Bundesrat Stenographisches Protokoll 678. Sitzung / Seite 68

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Drei-Parteien-Konsens hat so kleine Schrittchen. Renate Kanovsky-Wintermann hat die slowenische zweisprachige Handelsakademie in Klagenfurt angesprochen. Ich sage es Ihnen jetzt: Oh Gott, welche Plage über Jahrzehnte war die Installierung dieser Schule, die mittlerweile schon eine alte Schule ist.

Wir sollten endlich aufhören, politisch selbst zu vereinnahmen, was wir selbst nicht geleistet haben. Dass diese Schulen, diese Einrichtungen bestehen, ist auf mühsames jahrzehntelanges Engagieren, Bemühen von Menschen der slowenischen Volksgruppe zurückzuführen. Immer wieder wird diese Drei-Parteien-Heiligkeit zur Scheinheiligkeit, indem dann plötzlich Volksgruppenfreundlichkeit an den Tag gelegt wird.

Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Weder in der Frage der Frauenpolitik noch in der Frage der Volksgruppenpolitik geht es um Freundlichkeit. Es geht um Gerechtigkeit.

In Kärnten sind wir – das wissen alle, die hier sitzen – meilenweit davon entfernt – und ich differenziere jetzt ganz bewusst überhaupt nicht –, ein offenes Klima in der politischen Kulturauseinandersetzung zwischen Österreichisch sprechenden und Slowenisch sprechenden Menschen zu haben. (Bundesrätin Haunschmid: Warum ist das nicht in 20 Jahren passiert?) Das heißt, eine ernste Volksgruppenpolitik kann sich nicht darauf reduzieren. (Bundesrat Dr. Aspöck: Jahrzehnte sozialistischer Kompetenz!) – Sie sagen Jahrzehnte. Sie haben Recht. Auch die Sozialdemokratie hat in der Vergangenheit den Drei-Parteien-Konsens gesucht. Und ich stehe hier als Sozialdemokratin und sage das hier nicht zum ersten Mal: Auseinandersetzung, auch in der eigenen Partei, ist der politische Diskurs.

Ich hätte mir auch in der Vergangenheit eine offensivere und internationale Reform der Bewältigung dieser Frage gewünscht. Aber das, was wir jetzt haben, ist weder ein neues Klima noch eine Offensive, sondern das ist vielleicht ein bisschen das Augenzwinkern mit Freundlichkeit, das aber nicht ernst gemeint ist. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Aspöck. )

Wir Kärntner Bundesräte sollten die Frage der Volksgruppenpolitik nicht zum parteipolitischen Spiel machen, sondern uns dort reduzieren, wo das demokratische Bekenntnis beginnt und endet. Förderung heißt Stützung, nämlich die Stützung der Schwächeren und der Minderheiten, und davon sind wir in Kärnten meilenweit entfernt. (Bundesrat Dr. Nittmann: Dank der SPÖ! – Beifall bei der SPÖ.)

13.26

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

13.26

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mich stimmen manche Entwicklungen in der politischen Landschaft sehr traurig und erfüllen mich mit Sorge.

Es scheint jetzt bei der Sozialdemokratischen Partei eine totale Abkehr von dem früher so hochgehaltenen Prinzip des Föderalismus, der Eigenständigkeit, der Zuständigkeit im eigenen Land zu geben. Es war immer in allen Diskussionen klar, dass gerade für den Pflichtschulbereich die Zuständigkeit im eigenen Land liegt. Die Landeshauptleute aller Couleurs – ich betone das – beharren auch darauf. Wer für die Pflichtschulen, für das gesamte Personal zuständig ist, der schreibt auch die Direktorenstellen für die Pflichtschulen mit den entsprechenden Qualifikationserfordernissen aus.

Diese Diskussion über die erwarteten Qualifikationen für einen Direktor oder für eine Direktorin ist im Land zu führen. Das ist im Land zu entscheiden, das ist im Land auszuschreiben, und die Stellenbesetzung ist im Land vorzunehmen. Ich meine, dass wir von diesem gelebten Föderalismus nicht abgehen und nicht in einen neuen Zentralismus verfallen sollten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


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