnete Gruber-Pruner außerdem Marlies Doppler. Der Nationalfonds sei ein sichtbares Bekenntnis zu unserer historischen Schuld und zum klaren Vorsatz des "Nie wieder", betonte Sandro Beer (SPÖ/W). Wenn der Vorsitz von jenen in Frage gestellt werde, für die er gegründet worden sei, sei das ein Alarmsignal. Es gehe um eine glaubwürdige Erinnerungskultur und um das Vertrauen, insbesondere der Opferverbände und der Überlebenden.

Aus Sicht von Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS/W) empöre und verärgere der Nationalratspräsident seit seinem Amtsantritt mit "unangebrachtem ideologischen Verhalten". Sie hoffe, dass er sich nach dieser Gesetzesänderung im Nationalfonds freiwillig vertreten lassen werde. Auch Marco Schreuder (Grüne/W) kritisierte Rosenkranz, etwa weil er Mitglied einer "schlagenden, deutschnationalen Burschenschaft" sei. Sein Vorsitz im Nationalfonds wäre eine "Verhöhnung" der NS-Opfer, so Schreuder. Er dankte den Regierungsparteien, dass sie bei dieser Initiative der Grünen mitgehen.

ORF-Gremienreform und ORF-Beitrag bis Ende 2029 eingefroren

Zur Novellierung des ORF-Gesetzes mit der Gremienreform und dem Einfrieren des ORF-Beitrags bis Ende 2029 hielt Vizekanzler Andreas Babler fest, dass nach nunmehr eineinhalb Jahren die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) für mehr Unabhängigkeit für den ORF umgesetzt würden. Zudem werde dem ORF – zusammen mit dem Spargedanken - Planungssicherheit gegeben und zugleich die Gebührenzahler:innen entlastet. Die Reform sei in den wenigen Wochen seit Regierungsantritt nicht einfach gewesen, damit sie dem VfGH entspreche. Nunmehr nehme sich die Bundesregierung in den Gremien zurück und das Publikum werde die meisten Mitglieder an den Stiftungsrat entsenden. Insgesamt erfolge eine deutliche Stärkung der Unabhängigkeit und eine merkbare Orientierung hin zu den Hörer:innen und Seher:innen, so Babler. In den kommenden Jahren sollen ihm zufolge weitere Schritte hin zu einer großen ORF-Reform folgen. Ziel sei und bleibe ein erstklassiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk in einer vielfältigen Medienlandschaft in Österreich.

Deutliche Kritik kam demgegenüber von FPÖ und Grünen. Isabella Theuermann (FPÖ/K) ortet nach wie vor Verfassungswidrigkeiten, das Übergewicht im System der Gremien bleibe im Resultat unverändert. Zudem sprach sie sich für die Abschaffung der Haushaltsabgabe aus, zumal die "Zustände" wie etwa im Hinblick auf Spitzengagen im ORF untragbar seien. Außerdem sei der ORF von Vielfalt "meilenweit" entfernt. So habe sich etwa in der Corona-Berichterstattung eine "linke und systemtreue Propagandamaschine" gezeigt. Klemens Kofler (FPÖ/N) kritisierte, dass Zuseher:innen bis heute nichts zu reden hätten, aber alles zahlen müssten. Die "Zwangsabgabe" verzerre den Markt und gehöre sofort abgeschafft. Dem pflichtete Herbert Kober (FPÖ/St) bei. Der ORF sei längst zum "Regierungsfunk" verkommen und der "verlängerte Arm der regierenden Parteizentralen". Das zeige sich etwa in tendenziöser Berichterstattung und in einer einseitigen Gästeauswahl. Er fordere daher "echte Entpolitisierung" und einen ORF, der sich wieder dem Volk verpflichtet fühle und nicht der Regierung.

Für die "res publica", also die "öffentliche Sache", spiele der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine entscheidende Rolle zum Abbilden unterschiedlicher Meinungen, sagte Marco Schreuder (Grüne/W) - vor allem auch in Zeiten, in denen sich sonst Algorithmen auf Debatten auswirken. Gegen die Novelle sprach er sich aus, weil aus seiner Sicht der Regierung "durch die Hintertür" über die Wahlen zum Publikumsrat die politische Kontrolle bleibe. Was der VfGH vorgegeben habe, werde leider nicht erfüllt, so Schreuder, der das als "vergeudete Chance" wertete.

Der ORF habe eine wichtige Rolle in der Medienlandschaft, zumal das breite Spektrum an unterschiedlichen Meinungen dort dargestellt werden soll, so Harald Himmer (ÖVP/W). Auch die Parteien würden diesen Pluralismus in der Gesellschaft abbilden. Für gerechtfertigt halte er, bei einer Gebührenfinanzierung die Gehaltsstruktur zu hinterfragen und sich die Managergehälter anzuschauen. Zudem sprach er sich dafür aus, dass der ORF jede Bundesratssitzung übertragen sollte. Ernest Schwindsackl (ÖVP/St) zeigte sich überzeugt, dass es als Gegenpol zu Social-Media-Plattformen einen starken ORF sowie private Medien brauche.

Ein klares Ja zur Haushaltsabgabe äußerte Stefan Schennach (SPÖ/W). Ein öffentlich-rechtliches Unternehmen gehöre "uns allen", außerdem brauche es Planungssicherheit. Schreuder entgegnete er, dass die Vorgängerregierung das Erkenntnis des VfGH eineinhalb Jahre habe "liegen lassen". In Richtung von Theuermann hob er ausgezeichnete Sendungen des ORF, Radio Ö1 als "weltbesten Radiosender" und ein "großartiges Korrespondentennetz" hervor. Außerdem brauche es den öffentlich-rechtlichen Sender als starken Partner der Kultur und der österreichischen Filmindustrie. Daniel Schmid (SPÖ/T) warf der FPÖ vor, weiterhin einen "ideologischen Kickl-Feldzug" gegen den ORF zu führen. Es gehe nicht nur um Spitzengagen, viele im ORF würden Tag für Tag unter hohem Druck und unter chronischem Personalmangel arbeiten. Die FPÖ kritisiere außerdem die Haushaltsabgabe, wolle den ORF aber über das Bundesbudget finanzieren und ihn dadurch politisch erpressbar machen. Die vorliegende Gremienreform sei ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung und ein klares Bekenntnis zu einem unabhängigen ORF.

Freie Medien hätten eine wichtige Kontrollfunktion, etwa um mit Berichterstattung Machtmissbrauch zu verhindern, hielt Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS/W) fest. Den Grünen hielt sie entgegen, dass sie in der Vorgängerregierung das "zu-Grabe-tragen" der Wiener Zeitung mit zu verantworten hätten. Was die vorliegende Reform betrifft, könne diese nur ein erster Schritt zur Entpolitisierung und nachhaltigen Absicherung des ORF sein, der eine herausragende Bedeutung im heimischen Medienbereich habe.

Neues Mitglied im Ständigen gemeinsamen Ausschuss des Nationalrats und des Bundesrats

Einstimmig hat die Länderkammer Thomas Schmid (SPÖ/B) als neues Mitglied für den Ständigen gemeinsamen Ausschuss des Bundesrats und des Nationalrats gewählt. Neben 13 Nationalrät:innen sind in dem Gremium 13 Bundesrät:innen vertreten. Der Ausschuss soll im Falle von Streitigkeiten zwischen den Ländern und dem Bund über neue Landesabgaben eine Entscheidung herbeiführen. Beschließt ein Bundesland die Einführung einer neuen Steuer und wird dieser Beschluss von der Bundesregierung beeinsprucht, ist der Ausschuss einzuberufen. (Fortsetzung Bundesrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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