Volksbegehren

Volksbegehren sind für die Bürger:innen ein Weg, selbst ein Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Wie ein Volksbegehren zustande kommt und wann es im Nationalrat behandelt wird, erfahren Sie hier.

Vorparlamentarische Schritte

Volksbegehren müssen keine konkreten Gesetzesvorschläge bzw. -texte vorlegen, wohl aber ihr Anliegen genau beschreiben. Dabei muss es sich um eine Angelegenheit handeln, die in die Zuständigkeit des Bundes fällt.

Bei der Durchführung eines Volksbegehrens wirken das Innenministerium, die Gemeinden, die Bezirkswahlbehörden und die Bundeswahlbehörde mit.

Die einzelnen Schritte sind gesetzlich genau vorgeschrieben: Der erste Schritt ist die Anmeldung bei dem/der Bundesminister:in für Inneres. Nach einem anschließenden Einleitungsverfahren und Vorlage eines Einleitungsantrags startet das Eintragungsverfahren. 

Innerhalb des Eintragungszeitraums können stimmberechtigte Bürger:innen das Volksbegehren in jeder beliebigen Gemeinde oder online unterschreiben. 

BMI: Wie kommt es zu einem Volksbegehren?

Parlamentarische Behandlung

Wenn ein Volksbegehren im Eintragungsverfahren von zumindest 100.000 Stimmberechtigten oder von je einem Sechstel der Stimmberechtigten dreier Bundesländer unterzeichnet wird, wird es von der Bundeswahlbehörde dem Nationalrat zur Behandlung vorgelegt. 

Erst dann wird es zu einem Verhandlungsgegenstand des Nationalrats. Bei der Festlegung der Tagesordnung hat es Vorrang vor allen übrigen Gegenständen. Damit ist gewährleistet, dass sich die Abgeordneten mit den im Volksbegehren formulierten Anliegen rasch auseinandersetzen.

Verfahren im Ausschuss des National­rats

Zur Vorberatung wird das Volksbegehren dem fachlich zuständigen Ausschuss zugewiesen, der wiederum einen eigenen Unterausschuss dafür einsetzen kann. In Sonderfällen wird eigens ein Ausschuss dafür eingerichtet.

Die Vorberatung über ein Volksbegehren im Ausschuss hat innerhalb eines Monats nach der Zuweisung zu beginnen.

Der betraute Ausschuss kann zu seinen Beratungen Expert:innen und Sachverständige hinzuziehen. Auch der/die Bevollmächtigte des Volksbegehrens und zwei von ihm/ihr nominierte Stellvertreter:innen haben das Recht, an den Ausschuss- bzw. Unterausschussberatungen teilzunehmen.

Eine Generaldebatte über das Volksbegehren oder eine umfangreiche Erörterung mit Sachverständigen oder Auskunftspersonen ist öffentlich.

Nach weiteren vier Monaten ist dem Nationalrat jedenfalls ein Bericht über das Ergebnis der Beratungen zu erstatten. Danach wird über das Volksbegehren auch im Plenum des Nationalrats beraten.

Rechtswirkung

Die Inhalte bzw. Anliegen eines Volksbegehrens sind für den Nationalrat rechtlich nicht bindend. Das bedeutet, dass die Abgeordneten von Fall zu Fall über eine Umsetzung beraten.

Historisch betrachtet haben gleich die ersten drei Volksbegehren (siehe Auflistung auf der BMI-Website) jeweils ihr politisches Ziel erreicht, also die Erlassung entsprechender Gesetze, mit denen ihr Anliegen umgesetzt wurde. Dies waren neben dem Rundfunkgesetz (BGBl. 195/1966) das Arbeitszeitgesetz BGBl. 461/1969 (schrittweise Einführung der 40-Stunden-Woche) und die 3. Schulorganisationsgesetz-Novelle BGBl. 289/1969 (Abschaffung der 13. Schulstufe an den AHS).

Als jüngeres Beispiel sei das bundesweite Tierschutzgesetz (BGBl. I Nr. 118/2004) erwähnt. Es wurde zwar erst acht Jahre nach dem Tierschutzvolksbegehren beschlossen, doch wurde in den Erläuterungen der Regierungsvorlage gleich eingangs auf das Volksbegehren Bezug genommen.

Die Einführung des Karenzgelds für alle war eine der zentralen Forderungen des Familienvolksbegehrens (1999). In den Erläuterungen zum Kinderbetreuungsgeldgesetz (BGBl. I Nr. 103/2001) wurde allerdings nicht ausdrücklich auf das Volksbegehren hingewiesen.

Die Umsetzung der Klassenschülerhöchstzahl 25 durch die Änderung des Schulorganisationsgesetzes BGBl. I Nr. 116/2008 wiederum war bereits eine der Forderungen des Bildungsoffensive- und Studiengebühren-Volksbegehrens im Jahr 2001.

Als Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit sei das Gesetz zur Änderung des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetzes BGBl. I Nr. 66/2019 genannt, dessen zugrundeliegender Initiativantrag in der Begründung gleich eingangs auf die 881.569 Unterschriften für das Don’t-smoke-Volksbegehren Bezug nimmt.

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