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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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753. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Donnerstag, 14. Feber 2008

 

 


Stenographisches Protokoll

753. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 14. Februar 2008

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 14. Februar 2008: 9.05 – 21.51 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2005)

2. Punkt: Bericht über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2006)

3. Punkt: Bericht an das österreichische Parlament; Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2007 – Achtzehnmonatsprogramm des deutschen, portugiesischen und des slowenischen Vorsitzes

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Vereinsgesetz 2002 geändert wird

5. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (ICPO-Interpol) über den Amtssitz der Interpol Anti-Korruptionsakademie in Österreich samt Anhang

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

7. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen zur Förderung der Legalisierung der Pflege und Betreuung in Privathaushalten erlassen werden (Pflege-Verfassungsgesetz)

8. Punkt: Jahresvorschau des BMSG 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission für 2007 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des Rates

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird

10. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel

11. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Mongolei über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich

12. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über wissenschaftlich-technische Zusammen­arbeit

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz und das Mine­ralölsteuergesetz 1995 geändert werden – Ökologisierungsgesetz 2007 (ÖkoG 2007)


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 2

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz (Ökostromgesetz-No­velle 2008) und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parla­mentarischer Mitarbeiter (Parlamentsmitarbeitergesetz) geändert wird

16. Punkt: Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und eines Ersatz­mitgliedes des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Rechtswirksamkeit der Mandatsrücklegung von Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach ................................................................. 9

Schreiben des Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht der Bundesräte Josef Kalina, Monika Kemperle, Harald Reisenberger und Reinhard Todt sowie Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern in den Bundesrat ............................................................................... 10

Angelobung der Bundesräte Elisabeth Grimling, Josef Kalina, Monika Kem­perle, Harald Reisenberger und Reinhard Todt ........................................................................................................ 11

Antrittsansprache des Präsidenten Helmut Kritzinger ........................................... 11

Erklärung des Landeshauptmannes von Tirol DDr. Herwig van Staa gemäß § 38 Abs. 3 GO-BR zum Thema „Die Rolle der Bundesländer in einem föderalistischen Bundesstaat“ – Bekanntgabe                     14

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 38 Abs. 4 GO-BR ....................... 14

Landeshauptmann DDr. Herwig van Staa ................................................................. 15

Debatte:

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ ..... 21

Eva Konrad .............................................................................................................. ..... 24

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 28

Hans Ager ................................................................................................................ ..... 30

Landeshauptmann von Tirol DDr. Herwig van Staa ........................................... ..... 32

Jürgen Weiss ........................................................................................................... ..... 37

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 39

Albrecht Konecny ................................................................................................... ..... 41

Ludwig Bieringer .................................................................................................... ..... 43

Hans Ager (tatsächliche Berichtigung) ......................................................................... 43

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Alfred Gusenbauer betreffend Nominierung von Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern in den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz ........................................................................................................ 61

Schreiben des Vizekanzlers Mag. Wilhelm Molterer betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit dem Königreich Bahrain zum Abschluss eines Abkommens mit der Republik Österreich auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz     ............................................................................................................................... 62


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 3

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 65

16. Punkt: Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948                          194

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 9

Fragestunde (132.)

Europäische und internationale Angelegenheiten ................................................. 44

Maria Mosbacher (1600/M-BR/08); Karl Bader, Eva Konrad, Monika Mühlwerth

Dr. Franz Eduard Kühnel (1596/M-BR/08); Albrecht Konecny, Stefan Schennach

Stefan Schennach (1595/M-BR/08); Albrecht Konecny, Dr. Franz Eduard Kühnel

Josef Kalina (1601/M-BR/08); Franz Wolfinger, Elisabeth Kerschbaum

Mag. Harald Himmer (1597/M-BR/08); Monika Kemperle, Eva Konrad

Peter Mitterer (1599/M-BR/08); Franz Breiner, Josef Saller

Wolfgang Schimböck (1602/M-BR/08); Alfred Schöls, Stefan Schennach

Hans Ager (1598/M-BR/08); Eva Konrad, Ing. Siegfried Kampl

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 11

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 63

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 61

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Stefan Schennach, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kolle­gen an den Bundesminister für Inneres betreffend Missbrauch des Innenminis­teriums für parteipolitische Zwecke (2595/J-BR/08)   ............................................................................................................................. 107

Begründung: Stefan Schennach ................................................................................ 107

Bundesminister Günther Platter .............................................................................. 113

Debatte:

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 119

Albrecht Konecny ................................................................................................... ... 121

Mag. Harald Himmer .............................................................................................. ... 122

Bundesminister Günther Platter .......................................................................... ... 125

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 126

Karl Bader ................................................................................................................ ... 131

Franz Breiner ........................................................................................................... ... 133


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 4

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2005) (III-310-BR/2006 d.B. sowie 7884/BR d.B.) ........................................................................ 63

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 64

2. Punkt: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2006) (III-335-BR/2008 d.B. sowie 7885/BR d.B.) ........................................................................ 64

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 64

3. Punkt: Bericht des Bundesministers für Inneres an das österreichische Parla­ment; Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2007 – Achtzehn­monatsprogramm des deutschen, portugiesischen und des slowenischen Vorsit­zes (III-318-BR/2007 d.B. sowie 7886/BR d.B.) .............. 64

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 64

Redner/Rednerinnen:

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 64

Bundesminister Günther Platter .................................................................  71, 96, 149

Bundesministerin Dr. Maria Berger ..................................................................... ..... 81

Ludwig Bieringer .................................................................................................... ..... 83

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 86

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 89

Josef Kalina ............................................................................................................. ..... 92

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 99

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 102

Reinhard Todt ....................................................................................................  105, 135

Edgar Mayer ................................................................................................................ 135

Josef Kalina (tatsächliche Berichtigung) .................................................................... 138

Harald Reisenberger .............................................................................................. ... 139

Alfred Schöls ........................................................................................................... ... 143

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ... 145

Mag. Susanne Neuwirth ......................................................................................... ... 147

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 1, den Bericht III-310-BR/06 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 150

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, den Bericht III-335-BR/08 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 151

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, den Bericht III-318-BR/07 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 151

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vereinsgesetz 2002 geändert wird (263 d.B. und 439 d.B. sowie 7887/BR d.B.) ....... 151

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 151

Redner/Rednerinnen:

Maria Mosbacher .................................................................................................... ... 151

Günther Köberl ....................................................................................................... ... 152


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 5

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 152

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Kriminal­polizeilichen Organisation (ICPO-Interpol) über den Amtssitz der Interpol Anti-Korruptionsakademie in Österreich samt Anhang (223 d.B. und 440 d.B. sowie 7888/BR d.B.) ............................................................................................................... 153

Berichterstatter: Alfred Schöls ................................................................................... 153

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ... 153

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ... 154

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 155

Bundesminister Günther Platter .......................................................................... ... 156

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............................................................... 157

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 31. Jänner 2008 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (549/A und 420 d.B. sowie 7894/BR d.B.) ...... 157

Berichterstatter: Mag. Gerald Klug ............................................................................ 157

Redner/Rednerinnen:

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ ... 157

Jürgen Weiss ........................................................................................................... ... 158

Franz Breiner ........................................................................................................... ... 160

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 161

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen zur Förderung der Legalisierung der Pflege und Betreuung in Privathaushalten erlassen werden (Pflege-Verfassungsgesetz) (547/A und 430 d.B. sowie 7889/BR d.B.)                             161

Berichterstatterin: Renate Seitner .............................................................................. 161

Redner/Rednerinnen:

Eva Konrad .............................................................................................................. ... 161

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ... 163

Edgar Mayer ............................................................................................................ ... 165

Alfred Schöls ........................................................................................................... ... 167

Josef Saller .............................................................................................................. ... 167

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger .................................................................. ... 168

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ............................................................... ... 170

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 172

8. Punkt: Jahresvorschau des BMSG 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission für 2007 sowie des Achtzehnmonats­programms des Rates (III-320-BR/2007 d.B. sowie 7890/BR d.B.) ............................................................................................................... 172


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 6

Berichterstatterin: Renate Seitner .............................................................................. 172

Redner/Rednerinnen:

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ... 172

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 173

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-320-BR/07 d.B. zur Kenntnis zu nehmen             ............................................................................................................................. 174

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (405 d.B. und 421 d.B. sowie 7879/BR d.B. und 7880/BR d.B.) ............................................................................................................................. 175

Berichterstatter: Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ............................................... 175

Redner/Rednerinnen:

Reinhard Todt ......................................................................................................... ... 175

Mag. Bernhard Baier .............................................................................................. ... 176

Eva Konrad .............................................................................................................. ... 178

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................ ... 180

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 182

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel (101 d.B. und 427 d.B. sowie 7881/BR d.B.)                          182

Berichterstatter: Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ............................................... 182

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Mongolei über die gegen­seitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich (257 d.B. und 428 d.B. sowie 7882/BR d.B.) ................................. 182

Berichterstatter: Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ............................................... 182

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (258 d.B. und 429 d.B. sowie 7883/BR d.B.) ................ 182

Berichterstatter: Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ............................................... 182

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 182

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 182

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen ........................................ 183

Gemeinsame Beratung über


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 7

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz und das Mineralöl­steuergesetz 1995 geändert werden – Ökologisierungsgesetz 2007 (ÖkoG 2007) (406 d.B. und 441 d.B. sowie 7891/BR d.B.)               184

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ..................................................................... 184

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Ökostromgesetz (Ökostromgesetz-Novelle 2008) und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (442 d.B. sowie 7892/BR d.B.) ..................................................................................... 184

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ..................................................................... 184

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 184

Günther Molzbichler ............................................................................................... ... 187

Franz Breiner ........................................................................................................... ... 189

Edgar Mayer ............................................................................................................ ... 190

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ... 191

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 192

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, 1. gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen ............................................... 193

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 31. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parla­mentarischer Mitarbeiter (Parlamentsmitarbeitergesetz) geändert wird (489/A und 445 d.B. sowie 7893/BR d.B.) ............................................................ 193

Berichterstatter: Alfred Schöls ................................................................................... 193

Redner:

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 193

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 194

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend „Prager Literaturhaus deutsch­sprachi­ger Autoren“ (2591/J-BR/08)

Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Befangenheit eines Mitgliedes der Evaluierungskommission im Fall Kampusch (2592/J-BR/08)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Bahnstrecke Bregenz–St. Gallen (2593/J-BR/08)


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 8

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Agentur für den Schutz vor Naturgefahren (2594/J-BR/08)

Stefan Schennach, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend Missbrauch des Innenministeriums für parteipolitische Zwecke (2595/J-BR/08)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Anbau beim landesgerichtlichen Gefan­genenhaus in Feldkirch (2596/J-BR/08)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bun­desräte Dr. Erich Gumplmaier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Entwicklung des Aufkommens an Pensionsbeiträgen (2384/AB-BR/07 zu 2584/J-BR/07)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesräte Franz Perhab, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schließungsgerüchte um die Kaserne Aigen im Ennstal im Zuge der Bundesheer-Reform (2385/AB-BR/07 zu 2585/J-BR/07)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationen über die Situation an Gymnasien (Schülerentwicklung bzw. Schülerströme, Schulerfolg, etc.) in der Landeshauptstadt Linz (2386/AB-BR/08 zu 2587/J-BR/07)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unvereinbarkeit von Aufsichtsräten (2387/AB-BR/08 zu 2586/J-BR/07)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Land der Lügen“ im Klimaschutz (2388/AB-BR/08 zu 2589/J-BR/07)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Land der Lügen“ im Klimaschutz (2389/AB-BR/08 zu 2588/J-BR/07)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Entwicklung des FH-Standortes Linz (2390/AB-BR/08 zu 2590/J-BR/07)


09.05.23


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 9

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

 


Präsident Helmut Kritzinger: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 753. Sitzung des Bundesrates und darf meiner Freude über das große Medien­interesse Ausdruck geben, vor allem aber meiner Freude darüber, dass wir den Herrn Landeshauptmann von Tirol, DDr. Herwig van Staa, und auch den Landtagspräsi­denten von Tirol, Prof. Ing. Helmut Mader, heute in unserer Mitte haben. Ich freue mich auch über eine Persönlichkeit, die im EU-Parlament entscheidend mitzusprechen hat: Das ist Herr Abgeordneter Dr. Michl Ebner. Auch er ist anwesend. Herzlich will­kommen! (Allgemeiner Beifall.)

Die Amtlichen Protokolle der 751. und 752. Sitzung des Bundesrates vom 19. und 20. Dezember 2007 sind aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Manfred Gruber, Gott­fried Kneifel, Erwin Preiner, Sissy Roth-Halvax und Helmut Wiesenegg.

09.06.45Einlauf

 


Präsident Helmut Kritzinger: Eingelangt sind die Schreiben des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht beziehungsweise die Wahl von Mitgliedern des Bundes­rates und ihrer Ersatzmitglieder.

Hinsichtlich des Wortlautes dieser Schreiben verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Schreiben des Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht sowie Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern:

„Johann Hatzl
Erster Präsident des Wiener Landtages

Herrn
Präsidenten des Bundesrates
Helmut Kritzinger
Parlament
1017 Wien                                                                                                     Wien, 28. Dezember 2007

05856-2007/0001-MDSALTG
Mandatsrücklegung

Sehr geehrter Herr Präsident!

Das an 1. Stelle gereihte Mitglied des Bundesrates, Frau Anna Elisabeth Haselbach, hat mit Schreiben vom 22. Oktober 2007 ihre Mandatsrücklegung mit Wirkung 31. De­zember 2007 bekannt gegeben.

Hiermit darf ich Ihnen mitteilen, dass diese Verzichtserklärung rechtswirksam wurde.

Weiters hat das an 1. Stelle gereihte Ersatzmitglied des Bundesrates, Frau Katharina Schinner, ihr Mandat mit 31. Dezember 2007 zurückgelegt.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 10

Mit vorzüglicher Hochachtung

Johann Hatzl

1 Beilage“

*****

„Wien, 31. Dez. 2007

Erklärung

Als Ersatzmitglied verzichte ich auf meine Berufung in den Bundesrat.“

*****

„Johann Hatzl
Erster Präsident des Wiener Landtages

Herrn
Präsidenten des Bundesrates
Helmut Kritzinger
Parlament
1017 Wien                                                                                                             Wien, 23. Jänner 2008

00027-2008/0001-MDSALTG
Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates

Sehr geehrter Herr Präsident!

Das an 1. Stelle gereihte Mitglied des Bundesrates Anna Elisabeth Haselbach und das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Katharina Schinner haben ihr Mandat am 31. Dezember 2007 zurückgelegt.

Folgende Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates haben ihr Mandat am 22. Jänner 2008 zurückgelegt:

Das an 3. Stelle gereihte Mitglied Monika Kemperle und das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Martina Ludwig-Faymann,

das an 6. Stelle gereihte Mitglied Harald Reisenberger und das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Friedrich Strobl,

das an 8. Stelle gereihte Mitglied Reinhard Todt und das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Christian Deutsch,

das an 11. Stelle gereihte Mitglied Josef Kalina und das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Martina Malyar.

Auf Vorschlag der Sozialdemokratischen Fraktion des Wiener Landtages und Gemein­derates wurden in der Sitzung des Wiener Landtages vom 23. Jänner 2008 folgende Mitglieder und Ersatzmitglieder gewählt:

Für die 1. Stelle: Harald Reisenberger

Ersatz: Friedrich Strobl

für die 3. Stelle: Reinhard Todt

Ersatz: Christian Deutsch


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 11

für die 6. Stelle: Monika Kemperle

Ersatz: Martina Ludwig-Faymann

für die 8. Stelle: Josef Kalina

Ersatz: Martina Malyar

für die 11. Stelle: Elisabeth Grimling

Ersatz: Katharina Schinner

Mit vorzüglicher Hochachtung

Johann Hatzl“

*****

09.07.18Angelobung

 


Präsident Helmut Kritzinger: Das neue Mitglied beziehungsweise die wiedergewähl­ten Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich ersuche nun die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.

9.07.54

 


Schriftführer Ernst Winter: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

Über Namensaufruf durch den Schriftführer Winter leisten die Bundesräte Elisabeth Grimling, Josef Kalina, Monika Kemperle, Harald Reisenberger und Reinhard Todt ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.

*****

 


Präsident Helmut Kritzinger: Ich begrüße die neuen Mitglieder und die wieder­gewählten Mitglieder des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte. (Die Bundesräte der SPÖ-Fraktion begeben sich der Reihe nach zu den soeben angelobten Kollegen und reichen diesen die Hand.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Helmut Kritzinger: Ich gebe bekannt, dass der Ministerratsdienst des Bun­deskanzleramtes jeweils die Mitteilung gemacht hat, dass sich der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Werner Faymann vom 14. bis 17. Februar 2008 in Italien und die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied vom 14. bis 15. Februar 2008 in Brüssel aufhalten.

09.10.01Antrittsansprache des Präsidenten

 


9.10.02

Präsident Helmut Kritzinger: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoch geschätzter Herr Landeshauptmann! Am 1. Jänner 2008 hat nach viereinhalb Jahren


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wiederum Tirol den Vorsitz im Bundesrat und in der Landeshauptleutekonferenz über­nommen. Ich danke dem Herrn Landeshauptmann, dass er heute in den Bundesrat gekommen ist und über die Rolle der Bundesländer in einem föderalistischen Bun­desstaat sprechen wird.

Ich werde mich ebenso wie meine Vorgänger und Vorgängerinnen bemühen, das Amt des Bundesratspräsidenten unparteiisch zu führen, und das Meine dazu tun, dass im Bundesrat ein Klima des gegenseitigen Respekts und der Fairness herrscht.

Zum Bundesstaat Österreich gehört meiner Meinung nach unbedingt der Bundesrat. Wir wissen alle, dass er öfters umstritten war. Das hat sich seither nicht geändert. Wir Bundesräte müssen uns immer wieder rechtfertigen, was wir tun, und zur Saure-Gurken-Zeit im Sommer kommt regelmäßig die Forderung nach Abschaffung des Bundesrates.

Es wird auch immer wieder über die Reform gesprochen und geschrieben. Die Initiati­ven und Vorschläge füllen bereits dicke Ordner. Viele fruchtbare Ideen wurden von meinen Vorgängern immer wieder geäußert. Auch eine Klausur der Mitglieder der Prä­sidialkonferenz brachte bemerkenswerte Vorschläge für eine Stärkung des Bundes­rates.

Ich will Sie nicht im Einzelnen damit befassen, aber wir sollten diese Reformvorschläge aktuell halten. Es hat auch auf Initiative des Bundesrates selbst einige Verbesserungen gegeben, zum Beispiel die Möglichkeit der Anfechtung von Gesetzen durch ein Drittel der Mitglieder des Bundesrates, ein Mitwirkungsrecht des Bundesrates bei EU-Vor­haben sowie manche Straffung und Vereinfachung in den Abläufen.

Der Bundesrat leidet auch an Außenwirkung. Dazu trägt der beengte Sitzungssaal bei. Heute haben wir wieder ein Beispiel dafür: Kaum zwei Dutzend Zuhörer finden Platz, und diese sitzen da entlang der Innenwand des Raumes. Dazu kommen noch die mickrigen Schreibpulte. Das alles hebt eben auch nicht das Interesse am Bundesrat und den Wert des Bundesrates.

Wie wir wissen, meine hoch geschätzten Kollegen und Kolleginnen, wird in den nächs­ten Jahren der Nationalratssaal umgebaut. Da gibt es auch in unserem Saal Staub und Lärm. Wir werden also übersiedeln müssen, zumindest ist das wünschens­wert: nicht in das Palais Epstein, sondern in den sogenannten Wappensaal bezie­hungs­weise Budgetsaal, der größer ist und für die Plenarsitzungen des Bundesrates gut genutzt werden könnte. Wenn der Nationalratssaal fertig gestellt ist, wird man zwischen den zwei Sälen vergleichen. Die Renovierung des Nationalratssaals ist unbedingt not­wendig. Es wäre aber unverständlich, wenn der Bundesrat keine Chance einer Ver­besserung hätte.

Meine Vorstellung wäre, dass ein gestärkter Bundesrat seine Sitzungen im Budgetsaal abhält und seinen unbestrittenen Platz im politischen Gefüge Österreichs auch innehat. Insgesamt geht die Bundesratsreform jedoch recht zäh voran, was natürlich auch an der aktuellen politischen Landschaft liegt, wo Einigungen immer schwieriger werden und der Bundesrat nicht eben oberste Priorität hat.

Es besteht auch ein Trend zum Zentralismus. Der Landtagspräsident von Tirol, Prof. Ing. Mader, definierte einmal den Weg der Zentralstelle, wo diese Bestrebung angesiedelt ist, mit der berühmten „Salamitaktik“: Von den Rechten der Länder wird immer wieder eine kleine, dünne Scheibe abgeschnitten, und das Land erhält etwas anderes dafür – teilweise auch Geld – und ist damit zufrieden. Dieser Zentralismus schadet auf Dauer. Er ist teurer und keineswegs bürgernah.

Die EU, die Europäische Gemeinschaft ist auch gut beraten, wenn sie den zen­tralistischen Gedanken weit von sich schiebt und den Ländern und vor allem den


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Regionen die Zukunft öffnet. Ein ganz guter Weg wäre meines Erachtens die Ausweitung der Rechte der nationalen Parlamente im Subsidiaritätsprüfungsverfahren.

Ich freue mich, dass der EU-Ausschuss des Bundesrates bei den internationalen Test­läufen im österreichischen Parlament eine Vorreiterrolle spielt und sich öfter beteiligt hat als die EU-Ausschüsse des Nationalrates. Dafür möchte ich dem Vorsitzenden, Bundesrat Kneifel, und dem Vorsitzenden-Stellvertreter Prof. Konecny herzlich danken und hoffe, dass sie sich auch weiterhin rege beteiligen.

Im heurigen Jahr soll die Europäische Union eine Reform erhalten, den sogenannten Lissabonner Vertrag, der möglicherweise im Mai im Bundesrat beraten wird. Ein wichtiger Aspekt darin ist für uns die erwähnte Einführung des Subsidiaritätsprüfungs­verfahrens, das heißt, ein Drittel der Parlamentarier der Mitgliedstaaten muss diese Meinung unterstützen.

Der Bundesrat hat schon einmal fast einstimmig dem Europavertrag seine Zustimmung gegeben. Das war im Jahre 1994, also vor 14 Jahren. Wir haben damals ja zu Europa gesagt. Inzwischen weiß man auch von Punkten der Kritik wegen der Verschwendung, wegen der Verwaltung, vielleicht auch wegen des Platzes. Wenn wir die Europäische Gemeinschaft mit früheren Grenzbalken und Handelsbeschränkungen vergleichen, so erleben wir oft viele positive Überraschungen, Überraschungen der heutigen Zeit. Daher ist es für uns wichtig, ein klares Ja zu Europa zu sagen.

Nun zur Rolle der Regionen: Tirol besitzt schon allein durch seine geographische Lage eine großartige Möglichkeit, im regionalen Bereich tätig zu werden. Es gibt da schon vielfältige Initiativen, zum Beispiel die 1972 gegründete ARGE ALP, die mittlerweile ein von den Staaten und den europäischen Institutionen anerkanntes Instrument der regionalen Außenpolitik geworden ist. 1995 wurde gemeinsam mit Südtirol und dem Trentino das Tirol-Büro in Brüssel als erstes grenzüberschreitendes Verbindungsbüro mit der Hauptaufgabe errichtet, ein Netzwerk von Kontakten aufzubauen.

Zu erwähnen ist weiters die Europaregion Tirol-Trentino-Südtirol als Plattform für Pro­jektförderungen, basierend auf einer von den drei Landtagen 1998 beschlossenen Vereinbarung. Natürlich nimmt Tirol an den Arbeiten großer europäischer regionaler Dachverbände teil, wie Ausschuss der Regionen, REGLEG, die 74 Regionen mit Gesetz­gebungsbefugnissen umfasst, Aktionsgemeinschaft Brennerbahn und so weiter. Diese Projekte sind vielversprechend – mit Unterstützung von Landeshauptmann Herwig van Staa und dem Tiroler Landtag.

Übrigens: Landeshauptmann van Staa ist Vizepräsident des Ausschusses der Regionen. Präsident ist der Belgier Luc van den Brande; er ist Mitglied des Senats in Belgien und auch Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Ich werde den Präsidenten zu einem Gespräch und zu einem Vortrag vor dem Bundesrat nach Wien einladen. Dabei rechne ich mit der Unterstützung durch Landeshauptmann van Staa. Das gibt uns allen die Möglichkeit, über die Zukunft der Region Auskunft zu erhalten.

Ein Anliegen liegt mir als gebürtigem Südtiroler noch am Herzen, nämlich die enge Ver­bindung zu Südtirol weiter zu pflegen. Mit den Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates werde ich versuchen, in der kurzen Zeit als Präsident einige Schritte in diese Richtung zu tun. Südtirol ist nicht vergleichbar mit anderen österreichischen Minderheiten, die außerhalb des Landes wohnen. Schon die Tiroler Präambel, die Landeshauptmann van Staa gestern angeschnitten hat, enthält eindeutige, klare Verpflichtungen, und ich bin immer wieder dankbar, dass sich alle Parteien Österreichs mit der Schutzrolle gegenüber der Südtiroler Bevölkerung identifizieren.


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Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat sich ihre Arbeit bis 2010 in Teil­abschnitten vorgenommen. Das Wahlalter wurde auf 16 Jahre gesenkt, die Gesetz­gebungsperiode um ein Jahr verlängert, die Briefwahl wurde eingeführt. Besonders für die Einführung der Briefwahl, um die ich Jahrzehnte gekämpft habe, bin ich dankbar.

Was die 16-Jährigen anlangt, die nun zur Wahl gehen können, bringt das eine ganz besondere Verpflichtung der älteren Generation mit sich. Der Ältere muss in viel größerem Ausmaß als Ideenlieferant angesprochen und motiviert werden! Wir dürfen diese Generation nicht vor der Tür stehen lassen! Jedes Land, das über ein Reservoir an solchen Menschen verfügt, kann sich glücklich schätzen. Ich bin überzeugt, dass ein Fortschritt in den Bereichen der Technologie, aber auch der Wirtschaft und der Kunst nur möglich ist, wenn wir diese Gruppe von Menschen einbinden. Zum Fortschritt braucht es alle Generationen!

Sehen Sie bitte meine Ausführungen im Zusammenhang mit meiner Funktion als Obmann des Tiroler Seniorenbundes. Ich weiß also, wovon ich spreche. Viele ältere Menschen legen große Strecken zurück, wobei sie sich fragen: Wie kann ich der Gemeinschaft noch nützen? – Der Mechanismus der abrupten Pensionierung erfordert ein Überdenken, weil dabei oft ein Gefühl der Ausgrenzung entsteht.

Anlässlich seines 85. Geburtstages wurde Otto von Habsburg in einer TV-Sendung von Helmut Zilk gefragt, wie es möglich ist, dass er mit diesem Alter noch ein so gewaltiges Pensum an Vorträgen, an Reisen – als EU-Vertreter und so weiter – bewältigen könne. Er hat geantwortet: „Es ist wie beim Radfahren: solange man in die Pedale tritt, geht es; aber wenn man einmal aufhört, fällt man um.“

Noch zwei Worte zur Integration und zur Steuerreform: Bei der Einkommensteuer erwar­ten wir eine Gleichstellung von Pensionisten und Aktiven.

Bezüglich Integration wünscht und unterstützt die Bevölkerung den gesetzestreuen Vollzug des Asyl- und Fremdenrechtes, wie uns das Innenminister Platter vorgelegt und wie es die Bundesregierung beschlossen hat. Ein ganz wichtiger Punkt ist dabei das Deutschlernen der Zugewanderten und das Einhalten unserer Gesetze.

Abschließend möchte ich meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass hier in diesem Haus weiterhin offen und mit gegenseitigem Respekt diskutiert wird, dass wir die Atmo­sphäre des Hauses, aber auch unser Miteinander positiv prägen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten von SPÖ und Grünen sowie bei Bundesräten ohne Fraktions­zugehörigkeit.)

9.25

Ankündigung einer Erklärung des Landeshauptmannes von Tirol gemäß
§ 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung

 


Präsident Helmut Kritzinger: Meine Damen und Herren, ich gebe bekannt, dass der Landeshauptmann von Tirol DDr. Herwig van Staa seine Absicht bekundet hat, eine Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Thema „Die Rolle der Bundesländer in einem föderalistischen Bundesstaat“ abgeben zu wollen.

Bevor ich dem Herrn Landeshauptmann das Wort erteile, gebe ich darüber hinaus bekannt, dass mir ein schriftliches Verlangen von fünf Bundesräten im Sinne des § 38 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates vorliegt, im Anschluss an diese Erklä­rung eine Debatte durchzuführen.

Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich diesem entsprechen.

Ich erteile nunmehr dem Herrn Landeshauptmann das Wort.


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09.26.07Erklärung des Landeshauptmannes von Tirol zum Thema „Die Rolle der Bundesländer in einem föderalistischen Bundesstaat“

 


9.26.08

Landeshauptmann von Tirol DDr. Herwig van Staa: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zuerst darf ich dir, lieber Helmut Kritzinger, zu deiner Wahl im Tiroler Landtag zum Präsidenten des österreichischen Bundesrates gratulieren, und ich wün­sche dir für dieses verantwortungsvolle Amt eine gute Hand im Interesse der Republik Österreich – und dieses Interesse kommt ja auch und vor allem durch die gute Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften Republik Österreich, österreichische Bun­desländer und Gemeinden zum Ausdruck.

Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des österreichischen Bundesrates! Ich freue mich, dass ich in meiner Eigenschaft als Landeshauptmann von Tirol und auch als derzeitiger Vorsitzender der österreichischen Landeshauptleutekonferenz zu Ihnen sprechen darf. Darüber hinaus hat Helmut Kritzinger bereits darauf hingewiesen, dass ich auch österreichischer Delegationsleiter im Ausschuss der Regionen bin, und auch im Kongress der Gemeinden und Regionen im Europarat, und dass ich diese Tätigkeit seit vielen Jahren, darunter auch die Präsidentschaft, mehrmals ausgeübt habe.

Warum sage ich das? – Weil diese Funktionen nur ausübbar sind, wenn eine breite Vertrauensbasis der österreichischen Mandatsträger dahinter steht, und mich hat in diese Funktionen immer das einstimmige Vertrauen des Österreichischen Städtebun­des – in dem meine Fraktion nie die Mehrheit hatte – und dann das Vertrauen der österreichischen Landeshauptleute hingeführt, und ich hoffe, ich habe diese Tätigkeit zum Wohle der Republik ausgeübt.

Was gelegentlich außenpolitisch möglich ist und zu großen Erfolgen geführt hat – wenn ich etwa an die Finanzierung und die Ausgestaltung der großen Eisenbahnstrecken, der TEN-Strecken denke –, wäre nicht möglich gewesen ohne das Zusammenwirken aller, das Ziehen aller an einem Strang.

Wir haben aber in Österreich eine andere Situation: Die derzeitige Innenpolitik scheint Hauptthemen zu behandeln, die meines Erachtens weit an der Problemlage der Bevöl­kerung vorbeigehen. Es steht mir nicht zu, irgendjemandem Ratschläge zu erteilen, aber ich habe das Recht, meine Befindlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn wir Preissteigerungen im Bereich der Nahrungsmittel von 10 Prozent haben, wenn wir eine Belastung durch Preissteigerungen beim Wohnungs­aufwand haben und wenn viele Menschen in unserem Lande den Großteil ihres Einkommens brauchen, um mit diesem Einkommen die Lebensbedürfnisse zu be­streiten, dann sollten wir uns wirklich dieser Fragen annehmen! (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Mitterer.)

Zum anderen gibt es zurzeit eine heftige Politdiskussion um die Einsetzung von Unter­suchungs­ausschüssen. Auch hier gebe ich niemandem Ratschläge, ich sage Ihnen nur: Wir haben alles daranzusetzen, aufzupassen, dass das Gemeinwohl keinen nach­haltigen Schaden erleidet. – Das ist meine Sorge!

Politik bedeutet die Gestaltung des Zusammenlebens von Menschen auf allen Ebenen der Gebietskörperschaften – wir haben mehrere, das entspricht unserer Auffassung von Föderalismus und Subsidiaritätsprinzip, und damit ist die Republik immer gut gefahren –, unterstützt vom demokratischen Prinzip, das wir als eine unverzichtbare Methode dieser Gestaltung akzeptiert haben. Ich möchte nicht im Breiten darauf eingehen, ich möchte Ihnen nur eines sagen, nämlich wie wir das im Tiroler Landtag handhaben: Wenn in Tirol strafrechtliche Untersuchungen laufen, werden keine Unter­suchungsausschüsse eingesetzt, bis diese Verfahren ein Ergebnis gezeitigt haben. Ich werde zurzeit von manchen außerhalb des Landtages heftig bedrängt, einen Unter­


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suchungs­ausschuss zur Müllfrage einzusetzen. Die politische Verantwortung lag in den letzten 20 Jahren nicht in den Händen meiner Partei und nicht in den Händen eines Mitgliedes der Landesregierung, das meiner Partei angehört. Ich bin der Meinung, dass diese Diskussionen und diese Schaukämpfe bei uns auch angesichts von zukünftigen Wahlauseinandersetzungen keine Beförderung des Gemeinwohles sind – und die Förderung des Gemeinwohles muss das Ziel jeder politischen Bestrebung sein. Ich rede also nicht als einer, der im Glashaus sitzt, sondern als jemand, der seine politi­sche Verantwortung anders sieht als darin, täglich Kleingeld zu machen mit Dingen, die der Erreichung des Zieles, der Beförderung des Gemeinwohles der Bevölkerung ins­gesamt, nicht dienen.

Dann wollte ich Ihnen noch etwas sagen: Wir müssen auch in der Wortwahl aufpassen. Es ist nicht jeder Ruf nach Recht und Ordnung ein Aufruf zu Rechtslastigkeit, es ist kein Aufruf, radikalen Tendenzen Rechnung zu tragen oder gar, diese zu befördern. Wir sollen auch aufpassen, dass wir in der Wortwahl, wenn von „Bananenrepublik“ gesprochen wird, nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Die, die solche Worte in den Mund nehmen, haben offenbar nie unter den Bedingungen dieser Länder gelebt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Konecny.)

Wir sollen also hier sehr genau aufpassen – so viel wollte ich Ihnen sagen. Und man soll vielleicht den Herrn Bundespräsidenten in nächster Zeit nicht zu sehr strapazieren, denn immer dann, wenn es krisenhaft wird und wenn unangemessen reagiert wird, erschallt der Ruf nach dem Bundespräsidenten, der offensichtlich als einer der ganz wenigen im Lande das Vertrauen der Bevölkerung in hohem Ausmaß genießt. Und es wären alle gut beraten, sich, wenn sie nicht mehr weiterwissen, in diesen Fragen zumin­dest mit dem Bundespräsidenten zu beraten.

Seit vielen Jahren, um nicht zu sagen seit Jahrzehnten, wird in unserem Land über die Reform des Bundesstaates geredet und gestritten. Herausgekommen ist nicht sehr viel, außer viele Sitzungstermine mit langer Sitzungsdauer. Es geht dabei auch um die Frage: Welche Aufgaben sollen die Gebietskörperschaften, insbesondere die Länder im Verhältnis zum Bund übernehmen? Und das Entscheidende ist: Wie schaut die Finanzausstattung aus? – Ich habe mich in 16 Jahren in den Finanzausgleichs­ver­hand­lungen strapaziert, zunächst auf Städtebundebene, dann in der Landeshaupt­leute­­konferenz. Und auch dort hatte ich das Vertrauen der Sozialdemokraten im Städtebund, federführend den Finanzausgleich zu verhandeln, sodass man mir wohl keine einseitige Haltung nachweisen wird.

Aber wichtig wird es jetzt sein – und die Voraussetzungen sind geschaffen, indem wir jetzt für sechs Jahre einen Finanzausgleich haben, in dem viele strittige Themen bereinigt wurden in einer Kompromisshaltung, die für alle Beteiligten nicht einfach war –, und es ist jetzt an der Zeit, die Bundesstaatsreform anzugehen, die mit Kosten verbunden sein wird. Das ist logischerweise der nächste Schritt nach dem Finanz­ausgleich – und der übernächste Schritt muss die Steuerreform sein, die vor allem zu einer Entlastung der Leistungsträger, des Mittelstandes führen muss, denn sonst werden wir gewisse Erscheinungen der Globalisierung nicht bewältigen können und nicht jene Einnahmen lukrieren können, die wir brauchen, um die hohen sozialen Stan­dards in unserem Land, die unbestritten vorhanden sind, aufrechterhalten zu können.

Als ich vor viereinhalb Jahren als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz hier gesprochen habe – es wird einige geben, die sich daran noch erinnern –, hat sich kurze Zeit später der Österreich-Konvent konstituiert. Anschließend wurde fast zwei Jahre lang über eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform beraten. Auf Tiroler Seite war der derzeitige Landtagspräsident, der ja vor fast 40 Jahren hier seine Laufbahn als politischer Mandatsträger im Bundesrat begonnen hat, federführend tätig, und wir haben in den Diskussionen viele Anschläge auf den Föderalismus abwenden


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müssen, denn sonst wären diese bereits in die Ergebnisse des Konvents eingeflossen. Wir werden hier sehr aufmerksam das Geschehen beachten. Gerade der Föderalismus ist letztlich ja auch die begründete Existenzgrundlage für die zweite Kammer des österreichischen Parlaments, und dessen sollte sich der österreichische Bundesrat immer bewusst sein.

Ich habe mich dafür eingesetzt, dass alle maßgeblichen Kräfte in Österreich, also der Nationalrat, der Bundesrat, die Bundesregierung, die Landtage und die Landes­regie­rung unter weiterer Einbindung von Experten und Sozialpartnern gemeinsam an einer Verfassungsreform Österreichs arbeiten. Es war ein wichtiger Prozess, der in der Folge durch die Expertengruppe, die auch von Experten der politischen Parteien besetzt war, fortgesetzt wurde. Einige Vorschläge wurden ja bereits umgesetzt – es ist ja nicht so, dass nichts geschehen ist –, beispielsweise das Demokratiepaket mit der Wahlrechts­reform und die Einsetzung eines Asylgerichtshofes – auch wenn ich weiß, dass es einige Kräfte gibt, die gerade gegen diese Einrichtung nicht nur begründete Einwände gebracht haben, sondern sogar eine Polemik gestartet haben. Wichtig ist, dass die Absicht besteht, diesen Asylgerichtshof nicht auf Dauer als Sondergerichtshof beste­hen zu lassen, sondern ihn einzugliedern in den Verwaltungsgerichtshof, und zwar dann, wenn es möglich sein wird, die Landes-Verwaltungsgerichtshöfe einzurichten, um den Bundes-Verwaltungsgerichtshof zu entlasten, wobei ich hier ganz klipp und klar sage: Aus Tiroler Sicht kommt ein Landes-Verwaltungsgerichtshof mit meritori­schen Entscheidungen nicht in Frage. Wir treten nur für kassatorische Entscheidungen ein. Es geht aus unserer Sicht nicht, dass politische Verantwortlichkeiten in andere Institutionen abgeschoben werden.

Politische Verantwortlichkeiten gehören von den Parlamenten in demokratischer Manier kontrolliert, auch durch Untersuchungsausschüsse, da bin ich völlig dieser Meinung. Aber was ist die Konsequenz, die letzte Konsequenz, politische Verantwort­lichkeiten zu exekutieren und zu ahnden? – Der Rücktritt von Mandatsträgern oder Exekutivorganen. Nur frage ich mich: Was hat es für einen Sinn, Leute zur Ver­antwortung ziehen zu wollen, die zwanzig Jahre vorher im Amt waren – ob das Minister Karl Schlögl war, ob das Minister Strasser war oder ob das die verstorbene Liese Prokop war, die wirklich ein untadeliges Politikerleben über Jahrzehnte hinter sich gebracht hat? (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde eine Reihe von diskutierbaren Vorschlägen erarbeitet, aber es liegt an den politisch Verantwortlichen und auch an Ihnen, meine Damen und Herren, Verbes­serungsmöglichkeiten aus diesen Papieren nicht nur zu diskutieren, sondern auch umzusetzen. (Zwischenruf des Bundesrates Todt.) – Ich habe Sie nicht gehört – wollen Sie einen Zwischenruf machen? Ich bin gerne bereit, darauf zu antworten. (Bundesrat Todt: Sicher wollen wir einen machen! Das ist ja unerträglich, was Sie hier machen! Unerträglich!)

Sehr geehrter Herr Bundesrat! Sie haben jederzeit das Recht, Ihre Meinung hier zu äußern. Es wurde hier begehrt, dass es anschließend eine Diskussion gibt. Ich bin gerne bereit, mit Ihnen diese Fragen zu diskutieren. (Bundesrat Todt: Sind Sie der zuständige Bundesminister?) Ich verstehe Ihre Aufgeregtheit nicht. Wenn Sie mir das Wort wegnehmen wollen, dann stellen Sie einen diesbezüglichen Antrag. Es wäre nur ein Ausdruck Ihrer demokratischen Gesinnung. (Beifall bei der ÖVP.)

Nunmehr liegen weitere Vorschläge dieser Expertengruppe auf dem Tisch, die wir bereits in der außerordentlichen Sitzung der Landeshauptleutekonferenz am 17. Jän­ner in Innsbruck besprochen haben. Und ich habe mich gerade in dieser Sitzung außerordentlich strapaziert. Vielleicht fragen Sie den Herrn Bundesminister Buchinger, der wird es Ihnen sagen, in welcher Weise ich mich strapaziert habe, dass hier die Lösung eines Problems angegangen wurde, was zwar keine Dauerlösung bringt, aber


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Zeit gibt, vernünftige Lösungen zu erarbeiten. Warum ist das aus Tiroler Sicht möglich geworden? Weil wir in dieser Frage nicht so belastet waren wie andere Bundesländer, weil wir unsere Hausaufgaben im Bereich der Pflege viele Jahre, um nicht zu sagen, Jahrzehnte vorher schon begonnen haben einer Lösung zuzuführen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie können ruhig Zwischenrufe machen. Ich habe eine Reihe von Unterlagen mit. Ich kann Ihnen aus Briefen von Ministern zitieren, die sie mir geschrieben haben, wo sie mir für diese Tätigkeit im Rahmen meiner Funktionen im Interesse des Gesamtstaates herzlich gedankt haben. Darunter sind einige Ihrer Fraktion, aber vielleicht gibt es da einige, die dort nicht das zu reden haben, was ich mir wünschen würde, dass ein Minister zu reden hat. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Wir haben uns darauf geeinigt, dass zuerst einmal die finanziellen Auswirkungen auf die Länder untersucht werden. Zur Bundesstaatsreform müssen weitere Überlegungen angestellt werden, und wir, Bund und Bundesländer, müssen dort, wo es sich um gemeinsame Anliegen handelt, gemeinsam arbeiten. Wir müssen von dieser unseligen Diskussion wegkommen, und hier nehme ich niemanden aus, mache auch keine Schuld­­zuweisungen, aber wir müssen in der Bildungsreform weiterkommen. Der An­satz, Bildungsdirektionen einzurichten, ist richtig. Ich bin auch bereit, die Verant­wortung für die Schulen im Lande zu übernehmen, wenn die zuständigen Institutionen, Landesregierung und Landtag, zustimmen, auch wenn es etwas kostet. Die Lehrpläne müssen in der Bundeshoheit bleiben, das ist mir völlig gleich, da verstehe ich, dass es hier unterschiedliche Zuständigkeiten geben muss.

Aber was die Erhaltung der Gebäude, die Verantwortung der Republik für alle 10- bis 14-Jährigen – aber nicht in dem Sinne, dass jemand Gesamtschulen in ganz Öster­reich einsetzen will, hier gibt es genügend Gestaltungsspielraum – betrifft, ist meine Überzeugung, dass alle Schülerinnen und Schüler zwischen 10 und 14 Jahren in den einzelnen Bundesländern die Republik gleich viel kosten müssen. Es kann ja nicht sein, dass bei einem hohen Anteil an höheren Schulen in einem Bundesland die Re­publik die Kosten übernimmt, weil die höheren Schulen Bundessache sind, und bei den Pflichtschulen im ländlichen Bereich, die oft hervorragend geführte Hauptschulen unterhalten, die Bundesländer zu zahlen haben. Das ist ungerecht und das wird, wenn wir uns nicht einigen, eines Tages sicherlich eine Frage sein, die der Verfassungs­gerichtshof zu entscheiden haben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Nur: Politische Fragen immer nur rechtlich lösen zu wollen, wird nicht gehen. Damit würde sich die Politik aus dem unmittelbaren Geschehen und aus der Verantwortung herausnehmen.

Ich glaube also, dass es möglich sein müsste, wenn wir keine große, umfassende Bun­desstaatsreform zustande bringen – und ich glaube nicht, dass dies realpolitisch mög­lich ist –, punktuell einzelne Bereiche herauszunehmen, und zu diesen Bereichen zähle ich die Bildungsreform im Zusammenhang mit den Bildungsdirektionen. Hier fehlt es letztlich nur am gemeinsamen Willen, das zu erreichen, denn inhaltlich sind die Positi­onen nicht so weit auseinander, wie es gelegentlich durch Wortmeldungen oder in der medialen Berichterstattung zum Ausdruck kommt.

Ein weiterer Bereich ist sicherlich die Diskussion um den Bundesrat. Der Bundesrat ist ein Gremium, das ich für wichtig halte, aus der Überzeugung, dass der Föderalismus eine hervorragende Einrichtung ist, die zunehmend auch in Europa Land gewinnt. Wenn ich mir vorstelle, dass Spanien – ein zentralistisches Land – nunmehr am besten Wege ist, ein föderalistisches Land mit hohen Kompetenzen der Regionen zu werden, wenn ich mir vorstelle, was sich in Italien in den letzten Jahren getan hat, die Debatten im Ausschuss der Regionen, die Debatten im Kongress der Gemeinden und Regionen,


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 19

so bin ich überzeugt, dass die Regionalisierung Europas eine Chance hat, die Akzep­tanz der europäischen Einigung zu erhöhen.

Deshalb bin ich dafür, dass die Kompetenzen des Bundesrates sogar aufgewertet werden. Hier gab es durch den EU-Reformvertrag von Lissabon bereits einen erheb­lichen Fortschritt, und deshalb bin ich froh, dass der Herr Präsident Bemühungen unter­nimmt, den neuen Präsidenten des Ausschusses der Regionen Luc van den Brande hier einzuladen, am besten noch vor der Ratifizierung der EU-Verträge, damit Sie hier aus erster Hand von einem Experten, der in der Legislative sowohl auf regio­naler Ebene wie auch auf nationaler Ebene in Belgien tätig war und ist, hören, welche Vorstellungen die Europäische Union damit verbindet.

In diesem EU-Reformvertrag wird nämlich beiden Kammern – und das ist eine der wichtigsten Neuerungen und Errungenschaften – der nationalen Parlamente ein Klagerecht beim Europäischen Gerichtshof eingeräumt. Wir beklagen auf Länderseite seit Jahren, dass wir keinen direkten Zugriff zum Europäischen Gerichtshof haben, auch keinen indirekten, nur einen sehr schwach indirekten über die österreichische Bundesregierung – wir haben hier eine Bittstellerrolle –, um jene Maßnahmen, die die Länder bei uns gesetzesmäßig in Vollziehung von EU-Rahmenrichtlinien umsetzen müssen, auch einklagbar zu machen. Das ist eine unglaubliche Chance, und ich spreche hier aus Erfahrung, wenn ich daran denke, was wir in der Transitproblematik in Tirol mitgemacht haben und noch immer mitmachen. Und langsam stelle ich fest, dass auch in Ostösterreich das Bewusstsein in dieser Problematik gestiegen ist, weil man durch die Öffnung zu den osteuropäischen Ländern jetzt auch hier diese gewaltige Problematik des Transitverkehrs und des Verkehrs spürt.

Wir müssen also alles unternehmen, um möglichst rasch eine praktikable Möglichkeit zu finden, wie wir von den Ländern mit dem Bundesrat und durch den Bundesrat zu den europäischen Gremien vordringen können, und deshalb würde ich mir auch wün­schen, dass Vertreter des Bundesrates auch im Ausschuss der Regionen Plätze ein­nehmen.

Sollten für eine Aufwertung der Länderkammer auf politischer Ebene – ich habe jetzt zwei Beispiele genannt – letztlich auch nicht in Ansätzen Erfolge erzielbar sein, so wird es nicht gelingen, die Diskussion um die Existenz des Bundesrates zu beenden. Das ist eine sehr wichtige Frage, die in den nächsten Monaten sicherlich in eine wesent­liche Entscheidungsphase kommen wird, und ich bitte Sie, sich das genau anzu­schauen.

Ich erkläre meine Bereitschaft, mit dem Bundesrat seriös eine gemeinsame Plattform mit den Bundesländern zu machen, um hier zumindest punktuell Ansätze zu schaffen, um die Bedeutung des Bundesrates auch in der Öffentlichkeit bewusst zu machen und auch den Ländern klarzumachen, welche Chancen in der Arbeit des Bundesrates liegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Bundesrat gehört meines Erachtens zu einem funktionierenden demokratischen Bundesstaat, aber er kann nicht, so wie es teilweise war und ist, auf die Dauer Feigenblatt für manche Aktionen sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte, ich habe mir noch eine Frage vorgenommen; man hat ja nicht so viel Zeit in einem halben Jahr, Initiativen zu setzen. Seit 90 Jahren ist die Vermögensaufteilung zwischen Republik und Bundesländern ungelöst. 90 Jahre war es nicht möglich, in Österreich eine Entscheidung herbeizu­führen, was aus dem einstigen Vermögen der Bundesländer, das aufgrund der Geset­zeslage nach dem Ersten Weltkrieg von der Republik übernommen wurde, tatsächlich noch den Ländern gehört und was rechtens weiterhin dem Bund gehört.


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Diese Vermögensauseinandersetzungen können und sollen auch nicht gerichtlich er­kämpft werden müssen. Das würde jahrelange Rechtsstreite mit gewaltigen Kosten auf allen Seiten und Verletzungen im politischen Bereich verursachen. Ich würde mir vor­stel­len, dass der österreichische Bundesrat eine Initiative startet und einen Beschluss herbeiführt, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, zügig und zielstrebig diese Verhandlungen aufzunehmen und einen Zeithorizont vorzugeben. Es sind wiederum Jahre vergangen, seit das Bundesland Salzburg beim Verfassungsgerichtshof ein Erkenntnis erwirkt hat, wonach die Vermögensaufteilung nicht erfolgt ist, mit dem Hinweis, dass eine solche noch zu erfolgen hat.

Es sind viele Bundesländer davon betroffen, vier besonders – es sind das die Steier­mark, Salzburg, Tirol und Oberösterreich, sodass Sie darin sicherlich keine parteipoli­tische Bevorzugung sehen. Ich hätte nur gerne hier den Bundesrat als mitkämpfende Einrichtung, damit diese wesentliche Frage einer Lösung zugeführt werden kann, was auch eine vertrauensbildende Maßnahme wäre. Ich möchte diese Verhandlungen nicht in einem Streitklima führen. Ich möchte nur haben, dass wir uns bewusst sind, dass gerade solche Fragen viel Konfliktstoff beinhalten und sich gerade solche Fragen – das habe ich bisher nie gemacht – besonders gut eignen, um am politischen Klavier zu spielen, insbesondere in Wahlkampfzeiten.

Ich freue mich darüber, dass die Bundesländer die Landeshauptleutekonferenz heuer erstmalig in Osttirol durchführen werden. Osttirol ist der einzige geographisch zu Süd­tirol gehörende Landesteil des Bundeslandes Tirol, stellt eigentlich, wie ich immer wieder betone, eine Verfassungswidrigkeit dar, denn alle österreichischen Bundes­län­der haben eine territoriale Einheit zu bilden, und Tirol hat diese territoriale Einheit nicht, denn Osttirol erreichen wir nur über Südtirol oder mit Hilfe des Felbertauern-Tunnels über das schöne Oberpinzgau. Da ich aber den Salzburgern nichts wegnehmen will, vor allem nicht verfassungsmäßig, lieber Herr Bundesrat (Heiterkeit des Bundesrates Saller), werden wir dies im besten Einvernehmen mit Frau Burgstaller einer Lösung zuführen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich komme zum Schluss und sage: Ich glaube, es würde dem österreichischen Bundesrat gut tun, Diskussionen mit den Bundesländern zu führen. Ich würde auch anregen, dass die Landeshauptleute oder auch andere Mit­glieder der Landesregierung öfter in den Bundesrat eingeladen werden, das Wort zu ergreifen, um aus der Sicht der Bundesländer Fragen von gesamtstaatlichem Interesse hier zu diskutieren, in einen lebendigen Dialog einzutreten. Das würde zu einer wesent­lichen Aufwertung des Bundesrates führen und wäre ohne Gesetzesänderung jederzeit möglich, man müsste nur die Geschäftsordnung entsprechend anpassen.

Ich möchte nur eines nicht haben – und das ist auch demokratiepolitisch ein Instru­ment –, dass eines Tages jemand kommt und eine Volksbefragung oder eine Volks­abstimmung über ein verfassungsmäßiges Organ in Österreich einleitet. Das möchte ich Ihnen nur zu bedenken geben. Die Abstimmung zur Abschaffung des bayerischen Senates sollte hier allen eine warnende Lehre sein. Österreich würde dadurch Wesent­liches verlieren an seiner Identität, an seiner Grundauffassung von Staatlichkeit. Und in diesem Sinne würde es mich freuen, wenn Sie – auch wenn Sie meine Meinungen nicht teilen, das steht Ihnen frei – zumindest einige Dinge, die ich hier gesagt habe, bedenken und in einen offenen Dialog, der auch gerne öffentlich geführt werden kann, eintreten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

9.57


Präsident Helmut Kritzinger: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Ausführungen.

Wir gehen in die Debatte ein.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 21

Als Erstem erteile ich Herrn Bundesrat Ing. Einwallner das Wort. – Bitte. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.)

 


9.58.29

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Meine geschätzten Damen und Herren! Wie ich den ersten Zwischenrufen vernehme, ist es ein bisschen verwunderlich, dass ich hier heute aus den Reihen der SPÖ stehe, aber mein geschätzter Kollege Helmut Wiesenegg ist erkrankt. Für ihn ist es leider nicht möglich, an der heutigen Sitzung teilzunehmen. Jeder, der Helmut Wiesenegg und seinen Einsatz, den er hier im Bundesrat für das Land Tirol bringt, kennt, weiß, dass er bis zuletzt gehofft hat, hier an dieser Sitzung teilnehmen zu können. Nur – und das betone ich ausdrücklich – ein Verbot seiner Ärzte konnte ihn daran hindern, nach Wien zu fahren. Lassen Sie mich ihm von dieser Stelle aus gute Besserung wünschen. (Allgemeiner Beifall.)

Was verbindet mich mit dem Land Tirol, meine Damen und Herren? (Zwischenruf bei der ÖVP. – Heiterkeit.) Es gibt ja nicht nur den Berg zwischen Vorarlberg und Tirol, der uns gelegentlich trennt, und ein sehr oft und viel zitiertes Loch durch den Berg, das uns zumindest verkehrstechnisch verbindet, nein, ich habe eine sehr persönliche Beziehung zum Land Tirol, und ich habe auch drei Jahre in Innsbruck gelebt – und Sie werden es nicht glauben, der damalige Bürgermeister hieß Herwig van Staa. Also auch von dieser Seite her gibt es eine Verbindung. (Zwischenruf des Bundesrates Bie­ringer.)

Lieber Ludwig Bieringer, wenn Sie mich jetzt schon auf die Wahl von Herwig van Staa zum Innsbrucker Bürgermeister ansprechen, muss ich sagen: Wir kennen die Gege­benheiten, die Besonderheiten, die zu dieser Wahl geführt haben. Und wenn ich mir jetzt die landespolitische Situation in Tirol anschaue, sehe ich durchaus vergleichbare Tendenzen – das kann man ja nicht ganz ausschließen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Aber da hätte natürlich mein Kollege Wiesenegg einen Vorteil und hätte auf die lan­despolitischen Begebenheiten des Landes Tirol viel besser eingehen können als ich.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu Beginn ganz kurz unsere landes­politi­schen Verbindungen aufzeigen.

Aus Vorarlberger Sicht – es gibt ja ein durchaus gutes Verhältnis zwischen dem Land Tirol und dem Land Vorarlberg – ist die Einigung zwischen dem Land Tirol und den Vorarlberger Ill-Werken sehr positiv verlaufen und ein sehr guter, positiver Schritt im guten Einvernehmen beider Bundesländer. Es wurde das gute Verhältnis in diesem Bereich durchaus dokumentiert.

Ein bisschen anders geht es uns im Zusammenhang mit den Regelungen des sek­toralen Fahrverbotes. Es gibt aus Vorarlberger Sicht sehr große Bedenken, dass sich das nachteilig auf die Vorarlberger Wirtschaft auswirkt. Und ich bitte Sie, Herr Lan­deshauptmann, hier im doppelten Sinne aktiv zu werden, denn es macht, denke ich, international kein gutes Bild, wenn sich die Landesregierung in Bregenz überlegt, die Landesregierung in Innsbruck zu klagen. Diesbezüglich müssen wir gemeinsam eine Lösung finden, und ich bitte Sie, da vermittelnd und positiv einzuwirken, sodass es nicht zu den angesprochenen Klagen kommt. Gerade bei dem sensiblen Thema Tran­sit ist es wichtig, dass wir im Sinne der betroffenen Bevölkerung und unserer Umwelt das Problem gemeinsam lösen.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, Sie haben am Beginn Ihrer Rede ein kurzes innenpolitisches Statement abgegeben; lassen Sie mich ganz kurz darauf eingehen.


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Sie haben sehr sensibel auf den Zwischenruf des Bundesrates Todt reagiert. Ich möchte dazu sagen: Die Regeln hier im Hause sind ganz klar, und auf deren Ein­haltung wird – mit Verlaub – vom Präsidenten des Bundesrates geachtet; er ist hier zuständig, wenn es Regelungen bedarf. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte ganz kurz auf die beiden innenpolitischen Themen, die Sie angesprochen haben, eingehen. Wogegen ich mich verwahre, das ist eine Vermischung zweier wich­tiger Dinge, denn das eine ist ein Problem der steigenden Inflation, und da müssen wir ganz konkret unterstützen. Da gibt es auch schon ganz klare, deutliche Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, die eben der betroffenen Bevölkerung, die es durch die Teuerungsraten am schwierigsten hat, sofort helfen würde. Es gibt schon ganz klare, konkrete Vorschläge! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Beim anderen, Herr Landeshauptmann, geht es um Aufklärung von Vorgängen im Innenministerium, die aus meiner und aus unserer Sicht so nicht akzeptiert werden können! Ich glaube, dass Aufklärung und Transparenz in dieser Sache unsere parla­mentarische und demokratische Pflicht sind! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)

Wir werden schauen, ob Herr Minister Platter heute hier die Gelegenheit nützt, genügend Licht in die Sache zu bringen. (Ruf bei der ÖVP: Sicher, da brauchen Sie ...! – Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Eine Erklärung eines Landes­hauptman­nes gibt uns im Bundesrat immer wieder die Möglichkeit, über den Bundesrat grund­sätzlich zu diskutieren. Ich bin seit Oktober 2004 im Bundesrat und habe natürlich schon die eine oder andere Erklärung von Landeshauptleuten gehört. Im Grunde geht es – das ist nicht wenig überraschend – immer wieder um das gleiche Thema: Wie soll sich der Bundesrat positionieren? Und: Wie kann man ihn aufwerten?

Ich persönlich würde mir wünschen, dass ich noch Bundesrat bin, wenn einmal ein Landeshauptmann in seiner Erklärung hier im Bundesrat sagen kann, dass es die ersten Erfolge einer durchgeführten Aufwertung des Bundesrates gibt. Das wäre etwas wirklich Besonderes.

Ich verbinde damit einfach die Aufforderung, dass den schönen Worten der Erklärun­gen ganz konkrete Taten folgen sollten.

Ich unterstütze Ihre Ansicht betreffend die von Ihnen zitierte Aufwertung der Länder­kammer – das sage ich aus tiefer Überzeugung –, weil ich der Meinung bin, dass wir gerade diese parlamentarische Länderkammer – ich betone: parlamentarische Länder­kam­mer – brauchen und das auch der richtige Ort ist, wo wir die Länderinteressen vertreten können.

Bei der Vorbereitung auf meine Rede habe ich mir natürlich angeschaut, was Herr van Staa in den letzten Jahren über den Bundesrat gesagt hat. Zum einen – das möchte ich nicht verschweigen ... (Landeshauptmann Dr. van Staa: Genau zitieren!) – Ja, ich kann es auch zitieren, ich habe es hier. (Landeshauptmann Dr. van Staa: ... die Erklärung der Frau Burgstaller ...!) – Herr van Staa, kein Problem. Jetzt bin ich fast versucht, Ihnen zu sagen, Sie dürfen sich auch ein zweites Mal zu Wort melden. (Beifall bei SPÖ und Grünen.) – Wenn Sie möchten, kann ich Sie wörtlich zitieren, ich habe alles hier.

Es ziehen sich zwei Dinge durch, nämlich – kurz gesagt –: Finanzausgleich in den Bundesrat und Zustimmung des Bundesrates dazu und – das zieht sich wie ein roter Faden durch – Abschaffung des Bundesrates; auch von dieser sprechen Sie immer wieder. Man muss gar nicht allzu lange in den Archiven kramen; die letzte derartige Aussage ist gerade einmal drei Monate alt. Und auch heute gibt es, habe ich gehört,


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ein sehr interessantes Interview in der „Tiroler Tageszeitung“, in dem wieder Ähnliches anklingt. Es liegt mir nur leider noch nicht vor, denn der Weg von Tirol nach Wien ist so lange, dass die „Tiroler Tageszeitung“ erst gegen Mittag kommt.

Ich gebe schon zu, dass ich bei der Abschaffung des Bundesrates ganz persönliche Empfindlichkeiten entwickelt habe; aber nicht nur, weil ich selbst Mitglied dieses Hauses bin, entwickle ich eine besondere Empfindlichkeit, sondern ich sehe das auch – das möchte ich hier auch sagen – mit einem herkunftsgeschichtlichen Hinter­grund. Meine Großeltern waren in einer Zeit politisch aktiv, als man parlamentarische Kammern außer Kraft gesetzt, also abgeschafft hat. Ich habe daher diese Sensibilität im Blut, wenn es um die Abschaffung von parlamentarischen Kammern geht, und werde da sehr hellhörig.

Ich bin auch froh, dass Sie, Herr Landeshauptmann, am Schluss Ihrer Ausführungen erwähnt haben, dass es nichts Schlimmeres geben könnte, als wenn man einmal eine Volksabstimmung über so etwas durchführen würde.

Herr Landeshauptmann, Sie betonen – das habe ich auch schon gesagt –, dass Sie dafür sind, dass der Bundesrat mehr Rechte erhält. Eines davon ist, dass der Bundes­rat ein Vetorecht beim Finanzausgleich haben sollte – in diesem Zusammenhang habe ich ein Zitat hier, wenn Sie es ganz genau haben wollen. Da rennen Sie bei mir offene Türen ein! Das kann ich mir auch sehr gut vorstellen, denn wenn nicht beim Finanz­ausgleich, wo dann könnten wir ein ordentliches Wort mitreden?

Ich habe einen ähnlichen Vorstoß auch in Vorarlberg gestartet, und ich meine, Über­zeugungsarbeit müssen wir auch noch bei der ÖVP leisten in dieser Sache, denn aus den Reihen der Bundesräte aus Vorarlberg – diese Funktion ist ja nicht unprominent besetzt mit dem Bundesratsexperten und Vizepräsidenten Jürgen Weiss – kam hier keine klare Zusage zu diesem Wunsch. Ich freue mich daher, Herr Landeshauptmann, wenn Sie mich bei diesem Vorstoß unterstützen – oder ich Sie. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich bei meiner Recherche auch festgestellt habe, ist, dass sich leider Ihre Posi­tionierung zum Bundesrat nicht so eindeutig durchzieht wie die Ihres Landtagspräsi­denten Mader. Ich erwarte mir von Ihnen hier, Herr Landeshauptmann, noch einmal ein klares und deutliches Bekenntnis zum Bundesrat.

Zu seiner Stärkung leisten Sie, Herr Landeshauptmann, schon gar keinen Beitrag! Dies muss ich aufgrund des unwürdigen Schauspiels, das es um die Besetzung des Bun­desratspräsidenten in Tirol gegeben hat, sagen. Ich denke, dass Sie mit dieser Vorgangsweise weder dem Kollegen Kritzinger noch dem Bundesrat in seiner Gesamt­heit einen guten Dienst erwiesen haben. (Bundesrat Ing. Kampl: Habt ihr geschafft, eine „Lex Kampl“!)

Sie haben aus meiner Sicht in einer noch nie dagewesenen Art und Weise freie Bun­desräte unter Druck gesetzt und aus innerparteilichen Gründen dann auch noch die so genannte Lex Kampl missbraucht (Bundesrat Ing. Kampl: Richtig!) – wir hier herinnen wissen ganz genau, aus welchen Gründen es zu dieser Regelung, dieser „Lex Kampl“, gekommen ist –, und das halte ich für den Bundesrat für nicht dienlich. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Sie haben in Ihrer Ansprache von der Wortwahl gesprochen, davon, dass man als politischer Mandatsträger darauf achten sollte, wie man mit den Worten umgeht, und dass die Wortwahl etwas ganz Sensibles sei. Da gebe ich Ihnen recht. Ich muss aber Ihnen gegenüber, Herr Landeshauptmann – das sehe ich auch mit Betroffenheit; ich möchte diese Gelegenheit aber dazu nützen –, zum Ausdruck bringen, wie empört ich über die Art und Weise war, mit der Sie den grünen Klubobmann Van der Bellen


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beziehungsweise dessen Vater beschuldigt haben, Vorwürfe in den Raum gestellt haben, die nie – nie! – ausgeräumt werden konnten.

Als junges Mitglied dieses Hauses bin ich der Meinung, dass wir einen anderen Um­gang mit unserer Vergangenheit pflegen sollten. Diese und ähnliche Aussagen leisten keinen guten Beitrag zur Bewältigung unserer Vergangenheit, Herr Landeshauptmann! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal zur Reform des Bundesrates zurückkommen. Ich meine, dass es diesbezüglich schon den einen oder anderen sehr guten Vorschlag gibt. Dabei denke ich ganz konkret an die Vorschläge unseres Bun­des­präsidenten beim Verfassungstag 2005 und auch – und das darf ich in Erinnerung rufen – an die fraktionsübergreifende Klausur, die es im Rahmen der Salzburger Präsidentschaft in Bad Gastein gegeben hat, wo es auch eine ganz klare, einhellige Meinung, ein Meinungsbild, eine Punktation gegeben hat, wie man sich eine Reform des Bundesrates vorstellen kann. (Bundesrat Weiss: Eine relativ einhellige, das müs­sen Sie dazusagen!) – Eine in vielen Punkten einhellige; in einem, das habe ich schon angesprochen, gab es keine Einigung, denn auch der Finanzausgleich wurde im Rah­men dieser Klausur diskutiert. Aber bei dieser Forderung unterstützt mich ja jetzt der Herr Landeshauptmann (Heiterkeit bei der SPÖ), vielleicht bewegt sich da ja noch etwas. (Bundesrat Mayer: Aber du machst es dir jetzt einfach!)

Es gibt also eine Grundlage, und ich glaube, an dieser Grundlage sollte man sich orientieren, nämlich die Grundlage, die unter Einbindung aller Fraktionen dieses Hau­ses in Bad Gastein ausgearbeitet wurde. Sie bietet, glaube ich, die Gelegenheit, hier wirklich einen Reformschritt durchzuführen, der dem Haus und der Zweiten Kammer dient.

Meine Damen und Herren! Wir sind offen für jeden Vorschlag, der die Länderkammer stärkt, der ihr die Bedeutung einräumt, die ihr zusteht. Aus unserer Sicht finden Vor­stöße, die zu einer tatsächlichen Stärkung des Bundesrates führen, sicherlich Unter­stützung. In diesem Sinne freue ich mich auf ganz konkrete gute Vorschläge, vielleicht basierend auf diesen von mir zitierten Grundlagen aus Bad Gastein.

Ich wünsche dem Land Tirol und dem Bundesratspräsidenten eine gute Vorsitzführung im ersten Halbjahr 2008. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

10.14


Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Konrad. Ich erteile es ihr.

 


10.14.46

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch mit ein paar Sätzen zur innenpolitischen Stellungnahme des Landeshauptmannes von Tirol begin­nen.

Ja, es gibt sehr viele Themen in Österreich, die wichtig sind, die vor allem für die Bevölkerung wichtig sind, und die auf jeden Fall politisch angegangen werden müssen. Aber ich meine, dass man als Politiker oder Politikerin nicht sagen kann: Wir haben so wichtige Probleme, dass wir uns der Frage der politischen Verantwortung jetzt nicht stellen können. – Genau darum geht es bei Untersuchungsausschüssen.

Ich glaube, dass wir mittelfristig dem gesamten politischen System keinen Gefallen tun, wenn wir diese Fragen einer politischen Verantwortung ständig vor uns herschieben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)


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Ich halte es für ganz wichtig und zentral, dass in der Politik Verantwortung über­nommen wird, denn sonst verlieren wir alle die Glaubwürdigkeit gegenüber der Bevöl­kerung, und dann wird die Bevölkerung den Politikerinnen und Politikern auch nicht zutrauen, andere Probleme sinnvoll und nachhaltig zu lösen.

Ich werde jetzt hier nicht allzu sehr auf spezielle Tiroler Themen eingehen, denn dazu haben wir im Tiroler Landtag immer wieder Gelegenheit. Ich bin als eine der wenigen BundesrätInnen hier im Raum in der glücklichen Lage, dass ich mich auch im Landtag, nämlich im Tiroler Landtag, zu Wort melden kann. Das ist Herrn Landtagspräsidenten Mader zu verdanken, der sich dafür eingesetzt hat. Er ist zwar nicht immer mit dem einverstanden, was ich sage – ich glaube, er hat sich auch manchmal schon gefragt: Was habe ich mir da eingebrockt? –, aber damit müssen wir alle leben. Ich freue mich jedenfalls sehr, dass ich im Tiroler Landtag Gelegenheit habe, mich zu Wort zu melden. Ich mache das dort auch regelmäßig, denn ich denke, das ist auch wichtig für die Wahrnehmung der Bundesrätinnen und Bundesräte.

Vielleicht können Sie auch in Ihren Bundesländern, wenn das dort nicht der Fall ist, einfordern, eine solche Regelung, die, wie ich meine, den Parlamentarismus in den Ländern doch nur bereichern kann, umzusetzen. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Gerade deshalb, weil der Bundesrat ja eigentlich eine Drehscheibe zwischen den Ländern und dem Bund sein soll, finde ich es wichtig, diese Rückkoppelung zu den Ländern zu haben. Das wäre eine Möglichkeit, die nicht sehr aufwendig ist. Das dürfte in den Landtagen mit einer einfachen Änderung der Geschäftsordnung – das Stichwort hatten wir heute auch schon – möglich sein.

Ich glaube, es gibt auch in der Geschäftsordnung des Bundesrates viele Dinge, die verbesserungswürdig sind. Wenn der ÖVP-Klubobmann hier seinen Widerstand gegen jede Änderung der Geschäftsordnung aufgeben würde, dann könnten wir doch einiges unternehmen, relativ schmerzfrei, um unsere Position hier ein bisschen zu verbessern.

Ich möchte mich jetzt auf folgende Fragen konzentrieren: Was ist der Bundesrat? Warum gibt es ihn? Soll es ihn überhaupt geben? – Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin oft schon ein bisschen gelangweilt, wenn jedes Jahr im Sommer – es kommt einfach immer im Sommer oder ein, zwei Monate später – dieses „Loch Ness“ der österreichischen Medienpolitik kommt, nämlich die Frage: Bundesrat aufwerten oder abschaffen?

Ich habe mich erkundigt, seit wann es diese Diskussion gibt: Es gibt sie ziemlich genau seit der Gründung des Bundesrates. Es ist das auch kein spezifisch österreichisches Phänomen, sondern in allen europäischen Ländern, die eine zweite Kammer haben, ist diese zweite Kammer in irgendeiner Form nicht ganz zufriedenstellend eingebunden und steht immer wieder in Kritik. Wir sind also mit unserer Situation, mit der wir alle ja auch umgehen müssen, international in sehr guter Gesellschaft.

Ich habe mich auch ein bisschen in den Archiven betätigt, um herauszufinden, was Herr Landeshauptmann van Staa in den letzten Jahren so zum Thema Bundesrat ge­sagt hat. Ich bin sogar noch ein bisschen weiter zurückgegangen als mein Vorredner, nämlich bis in die Zeit, als der jetzige Landeshauptmann noch Bürgermeister von Innsbruck war.

1996, als er Bürgermeister von Innsbruck war, hat Herr Dr. van Staa den Vorschlag gemacht, dass die Hälfte der Bundesräte und Bundesrätinnen über die Städte und Gemeinden zu beschicken ist. – Sein Vorschlag.

Im Jahr 2003 – da war er dann schon Landeshauptmann – hat er den Vorschlag gemacht, dass die Landeshauptleute in den Bundesrat eingebunden werden sollten.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 26

Vom Oktober 2007 konnte ich diese Stellungnahme bezüglich Aufwerten oder Abschaf­fen finden. Man könnte fast schon T-Shirts bedrucken mit diesem Spruch, weil er einfach schon so oft zitiert worden ist: Aufwerten oder Abschaffen?! (Beifall bei den Grünen.)

Auch Landeshauptfrau Burgstaller hat, bevor sie hier im Bundesrat anlässlich der Salzburger Vorsitzübernahme eine Rede gehalten hat, in den Medien ein bisschen für Aufruhr gesorgt mit der – Forderung, kann man nicht sagen – Gegenüberstellung dieser zwei Möglichkeiten. Sie hat dann immerhin etwas getan, was ich bisher noch bei allen, die diese Diskussion angezettelt haben, vermisst habe: Sie hat die Diskussion einen Schritt in Richtung Praxis geführt. Sie hat mit der Präsidiale des Bundesrates diese Klausur abgehalten, bei der man sich auf ganz viele Dinge geeinigt hat. Diese Punkte, die dann eben unstrittig waren, haben zum Beispiel die Grünen im letzten Tiroler Landtag als Antrag in die Ausschüsse gebracht, dass auch das Land Tirol diese Forderungen unterstützen solle. Ich war der Meinung, das sollte nicht so schwierig sein, denn immerhin gab es ja schon eine Einigung, dass all das wichtige Anliegen sind.

Interessanterweise ist etwas passiert, was den Anträgen der Grünen sehr oft passiert: Der Antrag wurde ausgesetzt, sprich: Der Landtag Tirol konnte sich leider nicht durch­ringen, diese Forderungen, die im Bundesrat eigentlich allseits akzeptiert waren, auch umzusetzen und zu unterstützen. Ich finde das eigentlich schade. Ich glaube schon, dass auch die Bundesländer eine stärkere Rolle übernehmen sollten, dass nicht immer nur wir Bundesrätinnen und Bundesräte irgendwo stehen und erklären sollten, warum wir der Meinung sind, dass der Bundesrat doch wichtig ist, sondern ich erwarte mir da auch eine stärkere Unterstützung von Seiten der Landtage. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube auch, dass die Diskussion über die Existenz und Sinnhaftigkeit des Bun­desrates oft ein bisschen zu flach geführt wird. Es ist eigentlich relativ ungefährlich, die Existenz des Bundesrates in Frage zu stellen, denn es gibt doch von vielen Seiten immer wieder Zuspruch dazu, aber ich glaube, dass jene, die das auf so kurze Formeln zurückstutzen, die Komplexität des österreichischen Staates ein bisschen unter­schät­zen.

Der Bundesrat ist immerhin Ausdruck dessen, dass wir ein föderaler Bundesstaat sind. Wenn man jetzt sagt, wir schaffen den Bundesrat ab, dann frage ich: Wie sonst will man den Föderalismus in Österreich zum Ausdruck bringen? Es ist eben nicht so, dass man mit einem einfachen Federstrich die Situation verbessert, ein bisschen Geld einspart, und dann ist alles gut. Ich glaube, beim Bundesrat tun sich sehr viele Men­schen leicht, das zu kritisieren, was vielleicht generelle Schwachstellen in einem demo­kratischen System sind, und jedes demokratische System hat irgendwo seine Schwach­stellen. Es wäre sinnvoll, diese Schwachstellen näher anzuschauen, zu über­legen, was man verbessern kann, wie man die Einbindung dieses Gremiums im Spe­zial­fall verbessern kann, und nicht einfach zu sagen: Wenn es so nicht hundert­prozentig funktioniert, schaffen wir den Bundesrat eben ab!

Ich glaube aber auch gar nicht, dass irgendjemand das wirklich vorhat, denn sonst wäre der Bundesrat schon lange abgeschafft. Aber: Totgesagte leben anscheinend wirklich länger.

Um auf mein Archiv über die Aussagen des Landeshauptmannes zurückzukommen: Im Jänner 2008, also erst vor kurzem, haben Sie zusätzliche Kompetenzen gefordert und waren wiederum der Meinung, dass Landeshauptleute nicht als Abgeordnete in den Bundesrat eingebunden werden sollten – dass sie hier reden können, ist ja auch jetzt schon der Fall; das Rederecht gibt es ja –, und dass die zweite Kammer zwar momentan wenig bedeutend, aber im Großen und Ganzen unverzichtbar sei.


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Ich habe ein bisschen die Befürchtung, dass bei den Landeshauptleuten diese Einsicht immer genau dann auftritt, wenn man auch ein Interesse daran hat, wenn eben das jeweilige Bundesland gerade den Vorsitz führt. Ich hoffe, wie gesagt, dass in Zukunft von Seiten der Landtage und auch der Landeshauptleute vielleicht mehr Unterstützung kommt, nicht nur in dem halben Jahr, in dem man den Vorsitz hat, sondern dass die Bedeutung des Bundesrates wirklich generell ein bisschen ernster genommen wird. (Beifall bei den Grünen.)

So weit also zur Theorie, zu meiner Theorie und zur Theorie des Landeshauptmannes von Tirol bezüglich des Bundesrates.

Jetzt möchte ich zum zweiten Teil meiner Ausführungen kommen, nämlich zur Praxis, denn offenbar gibt es, zumindest in Tirol, noch eine dritte Variante, also nicht nur aufwerten oder abschaffen, sondern, und ich kann es nicht anders sagen, auch die Variante des Abwertens. Denn: Was wir in Tirol im Herbst in der Diskussion über den Vorsitz des Bundesrates, den Präsidenten des Bundesrates, über die Medien miter­leben mussten, das war wirklich nicht erfreulich. Bei der gestrigen Rede des Landes­hauptmannes von Tirol hätte man fast den Eindruck gewinnen können, dass es Absicht war, dass es geplant war, dass Herr Kritzinger heute als Präsident hier sitzt. Immerhin hat Tirol den jüngsten Bundesratspräsidenten gestellt – in der Person des Helmut Mader –, und jetzt stellt es den ältesten Bundesratspräsidenten. Wir haben dann von der Würde des Alters gehört, und dass man die vielen Erfahrungen, die ältere Men­schen mitbringen, auch hier mit einbeziehen soll. Das sind alles Argumente, die ich sehr wohl gelten lasse, aber, bitte, es ist wirklich nicht so gewesen, dass das ein Masterplan war, der hinter dieser Maßnahme steht. Es war schlicht und ergreifend eine Racheaktion.

Was in Tirol passiert ist, war Folgendes: Es gab einen ehemaligen Landesgeschäfts­führer der ÖVP, den man zum Präsidenten des Bundesrates machen wollte, und es gab jemanden, der eigentlich Präsident werden wollte, der aber seinen Platz nicht räumen wollte, nämlich der Herr Kollege Ager. Und was ist passiert? – Es gab in aller Öffentlichkeit eine wochenlange Diskussion darüber, wie man denn den Herrn Ager dazu bringen könnte, zurückzutreten, was, nachdem er sich geweigert hatte, damit geendet hat, dass der Tiroler Landtag eben die „Lex Kampl“ angewendet hat und einfach die Bundesräte der ÖVP umgereiht hat.

Der Herr Landeshauptmann hat vorhin gesagt, dass der Bundesrat in der Vergangen­heit oft als „Feigenblatt“ für gewisse Aktionen herhalten musste. Er hat bestimmt etwas anderes damit gemeint als ich, aber ich kann das unterschreiben: In dieser Situation war der Bundesrat ein „Feigenblatt“ für die Bestrafung eines ÖVP-Mandatars, der nicht das getan hat, was seine – ihrer Meinung nach – ihm Vorgesetzten von ihm haben wollten. Er wurde dann dadurch bestraft, dass er dieses Amt nicht übernehmen durfte, und es ist jemand anderer zum Zug gekommen.

Ich finde, dass der Bundesrat als Schachbrett für politische Schachzüge nicht geeignet ist, und dass der Bundesrat nicht geeignet ist für eine Bestrafungsaktion für jene, die nicht tun, was man ihnen sagt. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Das Ganze hat ja dann noch gegipfelt in der Aussage des jetzigen ÖVP-Geschäfts­führers, dass dieser Bundesrat, wenn er von seinem Amt zurücktreten würde, sich ja auch finanziell keine Sorgen machen müsste, da es in der ÖVP bestimmt eine An­stellung für ihn gäbe. Als ich dann in einer Presseaussendung artikuliert habe, dass ich es schon sehr gewagt finde, Mandataren anzubieten, ihnen das Mandat abzukaufen, kam als Replik: Na wieso? Die ÖVP braucht immer gute Leute!

Das war eine Diskussion, die dem Ansehen des Bundesrates in Tirol bestimmt nicht genützt hat, und ich glaube, wenn es uns ernst damit ist, den Bundesrat aufzuwerten,


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 28

wäre der erste Schritt, den wir setzen müssen, den Bundesrat ernst zu nehmen und nicht für solche Aktionen zu missbrauchen. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

10.26


Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile es ihm.

 


10.26.20

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzter Herr Landeshauptmann! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Geschätzte Gäste aus Tirol! Ich möchte die Gelegen­heit nützen, dir, lieber Herr Präsident, zu der neuen Funktion als Präsident des öster­reichischen Bundesrates zu gratulieren. Ich wünsche dir viel Glück bei deiner Tätigkeit für die Republik Österreich, für das Land Tirol und für die Menschen unseres Staates!

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, da Sie auch der Vorsitzende der Landeshaupt­leutekonferenz sind: Es ist für mich als Bürgermeister und Bundesrat schon das x-te Mal, dass ich hier stehe und die Bitte an die Landeshauptleute richte, einige große jahrzehntelange Probleme, die wir haben, auf die Tagesordnung zu setzen und einer Lösung zuzuführen.

Herr Landeshauptmann, da ist einmal der abgestufte Bevölkerungsschlüssel, und das bereits seit über 50 Jahren. Die Städte waren Ruinen, alles war am Boden, und die Städte brauchten Geld, damit sie wieder ihre Funktion erfüllen können. Aber heute ist diese Berechtigung unter keinen Umständen mehr vorhanden! Es wird dies bei den Verhandlungen zwar verbessert, aber nach wie vor ist das noch nicht abgeschafft.

Ein Zweites ist die Kommunalsteuer. Herr Landeshauptmann, ich gönne den Zentral­räumen die Kommunalsteuer, aber sie gehört doch aufgeteilt! Die Menschen, die in die Städte, in die Ballungsräume zur Arbeit fahren, wohnen ja woanders. Sie brauchen dort die Unterstützung, wo ihre Heimat ist, wo ihre Familien wohnen, wo wir die Schulbil­dung für ihre Kinder, die Kindergärten, das Kulturleben und so weiter aufrechterhalten. Dass sich hier nichts tut, das kann ich nicht verstehen. Herr Landeshauptmann, mit mehr Druck auf die österreichische Bundesregierung und den Städtebund sowie auf den Finanzminister müsste es möglich sein, eine gerechte Aufteilung zu erzielen.

Ein dritter Problembereich ist die gesamte ländliche Struktur. In Österreich gibt es zirka 80 000 Kilometer ländliches Wegenetz. Herr Landeshauptmann, Tirol hat es vor weni­gen Jahren geschafft, Salzburg vor 20 Jahren, dass die betroffene Bevölkerung, die draußen wohnt, bei Straßen nicht mitfinanzieren muss. Bis zu 20 Prozent muss die betroffene Bevölkerung in Österreich mitfinanzieren, damit diese Wege im ländlichen Raum befahrbar sind, für jedermann befahrbar sind – jeder Gast kann sie benützen –, und hier gibt es keine einheitliche Lösung. Eine solche, Herr Landeshauptmann, wäre aber sehr, sehr notwendig.

Gestatten Sie mir, dass ich nun ein paar Worte zur „Lex Kampl“ und zur Möglichkeit der Abgeordneten der jeweiligen Länder zur Umreihung seit der „Lex Kampl“ sage, weil sie heute wieder ansteht.

Es ist auch sehr viel Positives daran, meine Damen und Herren, nur glaube ich, man sollte die Dinge nicht so sehen, wie Kollege Mayer sie sieht, nämlich negativ. Das glaube ich, ist eine ... (Rufe: Einwallner!) – Einwallner, ja. Bitte um Entschuldigung! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber ich will euch Vorarlberger nicht alle in einen Topf werfen! Das will ich nicht. Aber, Kollege Einwallner, so sollte es wohl sein: Das Land soll diese Möglichkeit haben.

Geschätzter Herr Landeshauptmann, ich war damals der Betroffene, und ich habe damals hier nur das gesagt, was ich als Kind erlebt habe, so, wie auch Kollege


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 29

Schennach von seinem Vater erzählt hat, und auch viele andere Kollegen haben erzählt, wie es ihnen seinerzeit ergangen ist. Ich habe es eben auch erzählt, und ich habe mich auch nicht entschuldigt, denn es hat auch keinen Ordnungsruf für mich gegeben. Sonst wäre ich hier hinausgegangen und hätte gesagt, ich nehme das zurück. Man hat mir diese Möglichkeit gar nicht geboten in diesem Haus! Das ist das Problem, wie ich es sehe, warum es eine „Lex Kampl“ gegeben hat.

Liebe Kollegen! Herr Landeshauptmann! Das Zweite, das ich bei dieser Gelegenheit auch sagen möchte: Es haben dann die Gerichte in Österreich – und das finde ich auch sehr bedenklich – den Kampl verurteilt, aber die überwiegende Mehrheit der Gerichte hat den Kampl freigesprochen. Er hat zu Recht hier das gesagt, was hier im Hause jedermann sagen kann, der als Abgeordneter berechtigt ist, hier zu reden. Ich aber bin hier verurteilt wurden, weil ich das hier gesagt habe – und nicht draußen auf irgendeinem Sportplatz. Und das tut mir irgendwo weh, meine Damen und Herren! Ich hätte es gerne zurückgenommen, ich hätte eine andere Wortwahl getroffen. Aber jemandem wie mir, der 40 Jahre in der Politik tätig ist, 30 Jahre in der Kommunalpolitik, drei Perioden im Landtag, meine Damen und Herren, Herr Landeshauptmann, tut das weh!

Und das ist etwas, was heute ein Kollege von Ihnen, Ager, erleben muss, und es ist nicht meine Aufgabe, das zu sagen, aber eine menschliche Lösung sollte es in diesem Falle doch geben. Es muss doch möglich sein, dass Gespräche geführt werden in einer solchen Situation!

Geschätzter Herr Landeshauptmann! Ein Wort nur zur derzeitigen Tagespolitik in Österreich. Ich habe großen Respekt vor deiner politischen Arbeit, vor dem Land Tirol. Ich habe vor allen Landeshauptleuten Respekt, weil sie ja von ihren Wählern getragen sind, und die überwiegende Mehrheit steht zu ihnen. Aber was derzeit, Herr Lan­deshauptmann, in der Bundespolitik vor sich geht, sollten wir nicht so zur Kenntnis nehmen, sondern wir sollten sagen, hier muss nach dem Rechten geschaut werden. Die Bevölkerung in Österreich hat einen Rechtsanspruch darauf! Hier passiert etwas, was man versucht, unter den Teppich zu kehren. Und meine Sorge, Herr Landes­hauptmann, ist, dass wir als Österreicher nicht mitentscheiden dürfen, was in Zukunft die ganze Entwicklung in der EU angeht. Wir in Österreich dürfen nicht entscheiden. Das macht bei uns der Parlamentarismus, das machen einige in Brüssel, und damit ist die Sache erledigt!

Herr Landeshauptmann, wir Bürgermeister sind da anders. Wir sind unmittelbar bei der Bevölkerung. Sie als Landeshauptmann sind zwischen unserer Gemeinde, unserer Kommune und der Bundesregierung. Der ländliche Raum, die gesamte Struktur, die Infrastruktur im ländlichen Raum, wird immer mehr ausgedünnt. Es passiert immer öfter, dass wir gewisse Hoheiten verlieren, etwa bei der Gendarmerie. In meiner Gemeinde hatte ich die Gerichtsbarkeit, den Gendarmerieposten, die Eisenbahn – alles ist weg! (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Herr Landeshauptmann! Jeder Bürgermeister will der Bevölkerung das bieten, was auch andere in ihrer politischen Verantwortung bieten können. Vielleicht könnte man im gesamten Bereich der ländlichen Gebiete, der ländlichen Struktur einmal wirklich die gesamte Problematik prüfen, eine Kommission einsetzen, die prüft, warum es in Österreich noch so große Unterschiede gibt. Warum ist in Österreich nicht jeder Bürger gleich viel wert? Das, glaube ich, sind uns die Landeshauptleute schuldig!

Ich wünsche Ihnen für Ihre Arbeit viel, viel Erfolg, Herr Landeshauptmann! – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

10.34



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 30

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Der Herr Landeshauptmann, und der Herr Kollege Ager hat sich auch noch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Kollege Ager.

 


10.35.26

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr verehr­ten Kolleginnen und Kollegen! Hoher Bundesrat! Ich bin seit Juli 1999 Mitglied des Bundesrates, der zweiten Kammer des österreichischen Parlaments, und durfte für das Land Tirol 2003 in dieser Länderkammer den Vorsitz führen. Wenn ich mich heute hier im Rahmen der Vorsitznahme von Tirol zu Wort melde, hat dies verschiedene Gründe. Aber der Reihe nach.

Tirol ist ein wunderschönes Land mit wundervollen Menschen, von denen der Großteil geradlinig, weltoffen und auch mit Handschlagqualität ausgestattet ist. Tirol hat aber auch eine Menge Probleme, die zu lösen sind, wie zum Beispiel der ausufernde Verkehr. Es läuft im Tourismus einiges schief, die Einigung im Grundverkehr ist aus­ständig, und die Schere zwischen Arm und Reich klafft auch bei uns immer mehr auseinander. Tirol braucht also auch in Zukunft Menschen in der Politik, die mit viel Herzblut und viel Liebe zum Land und seinen Leuten ausgestattet sind und auch politisch entsprechend handeln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe fast ein halbes Leben in der Politik und mit der Arbeit für die Menschen verbracht – und ich habe diese Arbeit gerne gemacht. Nachdem ich bisher Erstgereihter war und manche Belange der Tiroler Bundesräte koordinieren durfte, möchte ich mich bei dieser Gelegenheit für das Wohlwollen und die Loyalität auch über Parteigrenzen hinweg bedanken: bei dir, Herr Präsident, bei dir, liebe Eva Konrad, bei dem geschätzten Herrn Bürgermeister und Kollegen Wiesenegg, dem auch ich an dieser Stelle alles Gute für seine Genesung wünsche; wir wissen, dass es keine Kleinigkeit ist, an der er leidet. Kollege Wiesenegg hat hier immer sehr rege und sehr viel mitgearbeitet.

Insbesondere, und da bitte ich ein bisschen um Nachsicht, möchte ich mich bei meiner besonderen Kollegin Christl Fröhlich bedanken, die immer offen und ehrlich war und die ich besonders schätze. Was ich besonders an ihr schätze, das ist, wie sie auf Menschen zugehen kann. Ich bedanke mich einfach einmal von dieser Stelle aus für ihre Loyalität und ihre Freundschaft.

Liebe Freunde, eines war und ist mir aber immer wichtig, nämlich das freie Mandat. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der österreichische Bundesrat ist eine auf den Grundwerten der Demokratie aufgebaute Kammer des Parlaments, seine Mandatare sind Träger eines freien Mandats. Die Möglichkeit einer Umreihung für die Landtage nach der „Lex Kampl“ wurde, wie wir gehört haben, einzig und allein deshalb geschaf­fen, um, wie man damals der Meinung war, Schaden von der Institution Bundesrat fernzuhalten. Sie war nie als Spielwiese eines machthungrigen, im Vorgeplänkel des Wahlkampfes nervös gewordenen und im Stile eines Feudalherrn agierenden Landeshauptmannes gedacht! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

Dass dieses Gesetz repariert wird, dafür werde ich mich besonders einsetzen in der Zeit, die mir noch bleibt. Das sollten wir auch im Sinne jener, die diese Länderkammer aufgebaut haben, gemeinsam, über Parteigrenzen hinweg, tun.

Herr Landeshauptmann, nun zu dir. Wie du die Dinge gemacht hast: die Umreihung und die Begründungen dazu im Klub und im Tiroler Landtag, ohne Debatte und ohne Diskussionen, dich als der große Landesvater des mit ehrwürdigen Prinzipien ausgestatteten heiligen Landes Tirol gebend und tatsächlich als Marionettenspieler


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mit – zugegebenermaßen – großer Qualität agierend und zu glauben, nur an den Fäden ziehen zu müssen und alles tanzt nach deiner Pfeife. – Für jene, die sich unter einem Marionettenspieler nichts vorstellen können, habe ich etwas mitgenommen. Das sieht so aus, liebe Freunde (der Redner hält eine Holzmarionette in die Höhe): Da ist oben jemand, der an den Fäden zieht, und unten rührt sich dann alles so, wie sich der oben Ziehende das vorstellt. So viel dazu, damit sich das alle vorstellen können. (Ruf bei der SPÖ: Ist das ein Kasperl?) – Nein, das ist eine ganz unverdächtige Holzfigur.

Bei dieser Gelegenheit – und das ist auch erstmalig für mich – muss ich mich bei den Tiroler Grünen bedanken, die sich als einzige Partei für diese Bestrafungsaktion und diese Machtspielchen des Landeshauptmannes nicht hergegeben haben. Ich darf aus einem Schreiben zitieren, mit dem Einverständnis des Georg Willi, der dieses auch im Tiroler Landtag aufgelegt hat, wo er schreibt:

„An die Abgeordneten zum Tiroler Landtag, die Mitglieder der Tiroler Landesregierung sowie die PressevertreterInnen zur Information

Betrifft: Grüne Abgeordnete machen bei ÖVP-Machtspielchen nicht mit

Sehr geehrte Damen und Herren!

Es entspricht langjähriger Praxis im Tiroler Landtag, die Nominierung der den einzelnen Fraktionen nach ihrer Stärke zustehenden BundesrätInnen zu akzeptieren und sie einstimmig zu wählen.

Diesmal ist es etwas anderes. Diesmal wird im Landtag über eine Umreihung der ÖVP-BundesrätInnen abgestimmt. Warum diese Umreihung notwendig ist, wurde in mehreren Zeitungsartikeln der vergangenen Tage genau beschrieben: es geht darum, dass der Landeshauptmann nicht will, dass BR Hans Ager turnusmäßig Bundesratspräsident wird.

BR Ager hat dieses Amt schon einmal innegehabt, wofür er am 24. Juli 2003 von LH van Staa als damaligem Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz gewürdigt wurde. Jetzt hat sich BR Hans Ager aber an die einfachste Spielregel der ÖVP nicht gehalten: der Landeshauptmann schafft an!

BR Ager verteidigt sich zwar mit den Worten ,Schließlich habe ich ja nichts gestohlen und bin keine Schachfigur.‘ Aber BR Ager hat sich gegen den Landeshauptmann gestellt, weil er seinen Sessel nicht wunschgemäß für den abgetretenen Landesgeschäftsführer der Tiroler ÖVP, Georg Keuschnigg, geräumt hat. Dadurch ist er in Ungnade gefallen. Durch die Umreihung wird verhindert, dass er wieder Bundesratspräsident wird.

Dieses Vorgehen der ÖVP sollen die Landtagsabgeordneten heute absegnen. Wir GRÜNE geben uns für solche Bestrafungsaktionen der ÖVP nicht her und werden daher gegen diese Umreihung stimmen.“ – So weit Georg Willi.

Sie können versichert sein, dass ich mich mit Georg Willi davor nicht abgesprochen habe.

Ich würde noch ganz gerne einige Sequenzen einer unverdächtigen Person bringen, nämlich aus der Abschiedsrede unserer geschätzten Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach zu diesem Thema. Anna Elisabeth Haselbach – das wissen ja die meisten – war unsere sehr geschätzte Vizepräsidentin von der sozialistischen Fraktion. Sie war über 20 Jahre hier im Hohen Haus, über 11 Jahre als Vizepräsidentin. Sie sagte unter anderem – ich darf sie zitieren –:

„Verfassungen, meine Damen und Herren, verdienen Respekt. Änderungen bedürfen des höchsten Verantwortungsbewusstseins, der Umsicht und des Weitblicks. Und nicht


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jeder, der glaubt, Wortspenden über den Bundesrat abgeben zu müssen, verfügt über die vorhin genannten Eigenschaften.“

Sie sagte weiters: „,Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.‘“

„Was heißt das für uns? – Wir sind Volksvertreter. Man hat uns mit der Aufgabe betraut, das Volk, von dem das Recht ausgeht, hier zu vertreten.

Wir sind verantwortlich für die Rahmenbedingungen, unter denen sich eine Gesell­schaft entwickeln kann. Und die Regierungen, ob im Bund oder in den Ländern, haben uns gegenüber Rechenschaft abzulegen – und nicht umgekehrt.“

Außerdem sagte sie: „Eine weitere Überlegung: Landeshauptleute haben ihren Platz dort, wohin sie gehören, nämlich innerhalb ihrer Landesregierung. Und meine persönliche Meinung“ – die Meinung der Frau Vizepräsidentin –: „So sollte es auch bleiben.“

Zum Schluss brachte sie dann noch eine Überlegung und sagte: „... wo ich mir viel­leicht einen Schiefer einziehe, aber ich sage sie trotzdem: Dort, wo Landes­hauptleute auch Parteivorsitzende sind, sollten sie großes Verantwortungsbewusstsein zeigen und Bundesräte nicht wie Schachfiguren herumschieben. Das würde der von den Figu­renschiebern beschworenen Aufwertung mehr dienen.“ – So viel zu Anna Elisa­beth Haselbach.

Herr Landeshauptmann, du weißt, ich bin für dich lange Jahre hindurch durch dick und dünn gegangen, ich hege auch jetzt keinen Groll oder gar Hass gegen dich, nur darf ich von dieser Stelle aus sagen: Du tust mir unendlich leid. Durch deinen Druck, die Wahl in Tirol am 5. Oktober gewinnen zu müssen, kannst du anscheinend Freund und Feind nicht mehr unterscheiden. Mandatare sind Menschen, Mitstreiter in der Sache, keine Schachfiguren oder Marionetten. Ich habe meine Strafe von dir bekommen, und ich halte das schon aus: Ich durfte nicht mehr Präsident des Bundesrates werden – das wäre ich gerne wieder geworden, aber es ist auch kein Problem – und so manches andere auch nicht. Herr Landeshauptmann, du wirst deine Strafe am 5. Oktober von den Tiroler Wählern und Wählerinnen bekommen.

Eines möchte ich dir auch noch sagen: Du hast einmal mein Herz gehabt; du be­kommst heute nicht einmal mehr meine Hand!

Enden möchte ich wieder mit dem wunderschönen Land Tirol, aber dir würde ich unser wunderschönes Land nicht mehr anvertrauen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Demonstrativer Beifall bei SPÖ und Grünen.)

10.47


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet ist Herr Landeshaupt­mann Dr. van Staa. Ich erteile es ihm.

 


10.48.01

Landeshauptmann von Tirol DDr. Herwig van Staa: Sehr geehrte Damen und Her­ren des Bundesrates! Ich bin schon überrascht, dass ein Landeshauptmann, wenn er sich die Zeit nimmt und sich der Mühe unterzieht, mit einem Bundesrat in einen offenen Dialog eintreten zu wollen, dann Vorwürfe bekommt, ohne dass man sich zunächst „Audiatur et altera pars“ zur Grundlage seines Handelns macht.

Glauben Sie, dass mich die Innsbrucker Bevölkerung, nachdem ich aus einer schwie­rigen Position kandidiert habe, beim zweiten Mal mit einem Stimmenzuwachs von 70 Prozent wiedergewählt hätte, wenn da vorne einer gestanden wäre, dem das ihm anvertraute Mandat und die übertragene Funktion nicht eine hohe Verpflichtung ge­wesen wären? Glauben Sie, dass man einen solchen Menschen mit diesem Werde­


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gang in politische Funktionen gewählt hätte, wenn er keine Handschlagqualität oder keinen Charakter hätte? Fragen Sie, applaudierende Damen und Herren der sozial­demokratischen Fraktion, Ihre Vertreter im österreichischen Städtebund, fragen Sie Ihre Vertreter im Parlament, fragen Sie Ihre Vertreter in der österreichischen Landes­haupt­leutekonferenz – und machen Sie sich dann ein Bild über meine Person!

Herr Bundesrat Einwallner aus Vorarlberg hat einige Dinge ausgeführt. Er hat gemeint, Vorarlberg würde Tirol klagen. – Ich frage nur, Herr Bundesrat, wo, bei welcher Institution Sie uns klagen wollen. Der Weg zum Europäischen Gerichtshof führt über die österreichische Bundesregierung. Ich bin Herrn Bundesminister Faymann sehr, sehr dankbar dafür, dass er in Absprache mit Tirol diese Position festgelegt und verteidigt hat. Wenn Sie also anderer Meinung sind als der Herr Bundesminister, dann müssen Sie ihn überzeugen und nicht mich!

Wir in Tirol haben lange Zeit viel Geduld gezeigt. Ich war oft in Brüssel, ich habe inten­siv und massiv verhandelt. Und wer meint, dass man Schrott und Mull einem sekto­ralen Fahrverbot nicht unterwerfen könne, der hat eigentlich die Befindlichkeit der immissions- und emissionsgeplagten Bevölkerung nicht im Auge. Wenn es dann heißt, dies gehe wegen der Probleme nicht, die man in der Bundesrepublik Deutschland hat, um hiefür Genehmigungen zu erzielen, man aber gleichzeitig weiß, dass die meisten Vorarlberger Lkw, als es in Deutschland das Road Pricing für Lkw auf den Autobahnen noch nicht gegeben hat, durchaus den längeren Weg über die Bundesrepublik genommen haben, als die Kosten zu tragen, um über den Arlberg zu fahren, verschiebt sich die Argumentationslinie etwas. Aber darüber kann man dann in aller Offenheit diskutieren.

Sie haben gemeint, man solle nicht die Inflation und andere Dinge vermischen. – Ich habe es nicht vermischt. Ich habe keinen Zusammenhang hergestellt, ich habe es nur hintereinander als eines der Hauptprobleme angesprochen. Sie haben offensichtlich gemeint, dass man durch eine Einmalaktion ein probates Mittel hätte, das Problem zu lösen. Ich muss Ihnen sagen, es mag zwar vielleicht für eine Tagesnotiz reichen, zur Problemlösung reicht es nicht!

Das Land Tirol hat den Heizkostenzuschuss um 50 Prozent erhöht. Wir haben auch eine Sofortmaßnahme durch die Einführung einer Schulstarthilfe herbeigeführt, und zwar nicht nur für die Kinder der kleinsten Einkommensbezieher, sondern für alle Schüler. Da hat man den schwächeren Einkommensbeziehern durchaus geholfen, aber das hat viel Geld gekostet. Ich bin auch weiterhin bereit, der Bevölkerung hiebei eine Hilfestellung zu gewähren.

Wenn Sie sich anschauen, was in Tirol im Sektor des sozialen Wohnbaus durch die Zurverfügungstellung von zusätzlich 13 Millionen € geleistet wird, um die Mietkosten, Mietbeihilfen und Annuitätenbeihilfen im heurigen Jahr zu reduzieren, und zwar nicht unter großem Tamtam einer Wahlberichterstattung, sondern im Vorfeld von der Koaliti­onsregierung ÖVP/SPÖ ausverhandelt, dann werden Sie jederzeit feststellen können, dass wir einen erheblich nachhaltigeren Beitrag für die Menschen geleistet haben, die das dringend brauchen.

Betreffend die Beschickung des Bundesrates – darauf werde ich zum Schluss zu sprechen kommen – werden Sie dann ein bisschen überlegen müssen.

Da meine Aussagen zum Klubobmann der Grünen, Herrn Van der Bellen, ange­sprochen wurden: Ich habe mich wie Herr Kampl nicht bei ihm entschuldigt, weil ich all diese Ausführungen, die ich gemacht habe – nicht jene, die in den Zeitungen gestan­den sind, sondern die ich gemacht habe –, jeden Tag wiederholen würde.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 34

Das, was ungehörig war meinerseits, was ich bedauere, ist, dass ich ihn nicht in einer öffentlichen Besprechung in Beziehung gebracht habe, außerhalb jeder Pressekon­ferenz, wo ich nur auf einen Satz hingewiesen habe: Wenn jemand im Jahr 1944 von einem Ort in das Kaunertal kommt, so kann das nur mit Billigung des Systems erfolgt sein. Etwas anderes habe ich nicht gesagt.

Ich habe Herrn Van der Bellen auch einen Brief geschrieben und habe ihn ermächtigt, diesen Brief jederzeit zu veröffentlichen. Herr Van der Bellen hat auch angekündigt, er werde eine Klage gegen mich einbringen, wenn ich mich nicht entschuldige. Ich habe mich nicht entschuldigt, weil ich dieser Klage mit großer – mit großer! – Gelassenheit entgegengeschaut hätte, weil ich nichts Unanständiges machen wollte und auch nicht gemacht habe. Er kann diesen Brief jeden Tag veröffentlichen.

Eines möchte ich schon noch sagen, weil auch Frau Konrad einige Dinge ange­sprochen hat: Als die Asyldebatte in Österreich geführt wurde, habe ich die Meinung vertreten – diese Meinung werde ich auch in Hinkunft aufrechterhalten –, dass krimi­nelle Asylwerber den Status eines Asylwerbers mit Setzung der kriminellen Handlung verlieren sollen und abzuschieben sind, und davon werde ich nicht abgehen, ob es jemandem gefällt oder nicht. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.) Wenn man das nicht mehr sagen kann, dann ist es weit heruntergekommen in der Demokratie.

Ich kann Ihnen sagen: Flüchtlinge sind etwas anderes. Sie können das jederzeit in meiner Biographie nachlesen oder auch nachprüfen. Ich war als Vierzehnjähriger als Jugendrotkreuzvorsitzender meiner Schule dabei, den Ungarnflüchtlingen zu helfen, und habe diese, als ich an die Hochschule kam, weiterhin betreut, habe später eine hohe ungarische Auszeichnung dafür erhalten. Ich habe es nicht gemacht, um später eine Auszeichnung dafür zu erhalten.

Ich war 1968 mit in der Tschechoslowakei, habe den Menschen geholfen herüber­zukommen; dies ist vom damaligen Gesandten Kirchschläger, der Ihnen als späterer Bundespräsident in Erinnerung ist, immer wieder besonders hervorgehoben worden.

Ich habe mich bemüht, insbesondere als Bürgermeister der Landeshauptstadt Inns­bruck, die eine Partnerschaftsbeziehung mit Sarajevo hat, gerade bei der Aufnahme von Bosniern, als dort der Bürgerkrieg ausgebrochen ist, dass man diesen Menschen massiv hilft. Das ist Flüchtlingsarbeit! Asyl ist etwas anderes.

Ich habe auch gesagt: Wenn jemand, rechtskräftig verurteilt, als Krimineller nicht abge­schoben werden kann, weil er seine Identität verschweigt oder Herkunftsländer nicht mehr bereit sind, wie jetzt Marokko, diese Leute aufzunehmen, dann soll man doch auf die EU Druck ausüben, damit die EU die Hilfeleistungen für diese Länder einstellt, und man soll diese Leute internieren.

Man hat dann gefragt: „internieren“? Die Antwort Van der Bellens war: Der Landes­hauptmann von Tirol will 1 000 Guantánamos schaffen. 1 000 Guantánamos!

Ferner haben die Grünen noch etwas gemacht: Als ich Bürgermeister von Innsbruck war und dort eine studentische Veranstaltung freiheitlicher Korporationen angekündigt war, sollte ich unter Druck der Öffentlichkeit dazu gezwungen werden, daran nicht teilzunehmen. Ich habe teilgenommen, habe an allen Diskussionen teilgenommen und habe eine Rede gehalten. Die Grün-Fraktion der Stadt Innsbruck hat damals an die Fraktionen des Europarates ein Schreiben gerichtet: Einen Menschen wie mich, mit dieser Rechtslastigkeit, könne man nicht zum Präsidenten der Kammer der Gemeinden wählen.

Und was hat man noch gemacht? – Damals gab es die Sanktionenfrage. Ich bin dort­hin gefahren und habe den Leuten alle Tonbänder meiner Reden übermittelt, ich habe


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ihnen alle Unterschriften geleistet. Obwohl die sozialdemokratischen Fraktionen damals Beschlüsse darüber gefasst hatten, keinen Österreicher in ein internationales Amt zu wählen, ist der sozialdemokratische Fraktionsführer Van Cauwenberghe, da­mals Ministerpräsident der Wallonie in Belgien, zu mir gekommen und hat gesagt: Herr Kollege, wir können Sie aufgrund unserer Beschlüsse leider nicht wählen, wir können Sie wählen, aber wir können Sie nicht vorschlagen, wir werden jedoch keinen Gegen­kan­didaten aufstellen; das ist unglaublich, was man Ihnen hier angetan hat!

Ich habe gesagt: Wenn Sie mich nicht vorschlagen, dann werde ich selbst kandidieren und nehme in Kauf, unterzugehen! Das ist meine Auffassung von freier Kandidatur und Ausübung des freien Mandats! Darauf werde ich später noch zu sprechen kommen.

Wissen Sie, was dann geschehen ist? – Die Sozialdemokratie ist nach einer Stunde mit der Unterschrift gekommen, mich zum Kandidaten vorzuschlagen, weil sie gesagt hat: Das, was man mir antun wollte, war unglaublich!

Jetzt zu den anderen Dingen, auch zur Internierung – man hat gesagt, Internierungen seien so wie Konzentrationslager –: Der Begriff Internierung war kein national­sozialis­tischer, sondern ein britischer Begriff. Meine Mutter war damals im Vereinigten König­reich von Großbritannien, und sie erhielt die Aufforderung, entweder nach Hause zu fahren oder im Land interniert zu werden. Das war dort die Bezeichnung. – Aber ich möchte hier keine Vorlesung halten.

Zum Nächsten: Eine weitere Sache ist die, dass immer wieder die Keule mit dem Na­tionalsozialismus geschwungen wird. Mein Vater war zwei Mal eingesperrt. Ich weiß, was die Leute mitgemacht haben!

Ich kenne aber auch andere Leute wie Herrn Professor Halhuber, Professor für Medi­zin; er hat jetzt mit 92 Jahren ein Buch veröffentlicht. Dieser Mann war im Widerstand. Er hat ein Buch geschrieben; lesen Sie es durch, um zu wissen, wie damals die Situation war. Er hat auch ein großes Kapitel über den späteren Vizebürgermeister von Innsbruck geschrieben, Ferdinand Obenfeldner, vor dem ich auch heute noch nur den Hut ziehen kann. Was man ihm angetan hat, das brauche ich niemandem zu erzählen. Das war ungeheuerlich!

Dann darf ich Ihnen noch etwas dazu sagen, dass man mich zitiert hat mit dem, was ich zum Bundesrat gesagt habe. Selbstverständlich, ich teile meine Meinung, ich ändere sie nicht. Ich war immer der Meinung, dass die Landeshauptleute in den Bundesrat einbezogen werden sollen, aber sie sollen keine Mandatare sein. Das weiß jeder, das habe ich oft im Landtag ausgeführt.

Die Landeshauptleutekonferenz ist in der österreichischen Verfassung nicht verankert, in der Verfassungswirklichkeit spielt sie aber eine entscheidende Rolle. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Landeshauptleute eingebunden gehören, so wie ich der Meinung bin, dass gerade Regierungschefs von Ländern mit Gesetzgebungsbefugnis in verstärktem Maße in die internationalen regionalen Gemeinschaften eingebunden werden sollen, weil die Institutionen sonst an Gewicht verlieren.

Selbstverständlich bin ich jederzeit für einen Lösungsvorschlag offen. Wenn man zu 50 Prozent Gemeindevertreter schickt, ist das doch kein Unglück! Das sind Leute, die das Ohr direkt an der Bevölkerung haben, sie haben ja etwas geleistet. Wäre es eine Schande – kann man das nicht diskutieren? –, wenn im österreichischen Bundesrat die eine Hälfte aus den Bundesländern und den Landtagen käme, die andere Hälfte aus den Kommunen? Die Kommunen sind ja auch Gebietskörperschaften, die für die Republik, fürs Investitions-, Veranlagungsvermögen eine wichtige Rolle spielen. Der deutsche Bundesrat ist auch aus regionalen und kommunalen Vertretern zusam­mengesetzt.


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Weil man hier die „Lex Kampl“ angesprochen hat: Ich habe das damals schon für Blödsinn gehalten, weil man in Einzelfällen keine Gesetze machen soll. Nur: Wenn man sie macht, dann gelten sie für alle – das ist einfach so –, und dann kann man es sich nicht nach Befindlichkeit und Gutdünken aussuchen.

Nun möchte ich auf die Situation mit dem freien Mandat eingehen. Ich habe unglaub­lichen Respekt vor dem freien Mandat!

Darf ich Ihnen jetzt die ganze Wahrheit sagen? – Die ganze Wahrheit ist ganz einfach: Hans Ager war Vorsitzender des Bundesrates. In dieser Zeit gab es in Tirol Landtags­wahlen. Das Ergebnis dieser Landtagswahlen war, dass die Bundesräte neu nominiert wurden, und der Landesparteivorstand hat damals eine neuerliche, eine Wieder-Nomi­nierung von Hans Ager abgelehnt.

Was hat der damalige Landeshauptmann gemacht? – Er hat gesagt, man kann aus Respekt vor dieser Institution während einer laufenden Periode keine Änderung durch­führen. Und ich habe dafür gekämpft, dass Hans Ager wieder nominiert wurde. Das war nicht leicht; alle, die dabei waren, werden Ihnen das bestätigen.

Die Gegenleistung war – das war keine Forderung von mir; man wird das in Hinkunft mit Sicherheit nicht mehr machen –, dass Hans Ager erklärt hat, dass er während der Funktionsperiode jederzeit bereit ist, das Mandat, wenn es für jemand anderen gebraucht wird, zurückzulegen. Er hat dies auch schriftlich bestätigt. Dieses Schreiben werde ich, weil es jetzt öffentlich ist, Ihnen allen zukommen lassen. Das war die Forderung des Wirtschaftsbundes. Ich kann es Ihnen sagen.

Bitte, reizen Sie (in Richtung SPÖ) mich nicht; sonst zitiere ich Landeshauptmann Häupl! Sie haben auch Wechsel im Bundesrat gehabt, da wissen Sie, wie das geht. (Bundesrat Molzbichler: Entschuldigen Sie, dass wir da sitzen, Herr Landes­haupt­mann!) Aber ich muss sagen, man hat das gemacht. Ob das gescheit war, ob das falsch war – man wird solche Dinge ... (Bundesrat Konecny: Bitte! Das ist peinlich! – Bundesrat Reisenberger: Wenn jemand in Pension geht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, das habe ich Ihnen ganz genau gesagt, andernfalls wäre er damals nicht nominiert worden. Das war die Ursache. Jemand anderen hat man überhaupt nicht unter Druck gesetzt. Man hat niemanden unter Druck gesetzt, sondern hat dies zur Kenntnis genommen und hat dann berechtigt eine Umreihung vorgenommen.

Das ist doch nicht das Hauptproblem, das wir haben! Ich sage Ihnen nur ganz ehrlich und offen, wie die Situation war. Sie können jederzeit sagen, das ist falsch, Sie können auch sagen, das gibt es woanders nicht. Ich kann Ihnen sagen, in Tirol wurden in den letzten Jahrzehnten während Perioden keine Umreihungen durchgeführt. Ich kann Ihnen aber eine genaue Statistik darüber geben, wie viele Umreihungen, Abberufungen und Neubesetzungen in anderen Bundesländern vorgenommen wurden, und kann Ihnen auch Aussagen von denjenigen liefern, die damals verzichtet haben, auch darüber, unter welchen Umständen sie verzichtet haben.

Lassen wir diese Sachen! (Bundesrat Konecny: Nein!) Stellen wir das auf eine andere Basis. (Bundesrat Konecny: Ungeheuerlich!) Ändern Sie das Gesetz so, dass es keine Umreihungen gibt, dann gibt es keine. Aber Sie haben das eingeführt. Ich habe Ihnen jetzt in aller Ehrlichkeit die Meinung darüber gesagt, wie es war. (Bundesrat Konecny: Das ist ungeheuerlich, Herr Landeshauptmann!) Ja, das wissen die Leute. (Bundesrat Konecny: Was erzählen Sie über die Wiener Mandatare?) – Gar nichts erzähle ich über die Wiener Mandatare. (Bundesrat Konecny: Ach so? Nehmen Sie Ihre Äuße­rungen zurück!) Gar nichts. (Bundesrat Konecny: Ungeheuerlich!) Ich habe gar nichts über Wiener Mandatare gesagt. (Bundesrat Reisenberger: Dann lesen Sie das Proto­koll, Herr Landeshauptmann! – Bundesrat Konecny: Lesen Sie nach bei den Ste­nogra­phen, Herr Landeshauptmann! – Weitere Zwischenrufe. – Vizepräsidentin


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Mag. Neu­wirth gibt das Glockenzeichen.) Herr Konecny, beruhigen Sie sich doch! (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Das ist ungeheuerlich! Wenn Sie in der Bredouille sind, brauchen Sie nicht andere zu beschmuddeln!)

Was meinen Sie? – Ich komme hierher, möchte einen Dialog führen, höre aber nur Ausführungen, die nicht die Zukunft des Landes betreffen! (Zwischenrufe.) Ich muss wirklich sagen: Man muss sich dann gewisse Aussagen und Haltungen in Zukunft überlegen (Bundesrat Konecny: Drohungen auch noch!) und eine Institutionen­diskussion führen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktions­zugehörigkeit.)

11.09


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vize­präsident Weiss. Ich erteile ihm dieses.

 


11.10.19

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Landeshauptmann! Sehr geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mich zu Wort gemeldet, noch bevor ich wusste, was Herr Kollege Ager und der Herr Landeshauptmann sagen würden. Aber ich gehe jetzt doch mit ein paar wenigen Worten darauf ein.

Zunächst zur Diskussion über die Umreihungspraxis der Landtage: Ich denke, wir sollten diese Diskussion abschließen, weil wir natürlich alle in Erinnerung haben, dass es Zwei-Tage-Bundesratspräsident/innen gegeben hat, die dann plötzlich nicht mehr für diese Funktion in Frage kamen. Das ist einigermaßen fraktionsübergreifend, das ist die Autonomie des freien Mandats, dass jemand dann gesagt hat: Jawohl, ich ver­schließe mich nicht den Argumenten meiner Partei, ich lege das zurück.

Diesmal ist es auch auf Grund der Rechtslage eine andere Situation geworden. Aber ich denke, wir sollten es vermeiden, hier Ereignisse aus der Vergangenheit hin und her zu schieben. Sonst müsste man ja sagen, wir sind gerade heute auch Zeugen einer Umreihung eines Landtages auf Grund freiwilliger Entscheidungen geworden, nicht? – Das dazu.

Nun zwei Worte zum Kollegen Ager: Er hat hier eine Marionette vorgeführt und eigent­lich nicht dazugesagt – wenngleich zu spüren war, was er meint –, wer die Fäden zieht. Im Laufe seines Redebeitrags ist aber sehr deutlich geworden, wer die Fäden dieser Marionette gezogen hat: höchst persönliches, eigenes Interesse! Und das ist ein schlechtes Beispiel dafür, wie man mit Problemen des freien Mandates umgeht.

Das Zweite: Der Tiroler Landtag war mit großer Mehrheit, auch mit den Stimmen der Sozialdemokraten, der Meinung, die Vertretung des Landes Tirol in andere Hände legen zu wollen. Wenn es noch Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung des Tiroler Landtages gegeben hätte, dann hat Kollege Ager sie nachdrücklich widerlegt und dem Tiroler Landtag recht gegeben. Ich muss auch dazusagen: Die Tiroler haben ihn offenbar besser gekannt als wir.

Nun ganz kurz zu Kollegin Konrad, die eigentlich der Auslöser für meine Wortmeldung war, weil sie einen doch sehr fundierten Beitrag zur Grundsatzdiskussion geleistet hat. Sie hat nämlich auf die Diskussion in allen Zwei-Kammer-Parlamenten über den Stel­lenwert einer zweiten Kammer hingewiesen, ganz abgesehen davon, dass es in der Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU überhaupt keine zweite parlamentarische Kammer gibt.

Die Probleme entstehen dort, wo es einer zweiten Kammer nicht gelingt, ein eigen­ständiges Profil zu zeigen und deutlich zu machen, dass es einen Mehrwert gegenüber einer einzigen Kammer gibt. Man würde meinen, dass das in Bundesstaaten etwas leichter fällt.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 38

Die einzige parlamentarische Kammer, die wirklich nicht in dieser Art in Diskussion steht, ist der deutsche Bundesrat, weil dieser ein Alleinstellungsmerkmal einer ganz intensiven Interessenvertretung der Länder hat. Dies mag man teilweise als über­schießend angesehen haben, es wurde inzwischen auch korrigiert. Aber das ist ein Faktum.

In allen anderen Ländern gibt es Diskussionen, die dazu geführt haben, dass man etwa in Kroatien die zweite Kammer, kurz nachdem man sie eingerichtet hatte, wieder abgeschafft hat, weil man sich gefragt hat: Was bringt die? – Die Bayern haben in einer Volksabstimmung auf Grund einer Bürgerinitiative den Senat mit ähnlichen Befug­nissen, wie wir sie haben, abgeschafft, damals unter dem Motto: „Schlanker Staat ohne Senat“.

Kollegin Konrad hat also zu Recht darauf hingewiesen, dass wir mit dieser Diskussion in guter oder schlechter Gesellschaft sind, je nachdem, wie man das betrachten will. Sie hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass der Bundesrat eigentlich die Funktion hätte, als Scharnier zwischen dem Bund und den Ländern zu funktionieren. Das wäre ein Alleinstellungsmerkmal, nur: Es funktioniert in der Praxis ganz offenkundig nicht!

Dies ist der Auslöser für Diskussionen darüber, ob man das nicht ändern sollte oder ob man das überhaupt braucht, die sich in allen Fraktionen mit Zitaten finden lassen. Diese Diskussion ist parteiübergreifend, wohl auch ein bisschen abhängig von dem Standpunkt, den man danach einnimmt, in welcher Stärke – oder ob überhaupt – man hier gerade vertreten ist. Es ist auch ganz bemerkenswert, dass sich der Blickpunkt danach ändert, ob man hier herinnen vertreten ist oder nicht; das ist aber nicht weiter zu kommentieren.

Nun ganz kurz zu der Diskussion über die Reformvorschläge, über die man sich geeinigt hatte: Da darf man nicht übersehen, dass das mit der Vorfrage diskutiert wurde – und die blieb strittig und unentschieden, wie seit 1920 –, welche Aufgabe der Bundesrat überhaupt wahrnehmen soll. Denn erst, wenn ich Klarheit über die Aufgabe habe, kann ich Klarheit über die Instrumente herstellen.

Es hat sich, diesen Dissens ausklammernd und darauf hoffend, dass er sich einmal klären möge, tatsächlich eine konsensuale Diskussion darüber ergeben, was man denn unter den gegebenen Umständen nun alles verbessern könnte. Das ändert aber nichts an der Notwendigkeit, die Grundsatzfrage zu klären. Sonst stehen wir da wie in dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“, dass wir zwar prächtige neue Kleider bekommen, aber nach wie vor relativ wenig dahinter ist.

Zwei kurze Beispiele: Wir haben im Jahre 1992 vehement darauf gedrängt, dass der Bundesrat im Zuge der Eingliederung in der EU maßgebliche Mitwirkungsrechte be­kommt. Wir haben uns hier stark gemacht und gesagt: Wir vertreten gegenüber der EU die Interessen der österreichischen Länder.

Faktum ist, dass dieses Instrument im Wesentlichen unbenutzt bleibt. Der Bundesrat hat seit 1995 eine einzige Stellungnahme zustande gebracht, und diese noch dazu nicht einmal zu einem vorrangig landespolitischen Thema; EUROPOL war das Thema dieser einzigen Stellungnahme. Hingegen haben die Länder selbst die Dinge in die Hand genommen und inzwischen mehr als 60 Stellungnahmen gegenüber der Bundes­regierung artikuliert.

Wir sehen ja auch an dem, was jetzt als Subsidiaritätsprüfungsverfahren beginnt, dass wir hier ganz offenkundig Defizite haben. Da sind wir nicht allein, weil man hier erst seinen Platz finden muss; da geht es den anderen Parlamenten nicht besser, den Landtagen auch nicht. Aber wir machen doch auch in unserer praktischen Arbeit recht


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 39

deutlich, dass wir mehr Tiefgang in der Vertretung von Länderinteressen und auch in der Wahrnehmung der eigenen Möglichkeiten haben sollten.

Ganz kurz zu dem Hinweis auf das Finanzausgleichsgesetz: Es ist richtig, dass wir hier ein bloßes Einspruchsrecht haben. Das übersieht aber, dass das Finanzaus­gleichs­gesetz, politisch gesehen, quasi eine Artikel-15a-Vereinbarung ist, die gar nicht zustan­de käme, wenn die Länder nicht von vornherein einverstanden wären. Daher kann man natürlich gegen die Forderung nichts sagen, das ist ganz klar, aber sie löst das Problem wirklich nur sehr marginal.

Es ist nach wie vor aktuell, was – kürzlich war sein 60. Todestag – Karl Valentin einmal zitiert hat als Frage an Vorbeigehende: Entschuldigen Sie bitte, können Sie mir sagen, wo ich hin will? – Solange diese auch für den Bundesrat relevante Grundsatzfrage nicht geklärt ist, werden wir weiterhin weniger Subjekt als Objekt von Diskussionen über den Bundesrat bleiben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Frak­tionszugehörigkeit.)

11.18


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile ihm dieses.

 


11.18.56

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Ich darf auch der Vizepräsidentin zu ihrer Premiere herzlich gratulieren und ihr alles Gute wünschen. Der Grund dafür, dass ich mich jetzt gemeldet habe, ist eigentlich die Aussage des Herrn Landeshauptmanns in der Sache Van der Bellen. Aber zunächst zu Jürgen Weiss: Völlig d’accord, dass man über das Ziel einer Institution Klarheit haben muss! Aber ich glaube doch, dass wir bei unserer Klausur einen großen Schritt weitergekommen sind, einen großen Schritt, den wir damals mitgetragen haben.

Ich habe jetzt ein bisschen das Gefühl, dass das so beliebig hingestellt wurde: Es gab eben ein weiteres Treffen. Bisher, muss ich ehrlich sagen – auch eine Frage an uns selbst –, sowohl unter der Präsidentschaft Roth-Halvax als auch unter der Salzburger Präsidentschaft, haben wir uns intensiv damit beschäftigt, haben wir Reformen überlegt und erarbeitet. Aber bis jetzt bleibt die jeweilige Landesfahne auf dem Dach des Parlamentes einsam als umgesetztes Instrument von, sage ich einmal, zwei Jahren Diskussion. Das kann es ja irgendwie nicht sein.

Lieber Jürgen Weiss, du weißt, ich schätze dich unendlich, und ich bin immer froh darüber, mit dir zu diskutieren. Aber diese Zurückhaltung, die du gegenüber einem zweitägigen Prozess nun immer und immer wieder an den Tag legst, verstehe ich nicht, und die bedauere ich zutiefst, deine Distanz zu dieser Einigung über weite Bereiche; ich glaube, die Kollegin von Landeshauptmann Van Staa, Frau Landes­haupt­frau Burgstaller, hat damals gesagt, das wäre die größte Reform des Bundesrates seit der Schaffung des Bundesrates.

Zwei Dinge sind heute in dieser Debatte gesagt worden, die ich korrigieren möchte.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, es kann keine Volksabstimmung über den Bun­desrat in Österreich geben. Wenn Sie die Verfassung kennen, wissen Sie, dass es dazu eines Gesetzes bedarf. Also müsste ein diesbezügliches Gesetz vorgelegt und dieses Gesetz einer Volksabstimmung zugeführt werden. Eine Bürgerinitiative oder wer auch immer kann keine solche Volksabstimmung herbeiführen.

Zweitens bin ich strikt dagegen, dass wir einen weiteren Eingriff in die Verfassung machen, indem wir die Gewaltenteilung auflösen. Wenn wir Exekutive und Legislative vermischen, wie es auch heute hier diskutiert und vorgeschlagen wurde, dann schnei­


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den wir tief ins Prinzip der Gewaltenteilung ein. Das heißt, es können hier nicht Regierungsmitglieder und Mandatare in derselben Ebene sitzen! Das ist eine parla­men­tarische Kammer. Alle Landeshauptleute sind Regierungsleute, sind Exekutive und sitzen daher auf der Regierungsbank und nicht auf einer Abgeordnetenbank.

Ich weiß, lieber Jürgen Weiss (Bundesrat Weiss: Dass du das selbst vertreten hast!), dass ich das einmal vertreten habe, und deshalb kann ich auch über meine eigenen Vorschläge sprechen. Aber die Diskussionen, die wir seither geführt haben, haben mir deutlich gemacht, dass eine solche Vermischung und eine Aufhebung der Gewalten­teilung ein schlechter Dienst am Parlamentarismus sind. Deshalb bin ich auch heute herausgegangen, um das hier noch einmal klar und eindeutig festzustellen.

Herr Landeshauptmann! Sie haben behauptet, Herr Professor Van der Bellen hätte Ihnen eine Klage angedroht. Ich muss Sie hier berichtigen: Sie werden keine Zeile und kein Zitat von Herrn Professor Van der Bellen nachweisen können, dass er das gesagt hat. Das ist also eine Erfindung. Er hat das nicht gesagt, er hat niemals eine Klage angedroht.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Als ich das gehört habe, war ich tief betroffen! Ich weiß nicht: Ist es nur das Motto gewesen – ein schäbiges Motto –, einmal etwas fallen zu lassen und zu schauen, wie viel angepatzt wird? Wussten Sie nicht, dass die Familie Van der Bellen seit der Oktoberrevolution in Russland auf der Flucht vor der Roten Armee ist? Wussten Sie nicht, dass die Familie Van der Bellen seit 1917 auf der Flucht ist? Dass sie nach einer Flucht ins Baltikum vor dem Hitler-Stalin-Pakt aus dem Baltikum zu flüchten hatte? Und, bevor die Rote Armee vor den Toren Wiens stand, auch aus Wien zu flüchten hatte, da die Familie Van der Bellen seit der Oktober­revolution auf der Fahndungsliste der Roten Armee stand?

Herr Landeshauptmann, wenn Sie so ein Gerücht streuen, dann stünde es Ihnen gut an, sich dafür auch öffentlich zu entschuldigen und nicht bloß zu sagen: Ich habe nur etwas gehört und zitiert. Wir alle wissen, dass das die schäbigste Form von Ehrab­schneidung ist. Der Landeshauptmann von Kärnten hat das in seiner politischen Karriere – „ich habe etwas von einem betrunkenen Schuldirektor gehört“, und so weiter – zu oft benützt, und im Nachhinein hat es sich als unwahr herausgestellt.

Herr Landeshauptmann! „Internierungslager“ ist ein Begriff aus dem Krieg. Aber es herrscht kein Krieg! Es herrscht auch kein Krieg gegen Menschlichkeit; und es herrscht auch kein Krieg gegen das Grundprinzip, Asylsuchenden Asyl zu gewähren.

Wenn wir heute hier in Kürze den Sicherheitsbericht 2005/2006 mit Ihrem Landsmann Minister Platter diskutieren werden, werden wir sehen, dass bei der Quotenerfüllung, beim Vertrag Bund/Länder, das Land Tirol mit 65 Prozent das weit abgeschlagene Schlusslicht bei der Erfüllung der Betreuungspflichten Asylsuchenden gegenüber ist und damit die rote Laterne in diesem Bereich, eine schäbige rote Laterne, von Vorarlberg übernommen hat. Jürgen Weiss weiß, wie sehr ich Vorarlberg in dieser Sache gerügt habe – ich habe dafür hier meinen ersten Ordnungsruf erhalten –: Vorarlberg liegt heute bei über 86 Prozent, Tirol liegt bei 65 Prozent.

Ein reiches Land wie Tirol hat das nicht notwendig, Herr Landeshauptmann! Ein reiches Land wie Tirol braucht auch nicht eine Diskussion über Internierungslager zu beginnen, einen Begriff, den wir aus kriegerischen Auseinandersetzungen kennen, aber nicht aus einer Zeit, in der Menschen Aufnahme und Unterstützung bekommen – aber auch nicht alle. Natürlich gibt es auch Fälle, in denen wir sagen müssen und zu Recht sagen müssen: Es geht nicht, oder es sind Ausschließungsgründe vorhanden.


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Aber ich bitte Sie um eines: So, wie Sie dieses Gerüchtestreuen in Richtung der Fa­milie Van der Bellen unterlassen mögen, ersuche ich Sie auch, diesen Begriff für sich selbst zu hinterfragen.

Kollege Kritzinger! – Jetzt ist Kollege Kritzinger nicht hier, aber ich sage es trotzdem. Ich habe dem Kollegen Kritzinger vor Beginn dieser Sitzung alles Gute für seine Präsidentschaft gewünscht, und wir werden ihn auch entsprechend unterstützen. In einem Punkt war ich aber heute ein wenig traurig darüber, dies in seiner Rede nicht zu hören. Kollege Kritzinger betont – das sage ich auch als jemand, der aus Tirol kommt –, wie wichtig es ist, dass jemand auch aus Südtirol stammend erstmals hier den Vorsitz hat. Er betonte gestern in seiner Rede und betont heute wieder die Wichtigkeit, die dieses Thema in seiner Vorsitzführung hat.

Zwei Dinge habe ich aber vermisst: Erstens, dass es eine offizielle Streitbeilegung gibt, was Südtirol betrifft. Und zum Zweiten hätte ich mir von jemand wie ihm, als Zeitzeuge und in seinem Alter, auch klärende Worte zu dem gewünscht, was damals terroristisch auf Südtiroler Boden passiert ist. Hier wäre auch ein klärendes Wort über diese Geschichte von jemandem, der erstmals als aus Südtirol Abstammender den Vorsitz hier führt – weil es immer auch in Diskussion ist und die jungen Leute immer wieder fragen: was war damals? –, wichtig gewesen. Ich hoffe, dass er seine Präsidentschaft nützt, um dazu auch einmal klärende Worte zu sagen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.29


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubvorsitzen­der Professor Konecny. Ich erteile ihm dieses.

 


11.29.30

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Landeshaupt­mann! Meine Damen und Herren! Die letzten Stunden waren keine Sternstunden des Bundesrates. Ich glaube, dass wir ... (Bundesrat Mag. Himmer: Dann läute eine ein!) Bitte? (Bundesrat Mag. Himmer: Ich habe gesagt: Dann läute eine ein!) – Nein, ich leite keine ein. Ich schließe eine eher peinliche Affäre ab, so hoffe ich zumindest.

Meine Damen und Herren, es ist, glaube ich, eine der Kernkrankheiten des Bun­desrates – er ist daran aber nur mittelbar schuld –, dass wir pausenlos über uns selbst, unsere Befindlichkeit und unsere Möglichkeiten reden, statt die Möglichkeiten, die wir haben, offensiv zu nützen, und das mit Unterstützung all jener, die den Bundesrat als ein wichtiges Gremium der österreichischen Politik betrachten. Wir nützen die Mög­lichkeiten, die uns die Bundesverfassung und unsere eigene Geschäftsordnung ein­räumen, nur begrenzt. Wir nützen die Möglichkeit der Kooperation mit den Ländern – und darauf weise ich ausdrücklich hin, Herr Landeshauptmann – sehr unzureichend. Die Zusammenarbeit mit der Verbindungsstelle ist, wie wir erst kürzlich in der Prä­sidialkonferenz an einem konkreten Beispiel debattiert haben, na sagen wir einmal, verbesserungsfähig.

Wir freuen uns – das gilt für Sie und alle Ihre Kolleginnen und Kollegen –, jedes halbe Jahr einen Landeshauptmann mit dem entsprechenden Tross in unserem kleinen Sit­zungssaal zu haben. Unsere Geschäftsordnung gibt den Landeshauptleuten jedoch ganz andere Möglichkeiten, nicht nur einmal im Jahr sozusagen mehr oder weniger eine Festrede zu halten, sondern im Range eines Regierungsmitgliedes gewisser­maßen an unseren Debatten teilzuhaben. Ich möchte daher gar nicht nur an Sie, son­dern an alle Landeshauptleute ausdrücklich die Einladung richten, ihre Probleme, ihre Anregungen, ihre Wünsche an uns oder an die österreichische Gesamtpolitik hier von


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der Regierungsbank nicht nur dann zu äußern, wenn der Erstgereihte des jeweiligen Bundeslandes den Vorsitz übernimmt.

Wir sind eine Länderkammer, und die Zusammenarbeit mit den Ländern ist ein guter Teil unserer Existenzberechtigung. Wir haben unsere Hausaufgabe zu erfüllen, aber die Partner in den Ländern haben sich dem gegenüber offen zu zeigen.

Ich möchte zu Ihren Ausführungen, Herr Landeshauptmann, nur Folgendes sagen: Ihre Haltung gegenüber dem Bundesrat war gemischt in der Rede hier und in dem, was Sie außerhalb dieses Hauses gesagt haben. Die Grundlage Ihrer Stellungnahme war zum Teil etwas merkwürdig, denn es gibt natürlich keine Kommunalvertreter im deutschen Bundesrat. Ich weiß nicht, woher Sie das haben. Der deutsche Bundesrat ist so konstruiert, wie wir das ausdrücklich nicht wollen, und es gibt aus guten Gründen in Deutschland eine heftige Diskussion darüber. Es ist ein Parlament aus Regierungs­vertretern mit einem Stimmführer, der allein die Stimmen seines Bundeslandes abgibt. Bei wichtigen Sitzungen ist das ein Minister, ansonsten ist es in vielen Fällen schlichtweg ein Beamter. Also ich halte das nicht für ein Vorbild an gelebtem Parla­mentarismus, aber vor allem, Herr Landeshauptmann, kommen darin keine Kommunal­vertreter vor.

Am Rande erwähnt: In dieser Kammer sitzen zahlreiche erfolgreiche Bürgermeister, die von ihren Landtagen entsandt wurden, die, wie das bei Bürgermeistern und Kom­munalpolitikern so ist, ihre Hand am Puls des Volkes haben, sozusagen an der vordersten Linie der Debatte mit den Bürgerinnen und Bürgern stehen und uns hier ihre Erfahrungen mitteilen. Natürlich sind sie das! Und die ganze Diskussion darüber, wer da sitzen soll, ist insofern entbehrlich, als der Verfassungsgesetzgeber in seiner unübertrefflichen Weisheit den Landtagen keine wie immer gearteten Einschrän­kun­gen in dieser Hinsicht auferlegt hat. Landeshauptleute, die das Bedürfnis haben, in diesem Kreis zu sitzen, werden Möglichkeiten finden, sich von ihrem Landtag wählen zu lassen; Bürgermeister, von denen man meint, dass sie unentbehrlich sind für unsere Arbeit, können vom Landtag bestellt werden.

Der Verfassungsgesetzgeber hat sich also schon etwas dabei gedacht, als er eine freie Auswahl des Mandatars festlegte und es den Opportunitätsüberlegungen der Landtage und der Parteien in den Landtagen überließ, jene zu nominieren, von denen man glaubt, dass sie den besten Beitrag zu unseren Debatten, zu unserer Arbeit leisten. Das jetzt formal verengen zu wollen, Landeshauptmann, ein gewählter Land­tags­präsident, wie das in einem besonders absurden Vorschlag, wenn er auch von großen Namen vorgebracht wurde, enthalten ist, ist ebenso unsinnig wie Quotenre­gelun­gen mit Kommunalfunktionären. Nein! Verantwortung heißt, die Freiheit, die der Verfassungsgesetzgeber einräumt, auch wirklich und wirkungsvoll zu nützen.

Ein letztes Wort, Herr Landeshauptmann, ein vorletztes eigentlich, denn eines möchte ich Ihnen beim Hinausgehen dann noch sagen, aber unter vier Augen und zu einem ganz anderen Thema: Ihre Schlussbemerkung hat mich tief betroffen gemacht. Es mag ja sein, dass der Bundesrat Sie heute geärgert hat, offenbar hat das Kollege Ager auch, aber die explizit ausgesprochene Drohung, dann den Bundesrat nicht mehr zu lieben und nicht mehr unterstützen zu wollen, halte ich für ein wenig taugliches Mittel der politischen Debatte. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall der Bundesrätin Konrad.)

11.36


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Klubvorsitzender.

 



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 43

11.36.30

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Konecny, wo du da herausgehört hast, dass der Herr Landeshauptmann von Tirol eine Drohung gegenüber dem Bundesrat abgegeben hat – da müsste ich eigentlich ge­schlafen haben. (Bundesrat Konecny: Das soll ja hin und wieder vorkommen!) Nicht nur ich müsste geschlafen haben, sondern auch jene, die neben beziehungsweise hinter mir sitzen. Man wird in diesem Saal immer noch das ansprechen dürfen, was gewesen ist oder was zur Zeit ist. Irgendjemandem Vorschriften zu machen – und da sind wir wieder beim freien Mandat – halte ich für nicht richtig, aber es muss auch gestattet sein, dass ein Landeshauptmann seine Meinung kundtut, ob einem das passt oder nicht, dazu sind wir Demokraten genug, um dies zu akzeptieren. (Bundesrat Konecny: Aber zurückreden wird man wohl noch dürfen!)

Aus Sicht der ÖVP-Fraktion habe ich dem, was der Herr Landeshauptmann gesagt hat, nichts hinzuzufügen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist aber schlecht!) Ich bedanke mich bei dir, Herr Landeshauptmann, dass du die weite Reise von Tirol angetreten hast. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Lasst mich ausreden!

Wenn Kollege Konecny hier sagt, Landeshauptmänner könnten öfter kommen, dann würde ich ihn sehr eindringlich bitten, das seinem Landeshauptmann zu sagen, der zu Fuß in fünf Minuten hier wäre, um hier eine Erklärung abzugeben. Auf diese Erklärung warte ich seit 24 Jahren, seitdem ich diesem Hause angehöre. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl, Mitterer und Mühlwerth.)

11.38


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Ager zu Wort gemeldet. Ich weise darauf hin, dass eine tat­sächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf.

 


11.38.49

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Ich werde mich sehr kurz fassen. Nur zwei Dinge: Lieber Jürgen Weiss, ich bedanke mich bei dir für die ehrenden Worte! (Bundesrat Weiss: So waren sie nicht gemeint!) Zu dem, was du gesagt hast, dass man mich in Tirol besser kennt, müsste ich sagen: Entweder habe ich mich neun Jahre hier gut verstellt, oder deine Menschenkenntnis ist doch nicht so gut. – Danke dafür!

Und zum anderen, zu dem, was der Herr Landeshauptmann – zum Unterschriebenen und so weiter – gesagt hat: Da hat er in allen Dingen recht gehabt! Nur eine klitzekleine Geschichte noch zum Schluss: Es war alles richtig. 2003 war ich Präsident und hätte vom Wirtschaftsbund aus zurücktreten sollen. Das hat dann doch so manchem in Tirol nicht gepasst, weil das eigentlich noch nie da war, dass ein amtierender Bundes­ratspräsident zurücktritt. Er hat mir dann ein Schreiben gegeben, in dem all das stand, was er gesagt hat. Das kann ich ruhig unterschreiben, hat er gesagt, das bindet dich an nichts, es ist alles ausjudiziert, da kann man dir nicht ans Zeug flicken, und so habe ich das dann auch gemacht, und darum bin ich geblieben. Auch im Sinne jener, die mich gewählt haben, bin ich geblieben, und ich bleibe bis zum Schluss. – Danke schön.

11.40


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.


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Ich danke dem Herrn Landeshauptmann und wünsche ihm eine gute Heimreise nach Tirol!

11.40.18Fragestunde

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Bevor ich jetzt – um 11.40 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit Herrn Vizepräsidenten Weiss auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen.

Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen nun zur 1. Anfrage an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten.

Ich begrüße Herrn Staatssekretär Dr. Winkler, und bitte die Anfragestellerin, Frau Bun­desrätin Mosbacher, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Staatssekretär, meine Frage lautet:

1600/M-BR/2008

„Welche zusätzlichen Maßnahmen werden Sie vor dem Hintergrund der Enthüllungen im Visaprozess setzen, um künftig effiziente Kontrollen im Visabereich zu garantieren?“

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Erlauben Sie mir, dass ich zu Beginn dem neuen Präsidenten des Bundesrates auch von meiner Seite aus und im Namen des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten sehr herzlich gratuliere und ihm alles Gute wünsche.

Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Der Bereich der Visaerteilung ist seit vielen Jahren – und nicht erst seitdem auch gerichtlich festgestellt wurde, dass es zu verbrecherischen Handlungen gekommen ist, denn das ist es – Gegenstand von intensiven Untersuchungen sowohl innerhalb des Hauses durch Inspektionen als auch seitens des Innenministeriums, als auch seitens der Staatsanwaltschaft und seitens des Rechnungshofes. Seit im Jahr 2005 bekannt wurde, dass es offensichtlich in Einzelfällen zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, ist eine ganze Reihe von Maßnah­men getroffen worden.

Ich erinnere daran, dass Frau Bundesministerin Plassnik im November 2005 eine Kom­mission eingesetzt hat, eine unabhängige Kommission unter der Leitung des ehema­ligen Außenministers Jankowitsch. Diese Kommission hat eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die samt und sonders in der Zwischenzeit auch umgesetzt wurden.

Im Lichte der Erkenntnisse der letzten Monate sind viele Maßnahmen getroffen wor­den, die in Hinkunft verhindern sollen, dass es zu solchen Unregelmäßigkeiten kommt. Es würde ziemlich lange dauern, wenn ich jetzt alle Maßnahmen hier aufzählte. Es liegt mir aber doch daran, einzelne dieser Maßnahmen anzuführen.

Erstens: Im Personalbereich hat sich erwiesen, dass eine der Schwachstellen offen­sicht­lich die nicht immer eingehaltene Rotationsfrequenz des Personals war. Diese


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Rotation, die dazu beiträgt, dass die betreffenden Beamtinnen und Beamten sozu­sagen nicht zu sehr verwurzelt sind in der Gesellschaft des Empfangsstaates, wird nunmehr konsequent durchgeführt.

Zweitens: Es wurden und werden zusätzliche Schulungsmaßnahmen gesetzt.

Drittens: Es wurde – die Ministerin selbst hat das erst kürzlich wieder in einem Rundschreiben an alle österreichischen Botschafterinnen und Botschafter gemacht –auf die dienstrechtliche Verantwortlichkeit der Dienststellenleiter hingewiesen.

Viertens: Es wurden technische Maßnahmen getroffen, die ich jetzt nicht alle im Einzelnen aufführen kann. Das würde zu weit führen.

Fünftens: Es wurden die Skartierungsvorschriften geändert. Das heißt, es wird in Hinkunft bei erteilten Bewilligungen von Visaanträgen zwei Jahre, bei abgelehnten fünf Jahre nicht skartiert. Das ist alles wesentlich mehr als zum Beispiel die Europäische Union in ihren Richtlinien vorsieht. Und es wurde in allen jenen Fällen, in denen auch nur geringste Verdachtsmomente aufgetreten sind, sofort ein Skartierungsstopp veran­lasst.

Es wird also nach wie vor alles getan, um Maßnahmen zu setzen, damit solche bedauerlichen Fälle der Zusammenarbeit Einzelner mit dem organisierten Ver­brechen – denn das ist es – nicht mehr vorkommen.

Es gibt auch sicherlich immer wieder neue Erkenntnisse, die wir selbstverständlich umsetzen werden. Ein Bereich, der derzeit überprüft wird, studiert wird, ist die Frage der Bona-Fide-Organisationen, das sind hauptsächlich Reisebüros, die unter begüns­tigten Voraussetzungen Visaanträge stellen können.

Ich glaube, dass das System in der Zwischenzeit einigermaßen wasserdicht ist. Ich sage „einigermaßen“ deswegen, weil sich natürlich überall dort, wo Menschen am Werk sind, nie ganz ausschließen lässt, dass kriminelle Machenschaften stattfinden. – Danke schön.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Staatssekretär! Im laufenden Prozess wird behauptet, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Außenministerium und dem Innenministerium nicht funktioniert hat.

Können Sie uns sagen, warum es nicht funktioniert hat?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Ange­legenheiten Dr. Hans Winkler: Frau Bundesrätin, das wurde nicht behauptet! Es wurde nur darauf hingewiesen, was seit Jahren Tatsache ist, dass nämlich die Verant­wortlichkeiten in diesem Bereich zwischen dem Außenministerium und dem Innen­minis­terium geteilt sind, das heißt, die Fachaufsicht hat ein Ministerium und die sach­liche Aufsicht hat ein anderes Ministerium. Das Außenministerium ist im Wesent­lichen für die personellen, organisatorischen Fragen zuständig und für die Frage der inhalt­lichen Visaprüfung das Innenministerium. Etwas anderes hat der Kollege, der vor Gericht ausgesagt hat, eigentlich nicht gesagt.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Bader, bitte.

 


Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Staatssekretär, mich würde interessieren: Welche Fristen gelten für die Skartierung von Visaanträgen?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Staatssekretär.

 



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Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Bundesrat, ich habe das schon kurz angesprochen: Es gilt nunmehr eine Frist von zwei Jahren für Visaanträge, denen stattgegeben wurde, und von fünf Jahren für Visaanträge, die abgelehnt wurden.

Ich füge jedoch noch einmal hinzu und wiederhole, dass in jedem Fall, in dem es einen Verdacht gibt, dass es zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, sofort ein Skartierungs­stopp angeordnet wird.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Konrad, bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Zusatzfrage lautet: In welchen Positionen in Ihrem Ministerium sind auch Mitarbeiterin­nen oder Mitarbeiter beschäftigt, gegen die gerichtliche und/oder Disziplinarverfahren eingeleitet wurden?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich die Frage richtig verstanden habe. Wie viele Verfahren es derzeit gibt oder ...? (Bun­desrätin Konrad: Mitarbeiter, die beschäftigt sind und gegen die Verfahren laufen!)

Es sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, gegen die Disziplinaranzeige erstattet wurde, wobei die Disziplinarkommission noch darüber zu entscheiden haben wird, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird. (Bundesrat Schennach: Die wurden nicht suspendiert?) – Nein, nicht suspendiert.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Welche Maßnahmen sind eigentlich im Ministerium selber gesetzt worden, um diesen Visahandel, der ja kein Einzelfall war, wie das anfangs behauptet wurde, aufzuklären?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Frau Bundesrätin! Ich habe bereits einige Maßnahmen genannt. Ich möchte noch zusätzlich sagen, dass wir selbstver­ständlich auch Schritte unternommen haben, um zu verhindern, dass in manchen Staaten in Anzeigen angeboten wird, man könne Visa auf unrechtmäßige Weise beschaffen. Wir haben im organisatorischen Bereich zum Beispiel – eine ganz wesent­liche Maßnahme! – Call Center eingerichtet, was dazu führt, dass man jetzt nicht mehr stundenlang Schlange stehen muss, sondern dass man sich über ein Call Center einen konkreten Termin innerhalb einer halben Stunde ausmachen kann, wodurch zum Beispiel in Belgrad die Länge der sich anstellenden Warteschlage um einiges reduziert werden konnte.

Das Wesentliche ist aber bessere Ausbildung und bessere Kontrolle. Es hat zum Beispiel im Jahr 2007 insgesamt elf interne Inspektionen von Botschaften, und zwar von kritischen Botschaften, die sehr viel mit Visa zu tun haben, gegeben.

Weitere Maßnahmen, die getroffen worden sind, sind die Ermöglichung elektronischer Übermittlung von Anträgen und von Bestätigungen, was einerseits eine Erleichterung für den Antragsteller bietet, andererseits aber auch eine leichtere Kontrolle ermöglicht. Es wurden, wie ich schon gesagt habe, die Dienstleiterinnen und Dienstleiter auf ihre


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Verantwortlichkeit hingewiesen, auch auf ihre disziplinarrechtliche Verantwortlichkeit. Das ist auch sehr wichtig.

Es ist jetzt also im Haus eine ganze Reihe von Maßnahmen gesetzt worden, von uns selbst, von der Ministerin angeordnet, die dazu beitragen werden, dass es in Hinkunft solche Fälle zumindest nicht mehr leicht geben kann. Wie gesagt, hundertprozentig ausschließen kann man nie irgendetwas, aber wir sind, so glaube ich, jetzt ziemlich sicher, ziemlich fälschungsfest.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage. Ich er­suche den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Kühnel, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Staatssekretär, meine Frage lautet:

1596/M-BR/2008

„Wie wird es angesichts täglich neuer Berichte mit der EU-Mission unter öster­reichischer Beteiligung im Tschad weitergehen?“

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Ange­legenheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Herr Bundesrat! Es hat in den letzten Tagen eine eindeutige Beruhigung der Situation stattgefunden. Die politischen Gremien der Europäischen Union – und ich möchte betonen, dass es für uns, dass es vor allem für die Bundesministerin sehr wichtig war und ist, dass die politischen Gre­mien der Europäischen Union die Kontrolle über den Fortgang dieser Mission haben – haben erst gestern in einer Sitzung des PSK Berichte der Militärs zur Kenntnis genommen – wobei ja die Militärs das letztlich zu beurteilen haben –, wonach sich die Lage soweit beruhigt hat, dass mit dem weiteren Deployment, der weiteren Umsetzung der bereits vorgesehenen Maßnahmen fortgefahren werden kann.

Von österreichischer Seite werden die Versorgungsflüge fortgesetzt, und es ist beab­sichtigt, in nächster Zeit weitere österreichische Soldaten zunächst in die Hauptstadt N’Djamena und dann in das Einsatzgebiet zu entsenden. Soweit wir von der militärischen Lagebeurteilung her wissen, ist zwischen N’Djamena, der Hauptstadt des Tschad, und dem Einsatzgebiet, jedenfalls Abéché, dem nächstgelegenen Flughafen, die Route frei, das heißt, es können Truppenverlegungen auf dem Landwege statt­finden.

Es spricht also eigentlich alles dafür, dass diese Mission endlich das tut, wofür sie eingerichtet wurde, nämlich die Flüchtlingslager und die Flüchtlinge zu beschützen. Es ist eine humanitäre Mission, das war immer eine humanitäre Mission – und es wird nunmehr, wie ich meine, auch in der Öffentlichkeit, wie ich hoffe, klar werden, wozu es diese Mission gibt.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Dr. Kühnel.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Kann die Operation EUFOR ohne Zustimmung der tschadischen Regierung durchgeführt werden?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Herr Bundesrat! Die Antwort ist klar: nein! Es liegt aber eine Zustimmung der tschadischen Regierung vor. – Weiters: Es handelt sich um eine Mission aufgrund einer Autorisierung des Sicherheitsrates, sogar


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mehr als eine Autorisierung, nämlich eine Aufforderung des Sicherheitsrates. Natür­lich können solche Missionen – auch nach allgemeinem Völkerrecht – immer nur mit Zustimmung der Regierung stattfinden.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Konecny, bitte.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Staatssekretär! Welche Infor­mationen liegen Ihnen über die aktuelle Lage im Einsatzgebiet, also in den Flüchtlings­lagern vor?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Die Lage dort ist, was militärische Aktivitäten betrifft, ruhig; es sind auch die Hilfsorganisationen, vor allem UNHCR wieder dorthin zurück­gekehrt. Es liegen also alle Voraussetzungen dafür vor, dass die Mission nunmehr ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen wird.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schennach, bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich muss sagen, ich verstehe diese ganze Aufregung sowieso nicht ganz, da es ja so ist, dass auch Soldaten in eine etwas schwierige Sicherheitslage geraten können; deshalb sind sie ja Soldaten.

Meine Frage daher an Sie, Herr Staatssekretär – nachdem sich ja die Situation offen­sichtlich etwas beruhigt hat –: Wird, aus heutiger Sicht, das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten eine Verlängerung dieses Einsatzes ab 30. Juni 2008 befürworten?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Herr Bundesrat Schennach, ich spekuliere wirklich nicht gerne, möchte aber darauf hinweisen, dass es gerade Österreich war, das in der Debatte in den politischen Gremien der Europäischen Union, und zwar sowohl im Rat als auch im PSK, immer wieder darauf hingewiesen hat, dass diese Mission von Anfang an als Überbrückungsmission angelegt war und ist.

Das heißt, die Europäische Union soll nicht die Verantwortung auf Dauer übernehmen, die eigentlich andere, wie zum Beispiel die Afrikanische Union, übernehmen sollten.

Ich kann daher heute nicht mit Sicherheit vorhersagen, wie sich die Situation im Juni darstellen wird, aber nochmals: Es ist und bleibt das eine Überbrückungsmission, die auf eine nur geringe Zeitdauer angelegt ist.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Schennach, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Staatssekretär, meine Frage lautet:

1595/M-BR/2008

„Wann wird Österreich im Rahmen eines koordinierten EU-Prozesses den Kosovo als Staat anerkennen?“

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Staatssekretär.

 



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 49

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Herr Bundesrat! Da wären wir schon wieder ein bisschen im Bereich der Spekulation. Ich meine, wir sollten über die Frage einer Anerkennung wirklich erst dann sprechen, wenn es eine Unabhängigkeits­erklä­rung gibt. Ich will nicht naiv oder blauäugig sein und sagen, das steht in den Sternen, aber jedenfalls so viel: Es spricht vieles dafür, dass das möglicherweise in den nächsten Tagen geschehen wird.

Worum es im Augenblick geht – und da sind sehr intensive Bemühungen im Gange –, ist, innerhalb der Europäischen Union die Einheit zu bewahren, und zwar nicht was die Frage der Anerkennung betrifft. Ich glaube, es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Anerkennung keine Angelegenheit ist, die die Europäische Union vorgeben kann, denn jeder einzelne Staat hat für sich und nach seinen eigenen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zu entscheiden, ob, in welcher Form und nach welchen Prozeduren er anerkennen wird.

Was aber wichtig ist, ist, dass Einheit innerhalb der Europäischen Union über die Grund­­lagen einer allfälligen Unabhängigkeit des Kosovo besteht, vor allem was die wesentlichen Elemente des Ahtisaari-Planes betrifft: Fragen des Minderheiten­schut­zes, Schutz von religiösen Einrichtungen, Dezentralisierung und vieles mehr. Darüber herrscht, wie ich meine, innerhalb der Europäischen Union hinreichend Klarheit. Die Minister werden sich am kommenden Montag in Brüssel beim Rat Allgemeine Angele­genheiten selbstverständlich mit dieser Frage im Lichte bis dahin allfällig eintretender Ereignisse – was durchaus möglich ist, aber ich kann es nicht vorhersagen – beschäf­tigen. – Danke schön.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Schennach.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Die Kollegen Kühnel, Schöls und ich waren erst unlängst im Kosovo; meine Kollegin Konrad ist gestern aus dem Kosovo zurückgekommen. Wir alle wissen, dass dieses Unabhängigkeitsdatum im Grunde „gebucht“, also vorgesehen ist; das wird in wenigen Tagen sein.

Daher meine Frage – Sie, Herr Staatssekretär, haben gesagt, das seien Einzel­staat­entscheidungen –: Können wir davon ausgehen, dass es da eine koordinierte Vor­gangs­weise der EU geben wird?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­gen­heiten Dr. Hans Winkler: Herr Bundesrat, es wird sicherlich keine koordinierte Vorgangsweise in dem Sinne geben, dass die EU als EU, als Rat Empfehlungen ausspricht, aber es wird, wie ich bereits sagte, eine koordinierte Vorgangsweise geben, was die Beurteilung der Situation, vor allem was die geplante und auch bereits beschlossene zivile Mission betrifft.

Diese zivile Mission ist ja bekanntlich schon beim Europäischen Rat im Dezember grundsätzlich beschlossen worden, vom Rat vor rund zwei Wochen im Detail als Mandat beschlossen worden – übrigens einstimmig; mit konstruktiver Enthaltung von Zypern. Es ist ja überhaupt zum ersten Mal vorgekommen, dass nach Artikel 23  von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde. Es wird nunmehr der Umsetzungs­beschluss in Form eines Umlaufbeschlusses gefasst. Dieser wird wahrscheinlich mor­gen um Mitternacht in Kraft treten können.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 50

Somit ist die juristische europarechtliche Grundlage für ein gemeinsames Vorgehen bei dieser zivilen Mission vorgegeben. Die Anerkennung hingegen ist etwas, was wirklich die Einzelstaaten alleine entscheiden werden.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Konecny.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Ist Ihnen, Herr Staatssekretär, bekannt, ob beziehungsweise welche Vorkehrungen für den Fall einer unkontrollierbaren Flucht­bewegung von Teilen der serbischen Bevölkerung nach der erfolgten Unabhängigkeits­erklärung des Kosovo getroffen wurden?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Bundesrat, ich kann nicht im Detail sagen – ich weiß es nicht –, welche Planungen allenfalls, vor allem seitens der KFOR, getroffen wurden. Ich glaube, nach allem, was wir wissen, auch nach allen Erklärungen, selbst von jenen, die eine Unabhängigkeit des Kosovo sehr massiv, sehr emotional und sehr nachdrücklich ablehnen, wurde immer darauf hingewiesen, dass es nicht zu Gewalt kommen wird. Ich glaube, dass die Situation kontrollierbar ist, dass sie kontrolliert werden kann; ich hoffe sehr, dass gerade jene Maßnahmen, die die Europäische Union begrüßt und gesetzt hat – soweit sie eben im Ahtisaari-Plan enthalten sind –, nämlich den Schutz der Minderheiten sicherzustellen, dazu beitragen werden, dass es zu keinen Fluchtbewegungen kommt.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Dr. Kühnel, bitte.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Ich kann bestätigen, was der Klubobmann der Grünen, Schennach, gesagt hat. Wir haben im Oktober den Kosovo besucht und hatten dort einen sehr informativen Lokalaugenschein.

Daher meine Frage: Welchen Beitrag leistet die zivile ESVP-Mission, um die Ordnung und Sicherheit im Kosovo jetzt und eventuell auch in Zukunft zu gewährleisten?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Bundesrat, diese zivile Mission, die übrigens die größte ist, die die Europäische Union jemals in Angriff genommen hat, wird im Wesent­lichen eine Rechtstaatlichkeitsmission sein. Das heißt, deren Aufgabe ist es – im Unterschied zu jener der KFOR, der Militärs, die ja im Kosovo bleiben werden –, sicherzustellen, dass rechtstaatliche Strukturen aufgebaut werden, damit eine funk­tionie­rende Polizei, eine funktionierende Justiz, eine funktionierende Verwaltung in diesem neuen Staat, der ja für einige Zeit auch unter internationaler Aufsicht stehen wird, aufgebaut werden können.

Es werden Richter sein, es werden Staatsanwälte sein, es werden Polizisten sein, es werden Berater sein – es geht also um den zivilen Bereich –, die dazu beitragen sollen, dass die Kräfte des Kosovo selbst in die Lage versetzt werden, in einer gewissen Zeit – das wird nicht von heute auf morgen gehen – für die eigene Sicherheit und für die Rechtsstaatlichkeit vorzusorgen. – Danke.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zur 4. Anfrage. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Kalina, um die Verlesung der Anfrage. (Vize­präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

 



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 51

Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär, die Frage lautet:

1601/M-BR/2008

„Welche konkreten Gründe gab es, dass von 34 Millionen € in Aussicht gestellter Tsu­nami-Hilfe der damaligen Bundesregierung nur 8,9 Millionen € tatsächlich den Betrof­fenen zugutekamen?“

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Herr Bundesrat! Es wurde jetzt schon mehrmals klargestellt und festgestellt – zuletzt auch von der Frau Bundesministerin in der Fragestunde im Nationalrat –, dass es sich hier nicht um einen dotierten Fonds gehandelt hat und auch nicht um eine Budgetlinie, die eingerichtet wurde, um einen Budgetansatz, sondern, dass es sich um einen Rahmen gehandelt hat, der eine Obergrenze dargestellt hat, nach Maßgabe der zu verwirklichenden Projekte. Es war von Anfang an klar, dass es nicht darum geht, diese Summe koste es, was es wolle – im wahrsten Sinne des Wortes –, auszunützen, sondern dass es darum geht, einen Rahmen zu setzen für den Fall, dass man entsprechende Projekte findet.

Dieser Rahmen wurde, und auch das möchte ich betonen, den einzelnen Ressorts, die hier Zuständigkeit haben, vorgegeben, um innerhalb ihrer Zuständigkeiten, in Eigen­verantwortung und autonom, Projekte in Angriff zu nehmen und durchzuführen. Was das Außenministerium betrifft – das übrigens, auch das ist schon öfters betont worden, keinerlei Koordinierungsfunktion hatte und hat –, wurden fast über 90 Prozent der vom Außenministerium geplanten Projekte auch tatsächlich durchgeführt.

Das waren einerseits konsularische Maßnahmen. Es sind über 50 Bedienstete des Außenministeriums in den Krisengebieten gewesen, um den betroffenen Österreichern, den Angehörigen, beizustehen, zu helfen, Rücktransporte zu organisieren, die traurige Aufgabe der Identifizierung der Opfer vorzunehmen und vieles andere und anderer­seits im Bereich des Wiederaufbaus in den betroffenen Gebieten aus den Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit Projekte zu finanzieren.

Das ist geschehen. Von den insgesamt 3,9 Millionen € wurde inklusive dessen, was heuer noch gemacht wird, praktisch alles ausgegeben. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünschen Sie eine Zusatzfrage, Herr Bundesrat? – Bitte.

 


Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Wenn Sie 3,9 Millionen sagen, ist das ja noch weit weniger, als hier in der Anfrage behauptet. In der Öffentlichkeit wurde jedenfalls von der Frau Bundesministerin und auch vom Herrn Ex-Bundeskanzler Schüssel der Eindruck erweckt, dass diese Summe zur Verfügung gestellt wird. Ich denke, es gibt jedenfalls eine moralische Verpflichtung, dieses Geld für humanitäre Zwecke zur Verfügung zu stellen.

Meine Frage an Sie ist daher: Werden sich Frau Bundesministerin Plassnik und Sie beim Finanzminister dafür einsetzen, dass diese Mittel für humanitäre Zwecke zur Verfügung gestellt werden?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Es werden selbstverständlich nach wie vor, auch aus Mitteln der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, weiterhin


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 52

sinn­volle Projekte gefördert werden. Und ich sage noch einmal, die Frau Bundes­ministerin kann nur für jene Zuständigkeiten sprechen, für die sie verantwortlich ist, also zum Beispiel für die österreichische Entwicklungszusammenarbeit. Aber es ist einfach nicht so, dass hier Mittel irgendwo noch ungenützt herumliegen, in einer Schublade versteckt, die jetzt sozusagen eingesetzt werden könnten. Das müsste neues Geld sein. Und ich glaube, mit dem Geld des Steuerzahlers sollte man sehr vorsichtig umgehen und tatsächlich nur jene Projekte fördern, die jetzt für den Wiederaufbau in den betroffenen Gebieten sinnvoll sind. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Wolfinger, bitte.

 


Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Staats­sekre­tär! Welche Hilfsmaßnahmen hat das Bundesministerium für europäische und inter­natio­nale Angelegenheiten für die durch den Tsunami in Not geratenen Österreicherin­nen und Österreicher ergriffen?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Herr Bundesrat! Ich habe bereits auf einige hingewiesen. Zunächst ging es einmal darum, möglichst rasch den betroffenen Österreichern zu helfen. Das geschah einerseits durch die Entsendung von Konsular­beamten in die betroffenen Gebiete, weil die hauptsächlich betroffenen Gebiete ja an Orten lagen, wo wir keine Botschaft haben, die waren ja nicht in den Hauptstädten. Das heißt, es ist sowohl von Wien aus als auch von den jeweils nahe liegenden Haupt­städten Personal entsendet worden, um den Österreichern beizustehen; sich erstens darum zu kümmern, dass die Betroffenen, aber glücklicherweise Überlebenden, so rasch wie möglich zurückkommen. Zweitens, dass die zu Tode Gekommenen identi­fiziert werden, um den Angehörigen die Gelegenheit zu geben, sie auch zu beerdigen. Übrigens ist das eine Aufgabe, die, wie ich von meinen Kolleginnen und Kollegen weiß, psychisch unglaublich belastend war. Daher war es auch notwendig, dass man dieses Personal sehr rasch ausgetauscht hat.

Wir haben weiters dafür Sorge getragen, dass dann auch Spezialistenteams, foren­sische Spezialistenteams zum Beispiel, an Ort und Stelle gekommen sind, um bei dieser Identifizierung zu helfen.

Es hat – das möchte ich mit allem Nachdruck betonen – keine Politikerreisen gegeben. Es hat eine einzige Reise der Frau Bundesministerin gegeben, die damit das getan hat, was alle Außenminister – mit einer Ausnahme, und die schwedische Außen­minis­terin musste deswegen zurücktreten – getan haben, nämlich sich an Ort und Stelle davon zu überzeugen, was getan werden muss, was das Notwendigste ist. Ansonsten hat es selbstverständlich nur Entsendungen gegeben, die absolut sinnvoll, notwendig und zweckmäßig waren und die selbstverständlich von der öffentlichen Hand über­nommen worden sind. – Das war das eine.

Das Zweite war eine ganze Reihe von Projekten, ganz konkreten Wiederaufbau­pro­jekten in den betroffenen Gebieten, die ich jetzt nicht alle im Einzelnen aufzählen will. Es ging vor allem um Infrastrukturwiedererrichtung, um die Einrichtung von Notschulen, um eine ganze Reihe von Maßnahmen, um zunächst der betroffenen Bevölkerung zu helfen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Kerschbaum, bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich denke, die Frage ging jetzt nicht in die Richtung, dass unbedingt


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 53

alles und jegliches Geld ausgegeben werden muss. Ich bezweifle aber auch, dass wirklich alle Projekte, die möglich gewesen wären, umgesetzt worden sind.

Deshalb jetzt meine Frage: Wie wollen Sie sicherstellen, dass in künftigen Fällen der Rahmen des Auslandskatastrophenfonds besser als im Tsunamifall ausgeschöpft wird und die Mittel auch tatsächlich den Betroffenen zu Gute kommen?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Die Mittel des Katastrophenfonds sind – und ich sage das durchaus mit einem bestimmten Bedauern, das sage ich Ihnen ganz offen – ja sozusagen nur mit einem Titel im Budget eingetragen. Das heißt, die Mittel müssen dann erst angesprochen werden, wenn es zu einem konkreten Unglück kommt.

Was das Außenministerium betrifft – ich kann wirklich nur für das Außenministerium sprechen, weil uns keinerlei Funktion zukommt, hier irgendetwas, was andere Ressorts tun, zu koordinieren –, so haben wir sicherlich alle vernünftigen, sinnvollen Projekte gemacht. Wir haben fast das gesamte Geld – ich glaube, es sind noch 300 000 € übrig geblieben – ausgenützt. Daher stellt sich diese Frage für das Außenministerium eigentlich nicht. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zur 5. Anfrage. Ich bitte den Anfrage­steller, Herrn Bundesrat Mag. Himmer, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Da der Herr Staatssekretär jetzt dreimal die gleiche Frage bekommen hat, versuche ich es, ob wir vielleicht eine andere Frage haben:

1597/M-BR/2008

„Wie ist der Stand der Ratifizierung des Vertrages von Lissabon in den anderen Mitglied­staaten der Europäischen Union?“

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­gen­heiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Herr Bundesrat! Es haben bis jetzt fünf Staaten die Ratifikation abgeschlossen. Es ist in einem weiteren Staat, nämlich in der Slowakei, die Ratifikation eingeleitet worden. Sie war auch schon sicher, ist aber aus ganz anderen Gründen, die nichts mit dem Ratifikationsverfahren des Vertrages zu tun haben, zurückgestellt worden.

In fast allen Staaten ist zumindest die Einleitung des parlamentarischen Genehmi­gungs­verfahrens erfolgt. Es wird damit zu rechnen sein, dass jedenfalls eine Mehrheit, wenn nicht sogar eine Zweidrittelmehrheit aller Staaten, bis zum Sommer dieses Jahres ratifiziert haben wird. Soweit wir aus heutiger Sicht wissen, wird es nur ein einziges Land geben, das eine Volksabstimmung aufgrund der eigenen Verfassung abhalten muss, Irland. Irland hat bekannt gegeben, dass es beabsichtigt, diese Volksabstimmung Ende Mai oder Juni abzuhalten, sodass also auch in Irland im Falle einer positiven Volksabstimmung ratifiziert werden kann.

Wir wissen eigentlich von keinem Land, das dieses Ratifikationsverfahren verzögert. Es gibt in einigen Ländern, zum Beispiel in Spanien, Wahlen, woraus sich natürliche Verzögerungen ergeben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 54

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Welche Verbesserungen in Bezug auf die Grund- und Menschenrechte bringt der Ver­trag von Lissabon?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Eine ganz wesentliche Verbesserung und, als jemand, der sich eigentlich schon viele Jahrzehnte mit Menschenrechten be­fasst hat, kann ich sagen, geradezu die Verwirklichung eines Traumes ist, dass sich diese Europäische Union, diese Europäische Gemeinschaft nunmehr einen Grund­rechte­katalog gegeben hat. Das ist ein verbindlicher Grundrechtekatalog, der dem Einzelnen durchaus auch etwas bringt, und zwar im Verhältnis des einzelnen Bürgers, der einzelnen Bürgerin gegenüber den Organen der Europäischen Union.

Das Neue an diesem System ist, dass sich der Einzelne nicht so wie bisher nur über Umwege und indirekt über den Europäischen Gerichtshof auch über Fragen, die die Organe – zum Beispiel die Kommission – betroffen haben, über Grundrechte, ab­sprechen kann, sondern, dass nunmehr auch die Verpflichtung besteht, dass sich die Organe an die Grundrechte – und zwar sowohl an die Grundrechte im Sinne der Euro­päischen Menschenrechtskonvention als auch an neue, zum Teil auch program­matische Grundrechte – halten müssen und der Einzelne sich beschweren und auch Rechtsmittel ergreifen kann.

Die Verbindlichkeit der Grundrechtecharta ist ein ganz wesentlicher Fortschritt für die Europäische Union und schließt eine empfindliche Lücke. Außerdem wird die Grund­rechtecharta, beziehungsweise der Vertrag, die Möglichkeit geben, dass die Union als Union der Europäischen Menschenrechtskonvention beitritt, womit eine klar ersicht­liche, eindeutige Verbesserung der Situation gegeben sein wird.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Kemperle, bitte.

 


Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Herr Staatssekretär, es gibt im Zuge der bisherigen und laufenden Ratifizierung des Vertrages von Lissabon seitens einiger Mitgliedstaaten immer wieder Themen, die heiß diskutiert werden und sich einzel­staatlich ebenfalls als Knackpunkt ergeben, die sich also als Gefahr für die Ratifizie­rung auftun.

Auch in Österreich gibt es starke Bedenken – beziehungsweise wird der Vertrag von Lissabon ziemlich kritisch beäugt – zum Beispiel hinsichtlich militärischer Auslands­einsätze im Rahmen der GASP, welche nicht an ein Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gebunden sind, oder des bestehen bleibenden Einstimmigkeits­prin­zips in der Steuerpolitik, welches unserer Meinung nach einen Steuerwettlauf nach unten mit sich bringt.

Ist daher gedacht, Europa in Richtung eines Mehr an sozialem Europa, das auch demokratischer, verständlicher und handlungsfähiger wird in seiner Entwicklung, in Richtung Sozialunion, zu unterstützen und wird es eventuell auch für Österreich ein Zusatzprotokoll geben – so wie andere Staaten bereits mit einem Zusatzprotokoll ver­sehen sind, beziehungsweise auch mit Neutralitätsvorbehalten in diesem Zusatz­protokoll – oder ein Sozialprotokoll im Sinne der Selbstverpflichtung der europäischen Mitgliedstaaten?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Das war jetzt eine lange Frage, aber immerhin ein einziger Satz. – Bitte. (Allgemeine Heiterkeit.)

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Proportional zur Frage müsste ich jetzt


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 55

wahrscheinlich sehr lange reden. Aber ich möchte einiges zu Beginn sagen, was offensichtlich in der Diskussion etwas verwischt wird.

Vieles von dem, was Sie jetzt angesprochen haben, zum Beispiel die Frage der militärischen Kapazitäten in der Europäischen Union, die Frage der Neutralität, ist überhaupt keine Erfindung dieses Vertrages, ist zum Großteil schon im Vertrag von Amsterdam beziehungsweise im Vertrag von Nizza enthalten.

Das Spektrum der Einsätze, die nach den sogenannten Petersberger Aufgaben möglich sind, wird in diesem Vertrag überhaupt nicht verändert. Sie sind die gleichen, die es nicht nur schon im Verfassungsvertrag, sondern schon davor waren, und für die die Republik Österreich, der Verfassungsgesetzgeber, entsprechende Vorsorge getrof­fen hat – und zwar schon lange vor einer Diskussion über den Verfassungsvertrag, geschweige denn über den Vertrag von Lissabon.

Der Artikel 23f zum Beispiel ist diese Vorsorge, die ja schon lange vorher getroffen worden ist. Es ändert sich an dieser Situation aber überhaupt nichts. Es ist die öster­reichische Neutralität so, wie sie in der österreichischen Bundesverfassung festge­schrieben ist und durch den Artikel 23 modifiziert wurde, in keiner Weise berührt.

Es ist in der Bestimmung, die hier auch immer wieder angesprochen wird, über die sogenannte Beistandsverpflichtung ausdrücklich davon die Rede, dass die Neutralen davon nicht berührt sind. Das heißt, dass ihre Verpflichtungen, die sie haben – auf­grund ihrer Neutralität oder aufgrund ihrer Bündnisfreiheit –, hier in keiner Weise berührt werden.

Ich habe an dieser Bestimmung mitgewirkt und mitgearbeitet und ich weiß, was damit gemeint war, und ich weiß, wie es auch die anderen verstehen. Die österreichische Neutralität ist hier in keiner Weise berührt.

Es wird auch keine Militarisierung der Europäischen Union stattfinden. Es ist lediglich davon die Rede – und das war schon im Verfassungsvertrag, der bekanntlich vom österreichischen Nationalrat mit einer Gegenstimme beschlossen worden ist –, dass eine Verbesserung der Kapazitäten stattfinden soll, was für mich irgendwie einleuch­tend ist, dass man die Kapazitäten verbessert. Das heißt aber noch lange nicht, dass man die militärischen Mittel erhöht.

Schließlich und endlich die Frage der sozialen Kompetenzen der Europäischen Union. Die werden durch diesen Vertrag ganz entscheidend verbessert. Es ist so – da gebe ich auch dem Abgeordneten Voggenhuber, der unlängst sehr überzeugend im Verfas­sungsausschuss dazu Stellung genommen hat, durchaus recht –: Wir sind sicherlich nicht schon am Ende der Entwicklung angelangt und wir müssen alle dafür arbeiten, dass das noch verbessert wird. Aber vieles von dem, was jetzt in diesem Vertrag steht – übrigens auch gegenüber dem Verfassungsvertrag verbessert –, geht in Rich­tung einer Berücksichtigung sozialer Komponenten bei allen Politiken, für die die Europäische Union nunmehr zuständig ist.

Ein Wort noch, weil Sie sie erwähnt haben, die Frage der Einstimmigkeit und Mehr­stimmigkeit: Erstens bin ich grundsätzlich der Auffassung, dass es an sich vernünftig ist, wenn man zur Verbesserung der Beschlussfähigkeit der Europäischen Union mehr Mehrstimmigkeitsentscheidungen hat. Aber ich sage auch, dass wir in jenen Bereichen, wo wir vitale Interessen haben, wie zum Beispiel die Verwendung des Was­sers, wie die Frage der Wahl der Energiequellen – Atomenergie –, sehr wohl Einstim­migkeit brauchen. Der Vertrag sieht genau das auch in Hinkunft vor.

Vieles von dem, was in der Öffentlichkeit diskutiert, kritisiert wird, ist natürlich ernst zu nehmen. Das tun wir auch. Aber vieles von dem, was behauptet wird, stimmt einfach nicht.

 



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 56

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Konrad, bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Frage ist definitiv kürzer als die meiner Vorrednerin und geht auch wieder ein bisschen zum Grundsätzlichen zurück.

Wenn ich momentan durch die Straßen gehe, dann fehlen mir die großen Plakate zum Thema „Vertrag von Lissabon“. Wenn ich mich im Internet, zum Beispiel im Google, schlau machen möchte und ich gebe das als Schlagwort ein, dann komme ich auf alle möglichen Seiten, die aber sicher nicht das Interesse haben, die Meinung über die EU und den Vertrag von Lissabon in Österreich besser zu machen, als sie momentan ist.

Meine Frage an Sie ist deshalb: Wo ist die große Informationsoffensive der Bundes­regierung über den Vertrag von Lissabon?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Das ist eine sehr gute und auch etwas schwierige Frage. Ich glaube, die Bundesregierung hat sich mit gutem Grund dazu entschlossen, keine – unter Anführungszeichen, denn ich mag das Wort nicht sehr – „Kampagne“ in dem Sinne zu machen, wie wir es 1994 vor der Volksabstimmung gemacht haben.

Andererseits aber – und ich bin etwas verwundert, dass Sie das sagen – gibt es ein ausgesprochen breites und, wie ich glaube, auch sehr gutes Informationsangebot der Regierung, der einzelnen Ressorts. Darf ich Sie auf www.bmeia.gv.at verweisen. Da finden Sie, glaube ich, wirklich sehr gute Informationen. (Bundesrätin Konrad: Wenn ich suche, dann schon!) – Nein, da brauchen Sie nicht zu suchen, das sage ich Ihnen. Wir haben in der Zwischenzeit fast schon einen Stapel an, glaube ich – nicht nur deswegen, weil ich mitgearbeitet habe –, sehr guten Informationsbehelfen, Broschüren, für die verschiedensten Gruppen.

Klar ist: Wir müssen in unserer Informationstätigkeit nicht sozusagen die Gießkanne verwenden und alle gleich berieseln, sondern wir müssen ganz gezielt auf die Bedürf­nisse, Wünsche und auch die Kritik der einzelnen Gruppen eingehen, der jungen Leute, der älteren Menschen, der Interessenvertretungen, der Sozialpartner – und das geschieht.

Die Bundesregierung hat grundsätzlich auch eine solche Informationsinitiative be­schlos­sen. Wir haben, seitdem es dieses Angebot gibt, jetzt jeden Tag – ich freue mich darüber sehr – eine Schule bei uns im Außenministerium. Wann immer ich kann spreche ich selbst zu den Schülerinnen und Schülern.

Wir gehen zu Landtagen, wir gehen in die Bezirke, zu Gemeinden, es finden Dialoge mit Bürgermeistern statt. Es ist heute sehr viel über Bürgermeister gesprochen worden. Ein Zitat der Außenministerin, das ich hier wiederholen möchte, weil es mir auch sehr gut gefällt: Die Bürgermeister sind die wahren Europapolitiker, denn sie wissen, was in den Gemeinden von der Europäischen Union gemacht wird. Das wissen wir alle viel zu wenig.

Das heißt, eine der Initiativen ist zum Beispiel, bekannt zu machen, was in den Gemeinden geschieht; was finanziert, was tut die Europäische Union zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger. Ich glaube, wenn man sich auch nur ein bisschen dafür interessiert – wir werden aber noch mehr machen, wir werden auch noch mehr zu den Bürgern hingehen –, dann findet man schon sehr viel Information. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zur 6. Anfrage. Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Mitterer, um die Verlesung der Frage.

 



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 57

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Diese Katastrophe am Stefanitag 2004 hat weltweit große Betroffenheit ausgelöst. Es gab spontane Angebote für wirksame Hilfe und Österreich war wiederum weltweit ein Vorbild, was die Hilfestellungen anlangt. Leider haben sich die Bedingungen dort unten nun so verändert, dass es auch bei der Umsetzung angebotener Hilfe Probleme gibt.

Deshalb stelle ich an Sie die Frage:

1599/M-BR/2008

„Inwiefern werden die Wiederaufbauarbeiten Österreichs nach der Tsunami-Kata­strophe in Sri Lanka durch die eskalierende Gewalt und den drohenden Bürgerkrieg beeinflusst?“

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Ja, ich fürchte, sie werden beeinträch­tigt. Vieles von dem, was geplant war und ist, kann derzeit nicht in der Form durch­geführt werden. Das heißt aber nicht, dass jetzt notwendigerweise abgebrochen und nie wieder fortgesetzt wird. Sobald sich die Situation verbessert, werden diese Projekte weitergeführt werden. Aber ich kann die Frage, fürchte ich, leider nur mit ja beantworten. Es gibt eine Beeinträchtigung. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Gibt es eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Gibt es einen überschaubaren Zeitrahmen, wann sich die politische Lage dort so entspannen wird, dass man dann auch wirksam weiterhelfen kann?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Bundesrat, ich fürchte, da bin ich als Prophet überfordert. Wir alle hoffen und die Europäische Union und die internationale Staaten­gemeinschaft, die UNO, wollen dazu beitragen. Aber wann die Situation wirklich wieder zu einem friedlichen, gedeihlichen Zusammenleben aller Gruppen dort führen kann, das weiß ich nicht. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Breiner, bitte.

 


Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Angesichts dessen, dass ja nur ein Teil der vorgesehenen Hilfe ausgegeben wurde: Ist das Außenministerium in der Lage oder auch willens, aktiv bei der Neugestaltung der Infrastruktur – zum Beispiel noch im Rahmen dieser Tsunami-Katastrophe – in Sri Lanka tätig zu werden oder zu sein?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Die Antwort lautet ja – im Rahmen unserer Entwicklungszusammenarbeit, denn nur dafür sind wir zuständig. Für andere Projekte, etwa Infrastrukturprojekte, ist zum Beispiel das Verkehrsministerium oder andere Ressorts zuständig. Aber im Rahmen unserer Möglichkeiten, im Rahmen der ADA, im Rahmen der EZA, sind weitere Projekte durchaus möglich, soweit sie in die Zielsetzungen der EZA passen. Denn wir können natürlich nur Entwicklungszusam­menarbeitsmittel einsetzen, wenn sie den Zielen des EZA-Gesetzes entsprechen. Selbstverständlich, ja.

 



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 58

Vizepräsident Jürgen Weiss: Eine letzte Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Saller.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Welche konkreten Projekte hat die Austrian Development Agency in den vom Tsunami betrof­fenen Gebieten unterstützt?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Ich habe schon gesagt, es ging hier vor allem um Infrastrukturprojekte, Schulprojekte, Ausbildung, die Wiedererrichtung von zerstörten öffentlichen Gebäuden in diesen Bereichen, wesentlich also im Infrastruktur­bereich. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zur 7. Anfrage. Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Schimböck, um die Verlesung der Frage.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Herr Staatssekretär, meine Frage lautet:

1602/M-BR/2008

„Werden Sie sich für Visaerleichterungen gegenüber Serbien einsetzen, um vor allem den jungen Menschen des Landes die Chance zu geben, Europa besser kennen­zulernen?“

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Herr Bundesrat! Die Antwort ist ja. Vor allem die Außenministerin hat das in den vergangen Monaten und Jahren auch sehr intensiv getan. Es ist eine ausgesprochen unbefriedigende Situation, dass viele junge Menschen nicht frei reisen können. Daher hat sich Österreich immer für Visaerleichte­rungen eingesetzt.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zusatzfrage? – Eine Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Schöls.

 


Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär, Sie haben es ja schon kurz angesprochen: Was hat Österreich in der Vergangen­heit konkret für die Visaliberalisierung für die Länder des Westbalkans unternommen?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Im Rahmen der Beratungen in den Arbeitsgruppen, im Rahmen der Beratungen im Rat für Allgemeine Angelegenheiten, waren wir immer unter jenen, die massiv dafür eingetreten sind, die Frage der Erleich­terungen, vor allem für bestimmte Gruppen – Studentinnen und Studenten, Wissen­schafter, junge Wirtschaftstreibende – zu erreichen. Wir haben uns zum Beispiel dafür eingesetzt, dass es für diese Gruppen Ausnahmen von den Gebühren, die in der Europäischen Union relativ hoch sind – das ist nicht unbedingt unser Wunsch, aber das ist ein Wunsch der Mehrheit der Mitgliedstaaten –, gibt. Die Ministerin hat – das war eine Geste und nicht mehr als eine Geste, aber Symbolik kommt, glaube ich, gut an – bei einem Besuch in Belgrad 300 Eisenbahn-Freifahrscheine mitgebracht und die dazugehörigen Visa versprechen können.

Wir sind sehr dafür eingetreten, dass das Stabilisations- und Assoziierungsabkommen mit Serbien unterschrieben wird, das ebenfalls Erleichterungen bei der Visaerteilung


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 59

gebracht hätte. Leider Gottes ist das nicht gelungen, weil es am Widerstand eines oder zweier Staaten gescheitert ist. Wir gehören ohne jeglichen Zweifel – weil das auch unser eigenes Interesse ist – zu jenen Staaten, die für gezielte Visaerleichterungen eintreten. Wenn ich sage gezielte, dann meine ich selbstverständlich nicht, Tür und Tor zu öffnen, weil hier auch Fragen der inneren Sicherheit zu beachten sind.

Aber wir treten dafür ein, diesen Staaten zu helfen, dass sie Europa kennenlernen. Denn es ist eigentlich unverständlich, dass zum Beispiel 70 Prozent der jungen Serbin­nen und Serben noch niemals im Ausland waren. Ich kann mich noch erinnern, ich war auf Posten in Belgrad, zu Beginn der achtziger Jahre, als es noch Jugoslawien war. Da konnten Jugoslawen – und zwar alle Jugoslawen – frei reisen. Heute erzählen die Eltern- und Großelterngeneration den jungen Leuten, das waren noch Zeiten, als wir frei reisen konnten. Heute sind die jungen Leute daran gehindert, frei zu reisen, und müssen sich allerlei Schwierigkeiten unterziehen, um an Sichtvermerke zu gelangen. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Die letzte Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Schennach.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Staatssekretär! Ich will genau an Ihren Erfahrungen anknüpfen, die Sie selber hatten, frei reisen zu können. Sie wissen, dass seit dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien die Situation für Serbien eine Situation der Sackgasse ist. Da ich ja selbst auch mit Unterstützung Ihres Hauses sehr viel in Belgrad bin, erlebe ich diese bedrückte Stimmung bei den jungen Menschen, abgeschnitten zu sein, wirklich mit. Das sind keine Nationalisten, das sind einfache Menschen, die europäisch orientiert und gesinnt sind. Der Bundesrat selbst hat sich ja immer wieder bemüht, dass es eine Gleichbehandlung in Bosnien gibt, dass nicht die Serben und Bosniaken ein Visum brauchen und die Kroaten in Bosnien frei reisen können, sondern dass wir endlich diese Visapflicht für beide Länder abschaffen, sowohl für Serbien als auch für Bosnien.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass es für Serbien in einem relativ raschen Zug eine solche Abschaffung gibt und dass davon auch Bosnien betroffen ist?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Herr Bundesrat Schennach, ja, wir setzen uns auch dafür ein. Aber ich glaube, man muss schon auch realistisch bleiben und erkennen, dass natürlich das Schengen-System insgesamt auch ein System ist, das verschiedene Kontrollen einbaut, die notwendig sind, um keinen ungebremsten, unüberwachten Zuzug zu ermöglichen. Daher muss man irgendwo abwägen.

Wir sind dafür, dass man ganz gezielte, für bestimmte Gruppen maßgeschneiderte Visaerleichterungen vornimmt. Da würden wir gerne noch weiter gehen, als die Europäische Union bis jetzt gehen konnte, weil das ja natürlich von allen entsprechend beschlossen werden muss.

Die Vision – das sage ich Ihnen ganz offen, auch als Vertreter meiner Generation; ich wurde 1945 geboren – eines Europa ohne Barrieren, ohne Hindernisse, in dem sich Menschen frei bewegen können, die werden wir sicher nicht aufgeben – die habe zumindest ich immer noch!

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zur letzten Anfrage. Ich bitte den Frage­steller, Herrn Bundesrat Ager, um Verlesung der Frage.

 


Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Herr Staatssekretär, meine Frage lautet:


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 60

1598/M-BR/2008

„Was bedeutet die Regierungskrise in Italien für Südtirol?“

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Herr Bundesrat! Heute ist ja „Tirol-Tag“ hier, daher ist diese eine Frage, die sehr in Ordnung ist.

Es wurde bereits kurz angesprochen und es erscheint mir wichtig, das zu wiederholen. Die Streitbeilegung und die Verhandlungen, die dazu geführt haben, haben etwas ganz Wesentliches bewirkt: Sie haben nämlich die juristische, völkerrechtliche Position Österreichs als Schutzmacht für Südtirol, für die Deutsch und Ladinisch sprechenden Südtirolerinnen und Südtiroler entscheidend gestärkt und verbessert. Das heißt, dass Österreich nunmehr das Recht hat, gegenüber jeder Regierung in Rom auf die Einhaltung der autonomierechtlichen Bestimmungen zu pochen, und dass eine Verän­derung dieser Bestimmungen, vor allem auch eine Verfassungsänderung, die in die Autonomie eingreift – das ist jedenfalls unsere immer wieder dokumentierte Auffas­sung –, nur mit Zustimmung der österreichischen Regierung erfolgen kann.

Das ist eine ganz wesentliche Errungenschaft! Es war ja nicht immer so, dass die Italiener anerkannt haben, dass Österreich sozusagen ein Recht auf – unter Anfüh­rungszeichen – „Einmischung“ hat.

Daher: Welche Regierung auch immer in Rom sein wird – und darauf können wir keinen Einfluss haben –, wird die österreichische Bundesregierung danach trachten und dafür sorgen, dass die Autonomie nicht beeinträchtigt wird.

Wir sind mit der Regierung Prodi gut gefahren, auch aus dem einfachen Grund, weil sich ja bekanntlich die Südtiroler selbst und die Südtiroler Volkspartei mit seiner Partei und mit der Mitte-Links-Regierung gut arrangiert hatten, während es unter der vorigen Regierung von Berlusconi manchmal schwierig war – da hat es rhetorische Ausrut­scher gegeben. Allerdings muss man betonen, dass es nie Beeinträchtigungen der Autonomie gegeben hat, vor allem wurden keine Verfassungsvorhaben verwirklicht, auch dank des österreichischen Einsatzes.

Ich gehe von Folgendem aus: Wer immer die Regierung stellen wird – ich will hier diesbezüglich nicht spekulieren –, wird an diesen Autonomiebestimmungen nichts ändern und nichts ändern können, weil sich die österreichische Bundesregierung dafür entsprechend einsetzen wird. – Danke.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? (Bundesrat Ager: Nein, das ist schon beantwortet!) – Danke.

Auch Herr Professor Konecny wünscht keine Zusatzfrage.

Die nächste Zusatzfrage kommt von Frau Bundesrätin Konrad.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Staatssekretär, wie sehen Sie im Falle eines Wahlsieges des Rechts-Bündnisses dessen Auswirkungen auf die Autonomie?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Staatssekretär.

 



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 61

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Ich bitte um Verständnis, aber ich möchte eigentlich wirklich nicht über mögliche Wahlausgänge in anderen Staaten spekulieren.

Aber wie ich schon sagte: Ich glaube, für die Autonomie ist es vollkommen egal, welche Regierung an die Macht kommt, weil ohne unsere Zustimmung keine Änderung der Autonomiebestimmungen möglich sein wird.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Die letzte Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Ing. Kampl.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Wie und in welcher Form hat Öster­reich seit seinem EU-Beitritt für Südtirol noch eine Schutzfunktion?

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Herr Bundesrat! Die Schutzfunktion ist unbeeinträchtigt durch den Beitritt zur Europäischen Union!

Es geht nämlich darum, dass Österreich ein Mitspracherecht bei einer in Italien allfällig geplanten Änderung der gesetzlichen und Verfassungsbestimmungen hat, die die Autonomie der Südtiroler beeinträchtigen könnte. – Das hat mit der Europäischen Union überhaupt nichts zu tun!

Ich glaube darüber hinaus, dass die Bedeutung von Minderheitenfragen in der Euro­päischen Union wahrscheinlich – zumindest haben wir das in der Praxis erlebt – eine geringere geworden ist (Bundesrat Ing. Kampl: Das glaube ich auch!), aber was die ganz konkrete Ausgestaltung der Südtiroler Autonomie betrifft, die ja in Europa oder weltweit eine absolut einmalige und vorteilhafte für die Minderheit ist, hat sich durch den Beitritt an sich überhaupt nichts geändert.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Staatssekretär. – Die Fragestunde ist beendet.

12.35.32Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und ver­teil­ten Anfragebeantwortungen 2384/AB bis 2390/AB und des Schreibens des Bundeskanzlers gemäß Artikel 23c Abs. 5 B-VG beziehungsweise des Schreibens des Vizekanzlers und Bundesministers für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG betref­fend die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Königreich Bahrein zum Abschluss eines Abkommens auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen, die dem Stenographischen Protokoll angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Nominierungen gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG:

„REPUBLIK ÖSTERREICH

DR. ALFRED GUSENBAUER

BUNDESKANZLER


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 62

An den

Präsidenten des Bundesrats

Herrn Helmut KRITZINGER

Parlament

Dr. Karl Renner-Ring 3

1017 Wien                                                                                                    Wien, am 31. Jänner 2008

Sehr geehrter Herr Präsident!

In Entsprechung der Bestimmung des Artikels 23c Abs. 5 B-VG darf ich Ihnen mitteilen, dass die Bundesregierung mit Beschluss vom 23. Jänner 2008 über Vorschlag des Öster­reichischen Gemeindebundes und über Vorschlag des Österreichischen Städte­bundes anstelle des verstorbenen ordentlichen Mitgliedes Prof. Walter ZIMPER (Ge­mein­debund) und des zurückgetretenen ordentlichen Mitgliedes Dipl. Ing. Markus LlNHART (Städtebund), Herrn Bürgermeister Erwin MOHR und Frau Vizebürger­meister Marianne FÜGL (beide Gemeindebund) neu für den Ausschuss der Regionen nominiert hat. Anstelle der beiden stellvertretenden Mitglieder, Herrn Bürgermeister Helmut MÖDLHAMMER und Herrn Bürgermeister Bernd VÖGERLE (beide Gemein­debund) wurden Herr Bürgermeister Johannes PEINSTEINER (Gemeindebund) und Herr Bürgermeister Dipl. Ing. Markus LlNHART (Städtebund) als stellvertretende Mit­glieder neu für den AdR nominiert. Die Ernennung wird gem. Art. 263 EGV durch Beschluss des Rates der Europäischen Union mit qualifizierter Mehrheit vorgenom­men.

Ich ersuche Sie, sehr geehrter Herr Präsident, um Kenntnisnahme und Information des Bundesrats. Lebensläufe der Kandidaten sind beigelegt. *)

Mit freundlichen Grüßen

*) werden nicht veröffentlicht“

*****

Schreiben des Vizekanzlers und Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

„Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer

Bundesminister für Finanzen                               BUNDESMINISTERIUM FÜR FINANZEN

Herrn Präsident

des Bundesrates

Helmut Kritzinger

Parlament

1017 Wien                                                                                                     Wien, am 5. Februar 2008

GZ: BMF-310207/0001-I/4/2008

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Artikel 50 (5) B-VG beehre ich mich Sie davon zu informieren, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss der 39. Sitzung des Ministerrates am 11. Jänner 2008 Verhandlungen mit dem Königreich Bahrain zum Abschluss eines Abkommens mit der Republik Österreich auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen aufgenommen wurden.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 63

Ich ersuche Sie um entsprechende Kenntnisnahme und allfällige weitere Veranlas­sung.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 8)

*****

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Eingelangt ist der Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich, Sicherheitsbericht 2006, der dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zugewiesen wurde und bereits einen Gegenstand der Tagesordnung bildet.

Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates sowie jene Berichte, die jeweils Gegenstand der heutigen Tages­ordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Der Präsident hat die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beab­sichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 bis 3, 10 bis 12 sowie 13 und 14 unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Schennach, Mühl­werth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Missbrauch des Innenministeriums für partei­politische Zwecke an den Herrn Bundesminister für Inneres vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

12.37.391. Punkt

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicher­heitsbericht 2005) (III-310-BR/2006 d.B. sowie 7884/BR d.B.)


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2. Punkt

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicher­heits­bericht 2006) (III-335-BR/2008 d.B. sowie 7885/BR d.B.)

3. Punkt

Bericht des Bundesministers für Inneres an das österreichische Parlament; Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2007 – Achtzehnmonats­programm des deutschen, portugiesischen und des slowenischen Vorsitzes (III-318-BR/2007 d.B. sowie 7886/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 bis 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durch­geführt wird.

Berichterstatterin zu diesen Punkten ist Frau Bundesrätin Fröhlich.

 


12.38.06

Berichterstatterin Christine Fröhlich: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht der Bun­desregierung über die innere Sicherheit in Österreich, Sicherheitsbericht 2005, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 den Antrag, den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich, Sicherheitsbericht 2005, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf den nächsten Bericht bringen, nämlich jenen des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich, Sicherheitsbericht 2006. – Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 den Antrag, den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich, Sicherheitsbericht 2006, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf gleich den dritten Bericht, nämlich jenen des Ausschusses für innere Angele­genheiten über den Bericht des Bundesministers für Inneres an das österreichische Parlament; Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2007 – Achtzehn­monatsprogramm des deutschen, portugiesischen und des slowenischen Vorsitzes, bringen. – Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 den Antrag, den Bericht des Bundesministers für Inneres an das österreichische Parlament; Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2007 – Achtzehnmonatsprogramm des deutschen, portugiesischen und des sloweni­schen Vorsitzes zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


12.40.35

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Es gibt jetzt zwei Mög­lichkeiten: Ich kann Ihnen den Wetterbericht vorlesen, oder wir warten, bis der Herr Bundesminister da ist. – Da ich den Wetterbericht nicht mithabe, würde ich vor­


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 65

schlagen, wir unterbrechen kurzfristig die Beratungen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Gut.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ist bekannt, wo sich der Herr Bundesminister aufhält? (Bundesrat Bieringer: Er muss jeden Moment hier sein!)

 


Bundesrat Albrecht Konecny (fortsetzend): Gut, den Moment gebe ich ihm gerne! (Heiterkeit und anhaltende Zwischenrufe.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich unterbreche kurz die Sitzung.

*****

(Die Sitzung wird um 12.42 Uhr unterbrochen und um 12.47 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Herr Bundesminister Platter hat mir mitgeteilt, dass er kurzfristig verhindert war, weil er einen Termin mit Kommissar Frattini und ausländischen Kollegen hatte und ihnen erklären musste, warum er den Termin nicht in der vorgesehenen Weise wahrnehmen kann.

Am Wort ist weiterhin Herr Professor Konecny.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (fortsetzend): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben heute in erster Linie den Sicherheitsbericht, der in seinen Zahlen eine durchaus gemischte Bilanz zeigt, zu diskutieren, und wir haben naturgemäß – das ist die Aufgabe eines Parlaments – die aktuelle Diskussion weiter­zuführen, die sich aufgrund von Vorfällen in Ihrem Ressort, Herr Bundesminister, breit entsponnen hat und die, wie ich feststellen kann, auch ein ungewöhnlich heftiges mediales Blitzlicht auf den Bundesrat wirft.

Herr Bundesminister! Die Österreicherinnen und Österreicher haben, wenn es um die Sicherheit geht, vermutlich in ihrer großen Mehrheit eine Haltung, die man aus einem Wort von Deng Xiaoping so ableiten kann: Mir ist es gleichgültig, ob die Katze rot oder schwarz ist, Hauptsache ist, sie fängt die Mäuse!

Genau darum geht es: Es geht darum, ob sich die Menschen in diesem Land sicher fühlen können, ob sie der Exekutive vertrauen können und ob sie gewährleistet finden, dass die Exekutive ihre Aufgabe erfüllen kann und darf.

Der Sicherheitsbericht bietet für das Jahr 2006 ein geringfügiges Absinken der Krimi­nalitätszahlen und ein weiteres tragisches Absinken der Aufklärungsquoten. Die vor­läufigen Zahlen für 2007 deuten an, dass die Kriminalitätszahl nicht weiter gesunken ist, dass aber die Aufklärungsrate weiter sinkt.

Das ist die Problemstelle, meine Damen und Herren. Wir wissen, dass sich die Form der Kriminalität geändert hat. Die „guten alten“ Zeiten, als Polizisten nur auf den Tathergang achten mussten, um die Handschrift eines Kriminellen zu erkennen, den sie dann an seiner Wohnadresse aufsuchen konnten, sind vorbei. Das wissen wir.

Es hat eine gewaltige Zusammenballung der Kriminalität vor allem in den großen Städten, in den Ballungszentren unseres Landes gegeben. Es hat – das sage ich am Rand – auch eine Änderung der Kriminalitätsstatistik gegeben, die eine Beschönung darstellt, was die Zahl der angezeigten Verbrechen angeht. Jetzt werden Vorfälle


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nämlich zusammengezogen, was den Langfristvergleich praktisch unmöglich macht. Aber es hat vor allem eines gegeben, Herr Bundesminister, nämlich eine völlige Verän­derung der Polizeistruktur, der Organisationsformen und bei den leitenden Mitarbeitern des Ressorts.

Wenn man eine Bilanz zieht und zwischen dem, was bis zum Jahr 2000 zustande gebracht wurde, und dem, was seither geschehen ist, vergleicht, so fällt dieser Ver­gleich nicht zugunsten der „schwarzen Katze“ aus. Wir haben es mit einer drastischen Verschlechterung unserer Sicherheitssituation zu tun. Jeder, der sich mit der Exekutive beschäftigt, weiß, wie sehr die, die an der Front stehen – nämlich die Polizisten –, unter den unpassenden Organisationsstrukturen und unter den ständigen Veränderun­gen des Aufbaus ihrer Arbeit leiden.

Ich möchte – um das ein und für allemal und von vornherein klarzustellen – diese Aus­führungen damit beginnen, dass ich jenen, die an vorderster Front arbeiten, nämlich den Polizisten unseres Landes, die unter Organisationsmängeln, technischen Mängeln, unberechenbaren Änderungen und auch unter politischem Druck leiden, den tiefemp­fun­denen Dank dafür ausspreche, dass sie es trotz ihrer geringen Zahl und trotz der Verminderung ihrer Stützpunkte zuwege bringen, ihre Aufgabe so gut es geht und mit beispiellosem Einsatz zu erfüllen.

Ohne diese Polizisten, ohne diese Menschen, für die das auch eine Lebensaufgabe ist, wäre die Bilanz eine sehr viel traurigere und sehr viel dramatischere. Was immer es an Kritik gibt – und wir werden sie äußern –, sie richtet sich nicht gegen diese Menschen, die ihr Leben in den Dienst unser aller Sicherheit gestellt haben und dafür nur eines verdienen, nämlich Anerkennung und Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bun­desräten der ÖVP.)

Herr Bundesminister, wir haben im Vorfeld der heutigen Sitzung klar und deutlich gesagt, dass wir natürlich jene Themen zur Sprache bringen werden, die die Öffentlich­keit verständlicherweise bewegen. Wir haben klar zum Ausdruck gebracht – und ich erinnere daran, Herr Bundesminister –, dass wir sehr, sehr konkrete Fragen stellen werden, deren lückenlose und offene Beantwortung wir von Ihnen erwarten. Betrach­ten Sie diese Sitzung und die Rolle, die Sie persönlich dabei spielen werden, auch als Chance, Klarheit zu schaffen, die notwendigen Informationen zu geben und damit der Diskussion eine andere Richtung zu verleihen.

Aber seien Sie auch sicher, dass, wenn Ihre Antworten so ausfallen wie das, was Sie bisher in der Öffentlichkeit erklärt haben – nämlich Ausreden zu gebrauchen und zu mauern –, die Aufklärung im parlamentarischen Raum weiter fortgesetzt werden wird. Es ist nicht denkbar, dass die österreichische Öffentlichkeit bei einem so zentralen Thema mit Ausreden und G’schichterln abgelenkt wird. Da ist lückenlose Aufklärung erforderlich, und zwar gar nicht im Interesse einer Partei (Widerspruch bei der ÖVP), sondern im Interesse des Sicherheitsgefühls der Menschen in diesem Land und im Interesse derer, die Angst haben.

Man muss den Menschen das Gefühl zurückgeben, dass sie sich auf das Innen­minis­terium verlassen können, dass es ihr Innenministerium ist; kein rotes, kein schwarzes, sondern ein rot-weiß-rotes im Dienste der Menschen dieses Landes. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Ich muss an dieser Stelle auch auf etwas hinweisen, das in der Diskussion der letzten Tage eine gewisse Rolle gespielt hat. Die Ressortinhaber der letzten Jahre – weil Herr Landeshauptmann van Staa jetzt wieder im Saale ist: das ist keine 20 Jahre hier, wie Sie in der Früh behauptet haben – haben sich nach unserem Wissensstand bemüht, ihre Aufgaben zu erfüllen. Dass wir den Maßnahmen des Herrn Ministers Strasser außerordentlich kritisch gegenübergestanden sind, haben wir hier – und in jedem


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anderen Forum auch – nicht verhehlt, und wir haben das, was er an strukturellen und personellen Maßnahmen gesetzt hat, für zutiefst verfehlt gehalten. Nicht, weil es allein um eine Umfärbung des Ressorts ging – das auch –, sondern vor allem deshalb, weil die Effekte – darüber kann man sich in dieser Statistik überzeugen – verhängnisvoll waren.

Aber es war niemand von uns, der den Namen der unter so tragischen Umständen zu Tode gekommenen Innenministerin Prokop in diesem Zusammenhang genannt hat. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht, es war Herr Kollege Kalina!) – Nein! Derjenige, der diesen Namen ins Spiel gebracht hat, ist der ÖVP-Generalsekretär Missethon ge­wesen, jemand, der in Fragen des Taktes und Anstands auch in anderen Fällen zu den Nachhilfeschülern der Nation gehört. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Baier.) Dieser Herr hat es für notwendig gefunden, eine Weisung der Frau Innenministerin zu erwähnen – von der ich nicht weiß, ob es sie gibt – und sie auch noch als gut zu bezeichnen.

Herr Bundesminister, die erste meiner Fragen an Sie ist: Aufgrund welcher Kompe­tenz­tatbestände im Ministeriengesetz sind dem Generalsekretär der ÖVP angebliche Weisungen der früheren Innenministerin zugänglich? – Offensichtlich so gut, dass er sie auch lobend erwähnen kann. Ich glaube nicht, dass es Aufgabe des Innenminis­teriums ist, dem ÖVP-Generalsekretär für die öffentliche Argumentation Unterlagen zugänglich zu machen, und ich meine noch weniger, dass es von ihm moralisch vertretbar war, sich in dieser Art und Weise hinter einer Verstorbenen zu verstecken.

Eines der Themen, das in der österreichischen Öffentlichkeit breit diskutiert wird, sind jene Mängel, die sich im Zusammenhang mit der Fahndung nach dem Entführer von Frau Kampusch ergeben haben. Wir wissen alle, und ich brauche das nicht im Detail zu zitieren, dass es auf Herrn Priklopil zumindest einen Hinweis – vielleicht auch meh­rere, wie es in der Zwischenzeit aussieht – gegeben hat, die im Fahndungsverfahren nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden, was sicherlich dazu beigetragen hat, das tragische Schicksal dieser heute jungen Frau, damals dieser Jugendlichen, um Jahre zu verlängern.

Nun ist es keine Frage, dass überall dort, wo Menschen tätig sind, auch Fehler pas­sieren können, selbst so tragische. Die Frage ist aber vor allem: Inwieweit ist es notwendig und wäre es notwendig gewesen, aus der negativen Erfahrung zu lernen? Denn es kann ja nicht so sein, dass es, wenn man wertvolle Hinweise hat – in diesem Fall sogar von einem Polizisten oder damals von einem Gendarmen, soweit ich weiß –, nicht dazu führt, dass das berücksichtigt wird! Es kann doch nicht sein, dass man darüber stillschweigend hinweggeht! Es hat das Bestreben gegeben, hier eine Evaluie­rung durchzuführen und dafür zu sorgen, dass, wenn schon das alles nicht rückwirkend beseitigt werden kann, zumindest für künftige Fälle daraus gelernt wird.

Die Frage ist, warum es dazu nicht kommen durfte; wer dafür verantwortlich ist, dass dieser Evaluierungsprozess nicht durchgeführt werden konnte; wer dafür verantwortlich ist, dass das wieder niedergeschlagen wurde, und dass bis heute, soweit ich weiß, keine Evaluierung dieses offensichtlichen Fehlers in der Verfolgung des damals unbe­kannten Täters erfolgt ist. Daher ist zunächst einmal die Frage zu stellen, wie es zu so etwas kommen konnte.

Konkret, Herr Bundesminister: Wie lauten die konkreten Aktenvorgänge beziehungs­weise die E-Mail-Verkehre in dieser Angelegenheit, die dazu geführt haben, dass Herrn Haidinger das Evaluierungsverfahren untersagt wurde; und wer konkret hat die Weisung erteilt, dass keine Evaluierungshandlungen gesetzt werden dürfen?

Nun ist es Gegenstand der Arbeit einer Kommission, die Sie eingesetzt haben und die im Verlauf weniger Tage eine durchaus erfreuliche Erweiterung erfahren hat; denn die


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Vorstellung, dass Mitarbeiter des Ressorts die Einzigen sein sollten, die diese Über­prüfung durchführen sollten, ist ja an Absurdität nicht zu überbieten. Die Hereinnahme einiger externer Experten ist zu begrüßen, auch wenn ich Sie fragen muss, ob Sie Herrn Dr. Fiedler eingeladen haben, dieser Kommission zur Aufklärung der Vorgänge beizutreten, oder, wenn nicht, was Ihre Beweggründe dafür waren.

Das Zweite, das uns und die Öffentlichkeit interessieren würde, ist: Wie lautet der genaue Auftrag, der an diese Kommission ergangen ist? Wer hat diesen erteilt und wie lautet er wörtlich? Und – das ergibt sich aus meiner vorherigen Bemerkung – warum haben Sie in diese Kommission Personen entsandt, die in Ihrem unmittelbaren Nahe­be­reich arbeiten und daher auch in einer Abhängigkeit zu Ihnen stehen, beziehungs­weise jemandem dienstlich unterstellt sind, der in der Angelegenheit BAWAG und Missbrauch des Innenministeriums zur Schädigung einer politischen Partei verwickelt sein könnte?

Weiters wäre interessant zu erfahren, ob die Kommission tatsächlich alle Akten, die sie anfordert, erhält, und welche sie bisher angefordert und erhalten hat. Schließlich, ange­sichts des großen öffentlichen Interesses, das es in dieser Frage gibt: Halten Sie den Zeithorizont von vier Monaten für die Überprüfung dieses Sachverhalts nicht für unan­ge­messen lang, auch wenn die Hoffnung besteht, dass bei der Sitzung des Innenaus­schusses des Nationalrates aufgrund eines ersten Berichtes des nunmehrigen Vorsit­zenden Adamovich ein wenig Informationen zugänglich gemacht werden?

Zuletzt ist dazu zu fragen, ob die Beamten des Innenministeriums, die der Kommission angehören, dienstfrei gestellt sind, um dieser Aufgabe nachkommen zu können. Denn die Freistellung von der Weisung, die Sie verkündet haben, ist relativ merkwürdig, wenn dieselben Personen zuerst weisungsgebunden ihren Aufgaben im Ministerium nachgehen, dann den Schlips herunternehmen, in die Kommission gehen und plötzlich nicht mehr weisungsgebunden sind.

Wir dürfen aber auch die menschliche Seite nicht übersehen. Dass es hier einen schwerwiegenden Ermittlungsfehler gegeben hat, ist ja unbestritten. Ich habe von Ihnen, Herr Bundesminister, gegenüber Frau Kampusch noch kein Wort vernommen, mit dem Sie ihr – und vor allem ihr persönlich – ausgedrückt hätten, wie sehr es der österreichischen Exekutive und dem Innenministerium leid tut, dass ihr Leiden um viele Jahre verlängert wurde, weil eine Ermittlungschance nicht genützt wurde. (Zwischen­ruf.) – Ich finde nicht, Herr Kollege, dass das zum Lachen ist. Ich wünsche niemandem, das durchmachen zu müssen, was diese junge Frau erlitten hat. Wenn Sie darüber lachen, dann tun Sie mir leid. Sonst kann ich dazu, um nicht allzu emotional zu werden, nichts sagen.

Es ist durchaus auch die Frage zu stellen, wie Sie persönlich die Möglichkeiten beurtei­len, dass hier der Bund im Rahmen der Amtshaftung in die Haftung genommen wird, und wie Sie den Umstand beurteilen, dass damals der Öffentlichkeit mitgeteilt wurde, dass Herr Priklopil ein Alibi gehabt hätte, obwohl der Aktenlage bereits zu entnehmen war, dass das absolut unrichtig ist.

Der zweite Themenkomplex, zu dem ich etwas sagen möchte, betrifft jene merkwür­digen und von den österreichischen Journalisten eher als kabarettistisches Element betrachteten Ermittlungen rund um die Person des früheren Bundeskanzlers. Sie können sicher sein, dass österreichische Kabarettisten durch das, was hier seitens des Ministeriums öffentlich erklärt wurde, noch viele Jahre von ihren Sketches leben werden. Die Geschichte ist derart widersinnig und absurd, dass sie nicht zu überbieten ist. Allerdings ist der offenbar dahinterliegende Sachverhalt nicht widersinnig und nicht absurd. Wenn jemand ernsthaft erklärt, dass er zwei Polizisten zum Recherchieren losschicken muss, um dem Altbundeskanzler eine Ladung des Staatsanwaltes – oder


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eine Ladung zu einer Einvernahme – zuzustellen, dann lässt das merkwürdige Schlüs­se auf die Datengrundlagen zu, aufgrund derer hier gearbeitet wird.

Rufen wir uns in Erinnerung, was damals geschehen ist: Da sind zwei Beamte des BIA an einer Adresse aufgetaucht, an der Herr Dr. Vranitzky seit Jahrzehnten nicht mehr gewohnt hat. Wer dort einige Jahre davor gewohnt hat, war seine Schwiegermutter. Die normale Polizei durfte man ja, wenn man diese öffentlichen Aussagen ernst nimmt, nicht fragen, denn es war ja ganz vertraulich und geheim, dass man die Adresse des Altbundeskanzlers wissen wollte. Die SPÖ durfte man schon gar nicht fragen, ob er vielleicht im Ausland oder am Handy erreichbar sei. Vielleicht sollte man überhaupt die Existenz von Mobiltelefonen in das Schulungsprogramm der BIA-Mitarbeiter aufnehmen, denn stellig machen kann man jemanden nur an der Wohn­adresse, und Altbundeskanzler und andere gesetzestreue Bürger haben sich gefälligst aus ihren vier Wänden nicht wegzubewegen, damit man sie dort finden kann. (Heiter­keit bei SPÖ und Grünen.)

Es hat dann dort eine freundliche Nachbarin den beiden Herren den Weg zu einem relativ nahegelegenen Pensionistenheim gewiesen. – Ich gebe nur wieder, was öffent­lich gesagt wurde. Ich glaube eigentlich nicht, dass das so war, aber wenn sich Ihre Beamten in die Öffentlichkeit wagen, dann darf man das vielleicht auch ernst nehmen und trotz allen Lachens zumindest versuchen, es ernst zu nehmen. – Die Nachbarin hat die beiden Herren an ein nahe gelegenes Pensionistenheim verwiesen, wo die Schwiegermutter des Herrn Dr. Vranitzky lebte und wo die beiden Herren dann hinge­gangen sind.

Darüber, was dort passierte, gehen die Informationen auseinander, aber ganz offen­sichtlich haben die beiden sich so aufgeführt, dass zunächst einmal das Personal dieses Pensionistenheims die Polizei rief. – Dass die schon da war, konnten sie ja nicht ahnen. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die beiden Beamten haben ausweislich einer Aussage der dort Beschäftigten sich absolut nicht für die Wohnadresse des Herrn Vranitzky oder dessen Aufenthalt interessiert, sondern sich nach dem körperlichen Zustand der Schwiegermutter erkun­digt und wissen wollen, ob diese nicht vielleicht doch ein Pflegefall ist, was in der damaligen politischen Diskussion, wenn ich erinnern darf, eine gewisse Rolle gespielt hat: Schwiegermütter von Bundeskanzlern!

Sie haben dann dort – so wird behauptet – die ganz geheime Nummer des Herrn Alt­bundeskanzlers, die sonst niemand auf der Welt hatte, von einer der Mitarbeiterin­nen bekommen und konnten damit ihre „heikle“ und „riskante“ Mission erfolgreich ab­schließen, indem sie den Herrn Dr. Vranitzky angerufen haben.

Ich behaupte einmal in aller Bescheidenheit, diese Darstellung der Geschehnisse ist eine riskante Beleidigung menschlicher Intelligenz. Wer soll diese Geschichte ernsthaft glauben? Und wenn sie sich so zugetragen hat, legt sie zumindest nahe, dass die Akteure auch in gewissen Hinsichten Nachhilfeunterricht brauchen würden.

Das BIA ist eine merkwürdige Einrichtung. Auf seiner Homepage brüstet es sich, außer­halb der normalen Polizeiarbeit zu stehen. Ich sage in Klammer dazu: Angesichts dieses Vorfalls wird es den übrigen Polizeiapparat durchaus freuen, auf der Homepage zu erfahren, dass sie mit denen nichts zu tun haben. Aber außerhalb der Klammer gesprochen: Diese Aktion des BIA ist offensichtlich nicht die einzige Aktion gewesen. Es wird hochinteressant sein, zu erfahren, welcher Aufgabe sich dieser 53 Mitarbeiter hauptsächlich widmen.

Angesichts des Personalmangels in allen Bereichen der Exekutive ist diese 53 Mann starke Abteilung bemerkenswert gut ausgestattet. Der Output bei der ursprünglichen


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Aufgabe, nämlich in Fällen, wo Mitglieder der Exekutive beschuldigt werden, geset­zeswidrig vorgegangen zu sein – in welcher Form auch immer –, ist ein eher bescheidener. Es ist ein gutes Dutzend Fälle, die hier abgeschlossen wurden, was für 53 Leute nicht wirklich sensationell ist, aber möglicherweise auch unserer Exekutive ein sehr gutes Zeugnis ausstellt.

Alle weiteren Aufgaben, die hier dazugekommen sind, haben mit dem Sinn dieser Einrichtung, mit ihrer Aufgabe und auch mit ihrem Namen überhaupt nichts zu tun. Der Herr Vranitzky ist mit Sicherheit keine innere Angelegenheit des Innenministeriums. Und auch wenn Staatsanwälte sich dieser Einrichtung angeblich bedienen wollen, gäbe es immer noch die Möglichkeit, sie freundlich darauf hinzuweisen, dass dafür auch andere Bereiche der Exekutive zur Verfügung stehen.

Ich weiß nicht, welche anderen völlig systemfremden Operationen dort noch vorge­nommen wurden! Das ist sicher etwas, was aufzuklären ist.

Was wir aber sicherlich nicht brauchen, ist eine Polizeieinheit, die Staat im Staat spielt, sich Aufgaben arrogiert und selbst praktisch keiner ernst zu nehmenden Kontrolle unterliegt. Dazu ist uns der Rechtsstaat zu heilig, als dass wir solche Enklaven eines weitestgehend rechtlosen Zustandes tolerieren können, denn diese Einrichtung ist nicht durch Gesetz geschaffen, ihre Basis ist eine verhältnismäßig schwache. Die Ausgliederung aus dem Polizeiapparat ist eine interessante Facette, warum auch immer sie vorgenommen wurde.

Ich glaube, dass das Ministerium selbst gut daran tun würde, dafür zu sorgen, dass diese Einrichtung, wenn sie denn notwendig ist, eine klare gesetzliche Grundlage hat, eine klare und nicht überschreitbare Definition ihrer Aufgaben. Und wenn es ist, wie behauptet wurde, dass hier die Staatsanwaltschaft in heftigem Ausmaß diese Einrichtung benützt, dann ist die Frage, ob sie nicht im Justizministerium besser aufgehoben wäre oder ob eine solche interne Angelegenheiten behandelnde Einrich­tung, eine Überprüfungsinstanz für die Arbeit der Exekutive nicht überhaupt beim Parlament, wo auch der Rechnungshof und die Volksanwaltschaft angesiedelt sind, am besten und am leichtesten kontrollierbar angesiedelt wäre.

Auch hier jetzt wieder, Herr Bundesminister, meine konkreten Fragen: Welche Weisun­gen sind von Ressortchefs oder deren Kabinetten seit Gründung des BIA an dieses ergangen? Haben Sie persönlich die Rechtmäßigkeit dieser Weisungen kontrolliert? Und sind alle Weisungen eindeutig der österreichischen Rechtsordnung entsprechend getroffen worden? Wen haben Sie mit diesen Kontrollen auf die Rechtmäßigkeit beauf­tragt? Hat das BIA auch Aktivitäten gegenüber Personen gesetzt, die nicht öffentlich Bedienstete sind, und wenn ja, welche?

Ist es richtig, dass zwei Angehörige des BIA im Pensionistenheim, in welchem die Schwiegermutter des ehemaligen Bundeskanzlers Dr. Vranitzky lebte, Nachforschun­gen angestellt haben? Ist es richtig, dass dabei die Pflegesituation der Schwieger­mutter Vranitzkys durch Befragung von medizinischem Personal evaluiert wurde? Haben Sie diesen Sachverhalt untersucht? Wie lautete damals der konkrete Auftrag gegenüber den zwei BIA-Angehörigen?

Sind Sie der Überzeugung, dass das Büro für interne Angelegenheiten auch weiterhin in Ihrem Ministerium, im Innenministerium, angesiedelt sein soll? Wäre nicht die Unterstellung des BIA unter die Staatsanwaltschaft eine in demokratiepolitischer Hinsicht sauberere Lösung? Und könnten Sie sich allenfalls auch vorstellen, das BIA auszugliedern und als unabhängige Untersuchungsbehörde für den öffentlichen Dienst direkt dem Parlament zu unterstellen?


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Ich sage nochmals: Meine Damen und Herren, das ist kein Thema politischer Profilierung! Ich erinnere an mein Bild mit der schwarzen und der roten Katze! Mäuse müssen gefangen werden, in dem Fall Kriminelle.

Wir müssen die besten Voraussetzungen dafür schaffen. Dafür zahlen die Öster­reicherinnen und Österreicher ihre Steuern. Das erwarten sie von uns, und dafür, Herr Bundesminister, haben im konkreten Fall Sie zu sorgen!

Wir haben Ihnen – ich sage es noch einmal! – angekündigt, dass wir sehr konkrete Fragen stellen werden. Und meine Kollegen werden Ihnen weitere konkrete Fragen stellen, unaufgeregt, aber sehr, sehr ernsthaft. Hier ist ein parlamentarischer Prozess in Gang gekommen, der weitergehen muss.

Die heutige Sitzung, die Auseinandersetzung mit Ihnen im Bundesrat ist ein erster Schritt, weitere Schritte werden folgen. Wir müssen sicherstellen, dass die Öster­reicherinnen und Österreicher wissen, was die Exekutive leisten kann, wofür die einzelnen Abteilungen zuständig sind und dass es eine rücksichtslose Kontrolle dort gibt, wo Missstände vermutet werden.

Das kann nur die politische Ebene sicherstellen; das kann nur sichergestellt werden durch eine entsprechende parlamentarische Überprüfung. Wir laden Sie ein, unsere Fragen zu beantworten! Das ist eine Chance für Sie, Klarheit zu schaffen; versäumen Sie diese Chance nicht! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

13.19


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Platter das Wort. – Bitte.

 


13.19.51

Bundesminister für Inneres Günther Platter: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass heute die Präsenz der Tiroler so groß ist – und darf ganz besonders den Abt German vom Stift Wilten und den Herrn Landeshauptmann herzlich begrüßen – aufgrund der Tatsache, dass der neue Bundesratspräsident von Tirol kommt. Hier möchte ich sehr, sehr herzlich gratulieren!

Geschätzte Damen und Herren! Auch wenn jetzt zwar der Sicherheitsbe­richt 2005/2006 auf der Tagesordnung steht, werde ich aber selbstverständlich auch auf die aktuelle Diskussion eingehen, wenngleich wir um 16 Uhr eine Dringliche Anfrage haben, wo ich natürlich im Einzelnen die konkreten Fragen beantworten werde.

Ich möchte aber zu Beginn auch sagen, dass es sich hier um Vorwürfe, um Behaup­tungen handelt, die alle vor meiner Zeit waren. Aber ich bin trotzdem interessiert, Ihnen eine entsprechende Auskunft zu geben.

Aber zuerst zu den Sicherheitsberichten 2005 und 2006: Es sind Berichte, die die hervorragende Arbeit der Polizistinnen und Polizisten unterstreichen. Es sind Berichte, die Ergebnisse vieler tausender Stunden akribischer kriminalistischer Arbeit dokumen­tieren. Und das beweist auch, sehr geehrter Herr Abgeordneter, dass man sich in Österreich auf die Exekutive, auf das Innenministerium verlassen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen uns nur anzuschauen, wie die Exekutive dasteht, was öffentliche Ran­kings betrifft. Wir sind immer an der Spitze. Ich glaube, in der Politik können wir nur träumen von solchen Rankings, wie sie für die Polizistinnen und Polizisten gege­ben sind. Herzlichen Dank für diese Leistungen an all jene, die tagtäglich für unsere Sicherheit sorgen! (Beifall bei der ÖVP.)


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Es wurde hier fälschlicherweise angeführt, dass wir mit einem Anstieg der Kriminalität immer wieder zu tun haben beziehungsweise die Aufklärungsquote hinuntergegangen ist.

Ich darf Sie aufgrund von Daten und Fakten aufklären: Wenn ich mir den Sicher­heits­bericht 2005 anschaue, so sehe ich, dass wir an Kriminalität 6 Prozent weniger zu ver­zeichnen gehabt haben. Das bedeutet, dass es 456 524 Vergehen und 148 748 Ver­brechen gab. Im Bereich der Verbrechen sind die Kriminalitätsanfälle um 13,6 Prozent gesunken, bei den Vergehen um 3,2 Prozent. Das ist durchaus eine sehr stolze Bilanz, wie Sie zugeben werden!

Was die Aufklärungsquote betrifft, haben wir im Jahr 2005 andererseits gegenüber dem Jahre 2004 ein Plus von 1,5 Prozent und kein Minus zu verzeichnen, wie Sie das dargestellt haben. (Bundesrat Konecny: 2006 haben wir das wieder verloren!)

Mir ist es auch sehr wesentlich zu sagen, dass gerade bei den Straftaten gegen Leib und Leben die Aufklärungsquote 86,4 Prozent beträgt. Man muss sich das vorstellen: Verbrechen gegen Leib und Leben werden zu 86,4 Prozent aufgeklärt! Und deshalb ist das zweifellos eine sehr gute Bilanz. Bei den Sittlichkeitsdelikten haben wir eine Aufklärungsrate beziehungsweise einen -prozentsatz von 73,7 Prozent.

Sie haben die Wachkörperzusammenlegung erwähnt. Das hat mein Vorgänger ge­macht, und ich bin ihm dankbar dafür, denn die Wachkörperzusammenlegung war zweifellos ein Meilenstein in der Sicherheitspolitik, dass nicht eine Gendarmerie und eine Polizei gegeben ist, dass nicht verschiedene Maßnahmen gesetzt werden müs­sen, was Führungskräfte betrifft, sondern dass eine klare Struktur gegeben ist. Diese Sicherheitsberichte 2005 und 2006 beweisen auch, dass das absolut in die richtige Richtung geht.

Im Jahr 2005 wurde auch die internationale DNA-Datenbank eingeführt. Wissen Sie, wer damals federführend war? Das ist mit österreichischer Unterstützung gemacht worden, dass die internationale DNA-Datenbank entwickelt wurde, dass DNA-Profile ausgetauscht werden können. Und ich werde Ihnen dazu beim Sicherheitsbericht 2006 noch einige Zahlen geben.

Darüber hinaus kann ich erwähnen, dass wir im Jahr 2005 hervorragende kriminalis­tische Erfolge im Bereich der Kinderpornografie gehabt haben, wo 147 österreichische Tatverdächtige angezeigt wurden. Wir haben großartige Erfolge im Bereich der Suchtgiftkriminalität. Es konnte Kokain im Straßenverkehrswert von 100 Millionen € festgestellt und sichergestellt werden. Auch zum Bereich Menschenhandel und Schlep­perei ist im Bericht enthalten, welche großartigen Erfolge wir im Jahr 2005 gehabt haben.

Nun zum Sicherheitsbericht 2006: Dort hatten wir wiederum ein Minus, was die Krimi­nalitätsanfälle betrifft, und zwar vom Jahr 2004 auf das Jahr 2005 um 6 Prozent und vom Jahr 2005 auf das Jahr 2006 wiederum 2,6 Prozent. Das ist ebenso eine groß­artige Bilanz! Bei den Verbrechen gab es ein Minus von 9,2 Prozent. Es gab einen Rückgang bei den Einbruchsdiebstählen von 8,2 Prozent und bei Suchtgiftmissbrauch von 8,2 Prozent, bei Betrug von 9,1 Prozent, und so lässt sich diese Liste fortsetzen.

Wir haben aber auch negative Tendenzen – selbstverständlich! –; das muss man auch sagen und erkennen, damit man entsprechende Strategien entwickeln kann. Zum Beispiel gab es beim Raub ein Plus von 7,5 Prozent und bei den Diebstählen nach § 127 StGB ein Plus von 1,2 Prozent.

Aber trotzdem ist hier festzustellen, dass wir auch im Jahr 2006 einen deutlichen Rückgang gehabt haben, was die Kriminalitätsanfälle betrifft. Was stimmt, ist, dass wir gegenüber dem Jahr 2005 eine um 0,7 Prozent geringere Aufklärungsquote gehabt


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haben. Wenn wir das aber dem Jahr 2005 gegenüberstellen, dann sehen wir, dass es dort ein Plus von 1,5 Prozent gab. Deshalb müssen wir die Zahlen schon miteinander vergleichen, denn dann sehen wir, dass wir in Summe mehr in den Jahren 2005 und 2006 im Vergleich mit dem Jahr 2004 aufgeklärt haben.

Im Jahr 2006 hatten die Polizei und die Exekutive eine große Herausforderung zu meistern, und zwar die EU-Präsidentschaft. Wie Sie wissen, ist das großartig über die Bühne gegangen. Wir haben darüber hinaus auf die Prävention im besonderen Maße gesetzt. Bei den Eigentumsdelikten haben wir 300 Präventionsbeamte eingesetzt. 206 643 Personen wurden persönlich vom kriminalpolizeilichen Beratungsdienst und von diesen 300 Präventionsbeamten beraten.

Eine Herausforderung im Jahr 2006 war Schengen. Dazu werde ich dann auch noch einige Daten und Fakten sagen.

Ich darf Sie auch informieren, dass das Fremdenrechtspaket mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten war. Folge ist, dass wir um 40,6 Prozent weniger Asylanträge gehabt haben. Folge ist, dass wir im Jahr 2006 um 62 Prozent weniger Zuwanderung gehabt haben.

Das Jahr 2006 war auch geprägt davon, dass wir die DNA-Profile ausgetauscht haben. Sie kennen den Prümer Vertrag, den wir mit den EU-Mitgliedstaaten Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg und Niederlande abgeschlossen haben, und Sie wissen, dass wir zwischen Österreich und Spanien seit dem 1. November 2006 DNA-Daten austauschen – beziehungsweise ist Spanien noch dabei, die technischen Voraussetzungen zu erfüllen. Aber sehr erfolgreich läuft der DNA-Daten­austausch zwischen Österreich und Deutschland. Wir haben mit 1. Dezember 2006 damit begonnen, haben viele DNA-Profile ausgetauscht und konnten Hunderte von Einbrüchen klären. Zum Beispiel ist die Beteiligung an einem Doppelmord in Teneriffa nur aufgrund von DNA-Profilaustausch zwischen Österreich und Deutschland aufge­klärt worden.

Wissen Sie, dass hier Österreich innerhalb der Europäischen Union federführend war, was den Austausch von DNA-Profilen betrifft? Und deshalb gehen wir einen sehr konsequenten Weg im Bereich der Sicherheitspolitik, nicht nur in Österreich, sondern auch innerhalb der Europäischen Union.

Ich könnte Ihnen noch einige herausragende kriminalpolizeiliche Amtshandlungen vor­tragen, aber das würde zweifellos den Rahmen sprengen. Es ist ohnehin in den Sicherheitsberichten zu lesen.

Nun ein Blick zur Schengen-Erweiterung: Ich muss das hier und heute auch sagen, weil da immer wieder bestimmte Töne in die Öffentlichkeit hinausgetragen worden sind, die letztlich nicht stimmen. Wir sind hervorragend vorbereitet, was die Schengen-Erweiterung betrifft. Seit Jahren haben wir intensive Kontakte mit unseren inter­nationalen Partnern gehabt und sind exzellent aufgestellt. Ich habe mit allen EU-Mitgliedstaaten, insbesondere mit den neuen Schengen-Nachbarn Memoranden of understandings aufgebaut und abgeschlossen, damit wir sehr eng zusammenarbeiten.

Zum Zweiten: Das europäische Fahndungssystem wurde ausgeweitet, und wir haben großartige Erfolge, denn internationale Kriminalität kann man nur durch internationale Zusammenarbeit bekämpfen, organisierte Kriminalität ebenfalls. Und durch dieses System „SIS one for all“, dieses Schengen-Informationssystem, konnten in der letzten Zeit in unseren Nachbarstaaten über 50 Festnahmen aufgrund von österreichischen Haftbefehlen und Fahndungen durchgeführt werden – zweifellos ein Erfolgsmodell!

Wir haben darüber hinaus neben der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die zwischen den Polizeien zum Beispiel Österreichs, der Tschechischen Republik, der


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Slowakei, Sloweniens und Ungarns stattfindet und die exzellent läuft, wo beide Poli­zeien gemeinsam Streifendienst machen und in einer Dienststelle gemeinsam Dienst machen, einen zusätzlichen „Sicherheitsgurt“ in Österreich aufgebaut, einen „Sicher­heits­gurt“ im grenznahen Raum, indem anstelle von Grenzkontrollen Grenz­raum­kon­trollen durchgeführt werden, und ich kann Ihnen jetzt die Bilanz zeigen. Während viele immer wieder behauptet haben, die Kriminalität sei gestiegen: Nein, die Kriminalität ist nicht gestiegen, sondern die Kriminalität ist gesunken!

Wir möchten hier nur keine Bilanz ziehen, weil mir der Betrachtungszeitraum zu kurz ist – denn man muss eine Situation länger beobachten, damit man dann letztlich eine klare Bilanz ziehen kann –, aber schauen Sie sich die Bilanz Jänner 2007 und Jänner 2008 an: Wir hatten im Jänner 2008 um 11,8 Prozent weniger Kriminalitätsfälle als im Jänner 2007. Daran sieht man schon, dass wir gerade bei der Schengen-Erweiterung einen exzellenten Weg gehen, dass wir hervorragend vorbereitet waren, dass es in die richtige Richtung geht.

Darüber hinaus konnten wir im Bereich der Aufklärungsquote im Vergleich Jänner 2007 zu Jänner 2008 ein Plus von 0,3 Prozent verzeichnen. Daher kann man mit Fug und Recht behaupten: Es geht in die richtige Richtung, wir waren gut vorbereitet! – Aber wir müssen diese Herausforderung tagtäglich annehmen, und deshalb haben wir unsere ausgezeichneten Polizistinnen und Polizisten, auf die wir uns verlassen können.

Meine Damen und Herren, nun zu der aktuellen Diskussion. – Herr Bundesrat Konecny, ich habe kein Interesse, Geschichtl’n zu erzählen. Das sind unglaubliche Dinge, die Sie hier sagen! Ein Innenminister hat alle Situationen ernst zu nehmen. Ich sage Ihnen eines: Das ist keine einfache Angelegenheit, es geht alles in die Ver­gangenheit zurück, und ich garantiere Ihnen lückenlose Aufklärung! Ich garantiere Ihnen, dass alles unternommen wird, wenn es Verfehlungen gegeben hat, dass auch die entsprechenden Maßnahmen durchgeführt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen aber auch sagen: Wenn hier das gesamte System madig gemacht wird und wenn man weiß, wie die Sicherheitsberichte ausschauen, so schmerzt das zweifel­los auch innerhalb der gesamten Exekutive, wenn diese Arbeit auf teilweise schmut­zige Art und Weise in der Öffentlichkeit denunziert wird. Und ich sage Ihnen darüber hinaus: Ich finde es einfach nicht in Ordnung – das hat jetzt nichts mit politischen Parteien zu tun, ich bin sehr vorsichtig, aber ich finde es nicht in Ordnung, wenn Gerüchte in die Welt gesetzt werden im Wissen, was man damit anrichten kann. Und man weiß, was passieren kann, dass hier das Ansehen von Menschen be­schmutzt wird, die tagtäglich ihr Leben für unsere Sicherheit aufs Spiel setzen. Und ich werde mich an solchen Dingen nicht beteiligen, ich werde unsere Polizistinnen und Polizisten und unsere hervorragenden Experten immer verteidigen, auch wenn einmal ein rauerer Wind weht. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, das, womit wir jetzt konfrontiert sind, sind Vorwürfe, Gerüchte und Behauptungen. Und wichtig ist – und das muss in unserem Rechtsstaat so gelten, ganz gleich, wen es betrifft –: Es gilt die Unschuldsvermutung. – Und jetzt ist der Zeitpunkt, dass jene, die Vorwürfe erheben, Behauptungen machen und letztlich auch Anschuldigungen tätigen, die Karten auf den Tisch legen. Die Beweise müssen geliefert werden, damit eben diese lückenlose Aufklärung erfolgen kann. Ich sage Ihnen: Ganz gleich, gegen wen – wenn sie gerechtfertigt sind, sind auch ent­sprechen­de Maßnahmen durchzuführen.

Ich möchte nun auf diesen Kriminalfall, was Priklopil betrifft, zu sprechen kommen. Es ist so, dass hier etwas passiert ist, das aus meiner Sicht unglaublich war: dass ein junges Mädchen achteinhalb Jahre lang in Gefangenschaft war, und man weiß nicht, was sich alles abgespielt hat. Ich sage Ihnen: Ich bedauere sehr die Situation, wie jetzt


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auch die Diskussion stattfindet. Man kann sich vorstellen, wie es dieser jungen Frau nun geht, wo über bestimmte Situationen diskutiert wird, dass es unter Umständen Bewertungsfehler gegeben hat. Das ist keine einfache Situation. Deshalb sind wir alle angehalten, die parteipolitische Taktik hintanzuhalten und stattdessen alle gemeinsam daran zu arbeiten, dass wir eine lückenlose Aufklärung durchführen, aber keine Vorverurteilung machen gegenüber Menschen, die tagtäglich im Bereich der Sicherheit tätig waren.

Aus diesem Grund habe ich eine Evaluierungskommission installiert, und ich bin sehr dankbar dafür, dass wir hochrangige, anerkannte Experten für diese Kommission gewinnen konnten: als Vorsitzenden den ehemaligen Präsidenten des Verfassungsge­richts­hofes Universitätsprofessor Dr. Ludwig Adamovich, eine Autorität in unserer Republik Österreich, weiters den ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Johann Rzeszut, ebenfalls eine großartige Persönlichkeit, die ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung genießt, Dr. Susanne Reindl-Krauskopf vom Institut für Strafrecht und Kriminologie, eine großartige Persönlichkeit, Sektionschef Dr. Mathias Vogl, der weit über die Grenzen unseres Ressorts hinaus hohe Anerkennung hat, Dr. Rudolf Keplinger, der ein anerkannter Kriminalist und Leiter der Kriminalabteilung in Ober­österreich ist, und darüber hinaus den sehr bekannten, weltweit bekannten Kriminal­psychologen Dr. Thomas Müller. Und, Herr Abgeordneter, es ist wichtig, dass einer­seits Experten von außen zur Verfügung stehen, dass aber auch im Bereich der Kriminologie, im Bereich jener, die in der Psychologie große Erfahrung haben, Exper­ten zur Verfügung stehen, damit wir eine fundierte Kommission zur Verfügung haben.

Ich habe bereits am letzten Sonntag am Abend die Kommissionsmitglieder zu mir ins Innenministerium eingeladen. Wir haben alle Dinge vorbesprochen, und ich habe dort der Kommission gesagt, mir ist es wichtig, dass sie selbst den Vorsitzenden wählt. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Kommission das so gemacht hat, damit schluss­endlich Adamovich diese Kommission leiten wird, und dass er sich dafür zur Verfügung gestellt hat, denn eine angenehme Angelegenheit ist es beileibe nicht.

Zum Zweiten habe ich schriftlich festgelegt, dass es eine uneingeschränkte Zugriffs­mög­lichkeit auf sämtliche Einrichtungen und Ressourcen des Bundesministeriums für Inneres gibt. Ich habe darüber hinaus schriftlich angewiesen, dass diese Kommission unabhängig und weisungsfrei sein wird im gesamten Bereich des Falles Kampusch, wo hier dann die Erhebungen, Ermittlungen und Durchsuchungen gemacht werden.

Darüber hinaus ist klargestellt geworden, dass, wenn Erkenntnisse im Bereich von dienst- und strafrechtlicher Relevanz bekannt werden, dann sofort die zuständigen Stellen von der Kommission informiert werden, also die Staatsanwaltschaft oder die Dienstbehörde.

Wir haben gemeinsam festgelegt, dass der Bericht bis in spätestens vier Monaten erfolgen soll. Aber gleichzeitig ist uns die Sensibilität dieser öffentlichen Diskussion und dieser Angelegenheit sehr wohl bekannt, und deshalb wird die Kommission, die von mir natürlich nicht beeinflusst wird – ich werde hier keine Gespräche führen –, sich bemühen, Zwischenberichte zu machen, wo entsprechende Prioritäten gesetzt werden, damit wir auch darüber letztlich diskutieren können. – Aber notwendig ist schon, dass die Kommission jetzt unbeeinflusst von der Politik ihre Arbeit tätigen kann. Nur so ist es möglich, dass diese Unabhängigkeit und Objektivität gegeben ist.

Ich vertraue in diese Adamovich-Kommission, weil großartige Persönlichkeiten zur Verfügung stehen, und ich bin der Meinung: Lassen wir sie in Ruhe arbeiten!

Ich möchte nun zu der Entführung von Natascha Kampusch noch einige Punkte sagen. Wie bereits erwähnt, es ist unglaublich, was sich hier zugetragen hat! Ich kann mich innerhalb Europas eigentlich gar nicht an einen Fall erinnern, in dem ein junges


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Mädchen so lange der Freiheit beraubt wurde, wie das bei Natascha Kampusch der Fall war, und möchte aus meiner Sicht einige Punkte sagen:

Die gesamte Situation war vor zehn Jahren, als die Entführung stattgefunden hat, und ich zähle nicht zu jenen, die jetzt Karl Schlögl, der damals Innenminister war, die Schuld geben. Karl Schlögl war aus meiner Sicht ein guter Innenminister, und ich werde ihn immer unterstützen und hatte ihn auch damals unterstützt – ich war Exe­kutivsprecher und habe sehr eng mit Karl Schlögl zusammengearbeitet. Deshalb ist es falsch, hier einfach einen Minister, ob das Herr Schlögl war, ob das Herr Strasser war, ob das Liese Prokop war – mit mir hatte es nichts zu tun –, schuldig zu machen. (Bundesrat Konecny: Von dem redet ja keiner!)

Ganz klar und eindeutig ist, dass es völlig das Falsche ist, dass wir nun womöglich Ermittler zu Tätern machen. Das kann es nicht sein. Täter war Priklopil! – Das müssen wir uns immer wieder vor Augen halten, denn eine Diskussion geht manchmal in eine ganz andere Richtung.

Zu diesem Zeitpunkt war die Sicherheitsdirektion besetzt durch den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Sika, und es ist in der Bundespolizeidirektion Wien eine Ermittlungsgruppe unter der Leitung von Max Edelbacher eingesetzt worden. Das war im Jahre 1998.

Ich darf Sie informieren, dass Herr Haidinger bereits ab 1. Oktober 2000 Leiter der Kriminalpolizei war und dass Herr Haidinger ab dem Jahre 2002 Chef des neuen Bundeskriminalamtes war. So hatte Herr Haidinger ab dem Jahre 2000 federführende Verantwortung, was diesen Fall Kampusch betrifft. Man muss sich schon die Frage stellen, warum plötzlich dann im Jahre 2007/2008 solche Anschuldigungen gemacht worden sind. Wenn es sich um ein Offizialdelikt handelt, muss man das sofort sagen. Deshalb wundert es mich, dass dieser zeitliche Abstand gegeben war. Wenn man ab 1. Oktober 2000 federführend verantwortlich ist für diesen Fall, ab dem Jahre 2002 als Direktor des Bundeskriminalamtes federführend verantwortlich ist – und dann im Jahre 2008 hier dementsprechende Vorwürfe erhebt, dann kann sich jeder ein Bild darüber machen. Er war der oberste Kriminalist, und es ist leicht, hier die Verantwortung jemand anderem zuzuschieben.

Was die Situation hinsichtlich angeblicher Ermittlungs- oder Bewertungsfehler im Jahre  1998, also vor zehn Jahren, betrifft, so kann ich das jetzt nicht zu 100 Prozent nach­vollziehen, denn dazu ist jetzt die Kommission aufgerufen, die hier die gesamten Überprüfungen durchführt. Aber schauen Sie: Ich war selbst einmal Kriminalist, ich weiß, wie schwierig diese Aufgabe ist, und ich weiß auch, wie leicht es ist, letztlich einen Kriminalroman von hinten zu lesen. Da weiß man sofort, wie es vorher gewesen war. Aber wenn man mit Ermittlungen beginnt, schaut die Situation völlig anders aus. Und wenn ich die Situation im Jahre 1998 betrachte, so gab es damals Tausende Hinweise, und 700 Hinweisen ist man konkret nachgegangen. Es hat Überprüfungen gegeben, auch beim Täter – wie sich später herausgestellt hat – Priklopil; dieser wurde befragt, und es wurden keine weiteren Maßnahmen mehr durchgeführt, weil man geglaubt hat, es ist nichts dahinter.

Jetzt geht es darum, dass man das zu bewerten hat: Was ist passiert? Hätte man eine Nachschau, eine Hausdurchsuchung machen müssen in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft? – Wobei interessanterweise auch der zuständige Staatsanwalt in den „Salzburger Nachrichten“ gesagt hat, aus seiner Sicht sind keine Fehler passiert, denn jetzt ist es leichter, die Situation zu beurteilen, als im Jahre 1998. – Deshalb muss man das natürlich ganz genau anschauen: Was ist falsch gelaufen? Gibt es Bewertungsfehler?


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Aber wir dürfen eines nicht tun, nämlich Ermittler zu Tätern machen, denn damit stellen wir das gesamte System in Frage. Dann sind die Ermittler dermaßen verunsichert, dass sie sich fragen: Was können wir eigentlich noch tun? – Deshalb bitte ich auch um Verständnis: Lückenlose Aufklärung – aber andererseits auch darauf schauen, dass mit allen Dingen sensibel vorgegangen wird. Denn rückblickend dann zu sagen, es hätte alles besser und anders sein können, das ist natürlich wesentlich leichter.

Trotzdem: Wenn es nur irgendwo möglich gewesen wäre, wäre es natürlich für Natascha Kampusch eine Situation gewesen, wo sie viel weniger Jahre ihrer Freiheit beraubt worden wäre. Deshalb ist dies ein Kriminalfall von einer Dimension, wie sie in Österreich einzigartig ist und, so glaube ich, auch innerhalb der Europäischen Union.

Ich darf Ihnen darüber hinaus auch sagen: Wenn wir nun von Evaluierung reden – das ist der nächste Punkt, auf den ich zu sprechen komme –, so hätte auch eine frühere Evaluierung – ich werde erklären, warum das so gemacht wurde – Natascha Kampusch nicht einen Tag Freiheit mehr gegeben. Das muss man auch sagen. Es hat hier niemand etwas getan, insbesondere was die Evaluierung betrifft, das verhindert hat, dass Natascha Kampusch früher freigekommen wäre.

Ich habe vorhin von der Situation hinsichtlich der Kommission gesprochen. Hier im Bundesrat wurde eine parlamentarische Anfrage, eben im Zusammenhang mit der Befangenheit, eingebracht, und ich möchte diese Gelegenheit nützen, damit der Bundesrat sofort Information hat, damit Sie rasch aktuell informiert werden, dass ich heute gemäß § 59 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Bundesrates diese Anfrage hier beantworte.

Was die Evaluierungskommission betrifft, habe ich bereits erwähnt, dass ich sehr erfreut bin, dass wir diese hochkarätigen, anerkannten Experten zur Verfügung haben. Es ist so: Der Begriff Befangenheit – ich beantworte nun Ihre Frage – ist im § 47 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 geregelt. Dort ist auch geregelt, dass sich ein Beamter einer Tätigkeit zu enthalten hat, wenn Befangenheit vorliegt. Wenn sich an­hand eines konkreten Falles Handlungsbedarf ergibt, dann hat der Dienstvor­ge­setzte die Befangenheit des Beamten auch wahrzunehmen und etwa eine Vertretung zu veranlassen. Sollte beim Vorliegen einer tatsächlichen Befangenheit weder der betrof­fene Beamte noch der Dienstvorgesetzte diese wahrnehmen, dann sind einerseits disziplinarrechtliche Schritte zu setzen, andererseits werden unabhängig davon Maßnahmen gesetzt, um eine unbefangene Ausübung der anstehenden Aufgabe sicherzustellen.

Dr. Keplinger, um den es geht, ist ein sehr anerkannter, hoch qualifizierter und unum­strittener Polizeijurist. Jene Vorwürfe, die gegen den Landespolizeikom­mandan­ten Pilsl erhoben wurden, haben weder mit dem Fall Kampusch noch mit Dr. Keplinger zu tun. Eine Tätigkeit, die sich auf den Vorgesetzten bezieht, begründet nicht auto­matisch die Befangenheit. Die Wahrnehmung der Befangenheit obliegt dem betrof­fenen Beamten.

Ich möchte hier den Fall erklären. Wir müssen ganz genau unterscheiden: einerseits den Fall Kampusch, wo die Evaluierungskommission tätig ist – und hier ist auch Dr. Keplinger ein Mitglied dieser Evaluierungskommission –, und die anderen Vor­würfe.

Was Landespolizeikommandant Pilsl betrifft, so geht es nicht um den Fall Kampusch, sondern hier geht es um andere Vorwürfe. Deshalb steht die gesamte Angelegenheit nicht im Zusammenhang. Deshalb ist natürlich die Unabhängigkeit gegeben, also nicht die Befangenheit gegeben, was Dr. Keplinger betrifft.

Nun zur Frage der Evaluierung. – Wie Sie wissen, war das jene Zeit, als ich noch nicht Innenminister war, und leider kann auch Liese Prokop diese Fragen nicht beantworten,


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aber ich sage Ihnen eines: Ich kannte Liese Prokop sehr gut und ich bin mir sicher, dass Liese Prokop eine Politik gemacht hat, wo sie in jeder Phase korrekt, ehrlich, redlich und gesetzeskonform gehandelt hat. All jene, die Liese Prokop gekannt haben, wissen das, und das wird derzeit auch von vielen auch außerhalb der ÖVP bestätigt.

Ich möchte prinzipiell zu Evaluierungen etwas sagen, weil ich mich auch auskenne: Bei allen größeren Kriminalfällen wird automatisch eine Evaluierung durchgeführt. Diese Evaluierungen werden gemacht, wenn der Aktendeckel von der Soko geschlossen ist, damit man dann letztlich Rückschlüsse ziehen kann – wie Sie, Herr Abgeordneter gesagt haben –, was in Zukunft vielleicht besser gemacht werden könnte, wie wir noch effizienter arbeiten können. Denn es ist wichtig, dass man sich immer wieder neu aufstellt und Erfahrungswerte hineinholt, damit eine effiziente Verbrechensbekämpfung und -aufklärung durchgeführt werden kann.

Jetzt von „Vertuschung“ zu reden, weil die Evaluierung nicht sofort eingeleitet wurde – ich meine, das geht wirklich an der Sache vorbei. Ich habe gesagt, Evaluierungen erst dann, wenn der Aktendeckel geschlossen ist – und der ist jetzt noch nicht geschlossen, denn es sind auch im Jahre 2007 immer wieder auch über die Medien Vorwürfe gekommen, Ratschläge gekommen, wo nicht auszuschließen war, dass unter Um­ständen die Staatsanwaltschaft Nacherhebungen beauftragt. Erst dann wird letztlich eine Evaluierung durchgeführt.

Was den Wahlkampf betrifft: Welchen Sinn hätte es gehabt, dass ausgerechnet Liese Prokop diese Maßnahme ergriffen hätte, wegen des Wahlkampfes keine Evaluierung durchzuführen? Das muss erst einer erklären. (Bundesrat Konecny: Erklären Sie das Ihrem Generalsekretär! Erklären Sie das Ihrem Generalsekretär Missethon – der hat es gesagt!) Es wird dann noch eine Anfragebeantwortung um 16 Uhr stattfinden, Sie werden von mir jede Information bekommen, die Sie benötigen. (Bundesrat Konecny: ... Herrn Missethon!)

Herr Bundesrat, ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört, bitte hören Sie mir auch zu! Noch einmal: Sie werden alle Informationen erhalten, aber ich kann Ihnen nur aus meiner Sicht sagen, wie ich die Vergangenheit bewerte.

Letztlich werden Evaluierungen nur dann durchgeführt, wenn der Aktendeckel ge­schlossen ist. Das war noch nicht der Fall. Aber aufgrund der Aktualität habe ich diese Evaluierungskommission jetzt einberufen und damit ermöglicht, dass alles gemacht werden kann, um eine lückenlose Aufklärung herbeizuführen. Aber bitte keine Vorver­urteilung! Ich bitte sehr, dass man hier ganz vorsichtig vorgeht.

Nun, meine Damen und Herren, zu den sonstigen Vorwürfen, Behauptungen und Gerüchten, die in letzter Zeit getätigt wurden, auch im Zusammenhang mit dem Krimi­nalfall BAWAG. Hier liegt der gesamte Sachverhalt bei der Staatsanwaltschaft. Das Büro für Interne Angelegenheiten wurde vorhin hier strapaziert, und ich kann Ihnen dazu sagen: Das Büro für Interne Angelegenheiten arbeitet im Auftrag der Staatsan­walt­schaft, und da ist überhaupt nichts unter den Teppich gekehrt worden. Im Gegenteil: Hier wurde äußerst sensibel in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft vorgegangen.

Ich darf Ihnen jetzt konkret die Punkte darlegen, mit denen ich begründe, dass im Büro für Interne Angelegenheiten effizient, rasch und schnell gearbeitet wurde. Das BIA, das Büro für Interne Angelegenheiten, wurde am 12. Juli 2007 mit einem e-Mail von Herrn Haidinger konfrontiert, wo einige Vorwürfe betreffend BAWAG-Kriminalfall zitiert werden. Einen Tag später, am 13. Juli 2007, hat das Büro für Interne Angelegenheiten sofort eine Kontaktaufnahme mit der Staatsanwaltschaft durchgeführt. Am 16. Juli 2007, vier Tage danach, hat es ein persönliches Gespräch zwischen dem Büro für Interne Angelegenheiten und der Staatsanwaltschaft gegeben. Die Staatsanwaltschaft


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hat an das Büro für Interne Angelegenheiten Aufträge erteilt, und Herr Haidinger wurde auch einvernommen.

Also keine Rede davon, dass hier etwas vertuscht oder in die Länge gezogen würde: Am 12. Juli bekannt geworden, 13. Juli Kontakt mit der Staatsanwaltschaft, 16. Juli persönliches Gespräch, Erhebungen. Daran sieht man, wie im Büro für Interne Ange­legenheiten gearbeitet wird.

Zum Zweiten. Die nächsten Vorwürfe kamen aufgrund eines APA-Interviews des Herrn Haidinger am 1. Februar 2008. Am selben Tag hat das Büro für Interne Angelegen­heiten wieder direkt mit der Staatsanwaltschaft Kontakt aufgenommen. Am 4. Februar hat es wieder ein persönliches Gespräch zwischen dem Büro für Interne Angelegen­heiten und der Staatsanwaltschaft gegeben, und da wurde definiert, welche Maßnah­men vom Büro für Interne Angelegenheiten im Auftrag der Staatsanwaltschaft zu setzen sind.

Wie Sie wissen, wurden im Innenausschuss am 5. Februar noch einige Anschuldigun­gen von Herrn Haidinger getätigt.

Ich kann Ihnen daher sagen, ich bin der Überzeugung und ich weiß es, dass gerade auch in diesen Bereichen, wo es Vorwürfe gibt, sehr sensibel vom Büro für Interne Ange­legenheiten vorgegangen wurde, damit man sich ja nicht dem Vorwurf aussetzt, dass bestimmte Dinge nicht sofort behandelt werden. Es ist sehr korrekt, sehr genau vom BIA im Auftrag der Staatsanwaltschaft vorgegangen worden.

Ich habe Vertrauen in die unabhängige Justiz, dass all diese Vorwürfe, Behauptungen und Gerüchte entsprechend behandelt werden, damit wir Klarheit haben. Das ist nicht Aufgabe des Innenministers. Das liegt jetzt bei der Staatsanwaltschaft, und letztlich werden dann die unabhängigen Gerichte zu entscheiden haben, ob es korrekt oder unkorrekt gelaufen ist.

Ich möchte zur Person Haidinger etwas sagen. Der Vertrag wurde nicht verlängert, das stimmt. Das Beamten-Dienstrecht sieht vor, dass Spitzenbeamte mit Fünf-Jahres-Verträgen bestellt werden, und ich habe diesen Vertrag auslaufen lassen. Es ging dabei nicht um die Vergangenheit, das hat mich nicht interessiert, aber ich war als Innenminister, der ich im Jänner 2007 geworden bin, mit der Amtsführung nicht einver­standen. Ich hatte mit Herrn Haidinger viele Strategiegespräche in den verschiedenen Bundesländern geführt und war mit der Vorbereitung und mit der Art und Weise nicht einverstanden. Das hat nicht meinen Vorstellungen entsprochen. Und ich habe viele Hinweise von Kriminalisten bekommen, die mich darauf aufmerksam machten, dass es hier einer personellen Veränderung bedarf.

Ich habe Herrn Haidinger dann zeitgerecht in einem persönlichen Gespräch darauf hin­gewiesen, dass sein Vertrag nicht verlängert wird. Herr Dr. Haidinger hat dann von seinem Recht Gebrauch gemacht, die Wiederbestellungskommission anzurufen. – Ich darf Sie informieren, die Wiederbestellungskommission besteht aus zwei Dienstgeber­vertretern, zwei Personalvertretern und der Gleichbehandlungsbeauftragten. Das hat also nichts mit einem Parteibuch zu tun, sondern das sind unabhängige Leute, und wie Sie wissen, sind da verschiedene Parteien, wenn man eine Zuordnung machen will, vertreten. – Diese Kommission hat ein Gutachten erstellt, das am 22. Juni vorgelegen ist und in dem einstimmig empfohlen wird, den Vertrag von Herrn Dr. Haidinger nicht zu verlängern.

Es hat daraufhin eine ordnungsgemäße Neuausschreibung gegeben, und bei der Neu­ausschreibung haben sich viele beworben, auch Dr. Haidinger. Die unabhängige Bewertungskommission hat festgestellt, dass als Einziger General Lang im höchsten


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Ausmaß für diese Stelle geeignet ist, und hat mir einstimmig empfohlen, Herrn Ge­neral Lang, der künftig Direktor des Bundeskriminalamtes ist, zu bestellen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, dass hier ebenfalls sehr seriös vorgegangen wurde, aber letztlich steht es schon einem Ressortchef zu, zu entscheiden, ob ein Vertrag verlängert wird oder nicht, aber man überlegt sich das gut. Es braucht gute Gründe dafür, einen Vertrag nicht zu verlängern, und ich habe mir das sehr gut überlegt, aber aufgrund der Situation, die ich Ihnen soeben erklärt habe, dürfte es schlüssig sein, weshalb diese Entscheidung so gefallen ist.

Nun zum Büro für Interne Angelegenheiten, das jetzt so kritisiert wird. Das Büro für Interne Angelegenheiten wurde im Jänner 2001 eingerichtet. Die Begründung damals war, dass Missstände oder persönliche Verfehlungen, welcher Art auch immer, im Innenministerium nicht geduldet werden. Genau deshalb wurde im Innenministerium das Büro für Interne Angelegenheiten eingerichtet. Das BIA geht allen Vorwürfen nach, untersucht, zeigt Dinge auf und schafft Klarheit. Das BIA hat aber auch die Aufgabe – und das ist auch wichtig, was die Polizistinnen und Polizisten betrifft –, unberechtigte Vorwürfe und Anschuldigungen aufzuklären, neben der Aufgabe, Missstände und Fehlverhalten aufzuzeigen.

Darüber hinaus ist das Büro für Interne Angelegenheiten auch im Auftrag der Staats­anwaltschaft tätig. Es ist mir schon ganz wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Büro für Interne Angelegenheiten weisungsfrei gestellt ist. Um ein Beispiel zu nennen: die ganz schwierige Situation in der Polizei Wien, wo die Ermittlungen durch das BIA durchgeführt wurden, was sehr notwendig war. Dabei hat man feststellen können, dass keine Rücksicht genommen wird, um welche Person es sich handelt, dass ganz hart Ermittlungen durchgeführt werden. Und wenn es Verfehlungen gibt, muss angezeigt werden. Das wurde vom BIA bisher in einer ganz korrekten Art und Weise gemacht.

Ich bin froh darüber, dass bei der Polizei Wien – das wird mit der ÖVP doch nichts zu tun haben – alles wieder in Ordnung ist. Wir haben Neubestellungen getätigt, im Übri­gen in einer ausgezeichneten Zusammenarbeit mit Bürgermeister Michael Häupl, die Besetzungen so gemacht, dass wir im Bereich der Polizei Wien neu aufgestellt sind.

Ich darf Ihnen sagen: Das BIA ist unverzichtbar für mich, das BIA ist unverzichtbar für die Tätigkeiten, die es durchführt, und es ist auch weisungsfrei. Ich bin froh darüber, Herr Bundesrat Kalina, dass wir diese Einrichtung haben, dass Missstände aufgeklärt wurden und werden. Ich bin froh darüber, dass wir eine professionelle Truppe zur Verfügung haben, die diese Aufgaben macht.

Ich sage Ihnen noch etwas: Das BIA hat international, innerhalb der Europäischen Union einen ausgezeichneten Ruf. Ich werde mit Franco Frattini, den ich hoffentlich noch heute in der Nacht und morgen treffen werde, bestimmte Situationen besprechen, insbesondere auch mit dem derzeitigen Ratspräsidenten, dem Außenminister von Slowenien, und dem Innenminister von Luxemburg. Ich habe sie eingeladen, heute und morgen entsprechende Gespräche mit uns zu führen: Wohin orientieren wir uns im Bereich der Europäischen Union? Hier wird Österreich europaweit als Vorbild dar­gestellt.

Meine Damen und Herren, was glauben Sie denn, warum Interpol Österreich den Zuschlag gegeben hat, dass die internationale Anti-Korruptionsakademie in Laxenburg, also in Österreich, errichtet wird? Seien wir doch stolz darauf, dass wir hier eine gute Einrichtung und Organisation haben, die international eine hohe Anerkennung hat, dass alle Mitglieder, die bei Interpol dabei sind – ich glaube, es sind an die 70 –, einstimmig beschlossen haben, dass diese Anti-Korruptionsakademie in Laxenburg in Niederösterreich errichtet wird! (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Nun zu den Vorfällen rund um Alt-Bundeskanzler Vranitzky. Kabarettisten werden sich damit beschäftigen, haben Sie gesagt. Mir ist dabei nicht zum Lachen. Das gehört dorthin, wo man eine andere Art und Weise von Humor ver­breitet. Aber ich darf Ihnen hier eines sagen, damit es ganz klar und eindeutig ist: Die Staatsanwaltschaft hat das Büro für Interne Angelegenheiten beauftragt, Herrn Vranitzky zu fragen betreffend Beraterverträge mit der BAWAG.

Herr Bundesrat, wenn Sie nun heute hier sagen, das BIA hätte das ablehnen sollen, und wenn Sie solche Aussagen hier tätigen, dann frage ich Sie: Was hätten Sie gesagt, wenn das BIA zur Staatsanwaltschaft gesagt hätte, nein, wir machen diese Ermittlungstätigkeit nicht? – Es ist wirklich absurd, solche Dinge in den Raum zu stellen. Selbstverständlich hat das Büro für Interne Angelegenheiten im Rahmen der Staatsanwaltschaft tätig zu werden – und es war ein Auftrag an das BIA, dass hier ermittelt wird. (Präsident Kritzinger übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wissen Sie, was das Zweite war? Die Staatsanwaltschaft war sehr interessiert daran, im Interesse von Dr. Franz Vranitzky, dass hier kein besonderer Staub aufgewirbelt wird. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) – Also ich muss Ihnen sagen, wenn Sie darüber lachen, ich kann hier keine Worte mehr finden.

Ich sage Ihnen: Das Ganze ist doch absurd! Das ist ja eine Konstruktion, die Sie hier erfunden haben – und nichts anderes. Wenn die Staatsanwaltschaft das Büro für Interne Angelegenheiten beauftragt, dass man Herrn Vranitzky zu den Berater­verträ­gen mit der BAWAG befragt, und darauf hinweist, dass das dringend zu tun ist, so hat das BIA diese Ermittlungen durchzuführen. (Bundesrat Reisinger: Im Altersheim bei der Schwiegermutter?)

Darüber hinaus war es so, dass zwei Beamte des BIA Vranitzky gesucht haben, und sie bekamen den Hinweis, dass sie von der Schwiegermutter die Information erhalten werden, wo Herr Vranitzky erreichbar ist, beziehungsweise die Telefonnummer, und diese haben sie erhalten.

Jetzt aber zu sagen, dass hier eine Verbindung mit illegaler Pflege gegeben war, bitte schön, noch einmal: Würden Sie in einem Altersheim Nachschau halten, ob hier eine illegale Pflege durchgeführt wird? Das sagt einem ja schon der Hausverstand, dass das zweifellos nicht der Fall sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, zum Schluss: Ich wollte Ihnen jetzt schon, bevor diese Dringliche Anfrage aufgerufen wird, pauschal Informationen geben zu dieser Situation, die unter Umständen eingetreten ist, zu diesen Vorwürfen, Behauptungen und Gerüch­ten, die sich auf die Zeit vor meiner Ministerschaft beziehen. Ich bin an einer lücken­losen Aufklärung interessiert, aber ich fordere alle auf, dass Vorverurteilungen in unserer Republik Österreich nicht stattfinden – im Interesse der Beamten, die eine großartige Arbeit leisten. (Beifall bei der ÖVP.)

14.04


Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Bundesministerin Berger. – Bitte.

 


14.04.30

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst auch zum zweiten Teil des Sicherheitsberichts für die Jahre 2005 und 2006 kommen, der die Berichterstattung des Bundesministeriums für Justiz darstellt, und ich denke – und es ist auch gut so, dass sich das so darstellt –, dass sich unsere Zahlen zu den Verurteilungen positiv darstellen.

Ich darf nur einige Zahlen hier hervorheben. Tatsache ist, dass die gerichtlichen Verur­teilungen bei allen Deliktsgruppen vom Jahr 2005 auf das Jahr 2006 insgesamt um


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 82

5 Prozent zurückgegangen sind. Leider gestiegen sind die Zahlen bei gewaltbestimm­ten Sexualdelikten, auch wenn insgesamt die Verurteilungen wegen Delikten gegen die sexuelle Integrität zurückgegangen sind. Bei den Suchtgiftdelikten haben wir insgesamt einen Rückgang von 5,4 Prozent zu verzeichnen.

Jetzt zu einer Gruppe, die in letzter Zeit sehr häufig in Debatte war, zu den Jugend­lichen. Bei den Jugendlichen sehen wir bei den Verurteilungen einen Rückgang von minus 2,2 Prozent, innerhalb dieses Gesamtrückgangs allerdings einen Anstieg bei den Delikten gegen Leib und Leben und einen leichten bei Delikten gegen fremdes Vermögen, allerdings einen relativ deutlichen Rückgang bei den Suchtmitteldelikten.

Bei den jungen Erwachsenen haben wir einen Rückgang der Verurteilungen um 6,8 Prozent. Hier besonders deutlich auch wieder der Rückgang bei den Suchtmittel­delikten.

Zur Gruppe der ausländischen Staatsangehörigen ist zu sagen, dass hier der Rück­gang bei den Verurteilungen 8,4 Prozent beträgt, bei den ausländischen Jugendlichen 23,6 Prozent und bei den ausländischen jungen Erwachsenen minus 17 Prozent. – So weit einige doch, glaube ich, sehr markante Zahlen zum Sicherheitsbericht 2005 und 2006.

Ich darf aber natürlich auch die Gelegenheit hier auch dazu nutzen, zu aktuellen Fällen Stellung zu nehmen und den Bundesrat darüber zu informieren, welche Schritte die Justiz jetzt gesetzt hat. Es wurde ein Bericht der Staatsanwaltschaft Wien über die weiteren Vorhaben erstellt und dem Justizministerium am 13. Februar, also gestern, zugestellt, im Wege der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Dieser Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Wien wurde vom Justizministerium zur Kenntnis genommen und wird derzeit über die Oberstaatsanwaltschaft Wien wieder an die Staatsanwaltschaft Wien zurückgemittelt.

Ich darf hier insoweit berichten, als in diesem Bericht folgendes Vorhaben vorge­schla­gen wurde und von uns auch unterstützt wird, nämlich dass in der Staatsanwalt­schaft Wien eine Sonderkommission eingerichtet wird, die unter der Leitung des dort zustän­digen Staatsanwaltes steht. Diese Sonderkommission braucht polizeiliche Unter­stützung. Die Staatsanwaltschaft Wien wird vorschlagen, dass sie diese polizeiliche Unterstützung von der Bundespolizeidirektion Wien bekommt. Hier scheint es möglich zu sein, dass niemand miteinbezogen wird, der selbst Vorwürfen ausgesetzt ist. Wir brauchen diese polizeiliche Unterstützung, um zu einer Beschleunigung und Konzen­tration der Ermittlungen beizutragen.

Die neue Strafprozessordnung gibt uns hier neue Möglichkeiten. Es kann jetzt der Staatsanwalt einvernehmen. Das hat sich schon als sehr wichtig herausgestellt. Wir mussten sehen, dass einige sehr wichtige Zeugen nicht bereit waren, sich vom BIA einvernehmen zu lassen, aber die Bereitschaft bekundet haben, sich vom Staatsanwalt einvernehmen zu lassen. Ich denke, dass wir diese neuen Möglichkeiten der Koope­ration, die sich aufgrund der neuen Strafprozessordnung ergeben, hier gut nutzen kön­nen.

Für uns ist wichtig, dass es keine Ermittlungen der Polizei außerhalb der von der Staatsanwaltschaft angeordneten gibt und dass alle verfahrensrelevanten Unterlagen, die sich zum Beispiel im Besitz des BIA befinden, uns übermittelt werden. Ich höre gerne, dass die Evaluierungskommission den Auftrag hat, sollte ein strafrechtlich rele­vanter Verdacht dort auftauchen, dass dann diese Sache ebenfalls sofort an die Staats­anwaltschaft übergeben wird.

Ich habe gestern vernommen, dass die Präsidiale beschlossen hat, dass es einen Son­der-Justizausschuss Ende Februar/Anfang März geben wird. Dieser Sonderausschuss


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 83

wird dann sicher auch die Möglichkeit bieten, die Abgeordneten in diesem Ausschuss über den Fortgang des Strafverfahrens zu informieren, soweit das natürlich mit den bestehenden gesetzlichen Verschwiegenheitsverpflichtungen vereinbar ist.

Ich hoffe, dass dieser Ausschuss auch die Gelegenheit bietet, dass wir über weiter­reichende Maßnahmen nachdenken. Wir haben ja die gesetzliche Grundlage dafür, dass wir mit 1. Jänner nächsten Jahres eine neue Antikorruptionsstaatsanwaltschaft errichten. Ich habe selbst im Ministerialentwurf vorgeschlagen, dass diese Korruptions­staatsanwaltschaft weisungsfrei gestellt sein sollte und dass im Rahmen des Verfah­rens in diesen Fällen auch eine sogenannte große Kronzeugenregelung möglich sein sollte. Beides konnte leider in den Verhandlungen so nicht realisiert werden. Wir haben zwar jetzt die völlige Transparenz aller Weisungen des Justizministeriums an alle Staatsanwaltschaften, und das wird auch für die Korruptionsstaatsanwaltschaft gelten. Aber ich denke, im Lichte der jüngsten Ereignisse sollten wir vielleicht einen neuer­lichen Anlauf nehmen, diese Frage noch einmal zu überlegen.

Ich nehme auch gerne die Anregungen auf, die jetzt von verschiedenen Seiten kom­men, ob es nicht sinnvoll wäre, das BIA in diese neue Staatsanwaltschaft einzu­gliedern. Tatsache ist, dass es hier wichtige Synergien gäbe und dass diese Staats­anwalt auch jemanden braucht, der für sie ermittelt. Es ergäbe sich dadurch natürlich ein geänderter Aufgabenbereich gegenüber dem, wie sich das für das BIA derzeit darstellt.

Wenn wir für diese Korruptionsstaatsanwaltschaft die Weisungsfreiheit erreichen könn­ten, hätte das den Vorteil, dass damit dann gleichzeitig auch die Unabhängigkeit des BIA oder einer Nachfolgeeinrichtung gewährleistet wäre. Es hätte weiters den großen Vorteil, dass wir das verfassungsrechtliche Problem ausräumen würden, das wir der­zeit haben, nämlich dass Staatsanwälte Weisungen an Einrichtungen des Innen­minis­teriums erteilen, die eigentlich Weisungen an ein oberstes Organ, nämlich den Innen­minister sind, was sich doch als verfassungsrechtlich etwas bedenklich darstellt.

Ich hoffe, dass wir über diese Neuordnungen im Nationalrat oder bei anderen passen­den Gelegenheiten noch reden können.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass meine Kollegin Doris Bures an einem Kodex arbeitet, der für alle öffentlich Bediensteten klare Regelungen vorsehen soll, wie sie sich gegen Korruptionsvorwürfe schützen können, wie das mit Geschenkannahmen ist et cetera. Ich denke, auch das soll dazu beitragen, dass das sicher zu verteidigende hohe Ansehen der österreichischen Beamtenschaft erhalten werden kann. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

14.13


Präsident Helmut Kritzinger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Bieringer. Ich erteile es ihm.

 


14.13.39

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute stehen die Sicher­heits­berichte für die Jahre 2005 und 2006 der österreichischen Bundesregierung auf der Tagesordnung. Lassen Sie mich daher vorweg ein paar Sätze zu den Sicher­heits­berichten sagen.

Erstens: Ich möchte beginnen mit einem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Innenressorts, die diesen Bericht erstellt haben, weil er sehr klar, sehr sachlich und sehr informativ ist. – Entschuldigung, Frau Bundesministerin, natürlich auch des Justiz­ressorts, wo man dasselbe behaupten kann und muss, wenn man die Fakten sieht.


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Zweitens: Ich möchte für die ÖVP-Fraktion meinen Dank an alle Polizistinnen und Poli­zisten aussprechen, die unermüdlich ihren Einsatz für die Sicherheit der Bevölkerung unserer Heimat leisten. Was Polizisten leisten, weiß man, wenn man die Polizei ein bisschen beobachtet. Ich sage das, weil mir bewusst ist, dass Polizisten nicht immer die besten beziehungsweise optimalsten Arbeitsbedingungen haben. Aber von den zigtausend Polizisten der Republik Österreich wird bis an die Grenze des Möglichen gearbeitet, gut gearbeitet, das muss man auch feststellen.

Wenn wir heute im Zusammenhang mit den Sicherheitsberichten feststellen, dass die Gesamtkriminalität im Jahr 2005 um 6 Prozent und im Jahr 2006 um 2,6 Prozent zurückgegangen ist, dann ist das etwas, das man nicht übersehen darf. Ein noch stärkerer Rückgang wäre natürlich in unser aller Sinn, aber bekanntlich spielt da sehr viel anderes mit.

Die Häufigkeitszahl, das heißt, bezogen auf die Bevölkerungszahl, also je 100 000 Ein­wohner, ist ebenfalls zurückgegangen. Im Jahr 2002 entfielen 7 274,8 Straftaten auf 100 000 Einwohner – das war eine Steigerung um 9 Prozent gegenüber dem Jahr 2001 –, im Jahr 2003 war wieder eine Steigerung festzustellen, nämlich um 9,8 Pro­zent, im Jahr 2004 jedoch war erstmals ein Rückgang – minus 1 Prozent – zu ver­zeichnen, im Jahr 2005 dann minus 6,4 Prozent und 2006 minus 3,3 Prozent.

Sicher, mancher wird sagen: Es könnte mehr sein! – Ich denke, dass alle, die hier herinnen sitzen, dieser Meinung sind, und das ist auch gut so.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun ein paar Feststellungen zu der Dis­kussion, die zurzeit in Österreich geführt wird, treffen.

Da erhebt jemand Vorwürfe, komischerweise erst nach dem Tag, an dem ein anderer für seinen bisherigen Posten bestellt wurde, und schon heißt es: Die Republik bricht zusammen!

Meine Damen und Herren, das, was hier an Falschheiten, Unterstellungen und der­gleichen hineininterpretiert wird, ist in meinen Augen haarsträubend. Ich danke dir, Herr Bundesminister für Inneres, sehr herzlich für deine Beantwortung der Fragen und deine Feststellungen hier! Wir sind dankbar dafür, dass du unser Innenminister bist, weil wir wissen, dass bei dir das Ressort in besten Händen ist! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

Meine Damen und Herren! Wenn hier die Ermittlungen des BIA beim ehemaligen Bun­deskanzler angesprochen werden und gelacht wird, wenn Herr Bundesminister Platter sagt, dass es der Auftrag der Staatsanwaltschaft war, behutsam vorzugehen, verstehe ich die Welt nicht mehr. Ich möchte nur wissen, was Sie gesagt hätten, wäre das BIA vorgefahren und hätte womöglich mit Trara Herrn Vranitzky gesucht. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Lassen Sie bitte die Kirche im Dorf! (Bundesrat Schimböck: ... im Melderegister!) Herr Vranitzky ist nicht befragt worden wegen illegaler Pflege seiner Schwiegermutter – es sei denn, es ist in Wien möglich, dass in Altenheimen illegale Pfleger angestellt oder zur Betreuung herangezogen werden. Etwas so Absurdes, meine Damen und Herren, habe ich noch nie gehört! Dass man das überhaupt in Erwägung zieht und hinaus­posaunt! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Vranitzky wurde vom BIA gesucht, um im Auftrag der Staatsanwaltschaft einver­nommen zu werden, befragt zu werden, wie das denn mit der einen Million Schilling sei, die er angeblich von einem gewissen Herrn Flöttl bekommen hat; einem Herrn Flöttl, der irgendwo für die BAWAG gearbeitet hat und von dem angeblich, laut Mit­teilung des Herrn Flöttl, dem Herrn Alt-Bundeskanzler Vranitzky eine Million Schilling als Beratertätigkeit überwiesen wurden.


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Dass man da nachfragen muss, liegt, denke ich, in der Natur der Sache der Polizei. Wäre es Ihnen lieber gewesen, die Wiener Polizei wäre vorgefahren, womöglich mit Blaulicht, um von Herrn Vranitzky eine Auskunft zu bekommen? (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich halte überhaupt nichts davon, hier einzelne Polizisten herauszupicken und sie in irgendein Eck zu stellen. Die Gesamtheit oder die überwiegende Mehrheit der Polizis­ten arbeitet korrekt und lässt sich von niemandem bei ihrer Arbeit dreinreden! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bin dem Herrn Innenminister sehr dankbar dafür, dass er sofort die Evaluierungskommission bestellt hat, einberufen hat und dort dezidiert erklärt hat, dass sie weisungsfrei agieren kann, dass sie unabhängig ist und von nie­mandem beeinflusst wird. Der Herr Bundesminister hat auch gesagt, dass er haben möchte, dass alles lückenlos – ich wiederhole: lückenlos! – aufgeklärt wird.

Meine Damen und Herren! Jeder, der Günther Platter etwas näher kennt, weiß: Wenn er das sagt, dann meint er das auch so, dann ist das nicht irgendeine Floskel.

Der nicht mehr bestellte Leiter des BKA hat bei der Staatsanwaltschaft bereits aus­gesagt – die Frau Bundesministerin hat dies ja auch bestätigt. Es liegt ein Vorhabens­bericht der Staatsanwaltschaft vor, der vom Justizministerium geprüft wurde. Die Vor­gangsweise wurde genehmigt, und somit wird die Wiener Staatsanwaltschaft diesen Fall untersuchen.

Kollege Konecny hat Herrn Bundesminister Platter Fragen gestellt. Ich erlaube mir, ausdrücklich festzuhalten: Der Herr Bundesminister ist auf jede Frage eingegangen und hat jede Frage beantwortet. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, Herr Kollege, ich glaube, das war so. Für den Fall, dass Sie es nicht gehört haben, bitte ich Sie, im Stenographischen Protokoll nachzulesen, dann werden Sie sehen, dass der Herr Bundesminister diese Fragen beantwortet hat und daher Ihre Aufregung umsonst ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es handelt sich hier um den ungeheuerlichen Fall, wo ein junges Mädchen entführt wurde, wo ein junges Mädchen achteinhalb Jahre unter unwürdigen Bedingungen verbringen musste, ein junges Mädchen, dem man die schönste Zeit seines Lebens, die Jugend gestohlen hat. Dass dieser Fall einmalig ist, hat der Herr Bundesminister gesagt.

Wenn da Pannen passiert sind, ist das extrem bedauerlich. Ich sage das, weil ich selbst auch Vater dreier Töchter bin, und es für mich unvorstellbar wäre, wenn das einer meiner Töchter passiert wäre. Wenn es da also Pannen gegeben hat, so wird diese Evaluierungskommission, davon bin ich felsenfest überzeugt, diese Pannen aufklären. Es wird niemand auch nur irgendein Interesse daran haben, irgendetwas unter den Teppich zu kehren.

Ich halte auch nichts davon, wenn man jetzt großmundig davon spricht, dass etwas anderes kommen muss. Ich zitiere den Vorsitzenden dieser Kommission, der dezidiert erklärt hat, dass man jetzt diese Evaluierungskommission arbeiten lassen soll, sie das klären lassen soll, und dann, wenn der Bericht vorliegt, soll man über die weitere Vor­gangsweise beraten.

Ich bin davon überzeugt, dass Präsident Adamovich ein Garant dafür ist, dass da wirklich alles aufgeklärt wird, und ich bin überzeugt davon, dass vonseiten des Innen­ministers alles daran gesetzt wird, dass diese Kommission jegliche Unterstützung erhält, dass diese Kommission arbeiten kann wie noch keine Kommission vorher in dieser Republik.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 86

In diesem Sinne bitte ich Sie, meine Damen und Herren, bei Aussagen, bei Verdäch­tigungen oder wenn Sie irgendetwas in den Raum stellen, so nach der Devise: Es wird schon etwas hängen bleiben!, ein bisschen vorsichtiger zu sein. Lassen wir diese Kom­mission arbeiten, und wenn der Bericht vorliegt, werden wir ihn diskutieren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

14.26


Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile es ihm.

 


14.26.59

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Minister! Wir diskutieren hier am Rande zwei Sicherheitsberichte – ich gehe gerne auf den Fokus ein, Herr Bundes­minister – vor dem Hintergrund einer öffentlichen Debatte, die sich damit zusam­men­fassen lässt, dass die Öffentlichkeit das Vertrauen in eine der wichtigsten Behörden dieses Landes zunehmend verliert. Die Exekutive ist nicht irgendeine Behörde, son­dern sie ist nach der Gewaltentrennung in der Verfassung jene, die das Gewalt­monopol hat.

Da, muss man sagen, hat sich einiges abgespielt. Meine beiden Vorredner haben be­tont, dass diese beiden Sicherheitsberichte der Exekutive unseres Landes, aber auch der Staatsanwaltschaft ein hervorragendes Zeugnis ausstellen. Und jetzt muss man sagen: trotz der Vorgänge zum Beispiel an der Spitze der Wiener Polizei – geradezu abenteuerliche Vorgänge –, trotz der Vorgänge offensichtlich an der Spitze des Minis­teriums. Herr Bundesminister, das, was Sie heute hier bisher gesagt haben, hat das nicht weggewischt, auch wenn Kollege Bieringer gemeint hat, dass alles beant­wortet wurde. Sie haben selbst gesagt, die Detailfragen beantworten Sie später – das dürfte er überhört haben. Das ist ein Zitat aus Ihrer Rede, das ich mir aufgeschrieben habe, also können Sie nicht alles beantwortet haben, wenn Sie selbst sagen, dass Sie die Detailfragen später beantworten werden.

Herr Bundesminister, Sie haben weiters gesagt – ich ziehe das einmal vor –: Ich bin sehr vorsichtig, wenn man Gerüchte in die Welt setzt!, und was man dabei anrichten kann. Herr Bundesminister, genau diesen Vorhalt habe ich Ihnen hier von diesem Red­nerpult aus schon einmal gemacht. Jetzt, in dieser Debatte um Ihr Ministerium, holt Sie das wieder ein, nämlich das Gerücht, das Sie selbst in die Welt gesetzt haben im Zusammenhang mit der Familie Zogaj.

Wer – in der Mehrzahl gesprochen – hat den kriminellen Hintergrund thematisiert? – Das waren Bundesminister Platter selbst und sein Büro und MitarbeiterInnen seines Büros, worüber in der Folge sogar eine Sachverhaltsdarstellung eines Journalisten gemacht wurde, da es sich dabei um Anzeigen und nicht um Verurteilungen gehandelt hat, wie das Büro hier weismachen wollte.

Man wollte der Familie Zogaj hier ja einen offensichtlich auch kriminell belasteten Hintergrund unterschieben.

Das, Herr Minister Platter, ist eine Diskussion, die Sie jetzt einholt, so wie manch andere Bereiche, die Sie hier eingeholt haben. Wir kennen ja Minister Platter und wissen, dass er eher sparsam ist mit Auskünften. Sowohl als Verteidigungsminister als auch als Innenminister ist er nicht gerade der auskunftsfreudigste Minister; er hält sich in all diesen Fragen zurück.

Ich bin hier auch befugt zu sagen: Herr Bundesminister, Sie selbst haben heute eine Entscheidung in der Hand, und zwar dahin gehend, wie Sie heute um 16 Uhr die Fragen der Dringlichen Anfrage beantworten, in welcher Ausführlichkeit oder Nicht-


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Ausführlichkeit. Dadurch entscheiden Sie heute, ob es eine Sondersitzung des Nationalrates gibt. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Das, was der Herr Innenminister bisher gesagt hat, war die Wiedergabe von Dingen, die bekannt sind. Wir kennen die Kommission. Ich bin froh, es noch einmal zu hören; wir lesen es auch gerne nach. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Him­mer.) Der Herr Innenminister hat es in der Hand, Kollege Himmer! Denn eines kann nicht sein: dass die Summe jener Dinge, die hier auf dem Prüfstand stehen und zu der auch die Exekutive selbst Antworten will, immer nur mit einem „Schuss“ von Ethos: Hier wird nichts unter den Tisch gekehrt!, und so weiter beantwortet. Das sind nicht die Fragen, die wir hier zu stellen haben, um eine tatsächliche Kontrolle auch ausüben zu können.

Gehen wir doch einmal auf die Kriminalitätsberichte 2005/06 ein: Ja, es ist richtig, die Gesamtkriminalität ist gesunken, in manchen Bundesländern sogar beachtlich, wenn ich zum Beispiel das Burgenland hernehme mit minus 15 Prozent. Aber was Sorgen bereitet, Herr Bundesminister – und dazu brauchen Sie eine motivierte Exekutive und die Zusammenarbeit auch mit anderen, insbesondere mit der Justiz –, ist, dass die Kriminalität der Jugendlichen von 14 bis unter 18 Jahren um 20 Prozent gestiegen ist. Während also die Gesamtkriminalität sinkt, steigt die Jugendkriminalität!

Die Aufklärungsrate ist zwar leicht gesunken, aber in zwei Bundesländern gestiegen. Und interessant ist meines Erachtens, dass die Ausländerkriminalität in Österreich, die ja auch immer wieder angesprochen wird, gesunken ist, interessanterweise auch beim fremden Vermögen und auch bei Suchtmitteln.

Allerdings geht die Aufrüstung im Land weiter: 470 000 neue Anmeldungen gegenüber 260 000 Abmeldungen; das bedeutet ein Plus von 210 000 Waffen.

Die Suchtmittelkriminalität ist um 10 Prozent gesunken, das finde ich erfreulich. Erfreu­lich ist auch, dass sie ungefähr um diese Rate auch in Wien gesunken ist; in Vorarlberg und im Burgenland ist die Suchtmittelkriminalität allerdings gestiegen.

Was mich interessieren würde, Herr Bundesminister – ich habe das auch schon im Ausschuss gesagt –, sind die Zahlen, was den Menschenhandel betrifft. Da gibt es Erfolge, und wenn wir von Dingen sprechen, die wir uns nicht vorstellen können, gehört gerade das Thema Sklaverei und Menschenhandel dazu. Aber dass wir 188 Anzeigen gegen Polizisten oder Exekutivbeamte in diesem Bereich haben, wo möglicherweise Herr Horngacher schon dabei ist, das stimmt sorgenvoll. Und deshalb stellt sich auch hier die Frage, wie weit wir im Kontrollbereich andere Methoden anwenden müssen, damit gerade in einem Bereich, in dem Gewalt gegenüber Frauen, sexuelle Gewalt, eine solch große Rolle spielt, auch die Exekutivbeamten stärker kontrolliert oder auch besser geschult werden.

Kommen wir aber zurück zu dem Hintergrund, vor dem wir diese Berichte diskutieren.

Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, man kann sich nicht vorstellen, was dieser jungen Frau, Natascha Kampusch, passiert ist. Das kann sich weder „man“ mit einem „N“ noch „Mann“ mit zwei „N“ vorstellen. Ich glaube, das kann sich überhaupt niemand vorstellen. Das ist eine so außergewöhnliche und außerordentliche Situation im Leben eines Menschen, was die Kindheit, die Pubertät und das jugendliche Alter betrifft, dass sich weder „man“ noch „Mann“ das vorstellen kann.

Aber wir müssen doch auch einmal daran denken, was derzeit in diesem Mädchen vor­geht, das alles verfolgt, was hier steht, das hört, dass Beamte in jenem Haus waren, das für über acht Jahre ihr Verließ wurde, und das hört, dass es Spitzenbeamte gibt, die immer wieder auf diese Ermittlungspannen hinweisen! Nicht nur sie wird das Ver­trauen in gewisse Institutionen verlieren.


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Herr Bundesminister – ich glaube, Sie haben das auch in Ihrer bisherigen Beant­wortung nicht gesagt –, ist hier eine offizielle Entschuldigung des Bundesministers für Inneres gegenüber dieser jungen Frau zumindest einmal in einem ersten Schritt erfolgt, oder muss sie warten, bis die Kommission Fakten auf den Tisch legt?

Es sagt schon der Hausverstand, hat Kollege Bieringer gemeint bezüglich der beiden Ermittlungsbeamten des BIA, dass ein Bundeskanzler, der zehn Jahre Bundeskanzler der Republik Österreich war, zehn Jahre Kriminalbeamte zu seiner Sicherheit hatte und dass die Wohnadresse des Bundeskanzlers eines der obersten Sicherungsobjekte ist, wie zum Beispiel auch die Wohnung des Herrn Bundespräsidenten, und ich nehme doch an, dass sofort danach die des Herrn Bundeskanzlers kommt.

Zehn Jahre hat das Bundesministerium für Inneres also erfolgreich die Wohnung des Altkanzlers gesichert. – Dass es danach einmal einen Einbruch gegeben hat, ist viel­leicht so zu erklären, dass da vielleicht die Sicherung schon gefehlt haben dürfte. Aber immerhin war das Hausobjekt bekannt.

Es haben sich in der ganzen Diskussion Bezeichnungen für das BIA herausgestellt, die ich nicht teile. Ich glaube nicht, dass das BIA die Securitate des Innenministeriums ist. (Bundesrat Mag. Himmer: Aber Hauptsache, man nimmt das Wort in den Mund!) – Sie wissen, dass ein früherer Koalitionspartner von Ihnen das so genannt hat. Ich sage, ich bin mir ganz sicher, dass das nicht der Fall ist, ganz sicher, denn eine solche Vor­gangsweise bei Recherchen erinnert eher an eine Filmvorlage von Stan Laurel und Oliver Hardy (Heiterkeit bei Grünen und SPÖ) oder Dick und Doof.

Oder es hatte vielleicht doch einen anderen Grund, denn man muss schon einmal den Namen – den ich nicht weiß und Sie offensichtlich auch nicht – einer Schwiegermutter kennen und diese auch finden, wenn man Herrn Bundeskanzler Vranitzky so sucht. Ich wüsste nicht, wie der Familienname der Schwiegermutter lautet, aber die hat man ja immerhin erfolgreich gefunden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was mich an der ganzen Sache, Kollege Himmer, viel mehr interessiert, ist dieses Zu­sammenprallen. (Ruf bei der SPÖ: Der BIA und der Schwiegermutter?) – Das interessiert Sie, und ich hoffe, Sie werden vom Herrn Innenminister dazu noch aus­führlicher aufgeklärt werden, als es bisher der Fall war.

Aber was mich viel mehr interessiert, ist: Wie gehen wir mit der Ethik im Bereich des Beamtentums um? – Die Ethik des Beamtentums, auf die Republik angelobt, stößt offensichtlich – und das zeigt diese gesamte Diskussion – auf Grenzen, wenn der auf die Republik vereidigte Staatsbeamte auf ein Ministerbüro trifft, ein Ministerbüro, das in keiner Weise überlegt: Habe ich jetzt sensibel vorzugehen?, sondern es geht hier offensichtlich darum, kurzfristigen politischen Erfolg zu erzielen, und vielleicht daraus auch in jene Bereiche weggelobt zu werden, in denen so viele in den letzten sieben Jahren weggelobt wurden. (Bundesrat Mag. Himmer: ... Pilz und Schennach!)

Vielleicht werden Sie ein bisschen nachdenklicher, Kollege Himmer. Ich lade Sie ein, auch darüber nachzudenken, welche Sitten hier eingerissen sind. (Bundesrat Mag. Himmer: Vermutungen, bitte!) – Die „Vermutungen“ liegen schon deutlich sicht­bar auf dem Tisch, wenn wir Ergebnisse von Untersuchungsausschüssen heranziehen. So hat die Finanzmarktaufsicht im Zuge eines Wahlkampfs über 250 illegale Zugriffe auf SPÖ-Konten gemacht. Das ist ein Ergebnis des Banken-Untersuchungs­ausschus­ses, und das ist von einem Ministerium gewünscht geworden, dem Finanzministerium. Es gab einen Wahlkampf, und es gab über 250 nicht gedeckte, illegale Zugriffe auf SPÖ-Konten! Da hat man offensichtlich Wahlkampfmunition gesucht und suchen lassen, und das ist eine Instrumentalisierung von Beamten, Herr Kollege Himmer.


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Oder, wie wir es noch anders ausdrücken können (Bundesrat Mag. Himmer: Wo nichts ist, kann man nicht Kegelscheiben!), das ist eine Form des politischen Missbrauchs gegenüber Beamten! (Bundesrat Mag. Himmer: Wo nichts ist, kann nichts sein!) – Sollen wir Ihnen eine Kopie des Banken-Untersuchungsausschusses übermitteln? Da stehen die 256 Fälle drinnen. (Bundesrat Mag. Himmer: Es gibt Angriffe von den Grünen auf irgendeinen Politiker, die eh nicht halten! Was beweist das? Gar nichts beweist das! Und weil nichts gefunden worden ist ...!) – Das beweist, dass sich der Herr Innenminister der Diskussion zu stellen hat! Das reicht sogar bis ins Ausland. Ich nehme hier nur die renommierte Wochenzeitschrift „Die Zeit“ her, die titelt: „Wiener Watergate“. Eine solche Titulierung ist ja nicht schwach. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Eine solche Titulierung – „Die Zeit“: „Wiener Watergate“, Herr Kollege Kühnel: Das sind nur zwei Worte, die Sie durchaus lesen können, und denen hat sich der Herr Innenminister ausführlichst, nämlich was den Inhalt von Weisungen und den Weisungsverlauf betrifft, ab 16 Uhr zu widmen.

Herr Bundesminister, ich hoffe sehr, dass Sie diese Gelegenheit heute nicht ver­streichen lassen, indem Sie in der Ihnen eigenen Art und Weise mit großem Ethos und Pathos viele und doch sehr sparsame Worte verlieren und in der Sache selbst trotz dieser Umstände in erster Linie nur auf die Erfolge der Polizei hinweisen. Ich hoffe, Sie nützen diese Gelegenheit heute im Sinne dessen, dass die Öffentlichkeit wieder Ver­trauen in die Behörden hat, das sie – und das hat nicht nur Frau Kampusch aus­ge­drückt – derzeit zunehmend verliert. – Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

14.45


Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile es ihm.

 


14.45.19

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­schätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Für die heutige Ausstrahlung des ORF aus dem Hohen Haus interessieren sich sehr viele Österreicher. Die Medien haben sich in den letzten Wochen sehr umfangreich und sehr intensiv mit dem Thema Innenministerium befasst, und was daran ist, wird man ja sehen.

Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es gibt heute zwei Dinge, die man auseinander halten sollte. Das eine ist der Bericht, zu dem wir alle sehr positiv stehen sollten, denn die Leistungskraft der österreichischen Exekutive ist ernorm gut. Sie ist selbstbewusst, und ich muss sagen, wir sollten sehr froh sein, dass es diese Ein­richtung gibt, die für die Österreicher große Sicherheit und für Österreich und die Menschen weltweites Ansehen gewährleistet. Wir haben heute die Innere Sicherheit 2005/2006, das 18-Monats-Programm bezüglich portugiesischem und slowenischem Vorsitz zu debattieren, und das Problem, Herr Bundesminister, dass das Vertrauen in die Bundesregierung sinkt, ist ein Problem, das uns heute alle begleitet, die einen mehr, die anderen weniger.

Ich werde immer versuchen, so, wie ich es in den 40 Jahren als Politiker getan habe, als Patriot unseres Landes, als einer, der immer bereit war, für Österreich seinen Einsatz zu leisten überall dort, wo man ihn braucht, objektiv zu sein. Daher: Hohe Anerkennung für den Sicherheitsbericht! Der Bericht 2006 mit 516 Seiten ist sehr gut aufgegliedert; die Kriminalstatistik ist auf 181 Seiten dargestellt. Insgesamt sind es 697 Seiten. Es ist alles sehr übersichtlich und für uns als Nicht-Exekutivbeamte und in der Sache nicht so Bewanderte gut nachvollziehbar.

Sehr gut ist die gesamte Entwicklungsübersicht. Große Sorgen machen uns natürlich neben der Exekutive und neben dem Ressort die kriminellen Organisationen, die wir


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bereits in unserem Land haben, ob wir sie wollen oder nicht. Wir sind Europa, wir ha­ben die Tore aufgemacht und haben dementsprechend Vorsorge zu treffen, dass wir mit diesen Organisationen auch zu Rande kommen. Türkisch orientierte Menschen gibt es 230 000 in Österreich. Sie haben ihre bestimmten Schwerpunkte, auch als Krimi­nelle. Russisch orientierte Kriminelle haben auch wieder ihren Schwerpunkt, sie haben ein europaweites Netz aufgezogen. Nordeuropäisch orientierte Organisationen aus Polen spezialisieren sich auf Raubüberfälle, Kraftfahrzeug-Einbrüche, Urkundenfäl­schung. Asiatische kriminelle Organisationen betreiben bevorzugt Drogenschmuggel, Ausbeutung von Frauen und Glücksspiel. Große Gruppen sind bereits im inter­nationa­len Schlepperbereich tätig, ein Bereich, in dem es furchtbare negative Menschen­schicksale gibt.

Positiv, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Bundesminister, ist der Rück­gang der Kriminalität von 1,3 Prozent, den wir im Bericht registrieren. Als sehr positiv sollten wir auch die Personalaufstockung erwähnen, die Sie vorgenommen haben, Herr Bundesminister. Auch die Verbesserung der Haftbedingungen, der Sicherheitsstan­dards in den Justizanstalten sei erwähnt, und sehr positiv ist auch die Verbesserung für den Verbrechensopferschutz, die Ausweitung und Verbesserung des Rechtsschutzes für die Verbrechensopfer.

Herr Bundesminister, das war eine jahrzehntelange Forderung. Und es ist gut so, dass dem Rechnung getragen wurde und dass es für viele, die darauf gewartet haben, endlich eine Besserstellung gibt.

Mit 31. Dezember 2006 gibt es in Österreich 729 Polizeiinspektionen, über 26 600 Be­amte, die rund um die Uhr den Einsatz für uns, für die österreichischen Menschen, für alle, die Österreich als Gastland besuchen, übernehmen. Ich möchte von dieser Stelle aus allen danken, die diese großartige Aufgabe für die österreichische Sicherheit – ob Exekutive, Justiz oder Gerichtsbarkeit – übernommen haben. Als sehr positiv ist dem Bericht zu entnehmen, dass die Gesamtkriminalität von 2005 von 605 000 Fällen einschließlich Straßenverkehr um 2,6 Prozent gesunken ist.

Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister, betrifft die großen Unterschiede innerhalb der Bundesländer. Zum Beispiel das Burgenland: Das Burgenland liegt sehr, sehr gut, eine Verbesserung um 26 Prozent der absoluten Zahlen bei Straftaten gegen fremdes Vermögen.

Kärnten: zum Beispiel eine Verbesserung in einem Bezirk um 21,7 Prozent; gleichzeitig in einem anderen Bezirk eine Ausweitung um 19,6 Prozent.

In Niederösterreich – und das ist schon sehr bedenklich, Herr Bundesminister – gibt es in einem Bezirk 39,3 Prozent an Verbesserung ... (Bundesminister Platter: Im Burgen­land?) – Nein, das ist jetzt Niederösterreich. Niederösterreich: im Bezirk Scheibbs eine Verbesserung von 39,3 Prozent und im Bezirk St. Pölten eine Ausweitung von 47,4 Prozent. Und die zwei Bezirke, Herr Bundesminister, sind nebeneinander!

Da ist die Frage zu klären, Herr Bundesminister: Wurde die Bevölkerung schlecht aufgeklärt? Sind die Beamten schlecht geschult? Welche Ursachen sind aus dieser Frage abzulesen? – Herr Bundesminister, das geht quer durch die Bundesländer, durch die Bezirke und alle 99 Bezirkshauptmannschaften. Die Polizeidirektionen und Magistrate haben so große Unterschiede, am ärgsten ist es in Niederösterreich.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir hatten 2005 sehr große Festakte in Österreich: 60 Jahre erfolgreiche Zweite Republik, 50 Jahre Staatsvertrag. Hohen Anteil daran hatte die Exekutive und der gesamte Sicherheitsdienst in den letzten 60 Jahren, dass wir das feiern durften, dass Österreich diese hohe Anerkennung national, international, ich muss sagen: weltweit, verzeichnen darf. Und den vielen Tausenden Beamten, die


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für unsere Heimat Österreich überall ihren Dienst machen, gebührt hohe Anerkennung. Viele sind vom Dienst nicht mehr nach Hause zu ihren Familien gekommen und haben ihr Leben gelassen. Wenn aber Österreich wieder in Metternichs Zeiten zurückfällt und wir wieder vor das Jahr 1848 zurückfallen, wie es momentan den Anschein hat, dann will die Mehrheit der österreichischen Menschen diese Zeit nicht mehr, und es gehört aufgeklärt.

Herr Bundesminister! Die Situation, die wir in den letzten Wochen über die Medien über die negative Entwicklung der letzten zehn Jahre im Innenministerium erfahren mussten, spricht Bände. Und hier müssen Sie auf dem richtigen Weg bleiben, wie Sie es heute schon angekündigt haben: dass Sie schonungslos aufklären und hinter jenen stehen, die bereit sind, das Gute für Österreich zu tun.

Meine Frage an den Beamten Haidinger – ich will ihn nicht schlechtmachen –: Ein guter Beamter ist dann ein guter Beamter, wenn er zur richtigen Zeit den Mut aufbringt und auch dem Herrn Minister erklärt: Lieber Chef, das geht nicht, oder das geht wohl. – Jetzt erst diesen Mut aufzubringen und eine Erklärung abzugeben, Herr Bundes­minister, das ist für mich als langjährigen Mandatsträger, als Bürgermeister und als Bundesrat etwas, was ich nicht verstehe und was meiner Meinung nach auch tüchtige Beamte in Österreich nicht verstehen. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) – Ja, ich glaube, die Medien spielen das.

Und wir sind heute dazu da, liebe Freunde, wir können heute als Erste vor dem Nationalrat die Sicherheitsberichte diskutieren. Das ist ja auch eine Frage an Sie, Herr Bundesminister, und generell an uns alle: Wie ist es möglich, dass diese Sicherheits­berichte zuerst vom Bundesrat diskutiert werden? Ja, wo ist denn der Nationalrat geblieben? Der macht das doch sonst auch immer stufenweise vor uns und soll seine Verantwortung tragen. Herr Bundesminister, ich verstehe nicht ganz, warum diese Situation dort nicht ordentlich, so wie es sich gehört, abgehandelt wird.

Zur derzeitigen Entwicklung in Österreich, meine Damen und Herren: Wir sollten alle interessiert sein an Aufklärung. Es bereitet den Menschen, nicht nur uns, sondern auch den Bürgern sehr großes Unbehagen, dass man sagt, man will nicht aufklären, man will nur jetzt einen „kleinen Ausschuss“ machen. Herr Bundesminister, wenn ich an Ihrer Stelle wäre, wäre ich sehr froh, wenn sich der Nationalrat für einen Ausschuss zusammenfinden würde. Nur dann ist die Gewähr einer lückenlosen Aufklärung gegeben, Herr Bundesminister. Sie haben zwar von einer guten Zusammensetzung aus verschiedensten Persönlichkeiten in Österreich für eine Untersuchung gesprochen, die ich alle für sehr – ich möchte sagen – vertrauensvoll und auch gewissenhaft in dieser Frage halte, aber höchste Anerkennung werden Sie nur dann ernten, wenn Sie den Mut haben, das österreichische Parlament, den Nationalrat zu ersuchen, zu untersuchen, und sagen: Bitte, es ist nichts zu verbergen! Was nicht in Ordnung ist, wurde bereits abgeschafft und wird noch abgeschafft, aber wir Österreicher stehen zu dem, was unsere Beamten getan oder nicht getan haben.

Dann, glaube ich, wird das Vertrauen der Österreicher in die österreichische Bundes­re­gierung, das noch nie tief wie derzeit war, Herr Bundesminister – sodass die öster­reichische Bevölkerung schon bald lieber heute als morgen eine Neuwahl hätte –, wieder größer werden. Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, im Dienste der Öster­reicher die Geschicke Österreichs zu führen. Aber wenn man das Gefühl hat, dass dieses Schuld-hin-und-her-Weisen vorherrscht und man nicht mehr bereit ist, volle Verantwortung zu tragen, dann ist es besser – wie das alte Sprichwort heißt –, ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende zu haben. – Ich danke schön. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

14.58



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 92

Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kalina. Ich erteile es ihm.

 


14.58.58

Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Innenminister, Sie haben heute hier eine Dreiviertelstunde zu uns gesprochen. Ich habe Ihnen in dieser Drei­viertelstunde sehr aufmerksam zugehört. Und ganz ehrlich: Meine positive Einschät­zung Ihres Redebeitrages ist die, dass Sie, so meine ich, die gesamte Tragweite dessen, was sich durch die Enthüllungen in Ihrem Ressort, das von Ihren ÖVP-Amts­vorgängern geführt wurde, abgespielt hat, überhaupt nicht begriffen haben, Herr Minis­ter. Sie haben eine Dreiviertelstunde gesprochen und haben eine große Chance ver­tan, nämlich zur hier ins Haus hergehörenden politischen Verantwortung wenigs­tens ein Wort zu sagen. Das haben Sie nicht getan. Sie haben dazu nichts aufgeklärt. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Sie, Herr Bundesminister, haben über alles Mögliche gesprochen – nur nicht über das, was hier im Haus und auch im Nationalrat natürlich diskutiert werden muss, nämlich die Frage der politischen Verantwortung für all das, was ganz offensichtlich in Ihrem Haus und unter Ihren Amtsvorgängern passiert ist.

Herr Bundesminister, parallel zu dem im Haus, was sich hier ereignet, geht die Welt auch draußen in den Medien weiter. Eine neue Umfrage, die morgen in einem Nach­richtenmagazin veröffentlicht wird, sagt: Schon mehr als 60 Prozent aller Österreicher wollen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, weil sie der Meinung sind, dass das, was bei der Polizei passiert ist – natürlich auch bei der Finanz, aber jetzt vor allem bei der Polizei –, restlos aufgeklärt werden muss. (Bundesrat Perhab: Sie wollen auch einen neuen Bundeskanzler!)

Herr Bundesminister, Sie und auch Ihr Kollege Bieringer haben heute hier davon ge­sprochen, dass Sie eine lückenlose Aufklärung garantieren. Sie haben über alles Mög­liche gesprochen, aber Sie haben nie darüber gesprochen, was es denn überhaupt aufzuklären gibt. Es ist offensichtlich so, dass es sowohl Ihnen als auch dem Kollegen Bieringer von der ÖVP gar nicht über die Lippen kommen will, was es aufzuklären gibt. Über die ganze Geschichte, die hier ins Haus gehört, haben Sie nicht einen Satz verloren. (Bundesrat Perhab: Sagen Sie es uns!)

Es stehen die Behauptungen eines ehemaligen, aus der ÖVP kommenden, höchst­rangigen Polizisten im Raum, Herr Minister, dass jemand aus der ÖVP, aus dem Ministerbüro, aus dem ÖVP-Parlamentsklub zu ihm gekommen wäre und von ihm verlangt hat, Akten quasi zur Vorsondierung dem ÖVP-Parlamentsklub zuzuleiten, bevor sie in den Untersuchungsausschuss kommen. Das ist eine politische Frage. Ich habe das gar nicht gehört von Ihnen. Es steht in keiner ... (Bundesrat Bader: Gegen­stand der Untersuchung!) – Das ist überhaupt nicht Gegenstand der Untersuchung. Zu dem kommen wir noch. – Aber Sie haben zu diesem Fall gar nichts gesagt.

Sie haben gesagt, Sie wollen eine lückenlose Aufklärung, aber Sie sind nicht in der Lage auszusprechen, dass dieser ehemalige Spitzenbeamte und Leiter des Bundes­kriminalamtes auch behauptet, dass er politisch beeinflusst wurde, Akten an das Ministerbüro zu liefern, die er dann sofort in den Medien wiedergefunden habe. Auch das! Sie sind ja nicht einmal in der Lage, die Vorwürfe auszusprechen, geschweige denn irgendeinen Beitrag zu deren Aufklärung zu leisten.

Herr Minister, Sie sagen heute hier – und das stimmt mich bedenklich –: Irgend­je­mand – das ist ein Zitat von Ihnen, ich habe es mir aufgeschrieben – tut durch seine schmutzige Arbeit die Polizei denunzieren.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 93

Bitte, Herr Minister, sagen Sie dann in Ihrer Antwort oder im Schlusswort, wen Sie denn verdächtigen, dass er durch schmutzige Arbeit die Polizei denunziert? Meinen Sie den Herrn Haidinger? Dann sagen Sie es! Dann können Sie sich auch dafür recht­fertigen. Aber stellen Sie nicht Dinge in den Raum, jedenfalls nicht uns gegenüber, die von uns nie gemacht wurden! Das, was wir wollen, ist, zu erfahren: Wer gibt die politi­schen Aufträge für das, was mittlerweile durch E-Mail-Verkehr und so weiter akten­kundig geworden ist?

Und Sie sagen auch heute hier wieder – so schaut Ihr Beitrag zur Aufklärung aus –, das seien Vorwürfe, Gerüchte, Behauptungen. Da muss man Sie fragen, Herr Minister: Haben Sie vergessen, von wem die kommen? Es ist der Leiter des Bundes­kriminal­amtes, der das äußert! So viel an Beweisen, wie er jetzt schon vorgelegt hat – E-Mail-Verkehr, Aussagen, Protokolle –, habe ich überhaupt noch nie in den letzten Jahren bei derartigen Behauptungen gesehen. (Bundesrat Weiss: Ist eine behauptete Aus­sage schon ein Beweis?) – Gut, aber hier gibt es einen E-Mail-Verkehr.

Gut, jetzt kann man prüfen, vielleicht sind die gefälscht, Herr Bundesrat Weiss. Das soll der Herr Minister machen, aber man kann hier nicht unter den Tisch kehren, worum es geht. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Herr Minister, Sie reden über die Expertenkommission. – Gut, wir begrüßen es auch, dass Sie nach unserem heftigen Drängen sozusagen statt der absoluten Inhouse-Kon­trolle wenigstens noch einige Experten dazugenommen haben. Das war eine richtige Entscheidung. Sie ist zu spät gekommen; das zeigt, dass Sie das zuerst gar nicht selber wollten. Gut.

Aber was untersucht diese Expertenkommission? – Sie untersucht die kriminalpolizei­lichen Vorgehensweisen in diesem Fall über die vielen Jahre hinweg. Aber sie unter­sucht nicht die politische Weisung vom ÖVP-Ministerbüro oder vom Minister – das ist auch zu klären –, das ist nämlich die Untersuchung dessen, warum das – verwenden wir nicht das Wort „vertuscht“, sondern sagen wir – nicht untersucht wurde und wer diese Weisung erteilt hat.

Ich sage Ihnen den Grund – der Grund ist auch klar –, weil Sie fragen, was denn der Grund sein soll. Auch der Kollege Bieringer fragt das. Das liegt doch auf der Hand! Es war Wahlkampf – zu dem komme ich noch –, es wurde ein ÖVP-Skandalisierungs- und -Kriminalisierungswahlkampf gegen die Sozialdemokratie geführt und den wollten Sie sich nicht stören lassen, Herr Minister. So schaut es aus! (Nein-Rufe bei der ÖVP.)

Meine Frage ... (Bundesrat Schöls: Ist der Herr Elsner auch ...? Ist der Herr Zwett­ler ...? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Parallel dazu, genau zur gleichen Zeit, als offensichtlich das ÖVP-Ministerbüro einen peniblen, integren Beamten angewiesen hat, den Fall Kampusch nicht zu untersuchen, zur gleichen Zeit sind die BIA-Leute zur Vranitzky-Schwiegermutter ausgeschwärmt und wurde der Herr Haidinger offensicht­lich vom gleichen Büro aufgefordert, Akten, Akten, Akten zu liefern. Die müssen wir an die Medien spielen – gegen die SPÖ. Dafür war nämlich schon Zeit, Herr Minister. So schaut es aus! (Bundesrat Schöls: Wie der Schelm denkt, so ist er!)

Das behauptet der ehemalige Leiter des Bundeskriminalamtes, nicht ich. Das kann man in den Medien nachlesen, lieber Herr Bundesrat. So ist das!

Das Beste finde ich, Herr Minister, die Frage, wie Sie den aus meiner Sicht unglaub­lichen Auftritt der BIA-Polizei bei der Schwiegermutter des ehemaligen Bundeskanzlers behandeln. Sie sagen – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, da muss man sich noch kurz in die Zeit des Wahlkampfes hineinversetzen –, zu dieser Zeit wollten Sie keinen Staub aufwirbeln.


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Das ist überhaupt das Beste! Die ÖVP hat ja, wie wir uns alle erinnern, keinen Staubaufwirbelungswahlkampf geführt, die wollte ja um Gottes willen nicht, dass da irgendetwas über diese Million, die der Herr Bieringer heute wieder erwähnt hat, in die Medien kommt. (Bundesrat Schöls: Wer hat vom „Lügenkanzler“ gesprochen? Wer war das?)

Ganz im Gegenteil! Das war ja schon an die Medien hinausgespielt, bevor die Kriminalpolizisten überhaupt bei der Vranitzky-Schwiegermutter im Haus waren, lieber Herr Bundesrat. (Bundesrat Schöls: Wer hat mit „Lügenkanzler“ angefangen?) So schaut die Wirklichkeit aus! Sich hier herzustellen und zu sagen, wir wollten keinen Staub aufwirbeln, das ist doch an Lächerlichkeit nicht zu überbieten! Wir wissen genau, was Sie dort wollten. Da ging es um die Pflege und Sie haben gehofft, dass man jemanden findet, der auch illegal pflegt, weil Ihr ehemaliger Kanzler Schüssel das so gemacht hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Winter: So schaut es aus!)

Jetzt kommen wir zur Polizei. Herr Minister, auch ich möchte hier – das hat schon mein Fraktionschef Konecny gemacht – ausdrücklich die Arbeit der Polizei loben und auch deren Einsatz. Aber, Herr Minister, so wie Sie das heute gemacht haben, so, glaube ich, geht es nicht.

Ich habe da noch etwas anderes, Herr Minister, und zwar von einem dieser sehr tüchtigen Beamten. Sie haben offensichtlich heute einen Brief oder ein E-Mail mit Ihrem Konterfei an alle Polizisten geschickt. Und auch das, finde ich, zeigt, dass Sie die Tragweite nicht begreifen und dass Sie nicht begreifen, wer verantwortlich dafür ist, dass jetzt genau diese tüchtigen und teilweise unter Gefahren eingesetzten Polizei­beamten in Misskredit geraten. Herr Minister, es sind Ihre Amtsvorgänger, die Leute in den Kabinetten dort, die diese Beamten jetzt in Misskredit gebracht haben. Aber was schreiben Sie da den Polizisten?

Sie schreiben: Ich verwahre mich entschieden dagegen, dass das gesamte Ressort und vor allem die großartigen MitarbeiterInnen in diesen Sog gezogen werden. – Zitat­ende.

Wer hat das getan? – Niemand hat das getan! Wir reden über die Ministerkabinette und über die Ministerbüros, Herr Minister.

Sie schreiben den Beamten, man soll nicht in Schlechtmacherei hineingezogen wer­den. Und Sie sagen, die ausgezeichnete Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten darf man nicht schlechtreden. Pauschalverurteilungen sind weder angebracht noch fair.

Ich finde, Herr Minister, in dieses Mail an Ihre Polizisten hätten Sie einen Satz hinein­schreiben sollen, nämlich dass es Ihnen leidtut, dass sich ehemalige ÖVP-Kabinetts­mitarbeiter so aufgeführt haben, dass jetzt derartige Dinge in Österreich diskutiert werden müssen. Das wäre besser gewesen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Es ist ja die Frage – das muss man eben noch einmal in Erinnerung rufen, denn der Herr Minister spricht es ungern aus, und der ÖVP-Kollege Bieringer spricht es natürlich auch ungern aus –, worum es da überhaupt geht. Es geht doch um die Vorwürfe, dass die Polizei und auch die Finanz gezielt im Wahlkampf oder auch davor eingesetzt wurden, um andere Parteien – von der FPÖ haben wir das zumindest gehört, aber von uns ist es ja evident – zu bespitzeln und, wenn’s geht, zu kriminalisieren, jedenfalls in den Medien schlechtzumachen.

Das ist der Vorwurf, der im Raum steht, und den kann man nicht wegwischen, indem man über Gott und die Welt diskutiert, nur über diesen Fall nicht, und auch nicht sagt: a) das wollten wir nicht, und b) ich trage zur Aufklärung bei, indem ich zum Beispiel Folgendes tue. Herr Minister, Sie kennen ja die Leute – entweder sind sie jetzt noch


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 95

immer in Ihrer Umgebung, oder Sie kennen sie von früher her, oder sie sind woanders im Bereich der ÖVP tätig –, fragen Sie sie doch: Habt ihr das gemacht?

Wenn Vizekanzler Molterer sagt, er wollte das nicht, es ist nicht in seinem Auftrag passiert, was Herr Haidinger da behauptet, nämlich dass Unterlagen an den ÖVP-Klub gelangen sollten, wieso fragt dann niemand von Ihnen: Wer war das? Wer könnte, sozusagen hinter unserem Rücken, solche Dinge veranlasst haben? – Das wäre doch ein Beitrag zur Aufklärung, Herr Minister! Aber nicht, hier eine Dreiviertelstunde über Gott und die Welt zu reden und das alles möglichst auszublenden.

Auch zum BIA muss man etwas sagen. Wenn Sie die „Kleine Zeitung“ von heute aufschlagen, Herr Minister, da haben Sie einen Fall drinnen: „Gustav zwa prüft Gustav ans“, heißt dieser Bericht. Da wird wieder ein Fall aufgezeigt, in dem das BIA, freund­lich gesagt, seltsame Dinge macht. Man hat sich offensichtlich mit einer falschen Begründung einen Auftrag zur Telefonüberwachung von zwei Personen geholt und hat dann in dem gleichen Rahmen ohne jede Erlaubnis auch völlig Unbeteiligte abgehört, Herr Bundesminister. Das war auch das BIA – hier dokumentiert in der „Kleinen Zeitung“.

Ich meine, da stinkt doch wirklich etwas zum Himmel! Das sind Dinge, bei denen man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und sagen kann: Das war nichts.

Die Gesamtlage ist doch, glaube ich, folgendermaßen. Der Begriff, den ich hier ver­wende, ist auch wieder nicht von mir, sondern das schreiben Medien und Journalisten. Es ist jetzt das zweite Mal, dass ich das höre; früher ging es um Jörg Haider, aber jetzt ist dieser Begriff wieder bekannt geworden: die „Buberlpartie“ im Innenministerium, beginnend mit Strasser. Es kommen ja die meisten aus Niederösterreich, dort haben sie gelernt, wie man sozusagen mit einem Beamtenapparat umgeht. (Bundesrätin Roth-Halvax: Hallo! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben sich das dann dort hergerichtet.

Dann gibt es das Finanzministerium, die Finanzmarktaufsicht, alles zur gleichen Zeit. Dort sind ein Schüssel-Sekretär und ein Grasser-Sekretär drinnen, und da gibt es ganz offensichtlich zur gleichen Zeit – so stellt sich mir das dar – ein Zusammenspiel all dessen. Kollege Schennach hat schon darauf hingewiesen: Genau zur gleichen Zeit kommt es zu 256 Abfragen zu den Krediten der SPÖ, und das Ganze geht dann natürlich in die Medien. Genauso hat es sich in Ihrem Haus, unter Ihren Vorgängern, offensichtlich auch in der Polizei abgespielt.

Wozu führt das, Herr Minister? – Man versteht, dass eben jetzt schon 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher einen Untersuchungsausschuss wollen, und ich glaube ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Vorhin haben Sie gesagt: 50 Prozent!) Nein, 60 Pro­zent; dann habe ich mich vorhin versprochen. (Bundesrat Dr. Kühnel: In 10 Minuten sind das 10 Prozent! – Bundesrat Konecny: Wenn der Herr Minister ...! – Weitere Zwischenrufe.) Wenn das so ist, Herr Kollege, dann habe ich mich vorhin versprochen; das habe ich ohnehin gesagt. Aber Sie können es morgen im „Format“ nachlesen, es ist ja nicht von mir. 60 Prozent sind es laut „Format“, die das wollen, und wenn die Dar­stellungen seitens der Zuständigen weiter so sind wie heute, dann werden es, be­fürchte ich, täglich mehr.

Herr Minister, ich verstehe jedenfalls, dass immer mehr Bürger auch so denken: Was heißt das für mich? – Die Bürger registrieren das und sehen, was für ein Konglomerat von ganz sensiblen Bereichen sich hier sozusagen herausbildet, in der Finanzbehörde, wo man sehr persönliche Daten über jeden Österreicher gespeichert hat, und noch mehr natürlich in der Polizei.


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Ich verstehe, dass da immer mehr Bürger die Sorge bekommen: Was ist, wenn ich mit denen, mit dieser Partie oder wem auch immer, in Konflikt gerate? Was passiert mir dann? Geht es mir dann genauso? Wird mein Steuerakt durchfahndet und möglicher­weise gegen mich verwendet? Wird möglicherweise mein Telefon überwacht? Schickt man möglicherweise die Sonderermittler des Innenministeriums zu mir, zu meiner Familie oder zu mir in die Firma, wenn ich mich mit denen anlege? Ist hier sozusagen eine Gruppe, ein Staat im Staat im Entstehen oder schon entstanden? Oder wird, wie heute behauptet wird, auch der Strafregisterauszug für politische Zwecke verwendet? Oder vielleicht sogar die Anzeigenstatistik, wie es jemand schon einmal gemacht hat? Kann es sein, dass das irgendwo auftaucht, wenn ich mich mit dieser Gruppe anlege?

Das ist es, was die Bürger so besorgt macht, warum die Bürger so genau darauf schauen, was sich hier abspielt, und warum das die Bürger neben der strafrechtlich relevanten Aufklärung und der kriminalpolizeilichen Aufklärung verlangen. Das ist ja der einzige Punkt, mit dem sich die von Ihnen eingesetzte Kommission befasst: die kriminalpolizeiliche Aufklärung. Da ist von der Politik noch nichts drinnen, und daher verlangen immer mehr Bürger, aus meiner Sicht zu Recht, auch die volle politische Aufklärung.

Herr Minister, zusammenfassend stelle ich Folgendes fest: Was Sie heute hier, jeden­falls fürs Erste – Sie haben ja auch noch während der Dringlichen Anfrage eine Möglich­keit –, geboten haben, das ist zu wenig, Herr Minister. Das ist viel zu wenig! Über die Frage, wer die politische Verantwortung für den Verdacht des Missbrauchs von Finanz und Polizei gegen andere Parteien trägt, wird, so meine ich, in diesem Haus auch an anderer Stelle noch sehr viel zu reden sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

15.16

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Platter. – Bitte, Herr Minister.

 


15.16.55

Bundesminister für Inneres Günther Platter: Sehr geehrtes Präsidium! Meine Damen und Herren! Ich sehe mich aufgrund der Aussagen, die jetzt gemacht wurden, veranlasst, hier noch einige Ausführungen zu tätigen.

Wenn Sie sagen, Herr Bundesrat, es ist zu wenig, viel zu wenig, so glaube ich, dass Sie sich das aufgeschrieben haben, bevor ich meine Ausführungen getätigt habe. Sonst kann man nicht solche Aussagen treffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie sagen, dass ich die Tragweite dieser Fälle nicht erkannt habe, so möchte ich das in aller Deutlichkeit zurückweisen. Sie können mir glauben: Ich weiß, worum es sich hier handelt! Und ich sage Ihnen, es ist eine äußerst unangenehme Situation, wenn solche Vorwürfe und Behauptungen gegeben sind, die einfach im Raum stehen.

Deshalb haben wir alle eine Verpflichtung – auch Sie, Herr Bundesrat –, dass jetzt jene zu Wort kommen und jene handeln, die dazu befugt sind. Das ist einerseits die Staatsanwaltschaft, denn alle Vorwürfe und Behauptungen liegen bei der Staats­anwalt­schaft. Da können wir alle hier keine Bewertungen durchführen, wenn wir nicht klar wissen, wie die Staatsanwaltschaft die Entscheidungen trifft. Es gilt für Sie, für mich und für alle Bürger hier in Österreich die Unschuldsvermutung.

Zum Zweiten: Die Evaluierungskommission hat klare Aufträge erhalten, dass alles durchsucht wird, auch bis dorthin, wo es die Evaluierungskommission betrifft, damit man diese Tatsachen auf dem Tisch hat und damit man auch weiß, warum die Evalu­ierung nicht zu dem Zeitpunkt gemacht wurde, wie er jetzt in der Öffentlichkeit dis­kutiert wird.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 97

Ich habe Ihnen bereits mitgeteilt, dass es einfach falsch ist, dass diese Vorverurteilung stattfindet. Was Sie hier jetzt machen, sind reine Vorverurteilungen. Es ist notwendig, dass unabhängige Gerichte Entscheidungen treffen, und es ist nicht machbar, dass ein Innenminister, wenn Dinge und Vorfälle, aber womöglich auch strafbare Handlungen bei der Staatsanwaltschaft vorliegen, hier eine Bewertung macht. Das geht ja komplett an der Sache vorbei, und das ist für einen Innenminister natürlich nicht möglich.

Was Dr. Vranitzky betrifft, werde ich bei der Dringlichen Anfrage noch näher darauf eingehen. Ich möchte Ihnen dazu nur sagen, dass die Staatsanwaltschaft den Auftrag erteilt hat, dass man Vranitzky zu dieser Situation einvernimmt und dass hier seriös und vorsichtig vorgegangen wird. Ich werde Ihnen letztlich auch während der Dring­lichen Anfrage noch einige Informationen dazu geben.

Was den Brief an die Polizistinnen und Polizisten betrifft: Dieser war sehr notwendig! Denn es ist klar, dass die Polizistinnen und Polizisten, aber auch die vielen Ermittler, die tagtäglich großartige Arbeit leisten, verunsichert sind, dass sie nicht wissen: Wie sollen wir uns aufgrund der gesamten öffentlichen Diskussion weiter verhalten?

Dabei möchte ich hier nicht irgendwelchen Parteien eine Schuld zuweisen; ich mache das einfach nicht. Aber wichtig ist, dass die Polizistinnen und Polizisten eines wissen: Wir stehen hinter ihnen! Das ist dringend notwendig, denn das, was Sie hier machen, sind natürlich auch Beschuldigungen im Hinblick auf den Fall Kampusch, dass hier Bewer­tungsfehler durchgeführt wurden.

Lassen wir jetzt die Kommission arbeiten, die letztlich ein Ergebnis erbringen wird, das für uns die Grundlage für die weitere Vorgangsweise sein wird. Diese Kommission wird im Falle einer strafrechtlichen oder dienstrechtlichen Relevanz auch die zuständige Be­hörde beziehungsweise die Staatsanwaltschaft verständigen und die Anzeigen vorneh­men.

Ich möchte Ihnen hier eine weitere Frage beantworten, was die Amtshaftungs­beurtei­lung betrifft. Da gibt es einige Fragen, die auch von Ihnen gekommen sind, und darauf kann ich Ihnen jetzt folgende Antwort geben. Die Umstände der Ermittlungsführung sind von der von mir eingesetzten Kommission zu erstellen, daher ersuche ich um Ver­ständnis dafür, dass ich dem Ergebnis wirklich nicht vorgreifen kann. Wofür brauche ich eine Kommission, wenn ich all diesen Dingen letztlich vorgreifen würde?!

Darüber hinaus wurde gefragt, warum ich Fiedler nicht dazu eingeladen habe; das war auch Ihre Frage. Es war mir wichtig, dass wir anerkannte Persönlichkeiten dafür ge­won­nen haben. Sie haben auch die Kompetenz von Herrn Präsidenten Adamovich nicht in Frage gestellt. Aber mir ist Präsident Fiedler persönlich bekannt, ich berate mich mit ihm und werde auch diesbezüglich, was die gesamte Situation BIA betrifft – dass ich dem einen zusätzlichen gesetzlichen Rahmen geben möchte, was auch die Weisungsfreiheit betrifft –, die weiteren Gespräche führen. Damit soll dies eine klare Antwort auf Ihre Frage sein.

Aber falsch ist es, wenn man glaubt, dass die Rechtmäßigkeit seitens des Büros für Internationale Angelegenheiten nicht gegeben ist. (Bundesrat Konecny: Interne Ange­legenheiten!) Die Einrichtung des Büros für Internationale Angelegenheiten ... (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) – Nein, hören Sie mir zu, Herr Bundesrat! Die Einrichtung des Büros für Internationale Angelegenheiten gründet auf dem Bundesministerien­ge­setz und dem Einführungserlass des BIA vom 31. Jänner 2001 in der Fassung vom 5. März 2003. (Bundesrat Schimböck: Heißt das jetzt „Intern“ oder „International“?) Aber ich habe gesagt, ich bin dabei, ich möchte das hier in einen anderen gesetzlichen Rahmen bringen.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 98

Geschätzte Damen und Herren, es wurde auch eine Entschuldigung an Natascha Kampusch erwähnt. Schauen Sie, ich habe schon zu Beginn, glaube ich, sehr klar gesagt, wie ich die Situation bedauere, wie schwierig es für dieses Mädchen, für diese junge Frau jetzt ist, wenn man aufgrund bestimmter Umstände Informationen erhält, dass man unter Umständen den Täter früher hätte fassen können, dass man dadurch diesem Mädchen einige Jahre ihres Lebens im Bereich des Gefängnisses hätte ersparen können. Ich bedauere es zutiefst.

Aber lassen wir jetzt noch dieser Kommission die Zeit, um alles aufzuklären, damit wir es auf dem Tisch haben. Dann werden wir über Ansprüche reden. Ich bin der Meinung, wenn es notwendig ist, wenn klar herausgestellt wird, dass es Bewertungsfehler gege­ben hat, werden natürlich auch Ansprüche gegeben sein. Dann muss man das natürlich sehr offensiv tun, damit hier auch die Republik Österreich entsprechende Maßnahmen setzt.

Es wurde auch immer wieder unterschwellig gesagt, dass das Büro für Interne Ange­legenheiten Franz Vranitzky ja problemlos hätte einvernehmen können, weil man weiß, wo er sich befindet. Ich habe mich erkundigt, denn es war auch für mich wichtig, zu wissen, wie das im Jahre 2006 war: Hat Franz Vranitzky Personenschutz gehabt? – Das ist ein wichtiger Punkt. Franz Vranitzky hatte bis zum Jahr 2000 Personenschutz, aber dieser Vorfall war im Jahre 2006. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Darüber hinaus darf ich auch auf den Fall Zogaj zu sprechen kommen. Eines ist klar, wenn Sie sich die Situation anschauen: Es ist dieses Faktum, das Sie mir vorgehalten haben, bereits vorher öffentlich in den Medien gewesen und nicht ... (Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Selbstverständlich, Sie können das alles nachlesen. Das werde ich natürlich, wenn es notwendig ist, auch dementsprechend belegen. Aber es wurde ohnehin von Abgeordnetem Pilz eine Anzeige erstattet. Es ist ein laufendes Verfahren, und dort werde ich natürlich die Argumentationen dementsprechend vor­legen.

Es wurden von Bundesrat Stefan Schennach – er ist jetzt leider nicht anwesend – einige Fragen gestellt, auch eine Frage betreffend das Rotlichtmilieu, zum Jahr 2006, als es 180 Anzeigen gegeben hat, angeblich gegen Polizisten. Ich möchte das aufklä­ren, das ist mir auch sehr wichtig.

Die absolute Zahl von 188 im Zusammenhang mit Anzeigen im Rotlichtmilieu gemäß §§ 215 bis 217 Strafgesetzbuch im Sicherheitsbericht 2006, Seite 231, bezieht sich auf die Gesamt-Anzeigen in diesem Bereich und nicht auf Polizistinnen und Polizisten. Gemäß meinem Kenntnisstand wurden im Jahr 2006 fünfzehn und im Jahr 2005 zwei Fälle an das BIA gemeldet, welche die gegenständlichen Paragraphen zum Inhalt hatten. Man darf das also nicht verwechseln: Die 188 waren die Gesamt-Anzeigen.

Zum Sicherheitsbericht 2005/2006: Sie haben es erwähnt und gefragt, warum es so große Unterschiede gibt. Im Prinzip muss man sagen: Wenn man die Bundesländer vergleicht, gibt es Unterschiedlichkeiten, aber es ist eher alles rückläufig. Im Jahre 2006 waren es im Burgenland minus 15 Prozent, aber es ist regional unterschiedlich.

Das ist genau der Grund dafür, Herr Bundesrat, dass wir immer wieder Strategie­gespräche durchführen. Ich war selbst dabei, als man sich in den Bundesländern die einzelnen Bezirke angeschaut hat: Wo krankt es? Wo gibt es ein Problem? Wo müs­sen wir uns neu aufstellen? Wo können wir punktgenaue Maßnahmen setzen?

Wir haben dann bestimmte Einsatzgruppen entwickelt, zur Bekämpfung der Straßen­kriminalität und so weiter, damit man auf die regionalen Problemstellungen ganz genau eingehen kann. Es ist mein Ziel, immer wieder solche Strategiegespräche mit den Beamten durchzuführen, damit wir die Kriminalität bestmöglich bewältigen können.


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Einen besonderen Punkt möchte ich, was den Sicherheitsbericht betrifft, zum Ab­schluss noch ansprechen. Es ist so, dass wir sehr auf Prävention setzen. Es ist eigentlich die klassische Aufgabe im Bereich der Kriminalität, im Bereich der Kriminal­beamten, dass die Kriminalitätsbekämpfung und die Aufklärung von Straftaten durch­geführt werden. Aber die Prävention hat dieselbe Bedeutung, denn es ist wichtig, dass wir Straftaten verhindern!

Aus diesem Grund haben wir 300 Beamte im Bereich der Eigentumskriminalität als Prä­ventionsbeamte eingesetzt. Wir haben Suchtgiftkriminalitäts-Präventionsbeamte eingesetzt. Insbesondere bei der Jugendkriminalität gibt es 240 Präventionsbeamte, die in diesem Bereich tätig sind, damit wir Menschen aufklären, damit wir auch im Bereich der Jugendkriminalität, die angesprochen worden ist, eine Sensibilisierung in der Öffentlichkeit durchführen.

Wir haben im Herbst des letzten Jahres eine Aktionswoche in den verschiedenen Bezirken durchgeführt: „Jugend OK – bleib sauber“. Das ist also die Botschaft, eine positive Information an die Jugendlichen: Wir vertrauen auf die Jugendlichen, aber passt auf, dass man nicht einen Blödsinn macht, auch im Bereich des Vandalismus, wovon man im Leben eine Benachteiligung haben könnte.

Deshalb bin ich der Meinung, dass wir gut aufgestellt sind, gerade was die Sicherheit betrifft, und dass wir exzellente Polizistinnen und Polizisten haben. Wir werden diesen Weg konsequent fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Frak­tionszugehörigkeit.)

15.28


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich erteile ihm dieses.

 


15.28.19

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf meinen eigentlichen Redebeitrag eingehe, möchte ich etwas zum Kolle­gen Schennach sagen, auch wenn er im Moment nicht da ist. Er hat ein Zitat aus der Zeitung „Die Zeit“ verwendet und hat im Zusammenhang mit den Ereignissen der letzten Tage von „Watergate“ gesprochen.

Ich darf in Erinnerung rufen, dass es eine fürchterliche und ganz gemeine Unter­stellung ist, die Ereignisse in diese Richtung zu lenken, auch wenn er „Die Zeit“ zitiert hat. Denn „Watergate“, bitte, war damals, in den siebziger Jahren, ein Einbruch der Republikaner bei den Demokraten, um Informationsmaterial zu gewinnen. Ich hoffe, dass Sie so etwas den Ereignissen nicht unterstellen. – Erstens. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Zweitens ist dazu zu sagen, dass bei den Grünen im Parlamentsklub, wenn ich mich richtig erinnere, im Vorjahr eingebrochen wurde. Da wurde auch unterschwellig ange­deutet, ob das nicht vielleicht einen politischen Hintergrund haben könnte. Man hat dann das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung im Auftrag der Staatsanwaltschaft arbeiten lassen. Und was hat sich dabei herausgestellt, Herr Kollege Kalina? – Es war ein schlichter Diebstahl, und der Täter ist zumindest erst­instanzlich verurteilt worden.

Daher soll man, bitte, auch wenn man noch so erregt ist und etwas noch so dramatisch darstellen möchte, mit den Worten etwas vorsichtiger umgehen.

Herr Kollege Kalina, Sie haben heute einen Guinness-Buch-Rekord aufgestellt, indem Sie kein einziges Wort zur Tagesordnung gesagt haben – weder über den Sicher­heits­bericht 2005/2006 noch über das 18-Monate-Programm –, sondern nur über Ihre


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Befindlichkeit bezüglich Innenminister Platter gesprochen haben. – Dies erstens. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Zweitens: In aller Sachlichkeit und Nüchternheit möchte ich fragen – wir haben ja heute, und das dürfte Ihnen, Herr Kollege Kalina, bekannt sein, eine Dringliche Anfrage –, was diese Dringliche Anfrage danach noch an erhellenden Äußerungen in diese oder jene Richtung erbringen soll. (Bundesrätin Kerschbaum: Antwort haben wir noch keine! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Hauptsache für Sie ist offensichtlich, dass Sie das in diesen Tagesordnungspunkt hinein verpackt haben; das sehen Sie schon als gut so, der ORF hat Sie ja hier entsprechend gefilmt. Mein Debattenbeitrag wird in geringerem Ausmaß gefilmt, das ist ja klar. Sie, Herr Kollege Kalina, verwechseln offensichtlich das SPÖ-Parteisekretariat mit dem Bundesrat – und das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Dr. Gumplmaier: Verwechseln Sie nicht das Ministerbüro mit dem Parteisekretariat!)

Daher: Kehren wir zu etwas mehr Sachlichkeit zurück! Ich würde schon empfehlen, die Evaluierungskommission, die eingesetzt wurde, in Ruhe und zielstrebig arbeiten zu lassen. Wenn dann deren Bericht vorliegt, ist dieser zu beurteilen, eben in diese oder jene Richtung, und es sind dann sicherlich auch Konsequenzen zu ziehen.

Empfehlen würde ich auch, die Staatsanwaltschaft arbeiten zu lassen. Vielleicht ist durch die Ereignisse der letzten Tage in der Staatsanwaltschaft sichergestellt, dass ein gewisser Beschleunigungseffekt entsteht, denn wir haben ja gehört, dass, zumindest aufgrund der Zeitleiste, etwas schneller hätte vorgegangen werden können. – Das jetzt zum Formalen.

Noch einmal, was auch Herr Bundesminister Platter schon gesagt hat: Es gibt hiezu Gerüchte, Vorwürfe, Behauptungen, und es spielt da sicherlich auch eine Portion Neid und Missgunst mit. Ich weiß schon, das ist normalerweise das „Salz des Lebens“, wovon natürlich auch die Medien in hohem Maße leben. Aber trotzdem haben wir uns als seriöse Parlamentarier die Frage zu stellen, wo die Wahrheit liegt. Die Wahrheit können wir heute meiner Ansicht nach nicht umfassend beurteilen, aber das wird uns hoffentlich dann möglich sein, wenn die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft und der Evaluierungskommission auf dem Tisch liegen.

Ich darf jetzt an etwas erinnern, was ebenfalls eine Rolle spielt und was heute auch in der Diskussion mit dem Landeshauptmann von Tirol eine Rolle gespielt hat: die Gewal­tentrennung. Das Parlament macht dieses; die Staatsanwaltschaft, die der Judikative im weitesten Sinne zugeordnet werden kann, macht jenes; und dann wird man das zum geeigneten Zeitpunkt zusammenführen. Ich würde jedenfalls darum bitten, die Gewaltenteilung zu beachten.

Meiner Überzeugung nach hat Herr Bundesminister Platter – er ist im Moment nicht im Sitzungssaal, aber theoretisch kann er das dann noch erfahren – in seinen zwei Beiträgen hier eine umfassende und glaubwürdige Darstellung gegeben. Wir werden das dann sicherlich auch beurteilen, wenn die Berichte vorliegen. Für mich jedenfalls hat das glaubwürdig geklungen.

Folgendes möchte ich auch noch erwähnen, weil Herr Professor Konecny einer Einrichtung des Bundesheeres gegenüber mit Spott und Hohn gesprochen hat: Das soll man, bitte, nicht tun! Man soll niemanden verspotten und verhöhnen, eben so, wie das Herr Professor Konecny sehr kabarettistisch in Bezug auf seine Darstellung mit den BIA-Beamten und der Schwiegermutter des Alt-Kanzlers Vranitzky getan hat. (Bundesrat Schennach: Was hat das mit dem Bundesheer zu tun?)

Meine Damen und Herren, haben wir Achtung vor den Dienern der Republik! Auch Sie (in Richtung Grüne), Frau Kollegin, sind, glaube ich, Beamtin, daher werden Sie sicher­


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lich Verständnis dafür haben, dass man Beamten der Republik gegenüber mit einem gewissen Respekt auftritt. Und man soll sie nicht kabarettistisch darstellen – dagegen verwahre ich mich in ganz besonderem Maße!

Dazu möchte ich nur eines sagen: Österreich kann froh sein, dass es das BIA hat; es steht international sehr gut da. Ich weiß allerdings auch, dass das BIA nicht nur Freunde im Bereich des Bundesministeriums für Inneres hat, und zwar deswegen, weil es eben oft überraschend ermittelt, um diesen oder jenen Missstand aufzudecken. Das BIA ist übrigens eine Einrichtung, die es, glaube ich, bis zum Jahre 2001 nicht gegeben hat.

Noch einmal: Seien wir froh, dass wir das BIA haben und dass dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versuchen, stets ihr Bestes zu geben. Sie müssen eben oft rasch handeln und unter Umständen auch einmal zu etwas unkonventionelleren Mitteln greifen. Aber ich gebe Ihnen in einem Punkt recht: Wenn man der Meinung ist, dass das BIA eine gesetzliche Grundlage bekommen soll, dann können Nationalrat und Bundesrat entsprechend agieren, damit das erfolgt.

Nun zur eigentlichen Tagesordnung, und zwar was den Sicherheitsbericht und das 18-Monate-Programm der EU betrifft. Sehr herzlich bedanken möchte ich mich bei allen Beamtinnen und Beamten dieses Bereiches im Innenministerium, aber selbst­ver­ständlich auch bei denen des Justizministeriums, weil das ja ein gemeinsamer Bericht ist. Das ist doch, bitte, in Österreich geradezu eine Sensation, dass zwei Ministerien einen gemeinsamen Bericht herausgeben, noch dazu in diesem Umfang und in dieser inhaltlichen Qualität! Mir ist bewusst, dass wahrscheinlich Hunderte von helfenden Händen an der Erstellung dieses Berichtes mitgewirkt haben.

Dieser Bericht ist überdies ein interessantes Nachschlagewerk für jeden, der in der Politik tätig ist. Er zeigt jedoch auch die Probleme auf, mit denen Österreich, aber auch die EU konfrontiert sind. Ich begrüße es auch, dass in beiden Teilen ein Kapitel zu Inter­nationalem enthalten ist.

Nun zum 18-Monate-Programm der EU: Es ist sehr umfassend und ambitioniert. Das Einzige, was mir darin fehlt – wie ich das nach Brüssel übermitteln soll, weiß ich nicht; ich bin mir nicht sicher, ob man dort die Protokolle des Bundesrates liest, glaube das aber eher nicht –, ist ein Prioritätenkatalog, den man in dieses Programm aufnehmen sollte, statt einfach verschiedene Wünsche, die dort bestehen, sozusagen in einer Wurst herunterzuschreiben.

Was das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission anlangt, begrüße ich es ganz besonders, dass ein Legislativvorschlag betreffend eine allgemeine Rahmen­richtlinie in Bezug auf die Zuwanderung von Arbeitskräften erarbeitet werden soll; weiters ein Grünbuch über die Eröffnung der zweiten Phase der gemeinsamen Asyl­regelung – ich bin der Meinung, das ist für die EU ganz besonders wichtig – sowie ein Rahmenbeschluss über den Schutz von Zeugen und Personen, die bei Gerichts­verfahren mitarbeiten. Hier geht es vor allem darum, gegenüber der organi­sierten Kriminalität Flagge zu zeigen.

Weiters konzentriert sich der Rat auf die Bewertung der ersten Phase des gemein­samen Asylsystems und des Ausbaus der praktischen Zusammenarbeit. Dies geht ja auf eine österreichische Initiative anlässlich der österreichischen EU-Präsident­schaft zu­rück. Damals ist angeregt worden, bis zum Jahre 2010 ein europaweit einheitliches Asylrecht zu schaffen.

Versucht wird ferner, die Umsetzung der Folgemaßnahmen zur Durchführbarkeits­studie in Bezug auf ein Netz von Küstenpatrouillen im Mittelmeerraum sowie ein Sys­


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 102

tem zur Überwachung der südlichen Seegrenze zu etablieren. Das ist eine Maßnahme, die Europa sicherer macht.

Eine weitere Maßnahme, die zur Sicherheit beiträgt, ist die Bildung von Sofort-Ein­satzteams für Grenzsicherungszwecke, „Rapid Border Intervention Teams“ oder RABITs genannt. Anzuführen ist in diesem Zusammenhang auch die Vervollständigung des Schengen-Informationssystems II; das ist ebenfalls eine Maßnahme, die Europa sicherer macht.

Eine weitere Sicherungsmaßnahme ist die Evaluierung der europäischen Grenzschutz­agentur FRONTEX. Darüber hinaus möchte man die Entwicklung von integrierten und koordinierten Krisenbewältigungsregelungen der EU im Umgang mit grenzüber­schre­iten­den Krisen bewerkstelligen. Wir haben ja gesehen, wie notwendig das ist: Brände in Portugal, Brände in Griechenland et cetera. Ich hoffe auch, dass FRONTEX ent­sprechend evaluiert wird – das steht hier –, denn auch das ist eine Maßnahme, die Europa sicherer macht. Was FRONTEX anlangt, würde ich aber darum bitten, dass die personellen und materiellen Ressourcen, die von den Staaten gemeldet werden, dann, wenn die Kräfte abgerufen werden sollen, tatsächlich Europa zur Verfügung stehen.

Zuletzt möchte ich noch erwähnen, dass ein Sicherungspaket entwickelt werden soll, um kritische Infrastrukturen in Europa zu schützen – das sind zum Beispiel Strom­leitungen, Gasleitungen, Glasfaserkabel und so weiter –, damit auch in kritischen Situ­ationen die Verwaltung im weitesten Sinne effizient wirken kann.

Warum erwähne ich dieses Programm besonders? – Europa wird immer eine gewisse Verdrossenheit entgegengebracht, und das sind Maßnahmen, die seitens der EU unternommen werden, damit Europa sicherer wird und damit auch Österreich sicherer wird. Das ist auch notwendig, damit die EU von unseren Bürgerinnen und Bürgern mehr anerkannt wird. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.40


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bun­desrätin Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.

 


15.41.13

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Zuerst einmal zum Sicherheitsbericht: Auch ich möchte mich gerne bei den Beamten für diesen umfassenden Bericht bedan­ken. Da steckt sehr viel Arbeit, sehr viel Wissen dahinter, und wir sind froh, dass wir diese Berichte zur Verfügung haben.

Leider muss ich da gleich eine Kritik an Ihnen, Herr Minister, anfügen. Es ist schade und äußerst bedauerlich, dass dieser Bericht jetzt erst zur Diskussion steht. Dies ist gegen alle frühere Gepflogenheit, nach der das schon im Herbst der Fall gewesen ist, zumindest im Spätherbst. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Platter.) Ich hoffe, dass wir künftighin ... (Bundesrat Schöls: Früher war das vier Jahre später!) Ich hoffe, dass wir künftighin wieder zu dieser Gepflogenheit zurückkehren und diese Berichte im Herbst diskutieren können.

Es ist erfreulich, dass die Gesamtanzahl der Delikte und damit auch die Zahlen in einigen Bereichen zurückgegangen sind. Allerdings stellt sich, wenn man im Bericht liest, dass die Zahl der angezeigten Fälle um 2,6 Prozent zurückgegangen ist, auto­matisch die Frage: Bedeutet das, dass nur weniger angezeigt worden ist, oder ist tat­sächlich weniger passiert?

Leider ist auch die Zahl der aufgeklärten Fälle um über 4 Prozent zurückgegangen; auch eine Aufklärungsquote von rund 40 Prozent trägt nicht zur Beruhigung bei, auch wenn es in einzelnen Bereichen über 80 Prozent sind, was dann ja wieder erfreulich


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ist. Besonders arg ist die Situation in Wien: Mehr als ein Drittel aller Verbrechen wer­den in Wien begangen. Leider ist hier auch die Aufklärungsquote von 2005 auf 2006 von ohnehin schon mageren 29 Prozent noch einmal auf 28,5 Prozent zurückgegan­gen.

Natürlich passiert im Ballungszentrum wesentlich mehr als in allen anderen Bundes­ländern, aber dann sollten wir hier eben auch mehr Polizisten haben. Auf die 2 000 Po­li­zis­ten, die Bürgermeister Häupl im Wiener Wahlkampf 2005 gefordert hat, warten wir leider heute noch.

Erschreckend ist auch, dass die Anzahl der Verbrechen und Vergehen der 14- bis 18-Jährigen gestiegen ist. Wenn es auch keine überdimensionierte Zahl ist, bleibt es trotzdem erschreckend. Immerhin ist die Zahl der strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben durch Vierzehn- bis Unter-Achtzehnjährige von 6 220 auf 7 272 gestiegen. Auch Handlungen gegen fremdes Vermögen sind gestiegen, ebenso – erschreckend genug – sexuelle Übergriffe, erschreckend vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass wir hier von halben Kindern reden. Vierzehnjährige – ich weiß, manche sagen, das sind schon Teenager, ich als Mutter sage, das sind noch Kinder. Und die Achtzehn­jährigen? – Ja, da kann man streiten, ob sie halbe Kinder sind oder schon Erwach­sene, je nachdem, was man als Maßstab heranzieht, den rechtlichen Aspekt oder das eigene Erleben. Das überlasse ich jetzt jedem selbst.

Die Schulen tun hier natürlich schon auch einiges, und sie können auch einiges tun, aber wir müssen da schon auch immer wieder die Eltern in die Pflicht nehmen. Wir müssen auch manchen Eltern schon im Frühstadium der Erziehung dabei helfen, durch eine Art Elternschulung, mit dieser Aufgabe wirklich fertig zu werden.

Ebenso wenig beruhigend sind die kriminellen Organisationen, die ja heute schon besprochen worden sind, die im Bereich Menschenhandel und Drogenhandel zu finden sind. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Ausländer. Beim Menschenhandel muss man jedoch bedauerlicherweise sagen – zumindest steht das so im Sicher­heitsbericht –: Die Ausländer holen die Leute aus allen möglichen Ostländern her, und die Inländer beschäftigen sie dann. Eigentlich eine fatale Kombination, dass unsere Leute da auch mittun.

Dagegen nimmt sich der Zigarettenschmuggel schon ziemlich harmlos aus, auch wenn ich lese, dass 30 000 Stangen Zigaretten wöchentlich von und durch Österreich ge­schmuggelt werden.

Die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien finden sich überall in den vorders­ten Rängen, wo es um Verbrechen wie Menschen- und Drogenhandel geht, und mittlerweile haben sich bei den Russen schon die zweiten und dritten Generationen in der organisierten Kriminalität etabliert, wobei im Sicherheitsbericht auch angemerkt wird, dass auch eine erheblich erhöhte Gewaltbereitschaft besteht, was unser Sicher­heitsgefühl nicht gerade erhöht.

Dass Schengen so gut funktioniere: Na ja, klar, jeder Minister wird sagen, das funk­tioniert jetzt alles bestens. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Platter.) Ihre eigene Exekutive ist davon allerdings nicht so überzeugt. Allein, wenn wir uns die Aufklärungsrate bei Wohnungseinbruch anschauen – magere 7,4 Prozent! –, wundern wir uns nicht. Sie wissen, es sind in vielen Fällen ausländische Täter, die schneller – und das sagt auch die Polizei – wieder über die Grenze sind, als sie herinnen waren. Ein Exekutivbeamter hat in einem Interview gesagt, dass seit der Schengenöffnung, also der Schengenerweiterung im Dezember 2007 in den Oststaaten der Ansturm auf Reisepassausstellungen explosionsartig angestiegen ist und dass man auch hier mit entsprechenden kriminellen Elementen rechnet.


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Also: So beruhigt scheinen Ihre eigenen Leute nicht zu sein. Das heißt, es wäre schon sinnvoll, die Grenzkontrollen wieder zu verschärfen und sie nicht nur punktuell an eini­gen strategischen Punkten durchführen zu lassen, und selbstverständlich, Herr Minis­ter, brauchen Sie mehr Personal, damit die Exekutive gegen eine auch durch Kriminal­tourismus steigende Kriminalität wenigstens eine Chance hat.

Und nun zu dem, was heute bereits diskutiert worden ist: Herr Minister! So einfach, wie Sie es sich heute gemacht haben, finde ich, kann man es sich trotzdem nicht machen. Sie sagen: Die Vorwürfe betreffen alle Ihre Amtsvorgänger, denn das war schon vor Ihrer Zeit. – Stimmt! Sie sind aber jetzt Minister, diese Vorwürfe sind jetzt öffentlich erhoben worden, also müssen Sie jetzt dazu Stellung nehmen.

Da kann man nicht die Keule auspacken und sagen: Macht uns das Innenministerium nicht madig!, was ja dann eigentlich heißt, es darf überhaupt keiner mehr fragen, es darf keiner mehr etwas sagen. Das kann es nicht sein, dass ein Apparat schon madig gemacht wird, nur weil Vorwürfe im Raum stehen, die in der Öffentlichkeit sind, und die Öffentlichkeit will natürlich auch wissen, was da jetzt eigentlich dran ist und was nicht.

Wissen Sie, besonders tragisch ist das natürlich im Fall Kampusch. Frau Kampusch ist entführt worden und ist sechs Jahre in einem Gefängnis gesessen, und sie hört sich das jetzt an. Sie sagen: Ja, da ist eigentlich nichts dran, Fehler können eben pas­sieren. Selbstverständlich können Fehler passieren, und sie sind nur allzu menschlich. Trotzdem muss man sich das Bild dieser jungen Frau vor Augen halten, die ein Martyrium hinter sich hat und die das jetzt hört, dass halt Fehler passiert sind und man da leider nichts machen kann.

Sie haben wohl hier heute bedauert, was passiert ist, und auch, dass diese Pannen passiert sind. In den Zeitungen jedoch habe ich das eigentlich vermisst – sonst sind Sie ja auch nicht so zurückhaltend –, dass wirklich eine Entschuldigung kommt, auch wenn Sie die Pannen nicht unmittelbar selbst zu verantworten haben. Sie als Minister sollten aber sagen: Es tut uns unendlich leid, dass diese Pannen Frau Kampusch sechs entscheidende Jahre ihres jungen Lebens gekostet haben.

Wir werden uns ja dann im Rahmen der Dringlichen noch einmal darüber unterhalten. Nur so viel: Es war nicht nur so, dass unter Innenminister Schlögl die ersten Pannen passiert sind, das gab es dann schon auch unter Ihren Amtsvorgängern. Da hat es zweimal Hinweise gegeben – einmal von einem Polizeihundeführer, einmal von einem pensionierten Polizisten –, die ziemlich in die richtige Richtung gegangen sind.

Das Erschreckende ist aber eigentlich, dass 2006, als Natascha Kampusch endlich flüchten konnte, von Seiten Ihrer Amtsvorgängerin – und nur, weil sie bedauerlicher­weise gestorben ist, heißt das ja nicht, dass man das jetzt nicht mehr sagen darf – gesagt wurde, es habe keine Ermittlungsfehler gegeben. Das ist wie ein dritter Schlag ins Gesicht von Kampusch, wenn man behauptet, es hat keine Ermittlungsfehler gegeben. Und damit war damals die Sache auch schon wieder bereinigt.

Ich denke, damit kann man sich nicht zufrieden geben, und ich frage mich schon, wieso denn jetzt erst diese Evaluierungskommission kommt. Ich finde es ein bisschen unfair, dem Beamten, der nicht mehr bestellt wird, vorzuwerfen, er würde jetzt nur deswegen an die Öffentlichkeit gehen, weil er nicht mehr wiederbestellt wird. Er wusste das nach Ihren eigenen Aussagen, Herr Minister, seit 2005. Er hätte also damals schon die Gelegenheit gehabt, wenn er sich rächen ... (Bundesminister Platter: 2005?) – 2005 haben Sie ihm gesagt, dass er nicht mehr wiederbestellt wird. (Bun­desminister Platter: Ich nicht! – Bundesrat Mayer: Da war er ja gar nicht Minister!) Das ist ja völlig wurscht. (Bundesrat Mayer: Das ist nicht wurscht! Das ist vollkommener Topfen!) 2005, das ist auch heute hier schon gesagt worden, wusste er, dass er nicht


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wiederbestellt wird. Spätestens da hätte er reden können, wenn er sich rächen hätte wollen.

Man fragt sich allerdings schon, warum es jetzt, wo alles öffentlich ist, wo öffentlich darüber diskutiert wird, plötzlich die Evaluierungskommission gibt, auf die Haidinger schon einige Male gedrungen hat, die ihm aber immer wieder unter diversen Hin­weisen, die wir in der Folge bei der Dringlichen noch besprechen werden, verweigert worden ist. Und jetzt auf einmal geht es? Das hätte schon viel früher geschehen können!

Selbstverständlich sollen Fehler, auch wenn sie noch so tragisch sind und noch so bedauerlich für die Betroffenen, aufgearbeitet werden, um sie nicht wieder zu machen und zu wiederholen.

Ich frage mich auch, Herr Minister: Was ist so schlimm an einem Untersuchungs­ausschuss? Die strafrelevanten Aspekte werden von der Justiz zu prüfen und zu bewerten sein. Die politische Verantwortung, die es hier aber auch gibt, zu klären, dafür werden die Evaluierungskommission und auch der Sonderausschuss zu wenig sein. Da ist ein Untersuchungsausschuss im Parlament schon deshalb gut, weil unter Wahrheitspflicht ausgesagt werden muss, und tut man das nicht, ist das mit einer Strafe belegt. Das heißt, es wird sich jeder genau überlegen, was er tut.

Zum Zweiten: Entweder es ist an den Vorwürfen überhaupt nichts dran, dann steigen Sie wie Phönix aus der Asche und sagen: In meinem Ministerium war und ist alles in Ordnung, und keiner braucht sich mehr darüber aufzuregen, oder es ist etwas dran, dann gehört es aber wirklich aufgeklärt.

Das ist schon ein wesentlicher Punkt: Man muss gerade bei der Polizei, die wirklich ein sensibler Bereich ist, darauf achten, nicht so vorzugehen und bei jedem Vorwurf zu sagen, das machen wir unter uns aus, und es soll möglichst nichts an die Öffentlichkeit gelangen, denn gerade das schürt das Misstrauen. Wenn es Fehler gibt: Raus damit und entsprechende Konsequenzen ziehen! Dann haben die Leute Vertrauen, aber nicht, wenn man bloß an sie appelliert und ansonsten versucht, möglichst nicht darüber zu reden.

15.53


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Todt. Ich erteile ihm dieses und weise darauf hin, dass ich um 16 Uhr die Verhand­lungen zur Tagesordnung unterbreche. – Bitte. (Bundesrat Dr. Kühnel – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Bundesrates Todt –: Also kurz, Herr Kollege!)

 


15.53.53

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Herr Kühnel, Sie brauchen mir nicht zu sagen, wie kurz oder wie lange ich reden soll! Das mache ich dann schon selbst, Herr Kühnel! (Bundesrat Dr. Kühnel: 6 Minuten sind es noch!) Ist schon in Ordnung, Herr Kühnel. Danke für den Hinweis!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich werde mich be­mühen, mich beim Stellen meiner Fragen an den Herrn Bundesminister kurz zu fassen, und beginne gleich damit.

Zuvor möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Innenressorts sehr herzlich dafür bedanken, einen so hervorragenden Bericht erstellt zu haben, der einen sehr, sehr guten Überblick gibt. Es ist ja auch schon, gerade auch von Ihnen, Herr Kühnel, darauf hingewiesen worden, welch gutes Nachschlagwerk das ist.

Darüber hinaus ist es selbstverständlich, dass auch allen, die im Dienst der öffentlichen Sicherheit tätig sind, mein Dank gebührt, denn auch hier wurde hervorragende Arbeit


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geleistet. Nichtsdestotrotz gibt es aber eine kritische Situation, und der möchte ich mich gerne widmen.

Herr Bundesminister! Herr Dr. Haidinger hat im Innenausschuss des Nationalrates ausgesagt, dass es im Sommer 2006, also vor der Nationalratswahl, Weisungen aus dem Kabinett des Innenministeriums gegeben habe, die Ermittlungen in der Causa BAWAG rasch voranzutreiben und dies insbesondere gegenüber der SPÖ zu forcieren. Weiters wurde er beauftragt, Ermittlungsinhalte und geplante Vernehmungen insbe­sondere von prominenten Verdächtigen dem Kabinett zu übermitteln. Die sind in der Folge dann gesetzwidrig, unter Bruch des Amtsgeheimnisses ausgewählten Journalis­ten zugespielt worden. Dasselbe ist mit Unterlagen betreffend Geldflüsse – darauf ist vom Kollegen Kalina schon hingewiesen worden – von der BAWAG oder vom ÖGB an die SPÖ geschehen.

Was ist das? Was ist das sonst, wenn nicht ein Hauch von „Watergate“? – Herr Kühnel, „Watergate“ ist nicht nur das, wie Sie es erklärt haben, sondern es steht natürlich auch als Synonym für solche Vorgangsweisen. Was ist denn das? Hier wurde das Innenministerium ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Das war ein Einbruch, bitte!) Ja, wenn Sie das nur auf den Einbruch reduzieren, so ist das ein bisschen zu wenig. Es ist schon ein Hauch von „Watergate“ hier zu spüren. (Bundesrat Dr. Kühnel: Nein!) Na ja, eine andere Partei zu bespitzeln, was ist das sonst? Eine andere Partei im Wahlkampf zu bespitzeln, was ist das sonst?

Dann sage ich es noch viel deutlicher: Das Innenministerium ist von einem Partei­sekretariat missbraucht worden, nämlich vom Parteisekretariat der ÖVP. Und diese Vorwürfe gibt es ganz einfach, und Sie haben dazu noch nicht Stellung genommen, Herr Bundesminister! (Bundesrat Schöls: Das Innenministerium haben die längste Zeit Sie gehabt!)

Herr Schöls, darf ich Ihnen einen ganz Unverdächtigen zitieren? Herrn Filzmaier, der ein Buch geschrieben hat, möchte ich ganz gerne zitieren im Hinblick darauf, wie das funktioniert, wie das geht.

Medien sind für Gerüchte sehr anfällig. Die „Kronen Zeitung“ – im Verhältnis zur Bevöl­kerungszahl das größte Printmedium der Welt – behauptet im Juni 2006: Es gibt wilde Gerüchte, wonach ein BAWAG-Kredit in Millionenhöhe über eine ÖGB-Stiftung zur SPÖ geflossen und von den Geldinstituten für uneinbringlich erklärt worden sei. Paral­lel dazu hielt sich an Stammtischen hartnäckig das Gerücht, die ÖVP habe frühzeitig von der BAWAG-ÖGB-Affäre gewusst und die Bombe im Wahljahr hochgehen lassen. Das war im Nachrichtenmagazin „profil“ zu lesen.

Was wusste die Volkspartei vom Bankenskandal im Vorhinein? Sie hat den Ban­kenskandal für ihren Wahlkampf instrumentalisiert, aber nicht nur das. Das wäre nur natürlich. Selbstverständlich ist das eine Strategie, und das muss man zur Kenntnis nehmen, aber dass man dann auch die Beamten des Innenministeriums dazu verwendet, gegen die SPÖ zu ermitteln (heftige Zwischenrufe bei der ÖVP), und diese Beamten des Innenministeriums das dann öffentlich machen und Sie dazu keine Antworten geben, Herr Bundesminister, das sind die Fakten! (Beifall bei der SPÖ.)

Wie sollten nach Ihrer Ansicht diese dargestellten Sachverhalte betreffend gesetzwid­rige Verwendung eines der sensiblen Behördenapparate zur Schädigung einer politi­schen Partei im Wahlkampf insbesondere in Hinsicht auf die politische Verantwort­lichkeit geklärt werden? Wie sollte das geklärt werden?

Wir hätten gerne Antworten: Handelt es sich dabei um einen Alleingang von Kabinetts­mitarbeiterInnen, oder waren diese Aktivitäten von der Ressortspitze her gedeckt beziehungsweise angewiesen? Das würden wir gerne wissen.


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Welche Personen im Kabinett haben Haidinger angewiesen, die Ermittlungen im BAWAG-Fall vor dem Wahlkampf zu beschleunigen? Welche Personen im Kabinett haben Haidinger angewiesen, die Ermittlungen in Richtung SPÖ zu verstärken? Welche Personen im Kabinett haben Haidinger angewiesen, Ermittlungsakte im Kabi­nett vorzulegen? Welche Personen im Kabinett haben Haidinger angewiesen, Ladungstermine von prominenten Verdächtigen an das Kabinett zu übermitteln?

Der Herr Bundesminister hat bisher keine Antworten auf diese Fragen gegeben, daher stelle ich diese Fragen weiterhin.

Ist es richtig, dass dafür, wie Dr. Haidinger ausführte, Bernhard Treibenreif und And­reas Pilsl verantwortlich waren? Welche Personen im Kabinett haben solche Unter­lagen gezielt an Journalisten weitergeleitet? Gab es dafür einen Auftrag durch die Bundesministerin? Welche Funktion hat Bernhard Treibenreif gegenüber dem Leiter des Einsatzkommandos Cobra? Gab es für diese Funktion eine Ausschreibung? Wie viele Personen haben sich beworben? Wie war die Reihung der BewerberInnen? Welche Funktion hat Andreas Pilsl, gegenwärtig Landespolizeikommandant von Ober­österreich? Gab es für diese Funktion eine Ausschreibung? Wie viele Personen haben sich beworben? Wie war die Reihung der BewerberInnen? – Alles Fragen, die Sie uns beantworten können, hier und heute.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Herr Bundesrat, ich darf Sie darauf hin­weisen, dass es bereits 16 Uhr ist.

 


Bundesrat Reinhard Todt (fortsetzend): Ich unterbreche gerne meine Rede und setze dann fort. Ich habe noch einige Fragen mehr. (Bundesrat Schöls: Das ist eine gefähr­liche Drohung!) – Das ist keine gefährliche Drohung, Herr Schöls! Sie wissen ja: Das „System Niederösterreich“ ist überall. (Beifall bei der SPÖ sowie Rufe: Genau!)

16.01


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich unterbreche nunmehr die Verhand­lun­gen zur Tagesordnung.

16.01.25Dringliche Anfrage

der Bundesräte Stefan Schennach, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Missbrauch des Innenminis­te­riums für parteipolitische Zwecke (2595/J-BR/2008)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zur Behandlung der Dringlichen Anfrage.

Da die Dringliche Anfrage inzwischen allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Schennach als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.


16.01.51

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Da die „Parlamentskorrespondenz“ die Öffentlichkeit per Aussendung ausführlich über die Befragung des BKA-Chefs Haidinger informiert hat, stellen wir Ihnen diese in der Begründung eben jener Dringlichen Anfrage betreffend Missbrauch des Innenministeriums für parteipolitische Zwecke voran.

Die Aussagen des Ex-Kripochefs Herwig Haidinger machen – das zeigt auch die öffentliche Diskussion – eine Reihe von Rückfragen notwendig. Der Präsident des Beirates von Transparency International Austria, der langjährige, über alle Partei­gren­


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 108

zen hinaus geschätzte frühere Rechnungshofpräsident Franz Fiedler meinte vor weni­gen Tagen, die jüngsten Vorwürfe würden über das „Übliche, das als Kleinkorruption bezeichnet werden kann“, hinausgehen.

Und Fiedler weiters: „Wenn es stimmen sollte, dass Erhebungen davon abhängig sind, ob sie politisch opportun oder politisch nicht opportun sind, dann ist Gefahr im Verzug.“ – Dann würde es sich um strafbare Handlungen bis hin zum Missbrauch der Amtsgewalt handeln, meinte Fiedler.

In der heutigen Diskussion, von der die Dringliche nur der zweite Teil ist, war deutlich zu vernehmen, dass man dem 54-jährigen, bisher untadeligen Beamten Herwig Haidinger quasi unterstellt, so lange geschwiegen zu haben, bis klar gewesen sei, dass er nicht mehr zum Kripo-Chef ernannt wird. (Zwischenruf des Bundesrates Bierin­ger.) – Niemand im Polizeiapparat, Herr Kollege Bieringer, ist so schnell die Karriere­leiter hinaufgestiegen wie der oberösterreichische Polizist Herwig Haidinger, der noch dazu einen interessanten Ausbildungsweg vom Mechaniker bis zum späteren Studium der Rechtswissenschaften absolviert hat.

Offensichtlich ist das heute der Tag, an dem die ÖVP Probleme hat mit Menschen aus ihren eigenen Reihen, die etwas aufbegehren; wir hatten das ja auch heute Früh mit Hans Ager. Auch Franz Fiedler, der davor jene von mir zitierten Passagen geäußert hat, stammt aus der ÖVP.

Herwig Haidinger, dem die Republik diese Aussagen verdankt, verdankt in dem Sinne, dass solche Aussagen letztlich dazu dienen, Korruption oder ein System von Miss­brauch zu untersuchen und dieses System zu verändern: im Sinne dessen, wie die Bevölkerung erwarten kann und wie auch die Beamtenschaft erwarten kann, dass ein Behördenapparat funktioniert.

Dieser Herwig Haidinger war Sicherheitssprecher der Linzer ÖVP, und er wurde im Jahre 2000 von dem damals ganz jung im Amt befindlichen Innenminister Ernst Strasser in dieses Amt berufen. Zu diesem Zeitpunkt war Haidinger Chef der ober­österreichischen Staatspolizei.

Der Amtsstil Haidingers – und das wird vielleicht Herr Innenminister Platter bekräftigen, trotz aller Verärgerung, die er über seinen Mitarbeiter verspürt – wurde immer als unspektakulär, aber sehr professionell bezeichnet; ebenso, dass Herr Haidinger ein Beamter ist, dem die Spielregeln wichtig sind. Wenn ich noch einmal auf das zuvor Gesagte zurückkommen darf, sagte Haidinger: Ich bin auf die Republik vereidigt, und es gibt eine Grenze; eine Grenze will ich nicht überschreiten.

Dieser Herr Haidinger sagte in den Medien: „Wäre ich ... biegsam, würde ich gut ver­dienen“, und er hätte Ruhe, denn man habe ihm ja auch einen sehr interessanten Job angeboten.

Herwig Haidinger weiter: Die würden mir – das ist jetzt eine weitere Aussage, Herr Minister Platter – gerne etwas nachweisen, aber ich war nie korrupt!

Das ist, glaube ich, eine Aussage, die diesen Beamten der Republik ... (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.) – Sie müssen nicht immer, wenn jemand aus Ihren Rei­hen, Herr Bieringer, eine andere Meinung hat, ihn gleich in der ersten Minute fallen lassen. Vielleicht wäre ein Hinhören manchmal besser, und vielleicht wäre eine Hand­reichung da angebrachter, als zu sagen, mir kommen die Tränen, und wir haben mit dem nichts mehr zu tun! (Bundesrat Bieringer: Das hat niemand gesagt!) Das darf ich jetzt in meiner Rede weiter ausführen. Da sollte man nicht sagen: Er soll den Pelz nicht nass machen, der ihn wärmt als Beamten des Innenministeriums. (Bundesrat Mag. Him­mer: Frau Glawischnig hat zu Voggenhuber gesagt, es wäre besser, er würde den Mund halten! – Bundesrat Schöls: Der Langmut gegenüber Frau Lang­


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thaler ist ja auch enden wollend, oder? Wie steht es mit der Toleranz gegenüber Ihrer ehemaligen Parteifreundin Langthaler?) – Die Frau Langthaler sitzt ... (Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) – Nein, ist überhaupt nicht enden wollend, überhaupt nicht!

Da ist eine ganze Reihe von Vorwürfen am Tisch, Vorwürfe, die nachvollziehbar sind. (Bundesrat Mag. Himmer: Warum immer gleich vorverurteilen?) – Lieber Kollege Himmer, ich weiß nicht, was Sie haben! Seien Sie doch einmal bereit, wenigstens eine Minute zuzuhören! Ich weiß, es ist ein Problem der ÖVP. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) Die ÖVP versucht nun, das wegzuräumen.

Zuerst sagen Sie von der ÖVP, es sei „pietätlos“, sich die Amtsführung einer verstor­benen Ministerin nachträglich anzuschauen, ihre Handlungen in ganz bestimmten Bereichen noch einmal zu hinterfragen. – Das hat nichts mit Pietätlosigkeit zu tun, denn jeder Minister ist letztlich unabhängig davon, wann ihn diese Kontrolle über seine Ministerschaft erreicht oder nicht, dafür verantwortlich, wofür er in seinem Leben gestanden ist.

Hier liegen Fakten auf dem Tisch, die zum Teil, Herr Kollege Himmer, bereits durch erste Dokumenten, die bereits zugänglich sind, erhärtet wurden – gerade wenn wir, was heute schon lange diskutiert wurde und was ich in dieser Rede nicht mehr anziehen will, den Fall Natascha Kampusch anschauen. Hier gibt es die ersten Schriftstücke seit dem Jahre 1988. Eins, zwei, drei. Und Sie belegen  (Bundesrat Mag. Himmer: Haben Sie die Schriftstücke gesehen? Was ist daran so schlimm?) Sie sind bereits Teile, die die Aussagen des ehemaligen Kripo-Chefs Haidinger erhärten.

Zum Zweiten: der Vorwurf, dass Beamte angewiesen werden, aus Wahlkampfgründen Erhebungen an die politische Abteilung eines Ministeriums, sprich an das Kabinett zu geben, und der Beamte es dokumentieren kann, dass nach der Übergabe von Ermitt­lungsergebnissen, die alle ein Ziel hatten, nämlich der damals wahlwerbenden SPÖ zu schaden, diese in den Medien aufgetaucht sind. Hier haben wir einen doppelten Missbrauch: zum einen den Datenmissbrauch, der hier vermutet und als Vorhalt ge­stellt wurde, aus dem Kabinett (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer) und zum anderen, dass Beamte angewiesen werden, diese Erkenntnisse vorab an ein Minister­büro zu schicken. Dabei handelt es sich um den gesamten BAWAG-Komplex.

Herr Bundesminister, Ihre Verteidigungslinie bisher war die, im Falle Natascha Kam­pusch und der erdrückendsten Unterlagen, die derzeit vorliegen, weil hier erste Dokumente vorhanden und auch an die Öffentlichkeit gekommen sind, eine Kom­mission einzurichten. Sie haben heute des Langen und Breiten erklärt, warum diese Kommission im Wesentlichen unabhängig ist. Aber sie besteht aus zwei Beamten, die, wie Kollege Konecny heute schon einmal ausgeführt hat, einen Teil als weisungs­gebundene Beamte erledigen, sich dann, wie Kollege Konecny gesagt hat, den Schlips abnehmen und in die weisungsfreie Kommission gehen.

Das ist eine Konstruktion, auch wenn der ehrenwerte und über alle Grenzen hinweg geschätzte Präsident Adamovich ihr Vorsitzender ist, das ist eine Kommission, die nicht jene Unabhängigkeit hat, Herr Bundesminister ... (Bundesrat Mag. Himmer: Die der Peter Pilz hat, sagen wir es doch! Der Peter Pilz ist super, weil der den Überblick hat!) – Herr Kollege Himmer, ich mache mir ein bisschen Sorgen über Ihren Blutdruck. (Zwischenruf des Bundesrates Schöls.)

Sie, Herr Kollege Himmer, sitzen da vorne wie ein kleiner Giftzwerg und versuchen so alle fünf Minuten, zu sagen: Nein, einmal ist es Peter Pilz, einmal ist es der oder der! Es ist ein Skandal der ÖVP (Bundesrat Mag. Himmer: Was denn?), es ist ein Skandal im Dunstkreis der ÖVP! (Bundesrat Mag. Himmer: Was denn? Der BAWAG-Skandal? Der Peter Pilz?)


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Es geht nicht um den BAWAG-Skandal, sondern um den Missbrauch von Ermittlungen, um den Missbrauch von Fakten. Um das geht es. Die BAWAG-Untersuchung ist eine ganz andere Ebene. Was wir hier haben ist die Verantwortung eines Ministers oder mehrerer Minister und die Verantwortung von Behörden. (Bundesrat Mag. Himmer: Aber dem Adamovich weniger Objektivität als dem Peter Pilz zukommen zu lassen! Das ist doch lächerlich! Lächerlich! – Bundesrätin Kerschbaum – in Richtung des Bun­desrates Mag. Himmer –: Warum meldest du dich nicht zu Wort? – Bundesrat Konecny: Ludwig, sag ihm, dass er auch gemeldet ist, dass er reden darf! – Heiterkeit bei SPÖ und Grünen. – Gegenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Sind wir wieder herunten? – Ich weiß, es tut weh. Es tut weh, Kollege Himmer, ja es tut weh. Ein Korruptionsskandal dieses Ausmaßes im Dunstkreis der ÖVP tut weh. (Bun­desrat Bieringer: Also das ist schon stark, Herr Kollege! – Zwischenruf des Bundes­rates Mag. Himmer.)

Das Innenministerium ist seit dem Jahr 2000 bei der ÖVP und alle Vorwürfe, die Herr Haidinger vorgelegt hat, betreffen die Ressortführung des Innenministeriums. Es dürfte vielleicht meiner Aufmerksamkeit entgangen sein, wenn seit 2001 ein Nicht-ÖVP-Ressortleiter dort vorübergehend Platz genommen hätte. Ist das so, Kollege Himmer? (Bundesrat Reisenberger: Nein!) – Nein. Ich beziehe mich hier auf jene in der „Par­lamentskorrespondenz“ dargestellten Behauptungen des ehemaligen Kripo-Chefs, die er im Innenausschuss des Nationalrates gemacht hat. (Bundesrat Mag. Himmer: Sie wollen einen Ausschuss! Sie wissen jetzt schon, dass es ein Skandal ist! Sie nennen das jetzt schon einen Skandal! Sie kennen jetzt schon das Ergebnis! Sie wollen dauernd untersuchen !) Ist da jemand anderer in der Ressortführung gewesen? (Bundesrat Mag. Himmer: Aber Sie nennen es jetzt schon einen Skandal, bevor Sie es untersucht haben! Und deswegen sage ich, wartet nicht auf die Untersuchungs­ergeb­nisse, sagt es gleich! Dann brauchen wir keinen Untersuchungsausschuss! – Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

Sie brauchen nicht zu klingeln; ich gebe Herrn Himmer gerne diese Zeit, da ich sie ja auch habe, und ich finde es immer förderlich, in einem Dialog, in einem Parlament, wenn jemand, der es nicht mehr aushält in den Reihen der ÖVP, mich einfach unter­brechen kann. Das dient dem Parlamentarismus und ist völlig in Ordnung. Also ich komme da schon klar. (Heiterkeit bei SPÖ und Grünen.)

Nur, das, was ausgesagt wurde, Kollege Himmer, ist mehr als am Anfang über die BAWAG bekannt war. Und da hat die ÖVP nicht nur geschrien, sondern durchs ganze Land getrommelt. (Bundesrat Mitterer: War die BAWAG kein Skandal? – Bundesrätin Kerschbaum: Die BAWAG war ein Skandal!) Und jetzt, wo ein viel härterer Vorwurf über die Ressortführung über Jahre vorliegt, ein auf die Republik Vereidigter, ein, ich weiß nicht  – Es gibt Äpfel, Birnen und Zwetschken. Sie versuchen jetzt, die Be­triebs­führung der BAWAG und den ÖGB mit der Frage, was ein Minister darf und was ein Kabinett darf und was Beamten zumutbar ist oder wo der Missbrauch von Beamten beginnt, ständig zu vermischen.

Wenn es Ihnen jetzt etwas hilft, Herr Himmer, und Sie ein bisschen runterkommen: Ja, die BAWAG war einer der größten Wirtschaftsskandale oder wahrscheinlich der größte Wirtschaftsskandal der Zweiten Republik. (Bundesrat Ager: War? Ist! – Zwischenruf des Bundesrates Stadler.– Und ist es noch immer. Aber die BAWAG fängt sich und die BAWAG hat Wege aus dieser Krise gefunden und steht heute als Bankinstitut eigentlich wieder ganz solide da. (Ruf bei der ÖVP: Indem sie alles Silber verkauft haben!)

Aber um das geht es nicht. Wir können auch über andere Dinge sprechen, über die Sie so gerne sprechen, ganz offensichtlich. Aber das ist ja die Strategie der ÖVP. Seit klar


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ist, dass an diesen Enthüllungen im Grunde kein Weg mehr vorbeigeht, kein Weg der Aufklärung vorbeigeht, seither werden Sie nervös. (Bundesrat Dr. Kühnel: Nein, über­haupt nicht, Herr Kollege! Geh bitte!) – Natürlich werden Sie nervös. Und wie Sie nervös sind!

Wenn wir uns des Weiteren die „Parlamentskorrespondenz“, die über diesen Aus­schuss berichtete, anschauen: Damit kommen wir zum zweiten Themenkapitel neben der BAWAG, den Ermittlungspannen und den mehrfachen Versuchen, diese Ermitt­lungspannen in den Jahren danach zu klären, die per Weisung mit dem Hinweis, es sei Wahlkampf, unterbunden wurden. Der Generalsekretär der ÖVP hat ja erklärt, Frau Prokop habe klug gehandelt. Damit liegt auch hier eine Bestätigung vor, denn offen­sichtlich weiß das Generalsekretariat der ÖVP ganz genau, was man im Innen­ministerium an der Spitze gewünscht und veranlasst hat.

Eines sollte man ja nicht, nämlich das Innenministerium mit dem Generalsekretariat der ÖVP verwechseln. Es würde jedem Amtsträger dort gut zu Gesicht stehen, immer zu wissen, in welchem sensiblen Ressort, nämlich dem Ressort, das das Gewaltmonopol in Österreich innehat, er sitzt. Das spielt jetzt auf den früheren Innenminister an, der beauftragt hat, Anwälte rechtlich zu verfolgen, weil sie sich für Asylsuchende stark gemacht haben. Auch hier wissen wir seit diesem Ausschuss mehr.

Nicht die zuletzt die Sache Vranitzky, die ja heute schon des Langen und Breiten abgehandelt wurde, und die berechtigt Fragen aufwirft und in der Öffentlichkeit auf­geworfen hat. Was ist mit diesem Büro für Interne Angelegenheiten los? – Ich teile nicht die Meinungen, die derzeit kolportiert werden, dass es das Beste wäre, wenn dieses, wie auch dessen Chef meint, weisungsfrei gestellt wäre. Also in dem Zustand, in dem sich das BIA derzeit befindet, ist das eher eine gefährliche Drohung. Ich halte die von einigen Rechtsanwälten vorgeschlagene Lösung, dass man das BIA, so wie es auch heute Justizministerin Berger meinte, eventuell der Staatsanwaltschaft zuführen sollte, für einen wesentlich interessanteren und richtigeren Vorschlag. Man sollte die Kontrolle eigentlich ja auch immer getrennt davon halten.

Nicht zuletzt stehen die Vorwürfe an den amtierenden Minister selbst im Raum, was die Familie Zogaj und den Bruch von Datenschutzbestimmungen betrifft, im Fall der sogenannten kriminellen Hintergründe dieser Familie, die der Minister selbst in der „ZiB 2“ angesprochen und das Ministerbüro in der Folge weiterverbreitet hat. Das heißt, man versucht hier, eine Familie zu kriminalisieren und einen Meinungsum­schwung gegen eine Familie zu inszenieren (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer) und einen Meinungsumschwung in der Bevölkerung, die sich eindeutig und klar für die Gewährung eines humanitären Aufenthaltstitels für diese Familie ausgesprochen hat, zu unterlaufen.

Meine Damen und Herren, eine Dringliche Anfrage wie die heutige ist wichtig, damit der Bundesrat als erste parlamentarische Kammer, die in einer Plenarsitzung zusam­mentritt, seit diese Vorwürfe am Tisch liegen, detaillierte Auskünfte des zuständigen Ressortministers bekommt. Ich habe auch Herrn Minister Platter heute schon dazu angeregt, diese Auskünfte ausführlicher zu gestalten, als es sonst seine Art ist. Ich empfinde die Einigung in der gestrigen Präsidiale des Nationalrats gelinde gesagt als eine Entscheidung, die nicht die Kontrolle befördert, sondern eher etwas hinausschiebt. Es zeigt einmal mehr, dass die ÖVP hier versucht hat, mit aller Macht diese Kontrolle möglichst weiter wegzuschieben. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Aber es hängt mit Sicherheit von der Auskunftsfreudigkeit des Herrn Minister Platter ab, ob es in nächster Zeit eine Sondersitzung des Nationalrats geben wird oder nicht. Wenn nämlich der Eindruck entsteht, dass hier nach wie vor große Überschriften mit viel Pathos und Ethos verbreitet werden, aber in der Sache selbst etwa der Wortlaut


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und die genaue Anzahl von Weisungen nicht dargestellt werden, dann kann das nur in eine nächste Form der Diskussion führen.

Es ist die Aufgabe der Opposition, zu kontrollieren und ihre Kontrollfunktion auszu­üben. Angesichts dessen, dass einer der Spitzenbeamten der Republik, immerhin der Chef der Kriminalpolizei, in einem Ausschuss des österreichischen Nationalrats diese Vorwürfe, Vorhalte und Darstellungen in sehr ruhiger, in sehr nachdenklicher und für ihn sicherlich äußerst überlegten Form erstmals zu Papier gegeben und damit auch einer breiteren Öffentlichkeit als der internen Öffentlichkeit des Ministeriums präsentiert hat, ist das eine Stufe, auf der die Opposition auf diese Kontrolle bestehen muss.

Meine Damen und Herren, eine Dringliche Anfrage ist ein wichtiges Instrument der Opposition. Aber ein ebenso wichtiges und dringliches Element einer qualitativen Untersuchung ist ein Untersuchungsausschuss, an dem in dieser Frage – und dieser Appell geht an die Reihen der SPÖ – kein Weg vorbeiführen kann. Nur Einblick in die Akten, das genaue Studium der einzelnen Fälle, die genaue Sichtung der Akten und Weisungen kann zeigen, was hier noch alles im Zusammenhang zu betrachten ist, was eigentlich erst durch das Aktenstudium bekannt werden kann. Das können und müssen wir durchsetzen.

Herr Bundesminister, die ÖVP wäre gut beraten, zu sagen, wir haben eine weiße Weste in dieser Sache und wir verweigern und blockieren nicht in allen Gremien und auf allen Ebenen einen Untersuchungsausschuss. Im Augenblick versucht man, der Öffentlichkeit eine Diskussion – auch das ist eine Form des Ablenkens – aufzuzwingen, indem man nämlich nur mehr diskutiert. Und das ist wahrscheinlich der Grund, warum die SPÖ hier Probleme hat: Gibt es Neuwahlen oder nicht, gefährdet dies die Koali­tion? – Dies ist angesichts jener Vorwürfe, die hier aus der Beamtenschaft kommen, das ist angesichts dessen, dass das eigentliche Ziel ein funktionierender Beamten­apparat und die Rückgewinnung des Vertrauens der Bevölkerung in die Exekutive und in die Behörde ist, eine Ablenkung.

Ich kann der SPÖ hier nicht ersparen, zu sagen, ihr müsst diese Hürde nehmen. Ich verstehe es nicht, dass man sich mit einem Sonder-Innenausschuss hat abspeisen lassen. Die etwas überraschte Justizministerin weiß zwar heute noch nicht, was sie im Sonder-Innenausschuss machen soll, aber er wurde eben auch mitbeschlossen. (Bundesrat Konecny: Sonder-Justizausschuss meinen Sie!) – Justizausschuss, ein Sonder-Justizausschuss wurde mitbeschlossen. Nur die Qualität der Untersuchung liegt einzig und allein im Untersuchungsausschuss und der Untersuchungsausschuss hat noch jene Qualität, dass jene, die befragt werden, unter Wahrheitspflicht stehen.

Meine Damen und Herren, angesichts dessen, was hier auf dem Tisch liegt, erwarten wir jetzt sehr, sehr genaue und exakte Antworten des Innenministers. Aber ich ver­heimliche nicht, dass unsere Forderung und auch unser Druck in Richtung der SPÖ in Richtung Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geht. Denn was verdient mehr eine Untersuchung, als der Verdacht, dass Beamte der Exekutive für parteipolitische Zwecke missbraucht werden? Dies verdient eine Untersuchung, die tatsächlich umfas­send und wahrheitsgemäß ist, und die zu Veränderungen führt. Denn wir erleben jetzt einen Umbruch und Veränderungen in der Beamtenschaft.

Eine Frage stellt sich natürlich in dem ganzen Zusammenhang und seit diesen Tagen neu: Was waren die wirklichen Gründe, warum ein bis dahin aus seiner Sicht und aus Sicht der ÖVP erfolgreicher Innenminister Strasser, nachdem er gerade das BIA ein­gerichtet hatte, über Nacht und blitzartig das Amt verlassen hat? – Dieser Vorgang – über den seinerzeit nicht nur Kollege Himmer gerätselt hat, warum das passiert ist, sondern im Grunde auch die Republik – erscheint jetzt noch einmal aufklärungs­bedürftig, und zwar  (Heiterkeit des Bundesrates Mag. Himmer.) – Kollege Himmer,


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 113

dieser Vorgang erscheint aufklärungsbedürftig. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Sie können zwar sagen, das ist Wahnsinn und das ist alles Blödsinn, nur: Es gibt bis heute keine Begründung, warum ein Innenminister über Nacht sein Ressort verlassen hat. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

16.32


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der an ihn gerichteten Anfrage erteile ich Herrn Bundesminister Platter das Wort. – Bitte.

 


16.32.23

Bundesminister für Inneres Günther Platter: Sehr geehrtes Präsidium! Meine Damen und Herren! Ich habe heute Vormittag schon eingehend in Bezug auf diese Vorwürfe, Behauptungen und Gerüchte eine Stellungnahme abgegeben. Den Medien entnehme ich, es war eine Dreiviertelstunde. Aber lassen Sie mich zusammenfassend, bevor ich die Fragen beantworte, noch etwas sagen.

Zum Ersten, was den Entführungsfall Natascha Kampusch betrifft, wissen Sie, dass ich mein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht habe, was dieses Mädchen in diesen achteinhalb Jahren mitgemacht hat. Ich habe Ihnen garantiert, dass wir alle Maßnahmen bereits ergriffen haben, dass eine lückenlose Aufklärung durchgeführt wird. Deshalb habe ich eine Evaluierungskommission installiert, die unabhängig ist, die weisungsfrei ist, damit hier natürlich die Objektivität gegeben ist. Garant dafür ist zweifellos der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Adamovich, ge­mein­sam auch mit Präsidentem Rzeszut und anderen Verantwortungsträgern, die in dieser Kommission tätig sein werden. Es ist natürlich die Unabhängigkeit gegeben und ich habe garantiert, dass eine uneingeschränkte Zugriffsmöglichkeit zu allen Akten und zu allen Notwendigkeiten im Innenministerium gegeben ist. Jetzt ist der Zeitpunkt, dass diese Kommission arbeitet. Lassen wir diese Kommission arbeiten!

Es ist vorgesehen, dass spätestens in vier Monaten ein Abschlussbericht erstellt wird, der dann diskutiert werden muss. Ich möchte nichts unter den Teppich kehren. Natürlich müssen wir das auch in der Öffentlichkeit diskutieren. Zum Zweiten hat Herr Adamovich festgestellt, dass sie auch beabsichtigen, eine Prioritätenliste zu erstellen, damit auch Zwischenberichte gemacht werden können, damit zu brisanten Fragen, zu denen derzeit in der Öffentlichkeit Diskussionen geführt werden, letztlich früher Infor­mationen von der Kommission zur Verfügung stehen. Es wird sicherlich eine gute Möglichkeit sein, den Abgeordneten im Innenausschuss am 26. Februar weitere Infor­mationen geben zu können – in Anwesenheit von, wie ich höre, Haidinger, aber auch des BIA-Chefs und darüber hinaus von Präsident Adamovich.

Der zweite Punkt betrifft die verschiedenen anderen Vorwürfe, die von Herrn Haidinger getätigt wurden, auch im Zusammenhang mit der Affäre und dem Kriminalfall BAWAG. Hier ist die Staatsanwaltschaft sehr engagiert tätig. Das Büro für Interne Angelegen­heiten arbeitet für die Staatsanwaltschaft. Ich habe Ihnen am Vormittag mitgeteilt, wie exakt und rasch die Arbeiten und Ermittlungen des BIA begonnen haben: Beginnend am 12. Juli, dass am 13. Juli letztlich schon eine Kontaktaufnahme gemacht wurde mit der Staatsanwaltschaft, 16. Juli, Gespräche zwischen BIA und Staatsanwaltschaft, wo letztlich auch die Ergebnisse übermittelt wurden. Auch, was die Situation Anfang Februar dieses Jahres betraf, hat es sofort am nächsten Tag Kontaktaufnahmen mit der Staatsanwaltschaft gegeben, damit eben das Büro für Interne Angelegenheiten im Namen der Staatsanwaltschaft die gesamten Erhebungen durchführt. Wie ich höre, gibt es bereits einen Bericht. Der Vorhabensbericht wurde genehmigt, dass die Staats­anwaltschaft ihre Tätigkeit voll durchführen kann.


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Ich glaube, es ist wichtig, dass die Unschuldsvermutung gilt, aber andererseits die Staatsanwaltschaft auch alle Dinge aufklärt. Ich kann Ihnen sagen, wenn irgendwelche Verfehlungen festzustellen sind, wird es keine Toleranz geben. Aber die Beamtinnen und Beamten und die Betroffenen haben ein Recht darauf, dass jetzt die Unschulds­vermutung gilt.

Der nächste Punkt: das BIA. Ich habe bereits mitgeteilt, dass das BIA von mir wei­sungsfrei gestellt ist, dass sie allen Vorwürfen nachgehen können. Es ist für mich sehr wesentlich, dass wir so eine Einrichtung haben. Aber trotzdem ist es mir wichtig, dass wir eine klare gesetzliche und verfassungsrechtliche Regelung haben. Es ist mir ein wichtiges Anliegen und es laufen derzeit die Vorarbeiten und es werden auch inter­nationale und nationale Experten miteinbezogen, damit wir dann gemeinsam auch mit dem Justizministerium zu einem guten und vernünftigen Ergebnis kommen. Denn mir ist wichtig, dass die Anti-Korruptionsbekämpfung gut funktioniert. (Bundesrat Bierin­ger: Das ist traurig, wenn man das sagen muss!)

Herr Bundesrat Schennach, da Sie sagten, Herr Haidinger hat gesagt, er war nie korrupt. – Herr Bundesrat, na selbstverständlich! Das erwarte ich mir auch von einem Beamten, dass er nicht korrupt ist!

Darüber hinaus möchte ich erwähnen, dass Österreich im weltweiten Ranking, was die Anti-Korruption betrifft, an 15. Stelle liegt. Somit glaube ich schon, dass hier ganz besonders intensiv gearbeitet wird. Mir ist es auch wichtig, dass wir noch einen Schritt weitergehen, denn es ist ein sensibler Bereich und da brauchen wir klare und gute Strukturen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte nun, da ich am Vormittag schon sehr lange die verschiedenen Bereiche ausgeführt habe, zu den Antworten kommen. Ich möchte die Fragen nun beantworten und ich glaube, dass im Rahmen meiner Möglichkeiten hier alles gesagt wird, was gesagt werden kann.

Folgendes möchte ich auch sagen: Ich werde auch hier keine Aussagen tätigen, die für mich nicht zu 100 Prozent nachvollziehbar sind. Alles, was hier debattiert wird, ist vor meiner Amtszeit gewesen. Deshalb werde ich den Fehler nicht machen, Äußerungen zu tätigen, von denen ich nicht zu 100 Prozent weiß, ob es so ist.

Aber ich werde nun nach bestem Wissen und Gewissen diese Fragen beantworten.

Frage 1 bezieht sich darauf, seit wann bekannt ist, dass der damalige Leiter des Bundeskriminalamtes, Haidinger, von den ehemaligen Kabinettsmitgliedern Bernhard Treibenreif und Andreas Pilsl angewiesen wurde, Geldflüsse von der BAWAG oder vom ÖGB an die SPÖ, welche aufgrund von Ermittlungshandlungen durch das BKA her­vorkamen, sofort zu berichten und Unterlagen dazu zu übermitteln sowie die Ermittlungshandlungen in diesen Angelegenheiten vor der Nationalratswahl zu beschleunigen.

Ich möchte diese Fragestellung nun aber zuerst richtig stellen: Bekannt sind zum gegebenen Zeitpunkt keine Fakten, sondern ausschließlich Vorwürfe, Anschuldigungen und Gerüchte des Herrn Haidinger. Diese als Tatsachen zu bewerten ist weder rechts­staatlich richtig noch fair gegenüber den mittlerweile öffentlich vorverurteilten Per­sonen.

Nochmals in aller Klarheit: In einem Rechtsstaat gilt die Unschuldsvermutung. Jetzt führt die Staatsanwaltschaft, wie bereits erwähnt, die Erhebungen. Es ist wichtig, dass man jetzt diese Situation bei der Staatsanwaltschaft lässt, wo gearbeitet wird. Wichtig ist darüber hinaus, dass am 31. März 2006 im Bundeskriminalamt eine Ermittlungs­gruppe BAWAG eingerichtet wurde. Seit Beginn der Erhebungen wurde von dieser intensiver Kontakt mit der Staatsanwaltschaft gehalten und im Hinblick auf die abseh­


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bare Dimension und die Bedeutung dieses Falles im Mai 2006 die SOKO personell verstärkt.

Zur Frage 2: Welche Schriftstücke, Aktenvermerke und so weiter liegen in diesem Zusammenhang in Ihrem Ressort vor und was ist ihr Inhalt?

Meine Damen und Herren, wie bei Kriminalfällen von besonderem öffentlichen Inter­esse üblich und notwendig, wurden selbstverständlich auch im Fall BAWAG Vor­gesetzte, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und das Ministerbüro über den aktuellen Fortgang der Ermittlungen informiert.

Im gegenständlichen Fall erfolgten ab April 2006 nahezu wöchentlich standardisierte Berichte – grundsätzlich via Generaldirektion –, vereinzelt wurde aus gegebenem An­lass zusätzlich informiert. Die Inhalte betrafen, wie bereits erwähnt, allgemeine Infor­mationen über den Fortgang der Ermittlungen sowie aktuelle Entwicklungen.

Beispielsweise wurde am 6. Juni 2006 über den Generaldirektor mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft Geldflüsse von der BAWAG an die SPÖ beim Leiter der SOKO BAWAG angefragt hat.

In einem anderen Fall wurde am 21. Juni 2006 der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit von Dr. Haidinger von acht unmittelbar bevorstehenden Hausdurchsuchun­gen im Auftrag des Landesgerichtes Wien unterrichtet – da ging es unter anderem um Elsner, Verzetnitsch und Weninger. Darin wurde von der Staatsanwaltschaft auf die Dringlichkeit der Durchführung hingewiesen, zumal die Medien von diesen Hausdurch­suchungen bereits Kenntnis hatten. – Diese Mail-Nachricht ging auch an das Minister­büro.

Zur Frage 3: „Wie beurteilen Sie diese Vorwürfe und welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Sachverhalt?“

Noch einmal: Es handelt sich hier um keinen Sachverhalt, sondern es handelt sich hier um Vorwürfe, Anschuldigungen, Behauptungen und Gerüchte. – Ich beurteile diese nicht, sondern eine Beurteilung erfolgt tatsächlich aufgrund von Fakten und Belegen. Die Staatsanwaltschaft ist jetzt am Zug und muss über die weiteren Schritte ent­scheiden.

Und es ist auch der Ansatz völlig falsch: Ein Innenminister ist nicht berechtigt, solche Dinge zu beurteilen, wenn die Staatsanwaltschaft damit beschäftigt ist.

Zur Frage 4: „Seit wann ist Ihnen bekannt, dass Haidinger vom damaligen Kabinetts-Chef Ita angewiesen wurde, Unterlagen aus dem Bundeskriminalamt an den ÖVP-Klub zu übermitteln, bevor sie an den BAWAG-Untersuchungsausschuss des Nationalrates gehen sollten?“

Auch dabei handelt es sich um eine Behauptung des Herrn Haidinger.

Die betroffenen Personen werden sich bei der Staatsanwaltschaft dazu äußern und dort ihre Informationen, Unterlagen und auch ihr Wissen zur Verfügung stellen, sobald sie die Gelegenheit dazu haben. – Dafür braucht es aber auch Vertrauen in die unab­hängige Justiz, also lassen wir, wie jetzt schon mehrmals erwähnt, die unabhängige Justiz auch in diesem Zusammenhang arbeiten!

Zur Frage 5: „Wer war die im ÖVP-Klub dafür verantwortliche Person, die die Akten beim Kabinett der Innenministerin anforderte?“

Die Akten wurden über den Weg der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit an die Parlamentsdirektion übermittelt; es gab keine Übermittlung an den ÖVP-Klub.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 116

Zur Frage 6: „Welche Schriftstücke (Akten, Aktenvermerke, Korrespondenzen etc.) liegen in diesem Zusammenhang in Ihrem Ressort vor und was ist ihr Inhalt?“

Die vom Ausschuss angeforderten Aktenkopien sind in mehreren Tranchen angefor­dert und via Boten von der Generaldirektion direkt der Parlamentsdirektion übergeben worden.

Zur Frage 7: „Wie beurteilen Sie diese Vorwürfe und welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Sachverhalt?“

Ich habe es schon gesagt: Ich beurteile diese nicht, sondern eine Beurteilung erfolgt aufgrund tatsächlicher Fakten und Belege! Die Staatsanwaltschaft ist jetzt am Zug.

Zur Frage 8: „Seit wann ist Ihnen bekannt, dass Haidinger aufgrund ,schlimmer Ermittlungsfehler‘ eine Evaluierung der Kampusch-Ermittlungen durchführen wollte, diese aber verhindert wurde?“

Meine Damen und Herren! Wie bereits erwähnt, werden diese Fragen über die Abläufe und Ermittlungen jetzt in der Evaluierungskommission zu klären sein.

Aber ich betone noch einmal: Es ist immer leicht, wie ich das schon am Vormittag gesagt habe, einen Kriminalfall von hinten zu lesen, wenn klar ist, wer der Täter war. Dann ist auch klar, ob und welche Hinweise zu diesem Täter passen. Aber zu einer Zeit, als tausende Hinweise gekommen sind und über 700 Überprüfungen stattgefun­den haben? – Das ist eine schwierige Angelegenheit! Ich halte also nichts von Vor­verurteilungen aufgrund des heutigen Wissensstandes: Zehn Jahre später sieht zweifellos alles anders aus.

Klar ist aber, dass die Kommission unter dem Vorsitz von Präsident Adamovich diesen und andere Aspekte und Vorwürfe genau evaluieren und beurteilen wird.

Es war immer klar, dass es eine Evaluierung geben wird! Evaluierungen werden dann durchgeführt, wenn ein Fall tatsächlich abgeschlossen ist. Das ist er nicht mit Bekanntwerden des Täters, sondern dann, wenn die Arbeit der SOKO tatsächlich beendet ist, wenn man sichergehen kann, dass keine neuen Hinweise und Verdäch­tigungen mehr dazukommen und die begleitenden Verfahren abgeschlossen sind.

Es ist im Übrigen international so, dass Evaluierungen erst dann gemacht werden, wenn der Aktendeckel zugemacht wurde. – Im Fall Kampusch sind selbst im Jahr 2007 immer wieder neue Theorien, Verdächtigungen und Hinweise aufgetaucht, speziell über die Medien, insbesondere durch Privatdetektive.

Zur Klarstellung: Herr Haidinger selbst hat den Hinweis aus dem Jahr 1998 erst nach dem Auffinden von Natascha Kampusch zur Sprache gebracht. Er selbst war ab dem Jahre 2000 Gruppenleiter für die Kriminalpolizei und dann, als das Bundeskriminalamt installiert wurde, ab dem Jahre 2002 für die SOKO Kampusch verantwortlich.

Zur Frage 9: „Wie beurteilen Sie diesen Umstand?“

Die Evaluierungskommission unter Vorsitz von Präsident Adamovich hat den Auftrag, eine genaue Evaluierung und Beurteilung vorzunehmen, und ich kann und werde hier nicht eingreifen, denn mir ist es wichtig, dass diese Kommission allein und unabhängig arbeitet.

Zur Frage 10: „Seit wann ist Ihnen bekannt, dass Haidinger von Kabinettsmitarbeiter Bernhard Treibenreif angewiesen wurde, im Fall Kampusch den hinweisgebenden Wiener Polizeihundeführer nicht zu befragen, weil die Ministerin nicht wolle, dass diese Person jetzt vernommen werde, weil ,dann diese Sache bekannt werden würde‘ und ,wir keinen Polizeiskandal vor der Nationalratswahl wollen‘?“


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 117

Das ist weder bekannt noch richtig, dabei handelt es sich um eine völlig falsche Behauptung.

Es hat – auch im Jahr 2007 – eine neuerliche Befragung des Hundeführers gegeben. Der Polizeihundeführer wurde konkret am 29. August 2006, also bereits sechs Tage nach der Selbstbefreiung von Natascha Kampusch, durch Mitarbeiter der Sonderkom­mission Kampusch persönlich befragt. – Das ist eine falsche Darstellung von Herrn Haidinger.

Zur Frage 11: „Welche Schriftstücke (Akten, Aktenvermerke, Korrespondenzen etc.) liegen in diesem Zusammenhang in Ihrem Ressort vor und was ist ihr Inhalt?“

Zu der in Frage stehenden Befragung wurde mit Datum vom 29. August 2006 ein Aktenvermerk angelegt. Der Polizist gab an, dass er damals – das war der 14. April 1998 – diesen Anruf im Sicherheitsbüro getätigt habe, er sei sich aber sicher, dass er dabei nichts von einem Hang der Person zu Kindern und ebenfalls nichts über Waffen im Haus Heinestraße 60 gesagt habe.

Zur Frage 12: „Wie beurteilen Sie diese Vorwürfe und welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Sachverhalt?“

Nochmals: Die Evaluierungskommission unter Vorsitz von Präsident Adamovich hat den Auftrag, eine genaue Evaluierung und Beurteilung vorzunehmen und auch lücken­los aufzuklären. Und wenn hier Umstände bekannt werden, die von dienstrechtlicher oder strafrechtlicher Relevanz sind, so wird die zuständige Behörde – sprich: die Dienst­behörde – und wenn notwendig auch die Staatsanwaltschaft informiert bezie­hungs­weise wird auch angezeigt.

Die Fragen 13 und 14 würde ich gerne zusammenfassen. Da geht es um folgende Fragestellungen: „Seit wann ist Ihnen bekannt, dass auf expliziten Wunsch des damaligen Innenministers gegen den im Menschenrechtsbeirat engagierten Rechts­anwalt Georg Bürstmayr eine Sachverhaltsdarstellung wegen angeblicher Schlepperei an die Staatsanwaltschaft übermittelt wurde, obwohl der damit befasste Beamte keiner­lei strafrechtliche Relevanz feststellen konnte?“ Und Frage 14 lautet: „Welche Schrift­stücke (Akten, Aktenvermerke, Korrespondenzen etc.) liegen in diesem Zusammen­hang in Ihrem Ressort vor und was ist ihr Inhalt?“

Meine Damen und Herren, dieser Vorwurf ist eine alte, auch bereits parlamentarisch abgehandelte Angelegenheit und hat mit den derzeitigen Untersuchungen nicht das Geringste zu tun. – Der damalige Sachverhalt betraf neben Rechtsanwalt Georg Bürstmayr auch die Rechtsanwältin Mag. Lorenz.

Wie sich zu Letzterer aus einem E-Mail-Verkehr vom 12. Oktober 2004 zwischen dem damaligen Direktor des Bundeskriminalamtes, Dr. Herwig Haidinger, und dem Mitglied des Kabinetts von Herrn Bundesminister Strasser ergibt, erfolgte die Übermittlung einer Sachverhaltsdarstellung zur rechtlichen Beurteilung an die Staatsanwaltschaft auf ausdrücklichen Vorschlag von Direktor Haidinger.

Dies baute auf einer rechtlichen Einschätzung des Bundeskriminalamtes auf, in der wörtlich ausgeführt wird: Damit kann zumindest von einem Versuch der Bestim­mungs­täterschaft, des Vergehens der Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze im Sinne des § 15 in Verbindung mit § 12 in Verbindung mit § 281 Strafgesetzbuch ausgegangen werden.

Zur Frage 15: „Wie beurteilen Sie diese Vorwürfe und welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Sachverhalt?“

Meine Damen und Herren, wenn ein Sachverhalt bekannt wird, der strafrechtliche Relevanz haben könnte, muss dieser angezeigt werden, und allein den Justizbehörden


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obliegt dessen Beurteilung. Daher ergab sich schon aus der für alle Sicherheitsbehör­den und alle Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes geltende Offizialmaxime, die zur amtswegigen Wahrnehmung der Strafrechtspflege verpflichtet, die Notwendigkeit zur Weiterleitung an die zuständige Justizbehörde.

Zur Frage 16: Das ist eine sehr lange Fragestellung und Sie haben ja die Unterlagen zur Hand. Dabei geht es um das BIA, aber auch um den Besuch des BIA bei der Schwiegermutter von Bundeskanzler Vranitzky.

Meine Damen und Herren, zur Klarstellung: Das Büro für Interne Angelegenheiten im Innenministerium ist erstens einmal weisungsfrei, und Sie haben gehört, welche Absicht ich in der Zukunft habe. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Zum Zweiten: Ermittlungen außerhalb des Innenressorts werden vom Büro für Interne Angelegenheiten ausschließlich im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchgeführt. BIA-Chef Mag. Kreutner hat bereits umfassend klargestellt, dass der Auftrag des BIA einzig und allein war, schnellstmöglich und so diskret wie möglich den Kontakt zu Vranitzky herzustellen. – Dieser Auftrag wurde vom BIA erledigt.

Das war die Auftragstellung seitens der Staatsanwaltschaft an das BIA, und das BIA musste das natürlich auch durchführen. Es ist völlig falsch zu sagen, das BIA hätte diesen Auftrag ablehnen können, wie das bereits heute Vormittag zum Ausdruck gebracht wurde. – Dann würden wir vielleicht andere Töne hier im Bundesrat hören.

Meine Damen und Herren, es gab dazu einen konkreten Auftrag der Staatsanwalt­schaft, schnellstmöglich und diskret eine Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung mit Dr. Vranitzky betreffend seine Einvernahme bezüglich die Vorwürfe von Dr. Flöttl, es habe einen Beratervertrag über 1 Million Schilling mit Dr. Vranitzky ohne ent­sprechende Gegenleistung gegeben, zu erreichen. Es wurde hier seitens Dr. Flöttl die Möglichkeit korruptiven Verhaltens in den Raum gestellt.

Die Anordnung der Staatsanwaltschaft hatte ihre Grundlage in § 88 StPO in der alten Fassung, wonach sie sich jeder Sicherheitsbehörde zur Führung von Vorerhebungen bedienen konnte. Gemäß § 36 Strafprozessordnung in der alten Fassung hatten die Sicherheitsbehörden diesen Anordnungen Folge zu leisten.

Seitens des Büros für Interne Angelegenheiten wurde der staatsanwaltschaftliche Auftrag ordnungsgemäß und im Sinne des Auftrages erfolgreich umgesetzt. – Und es ist absurd, hier andere Dinge zu behaupten.

Zur Frage 17: „Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um das beschädigte Ver­trauen der Bevölkerung in die rechtstaatlichen Institutionen wieder herzustellen?“

Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass jeder einzelne Vorwurf aufgeklärt wird. – Viele benützen die derzeitige Aufregung, um daraus ihren eigenen Nutzen zu ziehen. Rundumschläge werden ausgeteilt, Anschuldigungen gegen höchst anständige und zuverlässige Personen erhoben.

Ich verwahre mich entschieden dagegen, dass das gesamte Ressort und vor allem die großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Innenministeriums in diesen Sog an Vorwürfen und Schlechtmacherei hineingezogen werden! Sie leisten tagtäglich wichtige und hervorragende Arbeit für die Sicherheit in unserem Land, für das Innen­ministerium und die Republik Österreich, das muss uns allen klar sein. Sie alle haben es nicht verdient, dass ihre Leistungen und ihr Einsatz in ein schlechtes Licht gerückt werden!

Ich lasse mir die Arbeit der Beschäftigten des Innenressorts und die ausgezeichnete Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten nicht schlechtreden! Meine Damen und Herren, Pauschalverurteilungen sind weder angebracht noch fair!


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Zur letzten Frage, zur Frage 18: „Welches Gremium ist Ihrer Ansicht das geeignete, um im Sinne des von Vizekanzler Molterer vorgegebenen Mottos ,und ich sage glasklar dazu: Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung‘ die Klärung der politischen Verantwortung für die geschilderten Vorgänge vorzunehmen?“

Meiner Meinung nach ist der eingeschlagene und einstimmig in der gestrigen Prä­sidiale vorgeschlagene Weg der absolut richtige: einerseits die Arbeit der Evaluie­rungskommission, andererseits die der Staatsanwaltschaft. Es geht jetzt um tat­sächliche Fakten und Belege – alles muss auf den Tisch! Für mich ist klar: Alle Fakten müssen auf den Tisch, alles muss lückenlos aufgeklärt werden!

Bis jetzt gibt es aber nicht mehr als Behauptungen und Anschuldigungen. Eine politi­sche Verantwortung kann erst dann geklärt werden, wenn klar ist, ob und was überhaupt falsch gelaufen ist. Dazu reichen Vorverurteilungen und Behauptungen nicht aus.

Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, dass wir diesen Weg Aufklärung, Staatsanwaltschaft, darüber hinaus aber auch die Evaluierungskommission sehr kon­se­quent gehen müssen. Ich lade alle ein, das auch in der Öffentlichkeit mitzutragen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

16.55


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit eines jeden Redners mit insgesamt 20 Minuten beschränkt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


16.55.30

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Es ist noch nicht so lange her, dass wir uns hier gesehen haben, aber ich sage Ihnen: Auch wenn es kurz her ist, dass wir uns das letzte Mal an dieser Stelle unterhalten haben, bin ich jetzt so gescheit wie zuvor. Ich weiß eigentlich nicht mehr als vorher. (Ruf bei der ÖVP: Weil Sie nicht zuhören!) – Entweder ist alles nur eine Behauptung, nicht wahr oder wird von der Staatsanwalt­schaft geprüft; und sonst ist eigentlich ohnehin alles völlig in Ordnung! – Das ist der Kern Ihrer Aussage.

Ebenso Ihre Aussage, was das BIA anlangt: Dieses ist Ihnen nicht weisungsunterstellt, die Leute dort arbeiten hervorragend, ganz Europa schaut auf uns, weil wir diese tolle Truppe haben! – Es gibt keine einzige gesetzliche Grundlage, auf der es fußt, anhand der man festmachen kann, was denn jetzt wirklich seine Aufgaben sind – das BIA ist ja seinerzeit unter Bundesminister Strasser mit einem Erlass eingesetzt worden. Diesbezüglich mache ich Ihnen den Vorwurf, dass Sie erst jetzt, seit öffentliche Vor­würfe im Raum stehen, sagen: Ja, wir werden gesetzliche Grundlagen dafür schaf­fen. – Das hätte schon längst geschehen können! Dazu sind Sie mittlerweile eigentlich schon lange genug im Amt!

Was die Aufregung des Kollegen Himmer bei der Wortmeldung des Kollegen Schen­nach betrifft: Ich denke mir, wenn man sich so aufregt, kommt einem wirklich der Verdacht, dass da mehr dran ist, als man selbst eigentlich glauben wollte. (Bundesrat Sodl: Richtig! Und dass man involviert ist! – Gegenrufe bei der ÖVP.) – Immer dann, wenn man so „auszuckt“.

Ich sage es noch einmal: Es ist wichtig zu wissen und aufzuklären! – Und da wird die Evaluierungskommission nicht sehr hilfreich sein: zu wissen, ob in dem Fall ein Ministerium von der ÖVP für parteipolitische Zwecke missbraucht worden ist. Ich würde


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Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, wirklich gerne sehen, handelte es sich hier heute um einen Minister der SPÖ: Da wärt ihr in keiner Weise zimperlich; nur weil es euch betrifft, seid ihr jetzt ein bisschen mimosenhaft! (Bundesrat Dr. Kühnel: Ich kenne keine einzige Mimose außer Ihnen! – Bundesrat Konecny: Nein, so schön sind sie wirklich nicht!) – Da kann ich Ihnen beipflichten.

Leider muss man nämlich sagen, dass das nicht nur eine Frage des Innenministeriums ist, gegen das Vorwürfe erhoben wurden und wo man sich um die Aufklärung der einzelnen Vorwürfe nicht besonders bemüht hat, sondern es gibt auch noch die Visa-Affäre!

Bei der Visa-Affäre – auch ein ÖVP-Ressort unter Ferrero-Waldner – hat es am Anfang auch geheißen (Bundesrat Konecny: Dasselbe!): Einzeltäter!, und: Das sind Einzel­fälle!, und: Vielleicht waren es zwei oder drei, aber mehr ist da sicher nicht dran!, bis das Ganze wirklich ins Rollen gekommen ist und selbst die Verteidiger der Einzel­täterschaft dann irgendwann sagen mussten – natürlich abgeschwächt, das ist ganz klar –, dass in Sachen Visahandel mit Personen außerhalb von betroffenen Botschaf­ten zusammengewirkt worden sei, die womöglich in einem Netzwerk organisiert ge­wesen seien. Und man sagt, dass die in einer Wochenzeitung zitierten Akten bedauer­licherweise aus dem Ministerium nicht mehr zur Verfügung gestellt werden können. – Ach nein, welch ein Zufall!

Ein Außenamtsmitarbeiter hat dann das Bundesministerium für Inneres belastet und gesagt: Bereits bei der Sonderprüfung im April 2003 hat sich gezeigt, dass einige Hundert Visa der österreichischen Botschaft in Budapest Unregelmäßigkeiten aufge­wiesen haben, also nicht hätten erteilt werden dürfen. – Das hat der Außenamts­mitarbeiter Karl-August Lux, der namentlich auch als Zeuge genannt ist, beim Visa-Prozess ausgesagt.

Darauf habe er in seinem Bericht hingewiesen, dann aber lag der Ball beim Innen­ministerium. – Da ist dann aber nicht viel mehr passiert: Der Vizekonsul von Budapest und fünf Mitangeklagte sind vor Gericht gestanden; leider ist dazwischen wieder jemand gestorben, der der Hauptverdächtige war.

Der Beamte sagt, ihm sei aufgefallen, dass einer kleinen burgenländischen Firma in wenigen Monaten 70 Visa für Moldawier gewährt worden seien, die er alle so selber nicht gegeben hätte. Das habe er auch in seinem Prüfbericht ausdrücklich festge­halten, aber er sei als Dienstaufsicht nur für die formale Prüfung zuständig gewesen und das Innenministerium als Prüfaufsicht habe für die weiteren Maßnahmen die Verantwortung zu tragen gehabt. Da ist aber dann auch nicht wirklich etwas weiter­gegangen.

Es ist also nicht das erste Mal, dass das Innenministerium nicht in der Art und Weise tätig wird, wie man es von ihm eigentlich erwarten wollte. Es ist wirklich nahezu rührend, wenn der Innenminister ständig an uns appelliert, wir sollen doch nicht so sein und den ganzen Apparat schlechtmachen, nur weil irgendein – und das bleibt immer so im Raum stehen – gekränkter Beamter Vorwürfe erhebt; sondern die Staatsanwalt­schaft geht dem nach, da werden die strafrechtlichen Bestandteile bewertet, geprüft werden und entsprechende Konsequenzen haben. Damit bleibt aber die ganze politische Verantwortung völlig auf der Strecke.

Natürlich wird auch der Evaluierungsausschuss diese politische Verantwortung nicht zu bewerten haben. Erstens spricht allein die Zusammensetzung der Kommissions­mitglieder nicht dafür. Zum Zweiten ist es auch nicht ihr Auftrag. Daher sage ich Ihnen: Ich bin nach wie vor für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses. Wir werden schauen, ob die SPÖ sich da einen Ruck geben kann und ihre Angst davor überwindet,


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den Koalitionsfrieden – von dem man ohnehin nicht sprechen kann, und zwar seit Beginn der Regierung, aber nennen wir es einmal so – zu gefährden.

Zum BIA muss ich noch einmal kurz etwas sagen. Weil Vranitzky da so oft zitiert wird und dann der Herr Minister sagt: Ja, damit da keine Wellen geschlagen werden und das möglichst diskret geschieht! – Aha, möglichst diskret! Also vertraut er jetzt seinem eigenen Polizeiapparat, der ihm diese Auskünfte hätte geben können, doch nicht! – Das war ein Zitat von ihm in den Medien. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) Er hat Angst gehabt, dass es dann gleich wieder in den Medien steht.

Franz Vranitzky ist ein ordentlicher Bürger und ehemaliger Bundeskanzler. Man kann wirklich davon ausgehen, dass er ordentlich gemeldet ist und wahrscheinlich seit über zehn Jahren an derselben Adresse wohnt. Man kann also davon ausgehen, dass die Adresse von Franz Vranitzky bekannt ist und dass man, wenn man ihn sprechen möchte, ausfindig machen und zu einem Gespräch bitten kann. Selbst dem gut­gläubigsten Menschen fällt es schwer zu glauben, dass es dieses Umwegs über das Büro für Interne Angelegenheiten bedarf, das angeblich von der Staatsanwaltschaft aufgefordert wurde, das möglichst diskret zu machen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP! Herr Minister! So einfach, wie Sie es jetzt gerne möchten, werden Sie sich aus dieser Sache nicht davonschleichen können! (Beifall der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer sowie bei den Grünen.)

17.03


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


17.03.48

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister, Sie bleiben sich treu. Das ist aber kein Kompliment! Sie, Herr Bundesminister, haben uns heute Vormittag auf sehr viele konkrete Fragen sehr ausführliche – daran übe ich nicht Kritik; wir reden ja auch lang, das gebe ich ja zu –, aber auch sehr vage Antworten gegeben. (Zwischenruf des Bundesrates Schöls.) – Also, ich kann ja den autorisierten Fragesteller fragen. Kollege Schennach, hast du den Eindruck bekommen, dass du auf deine 18 Fragen eine Antwort bekommen hast? (Zwischenruf des Bundesrates Schöls.) – Ich frage auch in diese Richtung; er muss mir nicht vom Platz aus antworten.

Herr Bundesminister Platter, ich glaube, Sie verstehen noch immer nicht, worum es uns geht und warum wir Sie in der Debatte und jetzt die Grünen in einer Dringlichen Anfrage mit konkreten Punkten konfrontiert haben. Wir wollen uns – und ich wieder­hole, was ich in der ersten Debatte gesagt habe – nicht des schweren und unver­zeihlichen Fehlers schuldig machen, pauschal Verdächtigungen auszusprechen. Wir wollen einen aufklärungswürdigen Sachverhalt aufgeklärt sehen. Wir hätten auch ger­ne daran mitgewirkt, wenn wir konkrete Informationen bekommen hätten. Aber jeden­falls wollen wir sicherstellen, dass jeder einzelne dieser Vorfälle und Vorwürfe, jeder einzelne Aktenlauf und jede einzelne Dienstanweisung sehr genau auf ihre sachliche Berechtigtheit geprüft werden. Ihre Antworten zur Dringlichen Anfrage bieten dazu wenig Gelegenheit.

Ich kann mich ganz kurz fassen. Wie man es macht, hat auch außerhalb dieses Hauses und dieses Sitzungssaales das Justizministerium gezeigt. Es gibt von dort – und das kann auch bedeuten, dass aufgeklärt wird, dass diese Vorwürfe nicht zu Recht bestehen; das ist das Wesen eines Verfahrens – einen Vorhabensbericht der Oberstaatsanwaltschaft Wien, in dem unter anderem die Beschuldigungen, Herr Ita


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habe Mitarbeiterinnen sexuell belästigt und in einem Rotlichtlokal eine Kreditkarte des Innenressorts verloren, überprüft werden sollen.

So macht man das, Herr Bundesminister! Was haben Sie gemacht? Das haben Sie uns bisher verschwiegen. Also sagen Sie mir, was Sie in dieser Angelegenheit unter­nommen haben! Die Fragen sind gestellt, und das, was Sie für eine Antwort halten, haben Sie heruntergelesen. Aber was haben Sie unternommen, um aufzuklären, was mit der Kreditkarte des Herrn Ita passiert ist? (Zwischenruf des Bundesrates Schöls.) – Gut, dann nicht.

Herr Bundesminister, ich mache es kurz. Wir haben Sie heute zweimal gebeten, uns Informationen zu geben. Sie haben es nicht getan  und ich fürchte, das wird sich im restlichen Verlauf dieser Veranstaltung nicht ändern.

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion hat angekündigt, dass wir in unserer nächsten Klubsitzung darüber entscheiden werden, ob es einen Untersuchungs­aus­schuss geben muss und soll. (Bundesrat Mayer: Das haben Sie schon gesagt! Verkaufen Sie uns nicht für dumm! – Unruhe im Saal. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.) – Ich würde das nicht abstoppen, Herr Präsident. Die hysterische Aufregung bei der Erwähnung des Wortes „Untersuchungsausschuss“ halte ich für durchaus bemerkenswert. Das ist ein Sittenbild, lieber Kollege. Aber ich habe nicht die Absicht, mich hier künstlich aufzuregen, ich wollte Ihnen ja nur etwas erzählen; vielleicht interessiert es Sie auch.

Wir werden also in unserer nächsten Fraktionssitzung ... (Bundesrat Perhab: ... ist so durchsichtig wie ein Löschblatt!) – Also, Herr Kollege, wenn Sie „Durchschlagpapier“ gesagt hätten, wäre es ein Wortbild gewesen, aber: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich versuche einen dritten Anlauf. Wir werden also in unserer nächsten Klubsitzung diese Frage sehr ernsthaft prüfen. Aber der Beitrag, den die sozialdemokratischen Bundesräte, die natürlich an dieser Entscheidung gleichberechtigt beteiligt sind, ihren Kollegen aus dem Nationalrat als Entscheidungshilfe anbieten werden, wird ein Bericht über diese Sitzung und Ihre Auskunftsfreudigkeit sein, Herr Minister.

Sie werden sich vorstellen können, wie dieser Bericht an unsere Nationalratskollegen ausfällt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.09


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Himmer. – Bitte.

 


17.09.31

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, das Wichtigste hat der Herr Bundesminister ja klargestellt, indem er hier die volle Aufklärung zugesagt hat.

Da wir zuvor den Diskurs geführt haben, als Kollege Schennach gerade draußen war, und man meint, dass ich da irgendwie besonders aufgeregt bin: Ich will einfach nur, dass wir nicht einschlafen und vielleicht noch „Amen“ sagen, wenn Kollege Schennach am Wort ist.

Was mich persönlich zugegebenermaßen leicht enerviert, ist, wenn Kollege Schennach immer mit betroffener Stimme einzelne Menschen zitiert, ob das heute Herr Haidinger ist oder das andere Mal ein Journalist – meistens ein „bürgerlicher Journalist“, der „unserem Lager angehört“ –, und dann folgt ein Zitat, und damit fließt in den Raum ein, dass jetzt aus Schennachs Mund die Wahrheit kommt, weil er ja gerade eine so ehrwürdige Person zitiert, und dieses Zitat gilt dann mehr als alles andere. Ich glaube, es ist ganz natürlich, dass in der parlamentarischen Diskussion immer wieder Aus­


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sagen getätigt werden, denen Kontra-Aussagen gegenüberstehen. Was mir eben manchmal leicht auf die Nerven geht, ist, wenn der Kollege hier mit bedächtiger Stim­me einzelne Aussagen so besonders überbewertet.

Die parlamentarischen Rechte, die es gibt, sind völlig klar. Ich glaube, als der Gesetz­geber einst die Möglichkeit von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, die wir haben, beschlossen hat, war denen, die das damals gemacht haben, sicherlich auch schon klar, dass solche parlamentarischen Untersuchungsausschüsse ihre Vor- und Nachteile haben.

Es ist ja auch genauso ganz klar, dass, auch bevor es Untersuchungsausschüsse gibt, eine der wesentlichsten Funktionen der parlamentarischen Diskussion die Bühnenfunk­tion ist. Hier werden die unterschiedlichen Positionen klargestellt, und die Opposition hat die Möglichkeit, ihre Kontrollfunktion auszuüben.

Aber auch wir, die wir einer Regierungsfraktion angehören, haben die Möglichkeit, in demselben Diskurs unsere Meinung zu sagen. Da habe ich eben, wenn ich Peter Pilz mit Ludwig Adamovich vergleiche, wirklich eine Meinung dazu. Da nütze ich auch die Bühnenfunktion des Parlaments dazu, diese Meinung zu sagen.

Wenn hier heute Schennach, bevor es darum geht, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, bereits mit Genuss darüber spricht, dass es einen Skandal im ÖVP-Umfeld gibt, ist ja auch bereits klar, was die Schlusspressekonferenz der Grünen wäre, was auch immer bei dem Untersuchungsausschuss herauskäme. Der investigative Schennach, der das ganz gerne einmal objektiv geprüft haben möchte, weiß komi­scherweise schon vor der Prüfung, dass es sich dabei um einen Skandal handelt. (Bundesrat Boden: Da hat er Erfahrung aus dem BAWAG-Skandal!)

Man braucht ja nur sozusagen in die Geschichte der Behauptungen zurückzugehen, die Herr Pilz in den letzten Jahren aufgestellt hat. Angesichts der großen Anzahl jener Behauptungen, die er nie beweisen konnte, in deren Folge aber trotzdem Leute ange­patzt worden sind, glaube ich, dass wir, wenn wir denselben Google-Research bei Professor Adamovich machen, einfach nicht zu diesem Ergebnis kommen werden wie bei Peter Pilz.

Daher nütze ich diese Gelegenheit, um zu sagen: Adamovich ist als Persönlichkeit viel, viel glaubwürdiger, wenn es darum geht, eine objektive Prüfung durchzuführen, als ein Kollege Pilz oder ein Kollege Schennach, welchen Kommentar sie auch immer – nach­dem sie ja vorher bereits den Skandal erkannt haben – dann am Ende eines Unter­suchungsausschusses noch einmal sagen. (Beifall bei der ÖVP.) Das will ich einfach einmal festgehalten haben. Das nimmt ihnen aber natürlich in keinster Weise ihr Recht, so vorzugehen, wie sie das für richtig halten.

An dieser Stelle möchte ich als zweites Beispiel auch das Thema Vranitzky anbringen. Ich sage auch ganz ehrlich: weil es eben immer wieder so lustig ist, wenn ihr sagt, vielleicht weiß Himmer irgendetwas und so weiter.

Es ist ja an sich bekannt, dass ich nie im Innenministerium tätig gewesen bin. Ich bin kein Experte dafür, was das BIA tut, und widerrufe gerne meine Aussagen, falls ich mich irre, aber soweit ich das verstanden habe, ist die Darstellung die, dass sie Herrn Dr. Vranitzky gesucht haben und ihn einvernehmen wollten. (Bundesrat Boden: Und fast die Schwiegermutter gefunden haben!) Wenn Kollegin Mühlwerth sagt, man kenne die Adresse, dann ist es nach meinem Verständnis so, dass man eine Adresse nicht anrufen kann, weil da keine so echte Interaktivität entsteht, wie wenn man jemanden am Telefon hat oder mit jemandem spricht.

Wie gesagt, ich bin nicht so versiert auf diesem Themengebiet, aber ich kann auch nicht erkennen, wem hier ein Nachteil entstanden ist, wenn zwei Herren wo hinge­


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gangen sind und von einer Dame, die nicht einmal die Schwiegermutter selber war, eine Telefonnummer bekommen haben und dann wieder weggegangen sind. Also ich erkenne für mein Empfinden nicht, was passiert ist – außer dass zwei Herren wo hin­gegangen sind, eine Telefonnummer erfahren haben, wahrscheinlich sogar noch vorher und nachher gegrüßt haben und wieder zurückgegangen sind.

Und jetzt wird es spannend: Man geht her und sagt, das wäre beauftragt worden und die beiden Herren – ich weiß nicht, ob es zwei Herren waren; wie auch immer – hätten etwas ganz anderes gewollt.

Da gebe ich Ihnen recht: Wenn dem so ist, dann ist das nicht in Ordnung. Das ist überhaupt keine Frage. Aber haben Sie irgendeinen Beweis dafür, Herr Schennach, dass die zwei Personen dort noch aus irgendeinem anderen Grund gewesen sind, als nur um die Telefonnummer zu holen? Haben Sie irgendeinen Beweis? (Bundesrat Schennach: Es geht um die Absurdität einer ! – Gegenruf des Bundesrates Schöls.) – Aha, okay. Er hat also keinen Beweis dafür! (Anhaltende Zwischenrufe des Bundesrates Schennach.)

Wenn hier Beamten, die ihrer Aufgabe nachgehen, unterstellt wird, dass sie, noch dazu auf Weisung eines Ministers oder Kanzlers oder wessen auch immer – was die nächste Unterstellung ist –, etwas ganz anderes gewollt haben, dann meine ich: Wenn man das nicht beweisen kann – und da würde ich Sie auch wirklich auffordern, das zu beweisen! –, dann sollte man sich entschuldigen. (Bundesrat Schennach: Hallo, darf ich auch mal etwas sagen!)

Sie sprechen ja immer von Konsequenzen. Ich finde, Sie sollten tun, was Sie immer wieder dem Minister empfehlen: Wenn Sie so etwas nicht beweisen können, dann sollten Sie, meine ich, zurücktreten. Sie sollten die Konsequenzen ziehen, wenn Sie Behauptungen in den Raum stellen, die durch nichts belegt sind! – Man sollte wirklich sehr vorsichtig sein. Wenn man Behauptungen aufstellt, dann sollte man auch Be­weise dafür haben.

Ich habe zurzeit nicht erkannt, dass es dafür einen einzigen Beweis gibt. Ich habe nicht erkannt, was Sie bei der Causa Vranitzky in der Hand haben, außer Unterstellungen. Unsere Rechtsstaatlichkeit, Herr Kollege Schennach, baut aber immer noch auf dem Beweis auf und nicht auf der Beweislastumkehr, bei der Sie beweisen müssten, was Sie nicht gemacht haben. Das ist schon sehr, sehr schwierig. Auch wenn zum Beispiel bei Streitereien der eine sagt, es hat einer geschrien, und der andere sagt, er hat nicht geschrien. – Da möchte ich schauen, mit welchem Untersuchungsausschuss oder mit welcher Vorgangsweise auch immer man glaubt, hier die Wahrheit finden zu können.

Daher meine ich, dass es ganz klar so ist, dass man immer Ja sagen muss zur parla­mentarischen Kontrolle; aber innerhalb der parlamentarischen Kontrolle ist es eben auch so, dass wir hier auch die große Kompetenz und Objektivität der Kontrollierenden als Personen besprechen dürfen. – Peter Pilz und die Grünen führen hier ganz tolle Beispiele von Behauptungen auf, die sie, auch wenn sie immer grauer werden, immer noch nicht beweisen können.

Aber, bitte, ich sage auch ein ganz klares Ja zur Unschuldsvermutung! Man kann doch nicht von einem Skandal sprechen, bevor es überhaupt einen Beweis gibt, und gleichzeitig vorgeben, man wolle ja erst einmal objektiv etwas untersuchen.

Daher möchte ich zusammenfassend sagen: Es ist das unbestrittene Recht der Oppo­sition, zu kontrollieren und, über welches Thema sie es auch immer interessant findet, den ganzen Abend zu reden. Aber Sie werden auch einmal daran gemessen werden, ob Sie diese Regierung auch in dem Sinne challengen, dass wir hier über wirtschafts­politische, steuerpolitische, standortpolitische und über infrastrukturelle Fragen disku­


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tieren und eine intellektuelle, kontroversielle Diskussion führen, die uns auch irgendwo etwas gibt – oder ob Sie sich sozusagen nur auf Behauptungen zurückziehen, die zu beweisen Sie zumindest bis jetzt nicht in der Lage waren.

Das heißt, es ist Ihre Sache, worüber Sie reden. Sie sind da völlig frei, und die parla­mentarischen Spielregeln sind völlig klar. Aber es ist auch genauso unser gutes Recht, zu unvorbereiteten Dingen, zu dünnem Pudding, in dem nichts enthalten ist, wo man nichts beweisen kann, und zu alten Heroen, die seit fünfzehn, zwanzig Jahren dabei sind und die nur selten etwas beweisen konnten, auch zu sagen, um welche Personen es hier geht, die wieder einmal einen Wirbel machen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.20


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Platter das Wort. – Bitte.

 


17.20.55

Bundesminister für Inneres Günther Platter: Hohes Präsidium! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurden von Herrn Bundesrat Todt einige Fragen gestellt, die mir um 16 Uhr schriftlich gegeben wurden. Ich werde auch diese Fragen im Rahmen meiner Möglichkeiten beantworten.

Die erste Fragestellung war, ob es richtig ist, dass dafür, wie Dr. Haidinger ausführte, Bernhard Treibenreif und Andreas Pilsl verantwortlich waren. – Ich kann Ihnen sagen, dass die genannten Personen im Kabinett der Frau Bundesministerin Prokop für allgemeine Polizeiangelegenheiten sowie für Bauangelegenheiten zuständig waren.

Darüber hinaus war die Frage: Welche Personen im Kabinett haben solche Unterlagen gezielt an Journalisten weitergeleitet? – Das sind wiederum Vorwürfe, Anschuldigun­gen und Gerüchte. Zum Zweiten werden die betroffenen Personen vor der Justiz beziehungsweise Staatsanwaltschaft ihre Stellungnahme abgeben, aber es gilt natür­lich die Unschuldsvermutung.

Die dritte Fragestellung war: Gab es dafür einen Auftrag durch die Bundesministerin? – Das ist mir nicht bekannt, aber die Evaluierungskommission wird sich mit der Situation beschäftigen.

Darüber hinaus wurde gefragt: Welche Funktion hatte Bernhard Treibenreif? – So kann ich Ihnen mitteilen, dass Bernhard Treibenreif seit dem 1. April 2004 Kommandant des Einsatzkommandos Cobra ist und seit dem Mai 2005 teilweise im Kabinett des Innenministeriums tätig ist.

Darüber hinaus wurde gefragt, ob diese Funktion betreffend Einsatzkommando Cobra ausgeschrieben wurde. – Es war eine ressortweite Internet-Interessentensuche. Es haben sich sieben Bewerber gemeldet. Treibenreif hatte den Vorzug, weil er bereits Stellvertreter der Cobra war.

Darüber hinaus ist betreffend Generalmajor Andreas Pilsl, Landespolizeikommandant von Oberösterreich, angefragt worden. – Hier darf ich Sie informieren, dass die Funktion des Landespolizeikommandanten von Oberösterreich natürlich ausschrei­bungs­pflichtig ist. Diese Funktion wurde ausgeschrieben. Es gab drei Bewerber. Alle waren im höchsten Ausmaß geeignet. Pilsl bekam den Vorzug, weil er bereits Stell­vertreter war.

Die weitere Fragestellung war: Wie sollen nach Ihrer Ansicht die dargestellten Sach­verhalte betreffend gesetzwidriger Verwendungen eines der sensibelsten Behördenap­parate zur Schädigung einer politischen Partei im Wahlkampf insbesondere in Hinblick auf die politische Verantwortlichkeit geklärt werden? – Das sind strafrechtliche Behaup­tungen. Das liegt ausschließlich in der Zuständigkeit der Justiz, der ich voll und ganz


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vertraue. Darüber hinaus habe ich unverzüglich nach Bekanntwerden der Behauptun­gen eine Evaluierungskommission eingesetzt – Persönlichkeiten habe ich Ihnen bereits genannt –, und so haben diese Persönlichkeiten in dieser Kommission das Pouvoir, auf alle Ressourcen des Innenministeriums zurückzugreifen.

Eine weitere Fragestellung war: Handelt es sich dabei um einen Alleingang von Kabinettsmitgliedern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, oder waren diese Aktivitäten von der Ressortspitze her gedeckt oder angewiesen? – Sie wissen, das war vor meiner Zeit. Das sind wiederum Vorwürfe und Gerüchte. Sie haben bisher noch keine Stel­lung­nahme vor der Justiz abgegeben. Das wird demnächst der Fall sein. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Darüber hinaus ist die Frage gestellt worden: Welche Personen im Kabinett haben Haidinger angewiesen, die Ermittlungen im BAWAG-Fall vor dem Wahlkampf zu be­schleunigen? – Ich kann Ihnen sagen, es gab einen klaren Auftrag der Staatsanwalt­schaft vom 2. Juni 2006, wonach das BIA, das Büro für interne Angelegenheiten, die Geldflüsse der BAWAG zur SPÖ beziehungsweise zum ÖGB ermitteln sollte. Das hat also überhaupt nichts damit zu tun, dass es da eine Intention der Ministerin gegeben hat. Das war ein klarer Auftrag der Staatsanwaltschaft.

Eine weitere Frage wurde gestellt: Welche Personen im Kabinett haben Haidinger angewiesen, dem Kabinett Ermittlungsakte vorzulegen? – Ich darf Ihnen sagen: Wie es bei Kriminalfällen von besonderem öffentlichen Interesse üblich und notwendig ist, wurden auch im Fall BAWAG Vorgesetzte, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und das Ministerbüro über den aktuellen Fortgang der Ermittlungen infor­miert. Im gegenständlichen Fall erfolgten ab April 2006 nahezu wöchentlich standardi­sierte Berichte grundsätzlich via Generaldirektion; vereinzelt wurden aus gegebenem Anlass zusätzlich Informationen gegeben. Es handelt sich hier um eine ganz logische, klare Angelegenheit. Bei großen Kriminalfällen muss sich auch die Ministerin oder der Minister dementsprechend informieren lassen.

Die letzte Frage, die von Herrn Abgeordnetem Todt gestellt wurde, war: Welche Personen im Kabinett haben Haidinger angewiesen, Ladungstermine von prominenten Verdächtigen an das KBM zu übermitteln? – Wie es bei diesen Kriminalfällen von besonderem öffentlichem Interesse üblich und notwendig ist, wurden auch im Fall BAWAG Vorgesetzte und Ministerbüro über den aktuellen Fortgang informiert. Über Ladungstermine ist jedoch nichts bekannt.

Ich wollte Ihnen auch hier diese Fragen beantworten, die Sie während dieser Debatte mündlich gestellt haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bun­desrates Ing. Kampl.)

17.26

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort. – Bitte.

 


17.26.39

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Schade, dass Kollege Himmer schon weg ist! Die Aufregung, die Kollege Himmer heute hinter sich hat, liegt wahrscheinlich an einer zu großen Menge „Red Bull“, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es ... (Bundesrat Mag. Him­mer – aus der letzten Reihe –: Ich bin da!) – Entschuldigung! Ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Stefan Schennach mit seiner ruhigen Stimme war, sondern das war, glaube ich, eher dieses Aufputschgetränk, das dich heute so „hinüberge­bracht“ hat, Kollege Himmer. (Bundesrat Mag. Himmer: Mineralwasser!)


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Ich habe deine Aussage, Kollege Himmer, beziehungsweise das, was dich so auf­gebracht hat, sehr spannend gefunden: dass man nämlich jetzt schon von einem Skandal spricht, bevor es einen Untersuchungsausschuss gibt. – Prinzipiell hören wir ja ständig, dass es keinen Untersuchungsausschuss geben soll. Also wann wäre es dann ein Skandal?

Und zweitens: Egal, was passiert, wenn mir jemand mein Geldbörsel stiehlt, dann sage ich auch, es ist Diebstahl. Bevor ich den Beweis auf den Tisch lege und sage, wer es war, kann ich vorher schon sagen, es war Diebstahl. (Bundesrat Mag. Himmer: Wenn es verloren ist, ist es verloren!)

Ich denke, man kann sagen, wenn diese Dinge, wie sie da im Innenausschuss berichtet worden sind, alle zutreffen, dann ist das ein Skandal. Da brauche ich keinen Untersuchungsausschuss dafür. Wenn das so zutrifft und wenn das wirklich so war, wie es Herr Haidinger gesagt hat, dann ist das ein Skandal. (Bundesrat Mag. Himmer: Du solltest nicht von Diebstahl reden, wenn du noch nicht weißt, ob du es verloren hast!) – Wenn ich gespürt habe, dass mir jemand in die Tasche gegriffen hat, dann darf ich es sagen, oder? (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist falsch!)

Aber jetzt zur Anfragebeantwortung des Herrn Ministers: Irgendwie habe ich den Eindruck, Herr Minister, Sie haben ein Kommunikationsproblem. Auf der einen Seite haben Sie möglicherweise die Fragen nicht richtig verstanden. (Rufe bei der ÖVP: He!) Die erste Frage zum Beispiel war: „Seit wann ist Ihnen bekannt,“ bla bla, „BAWAG“ und „ÖGB“? – Und Ihre Antwort ist: Das ist alles falsch!

Seit wann Ihnen, Herr Bundesminister, etwas bekannt ist, müssen Sie ja wohl hoffent­lich sagen können, ohne irgendwie herumreden zu müssen und zu sagen, das ist nicht möglich, da etwas zu sagen. Sie sind zwar über sämtliche Berichte informiert worden, aber die erste Frage haben Sie absolut nicht beantwortet!

Die zweite Frage: „Welche Schriftstücke (...) liegen in diesem Zusammenhang in Ihrem Ressort“ auf? – Die Frage ist: Welche Schriftstücke liegen dazu auf, dass Daten von Ihrem Ressort an die ÖVP weitergegeben worden sind, um da mehr oder weniger im Wahlkampf einiges an Munition zu haben? (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.)

Sie, Herr Minister, sagen darauf, es gibt eine ganze Menge Schriftstücke und Akten zum BAWAG-Skandal, aber Sie haben eigentlich nicht gesagt, welche Schriftstücke und Akten in diesem Zusammenhang mit der Frage 1 vorliegen. – Ich habe den Ein­druck, Sie hatten ein Problem, die Fragen zu lesen. Auf jeden Fall haben Sie ein Problem gehabt, die Fragen zu beantworten. Ich habe in Wirklichkeit keine einzige Antwort auf die Fragen, die wir vorgelegt haben, heraushören können.

Ein zweites Kommunikationsproblem, das ich Ihnen jetzt noch unterstellen darf, ... (Bun­desrat Mag. Baier: Waren Sie in einem anderen Saal?) – Nein, ich bin hier gesessen und habe wirklich aufmerksam zugehört. Schaut meine Augen an, ich bin schon ganz „blind“ vor lauter Konzentration! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ein zweites Kommunikationsproblem, das ich dem Herrn Minister unterstellen möchte, ist: In dem Moment, wo solche Anschuldigungen vorgebracht werden, gehe ich davon aus, dass ein guter Arbeitgeber – und meiner Meinung nach ist der Herr Minister zuständig für sein Ressort und zuständig für sein Kabinett – zumindest einmal zu den betroffenen Menschen geht und sie fragt!

Dann können Sie nicht hier hereinkommen, Herr Bundesminister, und sagen, Sie wissen von überhaupt nichts! Das ist mir absolut unverständlich. Ich denke, das müsste doch in Ihrem Bereich liegen, dass Sie sich da erkundigen – und nicht sagen, das wird alles irgendwann einmal irgendwer klären, vielleicht irgendwann der Staats­anwalt oder zumindest irgendein Ausschuss, der mit wem auch immer besetzt ist. Ich


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 128

denke, dieses Desinteresse an den Aufklärungen in diesen Fällen ist bei jeder Frage fast schon durchgekommen.

Was auch regelmäßig gekommen ist, ist die Frage: „Wie beurteilen Sie diese Vorwürfe und welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Sachverhalt?“ – Diese Frage ist ja nicht nur einmal gestellt worden. Sie kommen dann immer mit der Evaluierungs­kommission und mit der Staatsanwaltschaft. Was wir wissen wollen, ist: Welche politi­schen Konsequenzen sehen Sie? Die Staatsanwaltschaft wird sich sicher nicht mit den politischen Konsequenzen auseinandersetzen und auch nicht die Evaluierungskom­mission. (Bundesminister Platter liest in seinen Unterlagen.) – Schauen Sie jetzt selber gerade die Frage nach, oder? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Platter.) – Sie stören mich nicht! Das ist sehr nett. (Bundesrat Bieringer: Ein Kabarett sind wir nicht!) – Nein, leider nicht. Wieso? Entschuldigung: Wenn ich mit dem Herrn Minister rede, und er liest nebenbei einen Brief! (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.) – Nein, aber Sie können es selber probieren, ob Sie mit meinem Zettel eine Rede herunterlesen können. Haben Sie mich schon einmal eine Rede herunterlesen gehört? (Bundesrat Mag. Baier: Leider nicht!) – Das habe ich echt nicht notwendig!

Ein Kabarett war möglicherweise auch das, was Herr Himmer im Fall der Ermittlungen des BIA im Fall Vranitzky hier vorgeführt hat. Das ist schon klar und logisch, dass eine Adresse vielleicht leichter herauszufinden ist als eine Telefonnummer. Aber auch um eine Telefonnummer herauszufinden, muss man nicht ins Altersheim der dort lebenden Schwiegermutter gehen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Mag. Himmer: Hast du irgendeinen Beweis für die Unterstellung?) – Ich habe keinen Beweis für welche Unterstellung?

Ich sage nur, dass es ausgesprochen seltsam ist. Möglicherweise arbeitet das BIA einfach so. „Kottan ermittelt“ hat es ja auch einmal gegeben. Es kann schon sein. Ich unterstelle damit nichts. Ich sage nur, es ist ausgesprochen seltsam, wenn man eine Telefonnummer und eine Adresse von jemandem sucht, der eigentlich staatsbekannt ist, dass man dann zur Schwiegermutter ins Altersheim gehen muss, um die Telefon­nummer zu erfahren. (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist ja auch eine ganz andere Aussage!)

Dass diese doch etwas seltsame Vorgangsweise Vermutungen aufkommen lässt, ist jetzt einmal auch nicht abwegig. Entschuldige! (Bundesrat Mag. Himmer: Aber zwi­schen Vermutungen, Unterstellungen, Behauptungen und Anschuldigungen ist schon ein Unterschied!)

Wenn es aber jetzt Vermutungen gibt – und das ist genau der Punkt, wo ich dem Herrn Minister eben seine Kommunikationsprobleme vorwerfe! –, dann wird der Herr Minister doch vielleicht zu solchen Vermutungen auch seine zuständigen Beamten befragen können! Brauche ich da erst einen Beweis auf dem Tisch, damit ich sage, in meinem Ressort schaue ich mir einmal an, ob wirklich alles in Ordnung ist? Brauche ich da einen Beweis auf dem Tisch, oder kann ich mich schon vorher erkundigen? – Meiner Meinung nach sollte das sehr wohl vorher passieren und nicht erst, wenn alles schwarz und weiß vom Staatsanwalt nachgewiesen ist. (Bundesrat Mag. Himmer: Wie soll der Herr Minister wissen, was du alles vermutest?)

Der Herr Minister kann nachfragen – und der Herr Minister braucht nicht zu wissen, was ich alles vermute, die Dinge stehen seit Tagen in der Presse! Viele Dinge stehen seit Tagen in der Presse, und der Herr Minister wird vielleicht inzwischen auch irgend­wie mit seinen Leuten geredet haben. (Bundesrat Mag. Himmer: Ich glaube nicht, dass Vermutungen in der Ministerverantwortung liegen!) – Nein, ich sage nur, ich würde mir wünschen, dass der Herr Minister mit seinen Bediensteten spricht, mit seinem Kabinett spricht und Fragen stellt, wenn Fragen aufgeworfen werden. Das würde ich mir


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wünschen und das würde ich hoffen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Herr Kühnel, wenn Sie zuhören, dann fange ich an. Aber Sie reden ja die ganze Zeit; Sie reden wirklich ununterbrochen.

Auf die Frage: „Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um das beschädigte Ver­trauen der Bevölkerung in die rechtsstaatlichen Institutionen wieder herzustellen?“, sagen Sie, der Fall werde aufgeklärt und wir sollen doch bitte die Polizistinnen und Polizisten, die sich mit ihrem Leben für uns einsetzen, jetzt nicht schlechtreden. – Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe! Es hat keiner hier herinnen über Polizistinnen und über Polizisten geredet! Es ging um Ihr Kabinett und es ging um Weisungen. Das hat nichts mit den Polizistinnen und Polizisten zu tun, wo wir alle zu schätzen wissen, dass viele von ihnen auf der Straße zu sehen sind und dass wir uns nicht fürchten müssen, wenn wir auf die Straße gehen. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe!

Sagen Sie mir eine Anschuldigung in dieser Anfrage, die sich gegen eine Polizistin oder einen Polizisten richtet, der sein Leben für uns einsetzt, so wie Sie das immer so schön formuliert haben! (Bundesrat Mag. Himmer: Ach so, die Polizei hat alles richtig gemacht, aber der Minister ist schuld!) – Nein, wir reden vom Kabinett und von Weisungen, die ergangen sind. Und uns geht es um die politische Verantwortung. Das ist genau das, was wir mit einem Untersuchungsausschuss gerne feststellen würden! (Bundesrat Mag. Himmer: Irgendwann müsst ihr euch entscheiden!) – Was? Wir haben uns schon lange entschieden! (Bundesrat Mag. Himmer: Irgendwann müsst ihr euch entscheiden, ob ihr ihn für die Polizeiarbeit verantwortlich macht oder nicht!) – Herr Kollege Himmer, du warst doch ohnedies gerade vorhin am Rednerpult!

Prinzipiell haben wir uns entschieden: Wir hätten gerne eine Aufklärung der politi­schen Verantwortung. Wir hätten gerne gewusst, welcher Minister oder welches Kabinettsmitglied Weisungen gegeben hat. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Küh­nel.) – Entschuldigung! Herr Himmer hat es noch nicht verstanden, darum sage ich es ihm jetzt gerade! Also, wir würden gerne eine Aufklärung darüber haben, wer aus dem Kabinett des Herrn Ministers beziehungsweise vom Minister beziehungsweise seinen Vorgängern Weisungen hinausgelassen hat, warum und mit welcher Begründung ... (Bundesrat Mag. Himmer: Welche Weisungen?) – Die Weisungen, die es angeblich gegeben hat – laut den Aussagen von Herrn Haidinger. Entschuldige, eine Aussage von Herrn Haidinger ist keine reine Vermutung! Dazu gibt es auch Papiere und E-Mails. (Bundesrat Mag. Himmer: Vom Haidinger! – Bundesrat Dr. Kühnel: Vom Haidinger!) – Ja, dann vermutest du jetzt was von Herrn Haidinger? Entschuldige! Ich meine, du kannst jetzt nicht den Spieß umdrehen und sagen, der hat alles erlogen und erstunken! (Bundesrat Dr. Kühnel: Wir haben nur gesagt: „die E-Mails vom Dr. Haidin­ger“! Mehr haben wir nicht gesagt!) – Ja, ja, passt. Okay.

Ich denke, wenn solche E-Mails auftauchen und wenn ein doch sehr hoher Beamter solche Aussagen tätigt, dann wird der Herr Minister es vielleicht für wert befinden, hier aufklärend zu wirken – und zwar im politischen Bereich. (Beifall bei den Grünen.) – Die Staatsanwaltschaft hat etwas anderes zu tun. Die hat nichts politisch aufzuklären.

Wie gesagt, es geht um politische Weisungen, es geht um Ermittlungspannen, es geht um Wahlkampfmunition, die man sich beschafft in einer Causa, die vielleicht vor einem Nationalratswahlkampf – war das damals meines Wissens – ganz hilfreich sein kann. (Bundesrat Mag. Himmer: Vermutung! Unterstellung!) – Ja, es geht um viele Ver­mutungen. Genau! Es geht da um Vermutungen. Es geht um Aussagen eines hohen Beamten. Ich denke mir, der Herr Minister wird es doch wohl der Mühe wert befinden, diesem ... (Bundesrat Mag. Himmer: Weißt du, was ich alles vermute bei euch?) – Ja, da kannst du viel vermuten, das können wir später besprechen!


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Es geht um Vertuschungen! Und was ich auch sehr spannend gefunden habe (Zwi­schenrufe bei der ÖVP) – ich will es jetzt nicht unbedingt auf den Fall von Frau Kampusch aufhängen, weil das aus meiner Sicht ein Fall ist, wo ich mir denke, die gute Frau hat ohnedies schon sehr viel mitgemacht und sollte jetzt eigentlich diese „Aufrol­lerei“ nicht unbedingt noch einmal miterleben müssen, aber: Wenn der Herr Minister sagt, er hat jetzt alle Maßnahmen ergriffen, und ich lese, am 21. November 2006 hat Herr Haidinger ihm ein Konzept ins Ministerbüro geschickt, und dieses Kon­zept für eine nochmalige Evaluierung ist abgelehnt worden, dann kann er sagen: Okay, habe ich nie bekommen!, oder er kann sagen: Dann würde ich aber schauen, wo das im Ministerbüro versteckt geblieben ist! – 21. November 2006, das ist ja nicht gestern gewesen! Da hätte er schon lange ... (Zwischenrufe bei der ÖVP: Da war er nicht Innenminister!) – Die Akten sind alle verloren gegangen, und im Dezember 2006 ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Am 11. Jänner 2007 gab es aber schon den Minister Platter! (Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Dass Bundesminister Platter sagt, er hat von nichts gewusst und jetzt hat er alle Maßnahmen ergriffen, ist schön und gut, wenn er jetzt untersuchen lässt. Letztendlich war der Herr Minister am 11. Jänner 2007 – das war laut Herrn Haidinger das dritte Mal, dass er darauf hingewiesen hat – schon Herr Minister. (Bundesrat Dr. Kühnel: Frau Kollegin, stellen Sie den Antrag auf Einsetzung einer Historikerkommission!) – Nein, ich stelle den Antrag auf Einrichtung einer Untersuchungskommission! Nein, ich stelle noch ein paar Fragen, und ich würde mich freuen, wenn der Herr Minister diese beantworten würde, wobei ich zugebe, meine Hoffnung ist nicht allzu groß, aber vielleicht gibt es in niederösterreichischen Fällen mehr Information.

In Niederösterreich ist es letztendlich so, dass wir auch so ein Problem mit einer Familie hatten, die abgeschoben werden sollte und wo dann rechtzeitig plötzlich vom Herrn Landeshauptmann ins Spiel gebracht wurde, dass gewichtige Gründe dagegen sprechen, dass man dieser „Familie Z“ – sage ich jetzt einmal – das humanitäre Aufenthaltsrecht gewähren könnte.

Diese gewichtigen Gründe sind dann irgendwie über die Zeitung plötzlich ins Spiel gekommen, und der „Kurier“, der das damals erstmals gebracht hat, hat die Strafre­gisterauszüge beider Männer vorgelegt und abgedruckt. Interessanterweise hat es der Herr Landeshauptmann schon vierzehn Tage vorher in der Zeitung verkündet, dass doch dagegen so schlimme Gründe sprechen würden, und auch Herr Karner beruft sich ständig auf Daten, die in Wirklichkeit nur aus dem Innenministerium kommen können.

Deshalb würde ich gerne wissen, wie denn die ÖVP Niederösterreich in diesem Fall – ich nehme an, Sie wissen, von welchem Fall ich rede – zu diesen Daten gekommen ist, wenn doch eigentlich das Innenministerium diese Daten meines Wissens nicht weiter­geben dürfte. Ich würde also gerne wissen, wie Herr Karner zu diesen Daten gekom­men ist, ob Herr Karner jemals für seinen Landeshauptmann kriminalpolizeiliche Daten aus dem Innenministerium besorgt hat, ob Herr Karner ausschließen kann, dass er jemals in illegale Handlungen verstrickt gewesen ist, und ob Herr Karner heute noch Kontakt in das Innenministerium hat und Informationen aus diesem Ressort gegen politisch Andersdenkende verwendet.

Von Herrn Karner haben wir diesbezüglich keine Antwort bekommen, aber vielleicht bekommen wir sie ja von Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)

17.41


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Bader das Wort. – Bitte.

 



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17.41.23

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute sicherlich eine ungeheuerliche Problematik, und zwar deswegen: Wenn diese Behauptungen, die da im Raum stehen, diese Vorwürfe tatsächlich stimmen sollten, dann ist das sicherlich ungeheuerlich; wenn sie nicht stimmen, ist es auch mehr als ungeheuerlich, was hier vorliegt.

Es liegen – dies gleich vorweg – Vorwürfe, Behauptungen, Anschuldigungen vor, und es ist auch ganz klar, dass wir alle den Standpunkt vertreten – und der Herr Bun­desminister hat das heute mehrmals klargemacht, auch wenn Sie das nicht hören wollten und wollen –, dass alles, was hier an Vorwürfen im Raum steht, zu überprüfen ist, dass hier Aufklärung im höchsten Maße erforderlich ist. Dazu stehen wir, dazu bekennen wir uns!

Ich bedanke mich daher auch ganz außerordentlich bei dir, lieber Herr Bundesminister, dass du schonungslose Aufklärung und Untersuchung zugesagt hast. Wir haben Ver­trauen in die Behörden, die hier ihre Arbeit zu leisten haben, wir haben Vertrauen in die Staatsanwaltschaft und in die Kommission, und diese sollen jetzt einmal in Ruhe arbeiten.

Aber was passiert? – Es gibt eine ganze Liste von Fragen an den Bundesminister; ein Teil wurde schon beim Tagesordnungspunkt betreffend den Sicherheitsbericht vom Herrn Bundesminister sehr ausführlich beantwortet, ein Teil jetzt bei der Dringlichen Anfrage, und immer wieder wird das klare Bekenntnis dazu, dass eine Aufklärung zu erfolgen hat, zum Ausdruck gebracht.

Aber die SPÖ will keine Antworten hören, die Opposition will keine Antworten hören. Sie wollen eine politische Show, so kommt mir das vor! (Bundesrätin Kerschbaum: Ich habe keine Antworten gehört! Nicht auf die Fragen!) Sie wollen sonst nichts, als hier ein Scheingefecht führen! Das, was Sie bis jetzt argumentiert haben, ist ein reines Scheingefecht! Und wenn Sie, Herr Kollege Todt, sich hier ans Rednerpult stellen und Fragen an den Bundesminister richten und dieser kurze Zeit später diese Fragen auch beantwortet, dann sind Sie gar nicht da, Herr Kollege Todt! Das heißt, Sie sind ja gar nicht interessiert an einer Antwort auf das, was Sie an Fragen stellen! (Zwischenrufe bei der ÖVP in Richtung Bundesrat Todt.) Das fällt mir auf, und das ist etwas, was ich nicht ganz kapieren will.

Und das Nächste ist: Wenn die Antworten nicht so sind, wie Sie sich das gerne wünschen würden – Weihnachten ist schon ein Randl vorbei –, dann sind es für Sie eben „keine Antworten“. Und wenn es heute dann Vorwürfe gibt, dass hier – wie war das? – Schriftstücke über Informationen an das ÖVP-Klubbüro nicht vorliegen, dann kann er auch keine Schriftstücke bekanntgeben, die vorliegen sollten! – Das ist eben das Problem von vorgeschriebenen Reden, nicht wahr, dass man dann Dinge, die vielleicht gar nicht so sind, hier am Rednerpult vorbringt.

Das Nächste – ich habe vorhin gerade einmal im Computer nachgeschaut, weil das mit der Telefonnummer des ehemaligen Bundeskanzlers Vranitzky mehrmals ange­sprochen wurde: Es gibt im Herold oder bei anderen Telefonbüchern keinen Eintrag. Das heißt, irgendwo wird man das suchen müssen! – Das steht also ebenfalls fest. (Bundesrat Stadler: Aber gerade im Pensionistenheim? – Aber bitte! Karl, bitte!)

Wenn Sie alle miteinander hier jetzt auch immer wieder betonen, es gehe Ihnen nur um die Mitglieder des Kabinetts der Innenminister der letzten Jahre, dann strafen Sie sich selbst Lügen: Sie erheben massivste Vorwürfe gegen das BIA und bezweifeln die Korrektheit der Arbeit des BIA. – Die Mitglieder des BIA sind alle Polizistinnen und Polizisten! Das heißt, Sie haben diese Polizisten angegriffen und sich nicht, wie Sie


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beteuert haben, darauf beschränkt, hier Vorwürfe an die Mitglieder des Kabinetts zu machen.

Wenn ich mir das jetzt alles so anhöre, dann denke ich mir, dass die Vorwürfe natürlich gewaltig politisch motiviert sind. Das ist überhaupt keine Frage, denn was passiert jetzt? – In Niederösterreich gibt es eine Landtagswahl, und „zufällig“ jetzt, kurz vor dieser Wahl, kommt man darauf, kommt ein Dr. Haidinger darauf (Bundesrat Schen­nach: Der Haidinger von der ÖVP!), dass er jetzt Informationen an die Öffentlichkeit geben muss, die er eigentlich als ordentlicher Beamter schon viel früher weitergeben hätte müssen beziehungsweise, wenn es strafrechtliche Konsequenzen gegeben hätte, auch entsprechend anzuzeigen hätte! – Das heißt, wir reden hier eigentlich nicht von einer ordentlichen Aufarbeitung, sondern wir reden von einer Skandalisierung, wir reden von Vorverurteilung. Nichts anderes machen Sie hier, und das ist eigentlich der Grund.

Wenn Kollege Kalina meint (Bundesrat Schöls: Wo ist er denn?), dass der Herr Minister „die Tragweite nicht begreife“, und dem Kollegen Strasser, dem ehemaligen Innenminister, vorwirft: „Buberlpartie“, und alles in „Niederösterreich gelernt“ (Bun­desrat Schöls: Wo ist er denn, der Herr Kalina? – Bundesrat Dr. Kühnel: Bei einer Pressekonferenz! – Bundesrätin Kerschbaum  in Richtung ÖVP –: Sind bei euch immer alle da?); wenn Kollege Todt sich hier ans Rednerpult stellt und meint, „das System Niederösterreich ist überall“, dann sage ich dazu: Leider ist das System nicht überall!, und ich werde Ihnen dann schon sagen, warum ich das meine. (Bundesrat Todt: Da höre ich gerne zu!)

Es ist also ganz einfach lächerlich, was Sie, Kollege Kalina, Schennach und so weiter, konstruieren und damit hier reine Vorverurteilungen vornehmen – was rein politisch motiviert ist und draußen in der Bevölkerung insgesamt zu einer massiven Verun­sicherung beiträgt.

Der Grund liegt auf der Hand: Die SPÖ hat natürlich, gerade in Niederösterreich, die Hose gestrichen voll. (Rufe bei der SPÖ: Na, na, na!) – Das ist Tatsache. – Es war jetzt vor Kurzem auch eine Wahl in der Steiermark, und es ist auch so, dass natürlich, auch wenn es heißt, es wollen so viele Menschen einen Untersuchungsausschuss, viele auch gerne einen neuen Bundeskanzler hätten, wie ja ohnedies von unserer Seite auch schon argumentiert wurde. (Bundesrat Mag. Klug: Der Wunsch ist Vater des Gedankens!) Und ich muss sagen, ich war beziehungsweise meine Kinder waren mehr als entsetzt: Die waren in Kitzbühel beim Schirennen und haben dort die Siegerehrung miterlebt. So etwas hat es, glaube ich, in der Republik Österreich noch nie gegeben, wie ein Bundeskanzler dort angenommen wurde, ausgepfiffen wurde, mit Schneebällen beworfen wurde und so weiter. (Bundesrat Stadler: So wie der Molterer, oder? So wie der Molterer in Kitzbühel! – Ruf: Die ÖVP-Bonzen! – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) – Das glaube ich nicht.

Das ist eigentlich der Punkt, und es ist natürlich auch klar, dass es gerade in Niederösterreich in der SPÖ einen innerparteilichen Machtkampf zwischen der Landes­hauptmann-Stellvertreterin Onodi und der Staatssekretärin Kranzl gibt und dass natürlich jetzt in Niederösterreich im Wahlkampf – ja, damit leben wir natürlich; ich habe diese Annonce der Grünen hier in meinen Unterlagen – auch Fragen thematisiert werden, die Sie jetzt auch an den Minister gestellt haben, und zwar auch im Hinblick auf diesen Asylfall. Der Herr Landeshauptmann hat in dieser Angelegenheit eines klargemacht – er hat keine Details bekanntgegeben, sondern er hat eines klargemacht, und zu dem stehen wir ganz eindeutig (Bundesrat Mag. Klug: Ist das noch der Tagesordnungspunkt?) –:


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Wer seine Asylgeschichte in dieser Republik in dieser Art und Weise in den Medien öffentlich diskutieren lässt, der sollte freiwillig auch seinen Strafregisterauszug auf den Tisch legen. (Bundesrätin Kerschbaum: Das haben sie aber gemacht! Und er war sauber!) Das wurde nicht gemacht! (Bundesrätin Kerschbaum: ... fein weiß veröf­fentlicht, Herr Kollege!) – So schaut die ganze Geschichte aus.

Die Evaluierungskommission wird also alles genau durchprüfen. (Bundesrat Mag. Klug: Ah, jetzt kommt die Tagesordnung wieder!)

Da zuvor vom Kollegen Todt das „System Niederösterreich“ angesprochen wurde, darf ich dazu sagen: Leider gibt es dieses nicht überall! Und das ist natürlich auch ein Grund, warum in unserem Bundesland manche von unseren Mitbewerbern so nervös sind. Warum? – Weil in Niederösterreich für die Menschen eine erfolgreiche Politik gemacht wird! Weil in vielen Bereichen für die Menschen mehr gemacht wird, als auf Bundesebene von der SPÖ oder von anderen gemacht wird! (Bundesrätin Kersch­baum: „Jubel, Jubel“!) – Kollege Kalina hat in der letzten Sitzung einmal in Richtung Landeshauptmann Pröll gesagt: Am Abend wird der Faule fleißig! – Tatsache ist eigentlich, dass es in Niederösterreich gerade bei der SPÖ so ist, dass am Abend der Faule erst munter wird und jetzt mitkriegt, was in diesem Land alles geschehen ist, und sich da jetzt irgendwo noch draufsetzen will. (Bundesrätin Kerschbaum: Wird das jetzt eine Landtagswahlrede? – Bundesrat Todt: Machen wir jetzt eine Nieder­öster­reich-Debatte?)

Was uns in Niederösterreich natürlich auch mehr als entsetzt hat, ist die Tatsache, dass hier mit einer Pietätlosigkeit versucht wird, über das Grab Liese Prokops hinweg Stimmung zu machen (Bundesrätin Kerschbaum: Geh!) und zu einem politischen Erfolg zu kommen. (Bundesrat Mag. Klug: Alles nur Scheineffekte! – Bundesrat Todt: Wann wird sie heiliggesprochen?) Ich kann Ihnen versichern: Das wird Ihnen nicht gelingen, und das glaubt Ihnen in Niederösterreich niemand.

Insgesamt ist klar, nach wie vor: Alle Fakten auf den Tisch, Vertrauen unsererseits in die Staatsanwaltschaft und in die unabhängige Justiz – aber ein klares Nein zu Vorverurteilungen! (Beifall bei der ÖVP.)

17.50


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 


17.50.40

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist keine Staatskomödie – ich finde daran wirklich nichts zu lachen: Hohe Beamte dieses Staates werden beschuldigt, Miss­brauch betrieben zu haben, und zwar von einem anderen hohen Beamten dieses Staates: Herrn Haidinger, wie wir wissen. Dann herzugehen und zu sagen: Geht mich nichts an!, das kann es ja nicht sein, Herr Minister! (Bundesrat Bader: Sagt ja keiner! – Ruf bei der ÖVP: Das ist ja unglaublich!) Ich gebe Ihnen schon recht: Der Weg, das zu klären, wer von diesen drei, vier oder fünf Herren recht hat, wird über ein Gericht und eine Evaluierungskommission führen. Aber die Herren – und bisher handelt es sich nur um solche – handeln ja nicht, weil sie sonst nicht wissen, was sie zu tun haben, sondern das sind doch wesentliche Beamte dieses Staates, vor denen ich im Prinzip hohen Respekt habe!

Meinen Schülern erkläre ich, dass der Staat so funktioniert, dass Menschen ihre Zeit, ihr Ansehen, ihr Interesse diesem Staat zur Verfügung stellen. Der Hintergrund dieser Geschichte ist aber genau der, dass hier der Arbeitgeber gewechselt wurde – wenn diese Behauptung stimmt: Dann war der Arbeitgeber nicht mehr der Staat, sondern das Parteiinteresse. – Wie klärt man so etwas?


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 134

Und jetzt komme ich genau auf den Punkt, auf den wir großen Wert legen: Politische Themen, politische Verantwortung kann in einem demokratischen Staat wie Österreich nur durch einen Untersuchungsausschuss geklärt werden! Wir werden aus dieser Geschichte nicht mehr anders herauskommen, wenn wir nicht wollen, dass ehemalige Minister und Ministerinnen und unser jetziger Minister in dieser Verantwortung verhaf­ten bleiben, ganz wurscht, was herauskommt. Denn es kommt heraus, dass einer oder zwei oder drei der Spitzenbeamten etwas Unrechtes getan haben (Rufe bei der ÖVP: Das wissen Sie jetzt?!): entweder Herr Haidinger oder die anderen. (Bundesrat Bader: Es kommt nichts anderes heraus für euch, das ist klipp und klar!)

Herr Kollege, wenn das stimmt, was Herr Haidinger sagt, dann ist das andere eine Katastrophe; und wenn das stimmt, was die anderen sagen, dann ist Herr Haidinger eine Katastrophe! – Irgendwie kommt also heraus, dass irgendwelche Spitzenbeamten sich da etwas gezuzelt haben. Seien wir doch einmal ehrlich! (Beifall bei den Grünen.)

Ich denke, dass es auch nur im Interesse der ÖVP sein kann und sein muss, diese Dinge parlamentarisch darzulegen und zu untersuchen.

Stattdessen – und das macht ja die Geschichte nicht wirklich besser – geht die ÖVP her und erklärt, das ist ein Kriegsfall: Wenn ihr einen Untersuchungsausschuss ein­richtet, dann suchen wir Munition gegen die SPÖ! – Warum eigentlich? Ist ein Unter­suchungsausschuss nicht ein demokratisches Mittel, um Klarheit herzustellen, ob die Verantwortung korrekt wahrgenommen wurde oder nicht? Wie erklären Sie dann irgendwelchen Schülern, die in die Demokratieschule kommen, was Demokratie ist und welche Rechte und welche Möglichkeiten es gibt? Es geht ja auch darum, unsere Beamten und auch unsere Minister im Notfall zu schützen – gegen Anschuldigungen. Machen Sie davon Gebrauch! (Rufe bei der ÖVP: „Gegen Anschuldigungen“! – Gegen Anschuldigungen der Grünen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich meinen Schülern und Schülerinnen erkläre, wie ein Auge reagiert, wenn es etwas aufs Auge gibt, dann sage ich ihnen: Ein Auge kann nur blitzen, das kann nur eine Lichtreaktion auslösen. – Und ein demokratisches Land wie Österreich kann auch nur demokratische Mittel anwenden, um seine Beamten und seine Politiker zu schützen. – Das ist ein demokratisches Mittel!

Eine weitere erschütternde Erfahrung habe ich gestern gemacht, als ich mir die Nachrichten angeschaut habe: Ein hoher Beamter dieses Staates – es war der BIA-Chef – muss sich dort hinsetzen und muss eine Geschichte erzählen, wie zwei Beamte eine Adresse ausheben. – Ich sage Ihnen etwas: Das war ja nicht irgendjemand, der diese Geschichte erzählt hat! Das war peinlich bis zum Gehtnichtmehr, wenn wir unsere Spitzenbeamten dazu gebrauchen, um im Fernsehen solche G’schichtln zu drucken! (Bundesrat Schöls: Das ist eine Unterstellung!) Das ist keine Unterstellung, das war im Fernsehen! (Bundesrat Todt: Ich hab’ das auch gesehen!) Wenn diese Geschichte wahr ist, Kollege, dann ist sie peinlich. Aber wenn es so ist, wie es klingt, dann ist es eine Schande. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Todt.)

Ich empfehle Ihnen, Kollegen von der ÖVP, und auch denen von der SPÖ (Bundesrat Perhab: Herr Oberlehrer, danke!): Stimmen Sie einem Untersuchungsausschuss zu, um Ihren Beamten, um unseren Beamten und unserem Minister den notwendigen Schutz zukommen zu lassen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

17.57


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 135

17.57.13 Fortsetzung der Tagesordnung

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir setzen die unterbrochene Verhandlung über die Punkte 1 bis 3 der Tagesordnung fort.

Am Wort ist weiterhin Herr Bundesrat Todt. Ich erteile es ihm. (Bundesrat Dr. Kühnel – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Bundesrates Todt –: Ich hab’ ge­glaubt, Sie sind schon fertig, Herr Kollege!)

 


17.57.26

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien) (fortsetzend): Herr Kühnel, ich bin noch nicht fertig. Ich will nur kurz Folgendes sagen:

Nachdem ich gebeten wurde, die schriftlichen Unterlagen herzugeben, ist mir gesagt worden, es werden die Fragen beantwortet. Dafür danke ich recht herzlich, ich werde es gerne nachlesen. Nur ist mir gesagt worden, sie werden nach der Dringlichen Anfrage beantwortet werden; es war vorher, während der Dringlichen Anfrage. Ich werde es mir merken und die Fragen, die ich jetzt stelle, eben dann nicht mehr hergeben zum einfachen Beantworten. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ja, natürlich: Wenn ich angegriffen werde dafür, dass ich die Freundlichkeit besitze, etwas herzu­geben, werde ich mich diesbezüglich auch verteidigen können! Oder, Herr Schöls? Nicht? Soll man das nicht tun? – Gut, ich setze gerne fort.

Laut Herrn Dr. Haidinger habe der damalige Kabinettschef Philipp Ita Herrn Dr. Haidin­ger mindestens zweimal telefonisch und einmal mündlich aufgefordert, jene Unterla­gen, welche vom Banken-Untersuchungsausschuss angefordert wurden, zu­nächst an den ÖVP-Klub zu übermitteln. – Ist Ihnen dieser Sachverhalt bekannt? Ist der Sachverhalt richtig? Gab es diesbezüglich eine Anordnung durch die Frau Bundes­minister? Wer soll die Anlaufstelle im ÖVP-Klub sein? (Präsident Kritzinger übernimmt wieder den Vorsitz.)

Nach Weigerung von Dr. Haidinger erhielt er den Auftrag, die Akten an den General­direktor für die öffentliche Sicherheit und an den damaligen Kabinettschef zu übermitteln. – Ist sichergestellt, dass der damalige Kabinettschef die Akte an nieman­den weitergegeben hat? Ist es sichergestellt, dass der damalige Kabinettschef nieman­dem, insbesondere keinem Vertreter des ÖVP-Klubs, in die Akten Einsicht gab? Wer hat diese Untersuchungen durchgeführt, und aufgrund welcher Ermittlungshandlungen kann eine Weitergabe oder Einsichtnahme von Akten ausgeschlossen werden? Wie war der Weg der angeforderten Akten von der Aushebung bis zur Übermittlung an die Parlamentsdirektion? Welche Personen waren dabei involviert? Welche Weisungen gab es in diesem Zusammenhang?

Herr Bundesminister, seien Sie so nett und beantworten Sie mir diese Fragen! (Beifall bei der SPÖ.)

18.00


Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Edgar Mayer. – Bitte.

 


18.00.12

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich verspreche, ich werde Sie mit keiner Frage konfrontieren, weil ich glaube, ihr von der SPÖ habt ja sicher noch genug Fragen. Ihr habt ja nicht zugehört und wiederholt euch heute schon zum dritten Mal mit immer denselben Fragen.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 136

Es ist ja ganz egal, wie der Herr Minister eure Fragen beantwortet, weil euch die Ant­worten sowieso nicht genügen. Egal, was er antwortet, es ist einfach zu wenig. Wenn ich eine Antwort nicht zur Kenntnis nehmen will, dann brauche ich sie gar nicht zu stellen. Das ist heute wirklich eine Politshow par excellence, die hier geboten wird.

Der Kollege Kalina ist Gott sei Dank wieder im Saal, nachdem er seine glorifizierte Presseaussendung geschrieben hat, die ja wirklich alle Stückerln spielt. Zu Ihrer Rede, Herr Kollege: Noch nie waren Sie so weit weg wie heute, das muss ich Ihnen in aller Form von hier aus sagen. Denn: Was wir machen, ist aufklären, aufklären, aufklären, und das, was ihr macht, ist anschütten, anschütten, anschütten. Und genau darum geht es, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben jetzt sicher genug diskutiert über die Dringliche Anfrage. Ich möchte doch noch einiges aus dem Sicherheitsbericht zitieren, weil das an und für sich auch der jetzt zu behandelnde Tagesordnungspunkt ist, sehr verehrte Damen und Herren.

Dieser Sicherheitsbericht 2005/2006 steht für einen Zeitraum, in dem eine hervor­ragende Frau, eine integre Ministerin der österreichischen Sicherheitspolitik ihren Stempel aufgedrückt hat. Die Diskussion, die derzeit Platz greift und wo die große Staatsfrau Liese Prokop mit hineingezogen wird, hat diese besondere Frau, die sich viele Jahrzehnte um die Politik in Österreich verdient gemacht hat, nicht verdient. Das hat sie nicht verdient! Mit Ihrer Vermutungs- und Unterstellungswelle, die Sie heute hier durch den Saal sozusagen ziehen lassen, können Sie diese ihre exzellente Arbeit nicht schlechtmachen.

Ein symptomatisches Beispiel für ihre hervorragende Amtsführung ist die Zusammen­führung von Polizei und Gendarmerie, die sie in ihrer ruhigen, sachlichen und kompe­tenten Art hervorragend gemeistert hat.

Was haben Sie uns, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokra­tischen und von der grünen Fraktion, alles vorgeworfen in diesem Zusammenhang? Eine Lawine von Kriminalität wird über uns hereinbrechen. Die Sicherheit wird nicht mehr gewährleistet sein. Keine Polizei wird mehr auf den Straßen sein. Und wie schaut die Realität heute aus? Es ist massiv mehr Polizei auf die Straßen gekommen, und das, was Sie im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Polizei und Gendar­merie behauptet haben, nämlich dass wir eine massive Umfärbelungsaktion in den Bundesländern vorhaben, das ist nicht eingetreten. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Keine einzige Position wurde hier umgefärbelt, Herr Kollege Schennach! Das darf ich Ihnen nochmals in aller Deutlichkeit sagen.

Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt. Und Sie wollen diesen Status auf dem Altar des Populismus opfern. Liese Prokop hat Sie alle Lügen gestraft und Sie eines Besseren belehrt. Und die ganzen Skandale, die besonders im Umfeld dieses Parlaments zustande gekommen sind, haben sich in Wien abgespielt.

Herr Kollege Kalina, Ihre sonstigen Aussagen in Ehren, aber wenn Sie Liese Prokop anschütten (Bundesrat Kalina: Nie gemacht!), dann ist das ein vollkommener Mist, das hat nicht einmal Platz im Mistkübel. Ihre Pietätlosigkeit macht nicht einmal vor einer Frau Halt, von deren Leistungen die ganze Republik Österreich profitiert hat, und das nicht nur in Niederösterreich, sondern auch hier im Parlament! Das möchte ich in aller Form noch einmal sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Konecny ist nicht da, aber Herr Kollege Kalina und auch Herr Kollege Schennach: Dasselbe gilt auch für den Minister Platter, den schütten Sie auch an. (Bundesrat Schennach: Ich schütte überhaupt nicht!) Der soll die Verantwortung Ihres Ministers Schlögl von der Sozialdemokratie, den ich übrigens wie viele andere für einen fähigen Innenminister hielt, übernehmen. Das ist doch ein vollkommener Non­


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sens! Wenn sich Alt-Innenminister Schlögl dagegen wehrt, hier als der alleinig Schuldige dazustehen, dann ist unser Minister Platter schon zehnmal nicht zur Verantwortung zu ziehen, weil er zu dieser Zeit gar nicht im Amt war. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis! (Bundesrat Schennach: Und ich schütte nicht! Nehmen Sie das zurück!) – Sie sind ein Oberschütter, Herr Kollege Schennach!

Es ist doch logisch, dass der Innenminister nicht jeden Fall persönlich bearbeiten kann, dann bräuchte es ja keine intelligenten Behördenleiter mehr. Und außerdem, Herr Kollege Kalina: Wenn Sie meinen, dass bei insgesamt 589 495 angezeigten strafbaren Handlungen im Jahre 2006 der Innenminister über jeden Fall Bescheid wissen muss, dann bedienen Sie sich wirklich eines einfachen Strickmusters in Ihrer Denkweise. Das möchte ich in aller Form hier anmerken.

Wie er gesagt hat, man hat in diesen Fällen, sobald es ihm bekannt geworden ist, rasch und sehr schnell reagiert, und das wollen Sie einfach nicht zur Kenntnis nehmen. Es geht heute nur um Politshow, es geht heute nur um Theater, um Inszenierung. Das sieht man ja auch an dieser Presseaussendung, wo Sie ihm überhaupt nicht die Möglichkeit geben, seine Äußerungen mit einfließen zu lassen. Diese Presseaus­sendung war bereits längst geschrieben, als der Herr Minister das erste Wort von sich gegeben hat.

Aber zurück zum Bericht. – Übrigens: Das bedeutet insgesamt einen Rückgang der Kriminalität. Professor Konecny hat ja heute in seiner Wortmeldung gesagt, die Kriminalität ist gestiegen. Das ist falsch, Herr Professor! Ich weiß nicht, woher Sie die Zahlen haben. Aber der Herr Minister hat Ihnen das ja eindeutig widerlegt in seiner bekannten Art und Weise.

Ich darf mich natürlich auch namens meiner Fraktion herzlich bei beiden Ministerien bedanken. Es zeugt von einer besonderen Art des Umganges miteinander, von Justiz und Innenministerium, einen derart umfassenden Bericht abzuliefern. Wir diskutieren über 1 010 Seiten voller wichtiger Information, 1 010 Seiten, die die hervorragende Tätigkeit für das Sicherheitssystem in Österreich dokumentieren, und dazu kommen noch 362 Seiten Statistischer Bericht. Eine gewaltige Leistung, zu der ich sehr herzlich gratulieren darf, nicht nur den beiden Ressortleitern, sondern auch den Beamtinnen und Beamten der Ministerien. Das kann man nur in aller Form nochmals betonen. Natürlich auch nicht zu vergessen, wie es heute schon mehrfach erwähnt wurde, die vielen Polizistinnen und Polizisten, die diese hervorragende Arbeit für uns geleistet haben.

Ich möchte noch ganz kurz auf zwei Kapitel zu sprechen kommen. Das ist einerseits die Drogenkriminalität. Im Bereich der Drogenkriminalität hat es wirklich einen vermehr­ten Einsatz gegeben, hier sind die Zahlen zurückgegangen. Großartige Leistungen im Bereich der Bekämpfung der Drogenkriminalität. Wichtig ist, wie gesagt, auch die internationale Zusammenarbeit, weil Österreich im Bereich des Suchtgifthandels als Transitland betroffen ist. Eine länderübergreifende, weltweite Zusammenarbeit ist Vor­aussetzung für eine effiziente und erfolgreiche Bekämpfung der Suchtgiftkriminali­tät.

Das Zweite ist der Bereich des Asylwesens. Die gesetzliche Änderung mit Beginn des Jahres 2006 hat sich sehr positiv auf die Asylanträge ausgewirkt. Wir haben – es ist ja zwischenzeitlich bekannt, wie wir mit diesem Problem umgehen – auf die große Anzahl von unerledigten Fällen mit massiver Aufstockung des Personals reagiert. Asylanträge werden nun noch rascher behandelt. Der Asylgerichtshof ist beschlossen, das wissen wir auch, sodass die Anträge noch schneller erledigt werden können.

Ich habe es heute wieder von Ihnen gehört, haben Sie doch wieder einmal über den Fall Zogaj gesprochen, Herr Kollege Schennach. Ich muss Ihnen das wiederholt sagen: Beim Fall Zogaj liegen Sie so weit daneben, weil hier geht es einfach um illegale


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 138

Zuwanderung und nicht um Asyl. Ich werde es Ihnen noch zehnmal sagen müssen, und Sie werden es wahrscheinlich noch zehnmal nicht begriffen haben, dass es hier um illegale Zuwanderung geht! (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Hier geht es nicht um Asyl! Das muss man letztmalig hier dokumentieren, und auch im Protokoll bitte ich das entsprechend zu vermerken.

Die damit verbundene Schlepperei ist eines der ganz großen Probleme unserer Zeit. Schlepperei im großen Stil funktioniert nur unter Zuhilfenahme von Organisationen und Netzwerken, welche eine nicht zu unterschätzende Rolle dabei spielen.

Ich möchte auf jeden Fall noch sagen, dass es zu einem massiven Rückgang bei den Aufgriffen geschleppter Personen gekommen ist, und zwar im Ausmaß von 45 Prozent. Das ist sicher auch auf die mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Änderungen des Fremden­polizei- und Asylgesetzes zurückzuführen, welche deutlich bessere Möglichkeiten der Bekämpfung bieten.

Wir haben heute auch schon über die Aufklärungsquoten gesprochen. Ich möchte aus Vorarlberger Sicht dazu sagen, weil es eben auch entsprechende Länderstatistiken gibt, dass wir in Vorarlberg die höchste Aufklärungsquote im Staate Österreich haben. Wir haben in den letzten Jahren – da kann man zurückgehen bis zum Jahr 2002 – immer Aufklärungsquoten von über 50 Prozent gehabt, und wir haben 2006 eine Aufklärungsquote von 54,4 Prozent gehabt. Für das Jahr 2007 gibt es einen vorläufigen Bericht, wonach wir wieder auf über 50 Prozent gekommen sind. Also auch in Vorarlberg hat Sicherheit einen ganz besonderen Stellenwert, und wir bemühen uns auch mit unseren Exekutivbeamtinnen und -beamten um eine hohe Aufklärungsquote.

Ich möchte jetzt noch ganz kurz darauf eingehen, dass Sie, Herr Kollege Schennach, sich als Oberschiedsrichter aufgespielt haben. (Bundesrat Schennach: Nein, „Ober­schütter“ haben Sie gesagt!) Ja, es ist heute der Tag der Superlative, alles „Ober-“. Auf jeden Fall haben Sie gesagt, Sie werden die Aussagen des Herrn Ministers bewerten. Wie bewerten Sie das? Mit Silben pro Antwort, oder gewichten Sie das mit einer Waage, ob Sie jetzt einen Untersuchungsausschuss beantragen werden oder nicht?

Jedenfalls haben wir heute sehr ausführliche, sehr kompetente und sehr genaue Ant­worten gehört, auf Fragen, wo man eine Antwort geben kann und die nicht Gegenstand von Untersuchungen von Behörden wie der Staatsanwaltschaft sind. Und dass der Herr Minister der Staatsanwaltschaft nicht vorgreifen kann, ist, glaube ich, logisch. Das wissen wir alle. Und dass auch die Unschuldsvermutung zu gelten hat, Ihnen das zu vermitteln haben wir heute mit zehn Redebeiträgen versucht.

Liese Prokop hat hervorragende Arbeit für Österreich geleistet und war eine exzellente Ministerin. Das möchte ich noch einmal anbringen, weil es hier um die Jahre 2005 und 2006 geht. Und Günther Platter führt diese Arbeit auf seine besondere Art und Weise großartig fort. Lieber Herr Innenminister, herzlichen Dank für dein Engagement! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.11


Präsident Helmut Kritzinger: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Bundes­rat Kalina gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Dauer von 5 Minuten nicht überschritten werden darf und dass dem zu berichtigenden Sachverhalt der berichtigte gegenübergestellt werden soll. Ich erteile Ihnen das Wort.

 


18.11.53

Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Lieber Herr Abgeordneter Mayer, Sie haben behauptet – an den genauen Wortlaut erinnere ich mich nicht –, ich hätte die verstor­bene Frau Bundesministerin Prokop angeschüttet, diffamiert oder irgendetwas Ähn­liches gemacht. Das haben Sie hier vor wenigen Minuten gesagt. – Das entspricht


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 139

nicht der Wahrheit! Das ist die glatte Unwahrheit! Ich habe das zu keiner Zeit, in kei­nem Medium oder sonst irgendwo gemacht.

Wahr ist vielmehr, dass Kollege Missethon, der Generalsekretär der ÖVP, Frau Bun­desminister Prokop ins Spiel gebracht hat, von einer Weisung ihrerseits an den Beamten Haidinger berichtet und diese Weisung für gut befunden hat. (Bundesrat Dr. Kühnel: Nicht für gut – für klug!) Er ist es somit, der die Frau Minister Prokop hier in eine schwierige Lage gebracht hat – und nicht ich. (Beifall bei der SPÖ.)

18.12


Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Reisenber­ger. Ich erteile es ihm.

 


18.12.56

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, der heutige Tag hat doch für einige Über­raschungen gesorgt, Überraschungen nicht in der Art, dass wir großartige Infor­mationen bekommen hätten. Aber, Kollege Mayer, wenn du gemeint hast, es kommen immer wieder die gleichen Fragen: Ich kann dich beruhigen, du wirst von mir nicht die gleichen Fragen hören, die vorher schon gestellt wurden. Ich muss aber trotzdem fest­stellen, dass es offensichtlich notwendig war, immer wieder Fragen zu stellen aus den verschiedensten Bereichen, denn es sind einige – Herr Minister, das kennen wir ja von Ihnen aus dem Eurofighter-Ausschuss – von Ihnen so beantwortet worden, wie es eben in den Kram passt. Und das kann man eben nicht als Beantwortung zur Kenntnis nehmen, dass man sagt, was einem passt, und die Fragen, die man nicht beantworten will, werden auf die Seite geschoben. Gut, soll so sein. Dann wundern Sie sich aber bitte nicht, wenn wir unsere Fragen, die berechtigten Fragen, die die Menschen inter­essieren, auch dementsprechend wiederholen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Überraschend war für mich heute noch eines. Über die Parteigrenzen hinweg gehe ich im Grunde davon aus, dass wir doch alle ein zumindest gleichwertiges Ansehen von Moral haben. Ich habe mir heute, und das kann ich mir nicht verkneifen, bei den Worten von Landeshauptmann van Staa festgestellt, dass es hier offensichtlich doch unterschiedliche Wertbegriffe von Moral gibt. (Bundesrat Schöls: Das ist unter diesem Punkt zu diskutieren, die Erklärung des Landeshauptmannes?) Das gehört auch zu diesem Punkt, den wir hier jetzt diskutieren! Wenn du aufgepasst hättest – du hast heute schon ein paar Mal gesagt: Hör zu! –, dann hättest du gehört, dass van Staa sich auch zu diesem Thema geäußert hat und in einer Art und Weise hier Wertungen vor­genommen und uns seine Begriffe von Moral mitgeteilt hat, die für mich in diesen Fall hineingehören und die von vielen von euch, so denke ich, in Wirklichkeit nicht geteilt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Bundesminister Platter hat heute immer wieder versucht, uns klarzumachen, dass der Sicherheitsbericht hervorragend ist und dass man ihn nicht madig machen soll. – Das hat kein Mensch gemacht! Aber es geht darum, dass die Beschäftigten aufgrund dieser Tatsachen, über die wir heute disku­tie­ren, auch ganz massiv mit geschädigt sind, nämlich die Beschäftigten in der Exekutive. Und hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, glaube ich, kann man nicht oft genug darauf hinweisen – und ich möchte es hier ganz klar und deutlich ausführen –, dass die gute Arbeit der ExekutivbeamtInnen durch den politischen Einfluss mit Verboten und sogenannten Anordnungen eindeutig behindert wurde. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Platter.)

Das ist keine Frechheit, Herr Minister! Das sind Aussagen, die wir hier eindeutig gehört haben. „Frechheit“ zu sagen ist überhaupt etwas, was in diesem Raum sehr eigenartig ist, von einem Minister zu hören. Aber bitte, wir nehmen auch das zur Kenntnis.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 140

Umso mehr also der Dank an die Kolleginnen und Kollegen, die trotz dieser frustrie­renden Vorgänge – und die Exekutive ist unterbesetzt, nach wie vor unterbesetzt; ich rede da nicht nur von Wien, das kann man in allen anderen Bundesländern auch immer wieder feststellen (Zwischenrufe bei der ÖVP) –, trotzdem sie in ihrer Arbeit von politisch fehlgeleiteten Anordnungen und Personen behindert werden, mit vollem Einsatz ihre Arbeit machen und Tag für Tag vor Ort ihrer oft auch sehr gefährlichen Tätigkeit nachkommen. Ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion und in meinem eigenen Namen ausdrücklich bei diesen Kolleginnen und Kollegen. Und genau diese Gruppe verdient es, mindestens genauso wie alle anderen Österreicherinnen und Österreicher, dass es hier zu klaren Antworten kommt, die wir bis heute und bis jetzt in vielen Punkten nicht bekommen haben.

Herr Minister, Ihre Taktik – jetzt können Sie wieder „Frechheit“ sagen, ich kann damit leben –, die ich heute mitbekommen habe, ist, ganz einfach den Spieß umzudrehen und zu sagen: Warum redet der Haidinger erst jetzt? Das heißt, er hat eh alles gut gemacht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) In Bezug auf die Aussagen, die wir bis jetzt auf dem Tisch liegen haben, wird man eben klären müssen, ob sie stimmen oder nicht, aber politische Empfehlungen wie: Mach das so oder so, wenn du in der Position bleiben willst!, wie wir es gehört haben, sind natürlich schon auch eine Erklärung dafür, warum dieser Herr Haidinger, der ja bei Gott kein Mann ist, der der sozial­demo­kratischen Reichshälfte zuzuordnen wäre oder einer anderen Partei als der Ihrigen, erst jetzt redet.

Wenn man dann über die kritisierte Vorgangsweise, die im Rahmen von Ermittlungen stattfindet, sagt, das ist doch alles ganz wunderbar gelaufen, dann ist das schon etwas eigenartig. Wahrscheinlich werde ich in die Situation nicht kommen, aber, Herr Minister, ich stelle mir jetzt vor, ich will Sie zu einer privaten Fete, zu einem privaten Fest einladen. Jetzt kommt mir aber der Gedanke, das sollte ich nicht über einen offiziellen Weg machen, weil das könnte Ihnen aufgrund von unterschiedlichen politi­schen Ansichten vielleicht schaden, und das will ich nicht. Demzufolge müsste ich einmal ausfindig machen, wo Ihre Schwiegermutter wohnt – ich hoffe, sie lebt noch, ich weiß es nicht –, und dann über die Schwiegermutter Ihre Adresse eruieren. (Bundesrat Bader: Was soll denn das? Bitte, was soll denn das?)

Das kann doch bitte nicht die Vorgangsweise sein, die Sie heute verteidigen. Bei dieser Vorgangsweise ist es nicht darum gegangen, dem Herrn Ex-Bundeskanzler einen Brief zuzustellen, sondern darum, wie ich mir für Wahlen und sonstige Propaganda ganz einfach Informationen holen kann. Das ist, so unterstelle ich jetzt, die Wahrheit, darum ist es gegangen.

Herr Minister, auch ich habe natürlich noch einige Fragen, die wir gerne von Ihnen beant­wortet hätten. Wenn wir nun weiter ... (Bundesrat Dr. Kühnel – in Richtung des Bundesrates Kalina, der sein Sakko ablegt –: Es ist im Bundesrat nicht üblich, das Sakko auszuziehen! Ich sage es Ihnen nur!) – Herr Bundesrat Kühnel hat auch schon „Knigge“ gelernt. Er weiß zwar selber oft nicht, was das bedeutet, und setzt es nicht um, aber Luft rauslassen tut ihm offensichtlich sehr gut, und er macht das ja sehr oft zu den unpassendsten Gelegenheiten, wie auch jetzt wieder.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Auf die Frage nach weiteren Korruptionsvorwürfen hat Herr Dr. Haidinger unter anderem auch ausgesagt, dass der damalige Kabinettschef Ita in betrunkenem Zustand einen Autounfall mit Sachschaden gehabt haben und sich von der Unfallstelle ohne Anzeige oder andere Handlungen entfernt haben soll. Der diesbezügliche Polizeiakt soll in Folge abgeändert worden sein.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 141

Hier wiederum: Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Exekutivorgan von sich aus sagt: Da schreiben wir jetzt etwas anderes hinein! Das passiert – aber so etwas sollte überhaupt nicht passieren! – zweifelsohne nur aufgrund eines Einflusses einer höher gestellten Persönlichkeit.

Jetzt wird es schwierig, weil Herr Minister Platter wieder den Saal verlässt; ich werde aber trotzdem meine Fragen stellen und ersuche, dass man dem Herrn Minister diese dann mitteilt. Es wird ja hier genügend Personen geben, die das mitschreiben können und es dann auch zur Beantwortung in die Hand bekommen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die Frage ist natürlich, ob dieser Sachverhalt dem Herrn Minister bekannt ist. Und die logische Konsequenz davon sind folgende Fragen: Ist der Sachverhalt überprüft worden? Wer hat diese Prüfung vorgenommen beziehungsweise wer hat den Polizei­akt aufgenommen? Wer hat den Akt abgeändert: War das die gleiche Person; waren das andere Personen? Das sind ja lauter Dinge, die ja fast wie Horrorgeschichten klingen. Und vor allem die Frage: In wessen Auftrag erfolgte das?

Ebenso interessant ist die Frage – meiner Ansicht nach eine wirklich ganz eigenartige Sache –, wieso es da, wie es heißt, Dienst-Kreditkarten gibt. Daher auch dazu: Welche Personen Ihres Kabinetts, Herr Bundesminister Platter, verfügen über eine dienstliche Kreditkarte? Wofür darf diese verwendet werden? Auch ein ganz wichtiger Punkt. Gibt es da klare Richtlinien für dieses, jenes, und nur dafür darf diese Kredit­karte verwendet werden – oder kann man sich damit auch Zigaretten kaufen, ein Bier oder vielleicht gar schnell einen Anzug und ihn einstweilen mit dieser Karte bezahlen? Für mich ist das alles nicht vorstellbar, und ich kenne auch keine Organisation, wo es so etwas auch nur in annähernder Art und Weise gäbe.

Auch für uns Bundesräte ist es ganz normal, dass wir, wenn wir irgendwo Auslagen haben, die dienstlich sind, diese zunächst und selbstverständlich selbst begleichen und das dann, natürlich nur gegen Vorweis aller Rechnungen, refundiert bekommen.

Daher auch folgende Fragen: Wer überprüft die widmungsgemäße Verwendung, wenn es überhaupt Widmungen dafür gab? Wer bewahrt die Abrechnungen der Kreditkar­tenfirma auf? Das alles muss ja auch im Nachhinein nachvollziehbar sein. Was wurde wann wem gegenüber und von wem ausgegeben? Das müsste ja in Ihrem Sinn sein: alles mit Ordnung und Genauigkeit, wie wir es ja unser ganzes Leben lang gelernt haben. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Herr Kühnel, ich denke, das passt schon sehr gut. (Bundesrat Dr. Kühnel: Schauen Sie den Herrn Bundeskanzler an!) – Wen ich anschaue, können Sie mir überlassen! Es fällt mir eh schwer genug, Sie anzuschauen; es tut manchmal weh, aber ich mache es trotzdem.

Weitere Fragen: Wer hatte im Kabinett der Ministerin eine solche Kreditkarte? Eine, glaube ich, auch sehr interessante Frage. Sind die Abrechnungen noch im Ministerium verwahrt? Wurden diese überprüft? Gab es Hinweise auf widmungswidrige Verwen­dungen dieser Kreditkarte?

Nächster Punkt ist, dass es angeblich sogar einen Diebstahl einer solchen Kreditkarte gegeben haben soll. Daher die Frage: Ist dem Innenministerium bekannt, ob eine solche Dienst-Kreditkarte einem Mitarbeiter gestohlen wurde? Wenn dies der Fall ist: Wurde diesbezüglich Anzeige erstattet? Logische Frage auch: Ist diese Karte sofort gesperrt worden – oder hat man das ganz einfach „rennen“ lassen? – Wenn meine persönliche Kreditkarte weg wäre, wäre das Erste, was ich mache, diese sperren zu lassen, wie wahrscheinlich jeder von Ihnen das genauso täte. Man weiß ja nicht, was sonst damit passiert.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 142

Daher: Wurde eine diesbezügliche Anzeige erstattet? Wenn ja: wann und durch wen? Welche Ermittlungsverhandlungen gab es dazu? Ist der Hinweis korrekt, dass ein Kellner eine solche Kreditkarte gestohlen habe? – Alles Aussagen, die nicht von mir stammen, sondern das sind die Aussagen, die im Ausschuss gemacht wurden.

Welches Ergebnis ergaben dann die Ermittlungen über den Diebstahl? Wurde der unbekannte Kellner – so muss man ihn im Moment ja noch bezeichnen – rechtskräftig verurteilt? Oder hat man die Kreditkarten vielleicht auch nur vergessen, liegen gelas­sen – und dann behauptet, sie wurde gestohlen? Es gibt ja dazu die verschiedensten Varianten; daher hätten wir dazu gerne Aufklärung.

Ebenso hat Herr Dr. Haidinger mitgeteilt von den Besuchen eines ehemaligen Polizei­präsidenten und eines ehemaligen Mitarbeiters in Bordellen. – Dazu die Frage: Ist dem Innenministerium diesbezüglich etwas bekannt? Eine, glaube ich, durchaus berechtigte Frage. Ist es richtig, dass es Niederschriften einer Prostituierten in Schwechat gibt, bei welchen diese behauptete, durch „obenstehende Personen“ genötigt worden zu sein? Wie lautet die Niederschrift im Wortlaut? Das müsste man ja wissen, wenn es das gegeben hat. Und: Welche Ermittlungshandlungen wurden gesetzt? Logische letzte Frage: Zu welchen Ergebnissen führten diese Ermittlungshandlungen?

Ich hoffe ganz speziell für dich, Kollege Mayer, dass diese Fragen neu waren, dass du diese noch nicht gehört hast (Bundesrat Mayer: Da geht es um das Amtsgeheimnis auch!), und ich hoffe auch, dass dein Verständnis so weit geht, zu sagen: Okay, das ist zwar nicht angenehm für uns, aber das sind wirklich Fragen, die interessieren! (Neuer­licher Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Das sind Dinge, über die die Bevölkerung wirklich sauer ist, Dinge, die vor allem für eine Gruppe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die – ich sage es noch einmal – eine harte, die eine undankbare Arbeit haben, nicht sehr angenehm sind. Diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stehen ja in der Öffentlichkeit meistens nur dann, wenn man etwas Negatives an ihnen findet, und alles was sie, und zwar tagtäglich, positiv und gut machen, wird als geradezu selbstverständlich hingenommen. Und genau für diese Gruppe ... (Bundesminister Platter betritt soeben wieder den Sitzungssaal.) – Herr Minister, es war sicherlich ein wichtiges Gespräch.

 


Präsident Helmut Kritzinger: Der Herr Minister musste kurz hinaus; er hat sich ent­schuldigt.

 


Bundesrat Harald Reisenberger (fortsetzend): Ich ersuche, Herr Bundesminister, dass man diese Fragen an Sie weiterleitet. Ich habe nicht unterbrochen, das hätte ich auch können, glaube aber, diese Zeit würde uns dann wieder fehlen. Es sind das neue Fragen – ich habe das dem Kollegen Mayer schon gesagt – und keine Wiederholun­gen.

Gemeinsam sollten wir alle Anstrengungen zur Aufklärung unternehmen, und, Kollege Mayer, gerade Gewerkschafter (Bundesrat Mayer: Ja!) sollten Verständnis dafür ha­ben, dass die Menschen in Österreich optimale Information und optimale Gerechtigkeit für die Beschäftigten in diesem Bereich wünschen, und zwar für einen Bereich, in dem einzelne Personen Unrechtes getan haben mögen. Das wird sich sicherlich zeigen. Aber da darf doch nicht eine ganze Gruppe von Menschen verunglimpft werden! – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

18.27


Präsident Helmut Kritzinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schöls. Ich erteile es ihm.

 



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 143

18.27.41

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter für Inneres, der Sie bei der Sicherheitsdebatte, in der es um Inneres und Justiz geht, noch anwesend sind, während die Frau Bundesministerin für Justiz „Respekt“ und „Ehrerbietung“ dem Bundesrat insofern entgegenbringt, als sie seit vier Stunden nicht mehr hier ist. Da sich Herr Professor Konecny so oft über diese Dinge aufregt, sei das auch noch angeführt: Wir diskutieren hier die Berichte 2005, 2006 für das Ressort Inneres und das Ressort Justiz.

Nach fast zwölf Stunden an Diskussion hier sehen wir, dass es eigentlich nichts Neues gibt – außer, dass wir die Bestätigung haben, dass auch die „Küniglberg-Koalition“ funktioniert, denn der Herr Kollege Parteisekretär Kalina hat hier sozusagen seinen Text abgeliefert, und dann sind die Kameras eingefahren worden, damit alles wieder seine Ordnung hat und die vorgefasste politische Linie übermittelt werden kann, dass angeblich 60 Prozent der Bevölkerung der Meinung sind, dass Sie von der SPÖ da auf dem richtigen Weg sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister, die Arbeit der Exekutivbeamten verdient es, entsprechend ge­wür­digt zu werden, und ich darf daher im Zusammenhang mit den Sicherheitsberichten 2005 und 2006 sagen: Ich erinnere mich an einen Ihrer Vorvorgänger, der heute schon einmal erwähnt wurde, Herr Bundesminister, und da war es so, dass wir oft erst nach vier oder fünf Jahren die Sicherheitsberichte zur Diskussion vorgelegt bekommen haben. Damals, eben unter sozialistischen Innenministern, hat es relativ lange ge­dauert, bis wir diese Berichte bekommen haben.

Man muss sagen, unsere Exekutive arbeitet hervorragend. Ich erinnere aber auch an die Einsparung der Schulplanstellen durch den seinerzeitigen Innenminister Schlögl, die in einige hundert Planposten geht und wo ich erst vor wenigen Monaten durch eine Anfragebeantwortung von der zuständigen Ministerin Bures gehört habe, dass es „genug“ Planstellen im Bereich der Polizei gibt. Da frage ich mich schon, wie bei Ihnen die innerparteiliche Kommunikation funktioniert.

Ich möchte von dieser Stelle aus wirklich allen Bediensteten in den verschiedensten Bereichen der Exekutive herzlichen Dank für ihre Arbeit sagen. Es geht bei der Aufklärung ja nicht mehr um den klassischen Hendldieb, den wir in den fünfziger oder sechziger Jahren vielleicht noch hatten, sondern es sind, auch durch die Öffnung der Grenzen, professionelle kriminelle Organisationen tätig, und unsere Kolleginnen und Kollegen leisten da, wie gesagt, hervorragende Arbeit.

Das Gleiche gilt auch für die Kolleginnen und Kollegen im Bereich des Strafvollzuges.

Ich hätte die Frau Bundesministerin für Justiz oder – wenn sie anwesend gewesen wären – zumindest die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter aus ihrem Hause gebeten (Bundesrat Kraml: Sie war eh da!), das noch einmal zu überlegen. Ich weiß nicht, ob Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ-Fraktion, informiert sind über eine Über­legung, die es im Bundesministerium für Justiz gibt, nämlich im Rahmen des Aggres­sionsabbaus für abgeurteilte Strafgefangene Sporttrainingsveranstaltungen durchzu­füh­ren, im Rahmen derer die abgeurteilten Mörder, Schwerverbrecher, Mafiabosse offiziell auf Steuerkosten jene Würgegriffe lernen (Bundesrat Kraml: Geh, das ist ein Märchen!), die – ich nehme das zur Kenntnis; wir werden das den Kollegen sagen, Kollege Reisenberger, dass das gemacht werden soll, obwohl sich beide Gewerk­schaftsfraktionen der GÖD massiv dagegen aussprechen, dass Steuergeld dafür verwendet wird! – die Exekutivbeamten zu ihrer persönlichen Verteidigung brauchen! – Das kostet die sozialistische Fraktion einen Lacher! (Bundesrat Reisenberger: Kollege Schöls, blick nach rechts! In die andere Richtung!)


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Nein, das ist im Justizministerium, solltest du das noch nicht kapiert haben! Straf­vollzug ist im Bundesministerium für Justiz (Ruf bei der SPÖ: Denen braucht man es nicht lernen!); dorthin gehören die Bediensteten in den Gefangenenhäusern! Aber so weit zu eurem Umgang damit.

Ich möchte mich aber auch bei den Kolleginnen und Kollegen im Justizressort bedan­ken (Bundesrat Kalina: ... Fußball mit Schüssel!), bei den nicht richterlichen und bei den richterlichen Bediensteten, denn zum Beispiel Frau Rat Claudia Bandion-Ortner und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in den letzten Monaten eine riesige Menge an Arbeit zu bewältigen, und dies ist eine hervorragende, qualitativ hochwertige Arbeit öffentlich Bediensteter.

Herr Kollege Kalina, wissen Sie, warum jemand, wenn er durch den Wald geht, laut schreit oder pfeift? – Weil er sich fürchtet! – Und genau diesen Eindruck habe ich von Ihnen: dass Sie deswegen so laut schreien und pfeifen, weil Sie sich fürchten, dass im Zusammenhang mit dem BAWAG-Prozess noch einmal einige Dinge hochkommen! Deshalb dieses Ablenkungsmanöver, das Sie hier inszenieren, wo Sie zwölf Stunden lang so tun, als gäbe es da noch Möglichkeiten. Und dann stellen Sie sich hier her und sagen: Alles nichts, alles viel zu wenig! Das kommt nicht in Frage!

Sie spielen hier mit den Gefühlen der armen Natascha Kampusch, wo es bedauer­licherweise Erhebungsirrtümer gegeben hat. Die setzen Sie ein, um von Ihren Skandalen abzulenken, denn das, was im BAWAG-Bereich passiert (Bundesrat Rei­sen­berger: Was ist mit Hypo Alpe-Adria?), passiert, ob ihr es hören wollt oder nicht, innerhalb des sozialistischen Hochadels. Es ist sozialistischer Hochadel, der hier auf der Anklagebank sitzt – Teil der ehemaligen Wirtschaftskompetenz, vielleicht von Ihnen und vom Kollegen Klubobmann Cap, der jetzt wieder als Zuhörer in unseren Saal kommt, eingerichtet –, zu dem die verschiedensten Herren, Elsner, Zwettler, die Fa­milie Flöttl ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß schon, das ist Ihr wunder Punkt, denn Sie müssen heute der jungen Generation, Ihren jungen Genossen erzählen, dass es Ihnen durch Ihre Wirtschaftskompetenz gelungen ist, den „Konsum“ abzuwirt­schaften! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie müssen das heute Ihren jungen Genossinnen und Genossen erzählen.

Kollege Professor Konecny hat seinen Professorentitel unter anderem auch aufgrund dessen bekommen, dass es einmal eine „Arbeiterzeitung“ gegeben hat – auch die haben Sie abgewirtschaftet!

All das sind Dinge, mit denen Sie politisch Probleme haben! (Bundesrat Mag. Klug: Die Schallplatte ist hängen geblieben! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, ja, das dreht sich im Kreis. Ihr habt schon recht. (Zwischenruf des Bundesrates Kalina.) – Nein, nein, das dreht sich bei euch im Kreis!

Und dieser wunde Punkt und diese Angst ... (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Kalina.) – Herr Kollege Kalina, Sie können sich noch erinnern, aber die junge Generation weiß nicht, dass Ihre Genossen den „Konsum“ abgewirtschaftet haben. Die haben die „Hackler Times“ nicht mehr, um sich zu informieren, weil die abgewirt­schaftet hat. Und Sie versuchen jetzt, politisches Kapital zu schlagen, um von diesen Wunden abzulenken!

Der steirische Landeshauptmann hat Ihnen ja schon wieder einmal ausgerichtet – ich kann mir ja vorstellen, dass Sie weiche Knie kriegen, wenn der zum Telefon greift; seine Art, telefonisch zu kommunizieren, ist ja in der Zwischenzeit legendär –, er hat Ihnen gesagt, wenn Sie jetzt nicht dranbleiben, dann bläst Ihnen ein kalter Wind aus der Steiermark entgegen. Das hat sogar dazu geführt, dass der Herr Bundeskanzler – ich hoffe, nicht upgegradet – frühzeitig aus dem Schiurlaub zurückgekommen ist, um die Dinge jetzt selbst in die Hand zu nehmen.


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Sie wollen ablenken von den Problemen, die Sie haben! Sie wollen ablenken! (Bun­desrat Mag. Klug: Sicherheitsbericht! – Weitere Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ablenken von den Problemen. Ich wiederhole: Sie wollen ablenken von den Problemen! (Bundesrat Konecny: Pausenlos!) Denn der Sicherheitsbericht (Bun­desrat Mag. Klug: Jetzt kommt er noch! Kommt er jetzt?) zeigt die gute Arbeit der Exekutive, und das wollt ihr  (Bundesrat Mag. Klug: Kommt er jetzt? – Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) – Das muss ich mir gut überlegen, Herr Professor.

Ich nütze noch die Gelegenheit, euch zu sagen, dass es euch nicht gelingen wird, mit diesen Scheingefechten von den internen Spannungen, die es in der SPÖ gibt, abzulenken, weil ihr Angst habt, dass beim BAWAG-Prozess einiges passiert und euer sozialistischer Hochadel in Misskredit gerät.

Herr Bundesminister, ein Danke an alle Exekutivbediensteten. Ich bitte, auch der Frau Bundesministerin für Justiz, nicht ihr persönlich, sondern ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem Bereich, den Dank der ÖVP-Fraktion auszusprechen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.38


Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Klug. Ich erteile es ihm.

 


18.38.15

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es wäre verlockend, jetzt auf die Ausführungen des Kollegen Schöls einzugehen. Ich habe ihm schon einmal ein Angebot gemacht, als er über die Frage gesprochen hat, ob Sozialdemokraten wirt­schaften können oder nicht, im Zusammenhang mit der Sozialversicherungsanstalt. (Bundesrat Schöls: „Konsum“!) Und nachdem ich dir das Angebot gemacht habe, sage ich dir das jetzt, weil du ausgeritten bist zu einer tatsächlichen Berichtigung.

Die Verwaltungskosten in den schwarzen Kassen sind höher als in den roten. Ich habe dir das damals angeboten, und nachdem du immer wieder provozierst, sage ich es dir jetzt von hier aus. Schau dir das bitte an – das sind Schwarze und nicht Rote. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Punkt zwei, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Kollege Bader, du weißt, dass der Vorwurf an unseren Kollegen Todt ungerechtfertigt war. Ich verstehe die Emotion, ich lasse es auch bei dieser Bemerkung bewenden. Wenn er damit rechnen hätte können, dass der Herr Bundesminister auf seine Fragen zu diesem Zeitpunkt antwortet, dann wäre das gerechtfertigt gewesen, damit konnte er aber nicht rechnen, und insofern war der Vorwurf ungerechtfertigt. Bei all der Emotion – lassen wir es so stehen, wie es ist –: Es war wirklich nicht ganz in Ordnung.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möch­te diese Gelegenheit dazu nutzen, anlässlich der Debatte um den Sicherheitsbericht als Grazer und als steirischer Bundesrat zwei konkrete Anliegen an Sie, Herr Bun­desminister, heranzutragen.

Punkt eins – das wird Sie vielleicht etwas überraschen –: Wir haben im Zusam­menhang mit dem Grazer Gemeinderatswahlkampf bedauerlicherweise sehr, sehr unsaubere politische Wahrnehmungen machen müssen, und es ist in weiterer Folge zu einem Personenschutz der Frau Dr. Winter gekommen. Im Zuge dieses Wahlkampfes hat der Präsident der ägyptischen Gemeinde in Österreich und sozialdemokratische Gemeinderat auch kandidiert, und er wurde mit mehrfachen persönlichen Morddro­hungen konfrontiert, bis hin zu Schreiben, die in die Sphären der Jungen Generation der SPÖ vorgedrungen sind.


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Ich darf aus dem „Falter“ 7/08 zitieren, wo es heißt: Eine „Aktionsgruppe für ein Moslem-freies Graz“ kündigt an, man werde auf dem Islamischen Friedhof Schweine­innereien vergraben und die Gräber mit Schweineblut tränken. – Ich mache darauf auf­merksam: Ich zitiere aus dem „Falter“. – Tatsächlich waren zu dem Zeitpunkt, als das Schreiben ankam, bereits etwa 45 muslimische Gräber auf dem Zentralfriedhof verwüstet. In weiterer Folge kam es bei diesem sozialdemokratischen Gemeinderats­kandidaten einerseits zu mehrfachen persönlichen Morddrohungen, andererseits auch zu Sachbeschädigungen an seinem Privat-Pkw. Trotz Anzeige bei der Sicherheits­direktion wurde ihm, wohl gemäß der Einschätzung der persönlichen Gefahrenlage, der Personenschutz verweigert. – Zitatende.

Herr Bundesminister, Sie werden wahrscheinlich jetzt überrascht sein, aber ich bringe das trotzdem heute mit aus Graz, weil die Sorge der Grazerinnen und Grazer in diesem Zusammenhang – Sie wissen, eben gerade auf Grund der Vorfälle mit Frau Dr. Winter; ich möchte das wirklich nicht näher ausführen – sehr, sehr groß ist. Und ich möchte Sie in aller Korrektheit höflich ersuchen, dass Sie sich dieser Sache nochmals besonders annehmen, das individuelle Gefahrenpotenzial des sozialdemokratischen Gemeinderatskandidaten prüfen und gegebenenfalls in Ihrem Bereich die entsprechen­den Maßnahmen treffen.

Das war das eine Anliegen, das ich Ihnen auch als Grazer Bundesrat unterbreiten möchte. Und ich möchte nicht den Vergleich ziehen, was der Personenschutz der Frau Dr. Winter inzwischen gekostet hat. Sie wissen, welche kolportierten Kosten da im Raum stehen. Ich trage das an Sie heran als wirkliche Sorge der Grazerinnen und Grazer, und ich stehe auch nicht an, als sozialdemokratischer Bundesrat aus Graz diese Sorge bei einem ÖVP-Minister zu deponieren.

Zum Zweiten möchte ich, sehr geehrter Herr Bundesminister, auf einen zweiten Punkt aufmerksam machen, der uns in der Steiermark mittlerweile drei- bis viermal beschäftigt. Das wird Sie vielleicht weniger überraschen: Es geht um die Bestellung des Sicherheitsdirektors für Steiermark.

Die Sorge in diesem Zusammenhang ist deshalb groß, sehr geehrter Herr Bundes­minister, weil es schon äußerst kurios ist, dass man einen Behördenleiter und ein Exekutivorgan, nachdem er das in Doppelfunktion ja ist, mit – lassen Sie es mich politisch titulieren – eigenartigen Konstruktionen im Jahr 2000 das erste Mal einsetzt und im November 2005 mit einer ebenso politisch eigenartigen Konstruktion entweder verlängert, wiederbestellt oder bestellt.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich sage es so, wie ich es mir politisch denke. Diese eigenartige Vorgangsweise schaut – bei allem Respekt vor den einschlägigen Vorschriften – wie eine politische Umgehung der notwendigen Normen aus, um nicht zu sagen, es schaut ein bisschen aus – da können nicht nur Sie etwas dafür, ich sage das gleich dazu, weil viele Dinge auch in die Vergangenheit reichen – wie eine politische Trickserei. Ich verwende diesen Begriff in diesem Zusammenhang bewusst.

Es war mehrfach in den Medien, werte Kolleginnen und Kollegen, und es ist ja an sich nichts Großartiges: Der Sicherheitsdirektor ist vom Bundesminister für Inneres zu bestellen, und dabei hat der Bundesminister für Inneres das Einvernehmen mit dem jeweiligen Landeshauptmann herzustellen. Die einschlägigen Normen finden sich im § 7 Abs. 3 Sicherheitspolizeigesetz.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Für die politische Weiterentwicklung einer korrekten Installierung eines Sicherheitsdirektors in einem Bundesland macht es wenig Sinn, wenn wir uns jetzt mit der Frage auseinandersetzen: War es eine Verlängerung? War es eine Wiederbestellung? War es eine Neubestel­lung? Und: Ist der Bundesminister für Inneres in diesem Zusammenhang an den


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§ 7 Abs. 3 gebunden? Denn: Wenn das so ist, Herr Bundesminister, muss ich sagen: Seit Jänner 2007 hat es – nach meinem Informationsstand – Ihrerseits bis dato keinen einzigen Versuch gegeben, das Einvernehmen mit dem steirischen Landeshauptmann bei der Bestellung des Sicherheitsdirektors herzustellen.

Und insofern sage ich auch dazu – und das ist mir besonders wichtig, damit das ja nicht in das falsche Licht gerät –: Es hat keinesfalls mit der Person des derzeitigen Funktionsträgers zu tun. Es geht um die Art und Weise der Bestellung. Und wenn Sie, Herr Bundesminister, es innerhalb eines Jahres nie geschafft haben, den Weg zum steirischen Landeshauptmann zu finden, dann ist das nicht nur für den Funktionsträger selbst unangenehm – wenn Sie die Kommentare des Herrn Josef Klamminger in der Zeitung lesen, werden Sie feststellen, es ist alles andere als angenehm –, sondern es ist für die Behörde nicht angenehm. Ich möchte gar nicht daran denken, was das für die innere Organisation und für die Weisungsrechte bedeuten würde, wenn wir zu dem Ergebnis kämen, dass diese Vorgangsweise seit dem Jahr 2000 in Wahrheit eine Gesetzesumgehung ist und alles rechtswidrig wäre. Da hätten wir dann eine Riesen-Diskussion.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben sicherlich sehr, sehr großes Ver­ständnis dafür, wenn wir uns in der Steiermark ganz klar und deutlich erwarten, dass der Sicherheitsdirektor für die Steiermark sauber, korrekt, dem Gesetz entsprechend bestellt wird. Und ich freue mich schon, wenn Sie vielleicht im Anschluss an die Beantwortung eine gute Information für mich haben, und zwar, dass Sie schon einen Termin mit unserem Landeshauptmann vereinbart haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.48


Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Neu­wirth. – Bitte.

 


18.48.43

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Es wird Sie nicht überraschen, dass auch wir in Salzburg ein ungelöstes Problem mit der Bestellung des Sicherheitsdirektors haben. In einem Schreiben vom 1. Februar teilt der Herr Minister der Landeshauptfrau mit, dass er mit Wirksamkeit vom 1. Februar 2008 Herrn Mag. Dr. Franz Ruf mit der vorläufigen Fortführung der Ge­schäfte des Leiters der Sicherheitsdirektion Salzburg beauftragt hat.

Damit hat eine monatelange, leider auch medial geführte Auseinandersetzung zwi­schen dem Herrn Bundesminister und der Frau Landeshauptfrau ein, wie ich meine, vorläufig unrühmliches Ende gefunden. Die Landeshauptfrau hält nämlich einen anderen Kandidaten für den Besten, die Sicherheitsdirektion in Salzburg zu leiten, als der Bundesminister.

Favoriten für dieses Amt, das sicher nicht unwichtig ist in einem Bundesland, nämlich das des Sicherheitsdirektors, zuerst den Medien mitzuteilen, wie dies im Novem­ber 2007 aus dem Ressort des Bundesministers geschehen ist, kann sich nämlich auf so eine Debatte nur kontraproduktiv auswirken und schadet nicht zuletzt den ge­nannten Kandidaten.

Das Sicherheitspolizeigesetz ist von meinem Vorredner schon angeführt worden. Es heißt dort – und ich möchte es nur noch einmal wiederholen, damit es wirklich klar ist –: Für jedes Bundesland besteht eine Sicherheitsdirektion. An ihrer Spitze steht der Sicherheitsdirektor. Der Bundesminister bestellt den Sicherheitsdirektor im Einver­nehmen mit dem Landeshauptmann.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 148

Ich gehe davon aus, dass das Wort Landeshauptmann, das nun einmal noch so im Gesetz steht, nicht dazu führen kann, dass mit einer Landeshauptfrau das Einver­nehmen nicht hergestellt wird. Sie haben die Verhandlungen abgebrochen, Herr Bun­desminister, und meiner Meinung nach war diese Betrauung nicht notwendig, denn völlig verwaist war ja die Sicherheitsdirektion nach der Pensionierung des langjährigen Chefs Anton Stenitzer Anfang September 2007 nicht. Nach dem Rückzug von Ste­nitzer – er verursachte, wie bekannt, im Sommer in alkoholisiertem Zustand einen Autounfall – führte ja sein Stellvertreter Burkhard Vogt die Geschäfte, und ich gehe davon aus, er hat dies gut gemacht.

Der bekannte Verfassungsexperte Heinz Mayer sagt zu dieser Bestellung – ich zitiere –: Ohne Zustimmung der Landeshauptfrau kann es keine Bestellung eines Sicherheitsdirektors geben. Platter kann nur vorübergehend jemanden mit dieser Auf­gabe betrauen. Bis zur endgültigen Bestellung kann die Bezeichnung deshalb nur Dienststellenleiter und nicht Sicherheitsdirektor lauten.

Laut Verfassungsgesetz sei in dieser Frage unverzüglich das Einvernehmen mit der Landeshauptfrau herzustellen, sagt Mayer. Das Argument Platters, nach der EURO 2008 mit Burgstaller weiter zu verhandeln, geht ins Leere. Der Minister kann nicht tun, was ihm passt. Er kann keine Zeiträume definieren. – Zitatende.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es hat ja eine „goldene Brücke“ der Landeshaupt­frau gegeben. Sie hat Ihnen nämlich vorgeschlagen, ein unabhängiges Personalbera­tungs­unternehmen mit einem Hearing der beiden Kandidaten Rudolf Feichtinger und Franz Ruf zu beauftragen. Die Bewerber sollten bei diesem Hearing die Gelegenheit bekommen, ihre Qualifikationen vor einem unabhängigen Personalberatungsunter­nehmen unter Beweis zu stellen. Ein derartiges objektives Auswahlverfahren sorgt für höchste Transparenz und wäre somit die beste Voraussetzung für eine rasche Entscheidung gewesen. Dies wurde vom Minister abgelehnt.

In einem Interview, nachzulesen in den „Salzburger Nachrichten“, haben Sie, Herr Minister, auf die Frage, ob ein interimistischer Sicherheitsdirektor gleiche Befugnisse habe wie ein definitiv bestellter, geantwortet – ich zitiere –: Natürlich. Franz Ruf kann agieren wie ein bestellter Sicherheitsdirektor, und es besteht Rechtssicherheit. Es gibt nun eine klare Führungsstruktur in der Sicherheitsdirektion, damit auch die Füh­rungsverantwortung wahrgenommen werden kann für die Vorbereitung der EURO.

Warum diese Bestellung im Zusammenhang mit der EURO notwendig war, ist aller­dings nicht wirklich nachvollziehbar. Herr Dr. Ruf war nämlich bereits vorher in seiner Eigenschaft als stellvertretender Landespolizeikommandant für die EURO zuständig, und ich gehe davon aus, dass er diese Zuständigkeit verantwortungsvoll wahrge­nommen hat.

Wieso war es also unbedingt notwendig, ihn im Hinblick auf die EURO zum soge­nannten Amtsführenden Sicherheitsdirektor zu machen?

Sehr geehrte Damen und Herren! Die sogenannte Rechtssicherheit, die der Bundes­minister mit seinen Aussagen garantiert, ist meiner Meinung nach nicht vorhanden. Vielmehr handelt es sich zumindest um einen Graubereich der Verfassung. Die Frage ist, ob der Bundesminister einen Amtsführenden Sicherheitsdirektor überhaupt einset­zen kann. Die Frage ist: Wie ist diese Einsetzung passiert? Möglicherweise ist ja mit der Bestellung zum Amtsführenden Sicherheitsdirektor nur die Anordnung gemeint, die Funktion eines Vertreters der Sicherheitsdirektion auszuüben. Eine solche vorüber­gehende Vertretung ist natürlich möglich, allerdings stellt sich die Frage, was der Herr Bundesminister dann als „vorübergehend“ betrachtet.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 149

Verfassungsexperten stellen fest, dass es, wenn es eine bescheidmäßige Bestellung zum Amtsführenden Sicherheitsdirektor gegeben hat, folgende Möglichkeiten gibt: Ein Organ Amtsführender Sicherheitsdirektor ist rechtlich überhaupt nicht existent und kann auch von einem Bundesminister nicht geschaffen werden. Würde das also be­deuten, dass er tatsächlich schon zum Sicherheitsdirektor gemacht ist, so ist hier die Herstellung des Einvernehmens nicht erfolgt, und das wäre verfassungswidrig.

Weil dieses Organ Amtsführender Sicherheitsdirektor rechtlich nicht existiert und, wie ich schon ausgeführt habe, vom Bundesminister auch nicht geschaffen werden kann, könnte die Bestellung auch bloß eine provisorische gewesen sein. Aber auch eine provisorische Bestellung bedarf der Zustimmung der Landeshauptfrau und wäre somit auch nicht verfassungskonform.

Es könnte aber auch sein, dass der Herr Bundesminister eben nicht die Absicht gehabt hat, einen Sicherheitsdirektor ohne Einvernehmen mit der Landeshauptfrau zu bestellen, sondern er wollte tatsächlich nur einen – den es zwar nicht gibt – Amts­führenden Sicherheitsdirektor bestellen. Da diese Funktion aber nicht existiert, stellt sich die Frage, ob diese Bestellung nicht quasi ins Leere geht und die Agenden, die Aufgaben dann nicht im Sinne eines Sicherheitsdirektors wahrgenommen werden können. Und das würde im krassen Widerspruch zu den von Ihnen gemachten Äuße­rungen stehen, Herr Minister. Ich ersuche Sie deshalb, uns mitzuteilen, wie der Sachverhalt der Betrauung sich tatsächlich dargestellt hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade von einem Innenminister ist zu erwarten, dass er sich in allen Handlungen an die Verfassung hält. Mit der gewählten Vorgangs­weise ist zumindest ein Graubereich erreicht worden. Ein Beitrag zur Rechtssicherheit in diesem Staat ist dies gewiss nicht.

Wie bereits mehrfach ausgeführt, ist das Einvernehmen mit der Landeshauptfrau herzustellen, und zwar unverzüglich. Es gibt keinen Grund, bis zum Juli zu warten und bis dahin weitere Verhandlungen zu verweigern. (Beifall bei der SPÖ.)

18.57


Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Platter. Ich erteile ihm das Wort.

 


18.57.36

Bundesminister für Inneres Günther Platter: Ich bin sehr gerne bereit, diese Fragen zu beantworten.

Zuerst zur Situation in Salzburg. – Es stimmt, dass es kein Einvernehmen mit Landes­hauptfrau Burgstaller gibt. Wir haben uns aber doch einige Zeit darum bemüht, dieses Einvernehmen herzustellen. Es stimmt auch, dass die gesamte Angelegenheit in den Medien sehr stark diskutiert wurde, aber Sie werden von mir kein einziges Wort gehört haben, was die Medienberichterstattung betrifft, denn gerade bei solch sensiblen Bereichen wie der Bestellung eines Sicherheitsdirektors ist jede mediale Darstellung sowohl in die eine als auch in die andere Richtung sehr, sehr schwierig, und die Fron­ten verhärten sich.

Zum Zweiten ist es so, dass es natürlich meine Verantwortung ist, dass wir gerade im Hinblick auf die Fußball-Europameisterschaft klare Führungsstrukturen haben, denn: Stellen Sie sich vor, wenn es irgendein Problem gibt während der Fußball-Europa­meisterschaft! Dann wird natürlich sofort zum Ausdruck gebracht, wir haben keine klaren Führungsstrukturen, es ist eine Position nicht nachbesetzt worden, und dann gäbe es ein riesiges Problem.

Ich habe mich auch mit dem renommierten Verfassungsexperten Berka zusammen­gesetzt, der ja zweifellos derjenige ist, der sich in dieser Materie auskennt, und der


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sagt, dass es natürlich verfassungsgemäß ist, also kein Verfassungsbruch ist – so etwas würde ich nie tun! –, sondern verfassungsgemäß ist. Und ich bin natürlich interessiert daran, mit der Frau Landeshauptfrau das Einvernehmen herzustellen. Es wird dazu Gespräche geben, aber mir war es nur wichtig, dass erst einmal vorüber­gehend diese Situation klargestellt ist. Mein Bemühen wird hier ganz deutlich sein, wie dies auch bei Herrn Bürgermeister Häupl der Fall war. Sie wissen, dass wir hier sehr viele Personalbesetzungen im Einvernehmen durchgeführt haben, sogar manche Besetzungen, wo das Einvernehmen nicht notwendig war. Es ist also aus meiner Sicht doch sehr gut über die Bühne gegangen.

Was die Steiermark betrifft, muss ich sagen, mir ist diese Angelegenheit erst jetzt bekannt geworden. Ganz ehrlich: Ich habe nicht gewusst, dass es in der Steiermark so ist, dass der Herr Bundespräsident nicht damit beschäftigt wurde.

Es war so, dass im Jahre 2000, im Einvernehmen mit der damaligen Landeshauptfrau, der Sicherheitsdirektor bestellt wurde. Im Jahre 2005 war es so, dass aus unserer Sicht keine Einvernehmensregelung notwendig war, aber ich gebe Ihnen recht, dass die Personalsektion im Jahre 2005 – wiederum leider Gottes vor meiner Zeit – den Bundespräsidenten nicht damit konfrontiert hat. Ich bin derzeit schon mit dem Bundespräsidenten und mit der Kanzlei in Kontakt, damit wir diese Problemstellung erledigen können. Ich habe größtes Interesse daran, dass diese Sache sauber abge­arbeitet wird.

Was diesen Gemeinderat betrifft, kann ich sagen, dass mit ihm Kontakt aufgenommen wurde, aber es gibt, wie ich gehört habe, neuerliche Situationen, angesichts derer wir noch einmal mit ihm Kontakt aufnehmen werden und natürlich alles unternehmen werden, damit der Personenschutz gewährleistet ist. Wie gesagt, das muss man sehr persönlich mit dem Gemeinderat besprechen, damit das in seinem Interesse erledigt wird. Wenn er sich bedroht fühlt, keine Frage, wird natürlich auch der entsprechende Personenschutz gegeben. Diese Abklärung wird demnächst erfolgen, das habe ich gerade sichergestellt.

Es gibt darüber hinaus noch einige Fragestellungen, die von Ihnen ausgegangen sind, Herr Bundesrat Todt. Es war gute Absicht von mir, Ihre Fragen, die Sie mir gegeben haben, während der Dringlichen Anfrage zu beantworten. Ich wollte Sie nicht brüs­kieren, weil Sie nicht anwesend waren, aber es war gute Absicht von mir, diese Anfra­gen zu erledigen. – Erstens.

Zum Zweiten: Es sind noch einige Antworten offen, vor allem jetzt zum Schluss. Ich werde diese Anfragen letztlich schriftlich beantworten. (Beifall bei der ÖVP.)

19.02


Präsident Helmut Kritzinger: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Berichte erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Sicherheitsbericht 2005.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist einstimmig. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Sicherheitsbericht 2006.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 151

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Des weiteren gelangen wir zur Abstimmung über den Bericht des Bundesministers für Inneres an das österreichische Parlament; Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kom­mission für 2007 – Achtzehnmonatsprogramm des deutschen, portugiesischen und des slowenischen Vorsitzes.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.03.554. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vereinsgesetz 2002 geändert wird (263 d.B. und 439 d.B. sowie 7887/BR d.B.)

 


Präsident Helmut Kritzinger: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Bader. – Ich bitte um den Bericht.

 


19.04.22

Berichterstatter Karl Bader: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Ange­legenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vereinsgesetz 2002 geändert wird.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Helmut Kritzinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mosbacher. Ich erteile ihr dieses.

 


19.04.55

Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf soll die Abfragekriterien für eine Vereinsregisterauskunft so weit erleichtern respektive erweitern, dass das Vereinsregister dem gesetzlichen Auftrag eines öffentlichen Re­gisters, der Verwirklichung des Publizitätsgedankens entsprechen kann. Konkret bedeutet dies: Um Auskunft aus dem öffentlichen Teil des Vereinsregisters zu erhalten, muss der Auskunftsbegehrende den von ihm gesuchten Verein entweder nach dessen Namen oder nach der ZVR-Zahl, sprich der Zentralen Vereinsregister-Zahl, bestim­men. In Bezug auf den Namen des Vereins genügt es, dass der Verein zumindest bestimmbar ist. Erst wenn der gesuchte Verein so weit hinreichend konkretisiert ist, dass eine Verwechslung mit einem anderen Verein ausgeschlossen werden kann, wird Auskunft erteilt. Eine wort- beziehungsweise zeichengetreue Wiedergabe des Vereins­namens ist dazu nicht notwendig.

Hinkünftig soll es auch möglich sein, den Verein nach seinem Namen in Verbindung mit dem Vereinssitz im Register zu suchen. Auch dabei muss der Verein seinem Namen nach bestimmt werden, damit eine Verwechslung mit einem anderen Verein ausgeschlossen ist, wobei eine solche durch die Kombination mit dem Vereinssitz ausgeschlossen werden kann.


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Kann auf diese Weise der gesuchte Verein nicht gefunden werden, bleibt als letztes Suchkriterium noch die Suche mittels Vereinsnamen in Verbindung mit dem Vereins­sitz. Sammelabfragen sind weiterhin nicht zulässig.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, die Gesetzesnovellierung verursacht Inves­titions­kosten. Dem stehen aber Kosteneinsparungen durch die personelle Entlastung aufseiten der Vereinsbehörden gegenüber. Gesagt werden soll auch, dass diese Novelle von den Vereinsvorständinnen und -vorständen gewünscht wird.

Meine Fraktion wird dieser Novelle die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

19.07


Präsident Helmut Kritzinger: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Köberl. Ich erteile es ihm.

 


19.07.29

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Tagesordnungspunkt 4, und es ist 19.07 Uhr. Ich werde mich daher sehr, sehr kurz fassen.

Kollegin Mosbacher hat schon erläutert, wie das in der Praxis in Zukunft ablaufen soll. Wir haben gehört, dass es in den lokalen Vereinsregistern wie auch im Zentralen Vereinsregister die Evidenzhaltung bestimmter Vereinsdaten gibt, die den Behörden zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben, aber auch der Öffentlichkeit in Bezug auf außenwirksame Tatsachen zur Verfügung stehen sollten. Wie das im Detail geht – da verweise ich auf meine Vorrednerin.

Ich möchte aber an dieser Stelle all jenen danken, die in Österreich in Vereinen aktiv sind. Das sind rund 2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher, die in verschie­dens­ten Vereinen tätig sind und dort unschätzbare Arbeit für unsere Gesellschaft leisten.

An unserer Schule läuft gerade ein Projekt, das sich „Vereine im Ausseerland“ nennt. Wir sind draufgekommen, dass es rund 140 Vereine in einer relativ kleinen Region gibt. Aus der Praxis weiß ich, da ich auch in verschiedenen Vereinen tätig bin, dass es immer schwieriger wird, Vereinsmitglieder für Vorstandsfunktionen zu finden. Daher mein besonderer Dank an alle, die bereit sind, in den Vereinen auch Hauptver­antwortung zu tragen. Danke dafür und danke, dass diese Novelle heute einstimmig beschlossen wird. Und auch danke an dich, Herr Bundesminister, für deine Initiative in dieser Hinsicht.

Der heutige Beschluss ist ein weiterer Schritt zur Verwaltungsvereinfachung, die wir uns alle wünschen, und ein Schritt in Richtung Bürgerfreundlichkeit. Ich glaube, da sind wir einen Schritt auf die Menschen zugegangen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.09


Präsident Helmut Kritzinger: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Der Antrag ist einstimmig angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 153

19.10.075. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (ICPO-Interpol) über den Amtssitz der Interpol Anti-Korruptions­akademie in Österreich samt Anhang (223 d.B. und 440 d.B. sowie 7888/BR d.B.)

 


Präsident Helmut Kritzinger: Nun kommen wir zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schöls. – Ich bitte um den Bericht.

 


19.10.40

Berichterstatter Alfred Schöls: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Be­schluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (ICPO-Interpol) über den Amtssitz der Interpol Anti-Korruptionsakademie in Österreich samt Anhang. Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Ziffer 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Präsident Helmut Kritzinger: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


19.11.41

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, dieser Beschluss ist hochinteressant, denn es ist gelungen, eine internationale Aka­demie zu einem, glaube ich, brennheißen Thema, das leider heute auch ein wenig unseren Tagesablauf bestimmt hat – nämlich die Fragen der Korruption, der Miss­stände zu bearbeiten –, zu bekommen und dort Schulungen durchzuführen. Wir haben im Ausschuss gehört, das Ganze wird zum Teil sogar akademischen Charakter bekommen. Es wird möglich sein, an dieser Akademie entsprechende Abschlüsse nach der Bologna-Architektur zu machen. Aber es wird dort auch Kurse von kürzerer Dauer geben. Wir werden also ein Studienzentrum erhalten, das im Sicherheitsbereich ein Vorzeigemodell sein wird.

Herr Bundesminister, ich glaube, es ist ganz wichtig, dass Österreich auch in jeder Hinsicht weiterhin vorzeigbar ist, dass wir da eine Musterrolle übernehmen. Da Sie heute erklärt haben, dass verschiedene Fälle von Ihnen an die Justizbehörden über­geben wurden, so möchte ich schon Folgendes in Erinnerung rufen: Es hat im Zusam­menhang mit der Korruption ein ganz interessantes Modell, eine Initiative Ihrer Ministerkollegin im Justizressort gegeben. Man wollte dort nämlich die Sonderstaats­anwaltschaften in Österreich weisungsfrei stellen. Es ist eigentlich sehr schade, dass Ihre Parteikolleginnen und Parteikollegen, Herr Bundesminister, das abgelehnt haben.

Ich habe mir zu diesem Thema, zu diesen Sonderstaatsanwaltschaften etwas heraus­gesucht. Es hat auch eine Stellungnahme eines Ihrer Parteikollegen gegeben, nämlich von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, der wahrscheinlich auch Sie angehören. Diese ist ja politisch, zumindest aus SPÖ-Sicht, unverdächtig. Sie ist bekanntlich mehrheitlich eher dem ÖAAB, der FCG zugehörig. Dort schreibt zu dieser ambitionier­ten Initiative Ihrer Kollegin aus dem Justizressort, diese Sonderstaatsanwaltschaften weisungsfrei zu stellen, die GÖD – jetzt wörtliches Zitat aus einem Brief – Folgendes:


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 154

„Begrüßt wird grundsätzlich der engagierte Vorstoß in Richtung einer Neuorganisation des ministeriellen Weisungsrechtes über die Staatsanwaltschaften im Rahmen der geplanten Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Korruptions­bekämp­fung ...“

Ich muss sagen: Hut ab vor der GÖD, wo offensichtlich die Sache mehr gezählt hat als irgendwelche Parteilinien, die für mich nicht nachvollziehbar sind. (Bundesrat Schöls: Das ist nichts Neues!) – Da hinten haben wir einen Funktionär. Er kann nachher klatschen am Ende des Redebeitrages, auch wenn seine Partei das abgelehnt hat.

Herr Bundesminister! Ich glaube, gerade im Lichte dessen, was Sie heute gesagt haben, wenn Sie das ehrlich meinen – man unterstellt den Tirolern ja immer eine besondere Ehrlichkeit und Offenheit –, dann sollten Sie hier noch einmal eine Initiative starten. Das würde gut zu diesem Tagesordnungspunkt passen. Vielleicht stoßen Sie in Ihrer Partei, unterstützt vom Kollegen aus der GÖD, aus der FCG, jetzt im Lichte dieser aktuellen Vorfälle auf offene Ohren. Ich denke, das ist eine ganz wichtige Sache.

Ich möchte hier an einen Punkt erinnern, der genauso international ist, wie es diese Akademie sein soll. Es hat die Südosteuropa-Akademie gegeben. Ich glaube, der Kollege aus dem Innenministerium war sogar dort. Dort gab es verschiedene hoch­interessante Referate. Ein Referat wurde von der Sonderbeauftragten, der ehemaligen Familienministerin Konrad gehalten, in dem sie sich mit dem Menschenhandel beschäftigt hat. Jetzt fragt man: Vom Menschenhandel zur Korruption – wo ist da die Brücke? – Kollegin Konrad hat gemeint, dass der Menschenhandel im europäischen Raum deshalb so blüht, weil es auch zahllose Korruptionsfälle im Polizeibereich, nicht nur in Österreich, sondern international gibt und die Anzeigehäufigkeit in diesen Bereichen einfach nicht gegeben ist, weil sich diese bedauernswerten Opfer nicht zu diesen außerhalb Österreichs befindlichen Polizeibehörden trauen.

Ich glaube daher, es ist eine ganz wichtige Sache, dass da Behörden entsprechend ausgestattet werden und dass diese Akademie eine Vorreiterrolle übernimmt. Ich denke, der Kollege aus dem Innenministerium, der hier jetzt kein Rederecht hat, der aber im Ausschuss einen sehr engagierten Eindruck gemacht hat, wird mir da zu­stimmen.

Ich meine, es wird ganz wichtig sein, Korruption, Menschenhandel und Drogenhandel massivst international zu bekämpfen. Dazu wird diese Akademie sicherlich ein Weg­bereiter sein, wenn wir uns ebenfalls bemühen, dass dort die entsprechenden Einrich­tungen geschaffen werden.

Unsere Fraktion wird dem zustimmen. Ich möchte mich auch bei allen Beamtinnen und Beamten bedanken, die die entsprechenden Vorbereitungen getroffen haben. Es war nicht ganz einfach. Wir haben ja gehört, es hat auch andere Mitbewerber um diesen Standort gegeben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.17


Präsident Helmut Kritzinger: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Kühnel. Ich erteile es ihm.

 


19.17.19

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Danke dem Kollegen Schimböck für zwei Dinge: erstens dafür, dass er das BIA heute gelobt hat, was wir aus sozialdemokratischem Munde beim Tagesordnungspunkt 1 in dem Sinne ja nicht immer gehört haben.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 155

Das Zweite ist Folgendes: Wenn er der Meinung ist, dass ein Sonderstaatsanwalt geschaffen werden sollte, dann hat der Bundesrat ja die Möglichkeit, einen Ent­schließungsantrag einzubringen. Der landet dann irgendwann im Nationalrat. Sie schauen, dass Sie in Ihrer Fraktion die entsprechende Unterstützung bekommen. Wir weisen das dann dem Justizausschuss des Bundesrates zu, und dann reden wir darüber. Das sind durchaus freie Themen. Die Diskussion Sonderstaatsanwälte – ja oder nein?, Weisungsfreiheit – ja oder nein?, ist eine langsam, glaube ich, 150 Jahre alte Diskussion. Wir sind selbstverständlich gerne bereit, das weiterzutreiben, und vielleicht kommen wir zu einer Lösung.

Nun zum eigentlichen Tagesordnungspunkt, dem Amtssitzabkommen der Interpol Anti-Korruptionsakademie in Österreich. Dazu möchte ich eines sagen – der Herr Bundesminister hat das auch schon in einem Redebeitrag heute gesagt: er ist ganz besonders stolz darauf, dass diese Akademie nach Österreich kommt –: Ich bin auch stolz darauf, dass es Österreich gelungen ist, gegen internationale Konkurrenz dieses Institut, diese Akademie nach Österreich zu bringen. (Bundesrat Schöls: Nach Niederösterreich!) – Laxenburg wurde gewählt.

Zu Laxenburg kann man nur sagen: Danke an die Habsburger, dass dort so schöne Wiesen, Wälder und Teiche zur Verfügung stehen, aber auch entsprechende Ge­bäude, um einen Campus zu errichten, damit die Studenten dort entsprechende Mög­lichkeiten haben, Kenntnisse zu erwerben.

Damit sieht man, wir müssen Folgendes berücksichtigen: Herr Kollege Schimböck, wenn wir solche internationalen Ausbildungsstätten haben, dann ist es auch möglich, dass man gegen die Korruption im weitesten Sinne ankämpfen kann. Das ist auch bei der ICPO-Tagung erwähnt worden, bei der ich auch teilweise dabei war, dass hier nämlich gewisse Missstände aufgearbeitet und untersucht werden können und in Zukunft auch abgestellt werden. Aber zuerst ist es notwendig, dass entsprechend aus­gebildet wird.

Österreich hat mit dieser Akademie sicherlich etwas Besonderes erreicht. Auch ein Bundesland hat viel erreicht, nämlich Niederösterreich. Wenn man sich jetzt Nieder­österreich ein bisschen anschaut, die Einrichtungen in Krems, dann in Gugging, jetzt in Laxenburg: Es bildet sich um Wien herum ein richtiger Wissenschafts-Cluster. Da frage ich mich als Wiener Mandatar, ob nicht vielleicht Wien etwas mehr tun könnte, um auch derartige Institutionen an Land zu ziehen.

Österreich hat natürlich auch eine Tradition bezüglich Amtssitzabkommen. Ich darf hier nur auf diverse internationale Organisationen hinweisen.

Da schon das Licht auf dem Rednerpult leuchtet und wir alle uns versprochen haben, dass wir uns etwas kürzer fassen, möchte ich nur bekannt geben, dass wir selbst­verständlich keinen Einspruch erheben. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.20


Präsident Helmut Kritzinger: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schen­nach. Ich erteile es ihm.

 


19.20.51

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Auch wir begrüßen es und gratulieren dazu, dass die Interpol nun die Anti-Korruptionsakademie in Laxenburg errichten wird. Ich glaube, das ist nicht nur wichtig für Österreich, sondern es geht auch darum, dass mit Österreich ein EU-Staat als Standort gewählt wurde. Ich glaube, dass es auch im ganz speziellen Interesse der EU sein muss, dass Österreich einmal mehr eine internationale Organi­sation beheimatet, egal, ob das die Konvention zum Schutz der Alpen in Innsbruck ist,


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 156

und so weiter, oder jetzt dieser von Herrn Kühnel angesprochene Wissenschafts-Cluster, der sich mittlerweile im Großraum Wien-Niederösterreich breitmacht.

Wichtig ist auch, dass diese Einrichtung, diese Anti-Korruptionsakademie eine Aner­kennung im Sinne des österreichischen Rechts als eine postsekundäre Bildungsein­richtung bekommt. Es ist wichtig, dass sie sowohl die Lehre als auch die akademische Forschung verfolgen wird. Da wir in den Bereichen der Korruption immer wieder neue Spielarten erleben und erkennen – die Korruption im Kleinen, die systematische, die zufällige Korruption in neuen Bereichen –, sind die geplanten Spezialkurse, die dort offensichtlich stattfinden werden, von enormer Bedeutung.

Dazu kommt, dass hier ein Austausch möglich ist. Wenn sich, wie ich höre, auch Wiener universitäre Einrichtungen beziehungsweise solche aus anderen europäischen Staaten in Kooperation mit dieser Akademie begeben werden, so kann man dem Ganzen nur sehr viel Glück wünschen.

Wenn Kollege Kühnel heute so großzügig ist und sagt: machen wir doch!, würde ich vorschlagen, dass wir diesen Vorschlag, was den weisungsfreien Staatsanwalt betrifft, gerne aufgreifen. Vielleicht kann so eine internationale Anti-Korruptionsakademie auch noch andere interessante Ideen für unser eigenes System mit sich bringen. Ich erin­nere in dem Fall wiederum an die Diskussion darüber, dass wir eine Kronzeugen­regelung brauchen. Vielleicht wäre das, Kollege Kühnel, auch eine Idee, auf die wir uns einmal gemeinsam verständigen können. (Bundesrat Dr. Kühnel: Das hat die EU in ihrem Programm drinnen!)

Wir werden dem gerne unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.23


Präsident Helmut Kritzinger: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Platter. Ich erteile es ihm.

 


19.23.43

Bundesminister für Inneres Günther Platter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz kurz noch zwei Sätze. – Zum Ersten bin ich sehr stolz darauf, dass es gelungen ist, eine einstimmige Beschlussfassung im Bereich dieser Anti-Korruptions­akademie zu erreichen. Mir ist es ganz wichtig, dass ich dem Chef des Büros für Interne Angelegenheiten dazu sehr herzlich gratuliere! Denn das kommt nicht von ungefähr. Man ist, gerade wenn man in der internationalen Betrachtung steht und wenn solche Beschlussfassungen anstehen, natürlich auf dem Prüfstand. Es wird darauf geschaut, wie ein Land dasteht.

Gerade was die Korruptionsbekämpfung betrifft, stehen wir in Österreich sehr gut da, insbesondere durch diese Einrichtung, das Büro für Interne Angelegenheiten. Deshalb möchte ich Ihnen das Signal senden, dass diese positive Zustimmung zu dem Standort hier in Österreich, in Niederösterreich, in Laxenburg damit zusammenhängt, dass vom Büro für Interne Angelegenheiten gute Arbeit geleistet wird. Deshalb Ihnen, Herr Kreut­ner, und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ebenfalls meine Gratulation! (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Molzbichler und Schennach.)

19.24


Präsident Helmut Kritzinger: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 157

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen. (Bundesrat Schennach: Alles einstimmig bei Herrn Minister Platter! – Heiterkeit.)

Einstimmig, ja. Eine erfreuliche Einheit!

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.26.436. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 31. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (549/A und 420 d.B. sowie 7894/BR d.B.)

 


Präsident Helmut Kritzinger: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Mag. Klug. – Ich bitte um den Bericht.

 


19.27.11

Berichterstatter Mag. Gerald Klug: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht über den vorliegenden Tagesordnungspunkt liegt Ihnen schriftlich vor. Ich darf daher zur Antragstellung überleiten.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Feb­ruar 2008 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Helmut Kritzinger: Wir gelangen nun zur Debatte.

Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Einwallner. Ich erteile es ihm.

 


19.27.51

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Damen und Herren! Wir hatten ja genau die gleiche Thematik und diese Novelle zur Gewerbeordnung erst im Dezember hier im Bundesrat. Warum diese neuerliche Behandlung notwendig wurde, ist, glaube ich, hinreichend bekannt. Der Herr Bundespräsident hat diese Gewerbeordnungs-Novelle wegen der rückwirkenden Strafbestimmungen nicht beurkundet, und sie ist damit auch nicht in Kraft getreten. Eine neuerliche Beschlussfassung wird aus diesem Grund also notwendig.

Ich denke, dass wir es positiv goutieren sollten, dass wir einen Bundespräsidenten haben, der sich sehr intensiv und gewissenhaft mit den Gesetzesmaterien auseinan­der­setzt. Der Herr Bundespräsident hat uns auf diesen Fehler hingewiesen. Im Sinne unseres Rechtsstaates hat er sich hier, so finde ich, richtig und vorbildlich verhalten.

Die wichtigsten Änderungen seien hier in ein, zwei Sätzen noch einmal kurz zusam­mengefasst; detailliert haben wir ja schon im Dezember darüber debattiert. Es geht einerseits um die Verschärfung im Bereich der Gastronomie im Zusammenhang mit dem Alkoholausschank an Jugendliche. Die Geldwäscheprävention wird in dieser


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 158

Novelle behandelt. Die Berufsqualifikationsrichtlinien werden im Interesse der Konsu­menten verbessert, sodass es auch bei grenzüberschreitenden Leistungen zu einer Sicherstellung der Qualität kommt. Das Gütesiegel für Meisterbetriebe ist darin enthalten, es kommt zu Verbesserungen im Konsumentenschutz, und die verpflichten­de Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Immobilienverwalter wird damit ein­ge­führt.

Im Gesamten gesehen gibt es mit dieser Novelle sehr viele Fortschritte. Der ent­standene Fehler ist mit der heutigen neuerlichen Behandlung auch korrigiert. Im Sinne der positiven Entwicklungen werden wir dieser Gesetzesnovelle natürlich zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.29


Präsident Helmut Kritzinger: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Weiss. Ich erteile es ihm.

 


19.30.01

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit seiner Entscheidung, das verfassungsmäßige Zustande­kom­men des vom Nationalrat am 4. Dezember 2007 gefassten Gesetzesbeschlusses betreffend Änderung der Gewerbeordnung nicht zu beurkunden, hat der Herr Bundes­präsident eine Frage beantwortet – und zugleich neue Fragen aufgeworfen. (Vizeprä­sidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Beantwortet ist die Frage nach dem Schicksal eines Gesetzesbeschlusses mit einer offenkundig verfassungswidrig rückwirkenden Strafbestimmung. Er wird – das ist bekannt – nicht kundgemacht und ist damit gegenstandslos geworden. Die früher bei Mängeln eines Gesetzesbeschlusses auch schon gehandhabte Alternative wäre ge­wesen, ihn in Kraft treten zu lassen und die Verfassungswidrigkeit bei nächster Gele­genheit – das wäre auch dieser Tage gewesen – zu bereinigen.

Natürlich hätte es auch noch eine andere und systemkonformere Alternative gegeben, nämlich einen Einspruch des Bundesrates. Aber uns selbst ist dieser Mangel auch nicht aufgefallen, weil man es gewohnt ist, sich auf die politisch im Vordergrund stehenden Fragen zu konzentrieren und sich in bloß formalen Fragen auf das legis­tische Handwerk zu verlassen. Dabei sollte man, wenn man Kritik üben wollte, das Kind nicht mit dem Bad ausschütten und nicht darauf vergessen, dass wir uns in 99,99 Prozent der Fälle für gute Vorarbeit dankbar zeigen können.

Der Fehler ist bekanntlich dadurch entstanden, dass bei der parlamentarischen Beschlussfassung übersehen wurde, einen im Zeitpunkt der Einbringung der Regie­rungsvorlage noch unbedenklichen Vorschlag für eine Inkrafttretensbestimmung dem zwischenzeitigen Zeitablauf anzupassen. Ausschlaggebend dafür war ohne Zweifel die zu Recht scharf kritisierte Flut kurzfristig zu beschließender Vorlagen – immerhin waren es bei uns über 40 Prozent der Gesetzesbeschlüsse eines ganzen Jahres – in einer einzigen Sitzung. Wenn es noch einer Bekräftigung der Unhaltbarkeit dieses Zustandes bedurft hätte, verdanken wir sie dem Herrn Bundespräsidenten. Ich freue mich auch über Konsens in unserer Präsidialkonferenz darüber, dass wir solche Arbeits­bedingungen nicht mehr hinnehmen wollen.

Die offenbar als vielfach begrüßter Ordnungsruf an den Gesetzgeber gedachte Ent­scheidung scheint für sich allein plausibel und harmlos zu sein, wirft aber für die Zukunft auch schwerwiegende Fragen auf. Sie ist von den Medien auch keineswegs so zustimmend kommentiert worden, wie angesichts der Kritik am Zustandekommen von Gesetzen anzunehmen war. Gerade weil der Herr Bundespräsident dafür bekannt ist, an solche Dinge sachkundig, besonnen und verantwortungsbewusst heranzugeben,


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 159

und weil auch bekannt ist, dass er sich mit der Frau Nationalratspräsidentin und dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes beraten hatte, kann man diese Fragen sachlich erörtern, ohne daraus ungebührliche Kritik am Staatsoberhaupt abzuleiten.

Was genau das verfassungsmäßige Zustandekommen von Bundesgesetzen sei, das nach Artikel 47 Abs. 1 B-VG vom Herrn Bundespräsidenten zu beurkunden ist, wird in der Rechtswissenschaft seit jeher unterschiedlich beurteilt. Die eine Meinung bezieht das darauf, ob ein Gesetz auf die verfassungsmäßig vorgegebene Weise zustande kam: ob beispielsweise eine Verfassungsbestimmung tatsächlich mit Zweidrittel­mehrheit beschlossen wurde oder ob in bestimmten Fällen der Bundesrat nicht nur keinen Einspruch erhoben, sondern ausdrücklich zugestimmt hatte.

Die andere Meinung geht davon aus, dass man das verfassungsmäßige Zustande­kommen nicht getrennt davon sehen könne, welches die formalen Anforderungen an ein Gesetz seien. Wenn ein einfaches Bundesgesetz mit der Bundesverfassung in Widerspruch stehe, dürfe es naturgemäß nur im Rang eines Bundesverfas­sungs­gesetzes beschlossen werden, es sei somit nicht verfassungsmäßig zustande gekom­men und unterliege daher gerade in dieser Hinsicht notwendigerweise auch einer inhaltlichen Prüfungsbefugnis des Bundespräsidenten.

Das mag dort problemlos scheinen, wo – wie im vorliegenden Fall – die Verfas­sungswidrigkeit unbestreitbar ist. Das ist aber bekanntlich eher die Ausnahme. In den meisten Fällen ist die Verfassungswidrigkeit strittig und in letzter Instanz vom Verfas­sungsgerichtshof zu entscheiden, dessen Mitglieder wiederum nicht immer einer Meinung sind, sondern durchaus auch Mehrheitsentscheidungen treffen.

Wenn nun – hypothetisch – ein Bundespräsident einen Gesetzesbeschluss nicht beur­kundet, weil er ihn persönlich, womöglich abweichend von anderen Meinungen, für verfassungswidrig hält, dann setzt er sich letztlich an die Stelle des Verfassungs­gerichtshofes, dem die Beurteilung des Falles mangels Zustandekommens eines Ge­setzes in der Regel entzogen bliebe. Damit würde im Ergebnis ein Einfluss auf die Gesetzgebung entstehen, wie er für Präsidialrepubliken typisch ist und für Österreich eine gravierende Gewichtsverschiebung der Staatsorgane mit sich brächte. Solchen Änderungen ist der Herr Bundespräsident selbst immer aus guten Gründen und mit guten Argumenten entgegengetreten.

Zu bedenken ist auch, dass jede Befugnis eine Schwester hat, nämlich die Erwartung, sie im Anlassfall auch tatsächlich auszuüben. Das wird bereits in der Änderung der Gewerbeordnung sichtbar. Ich zitiere aus der „Wiener Zeitung“ vom 31. Jänner dieses Jahres: „Rechtsanwalt ortet in der Novelle einen Verstoß gegen die Erwerbsfreiheit“ – Zitatende.

Ich schiebe ein: Das bezieht sich auf eine Beschränkung der Versicherungsvermittlung durch Vermögensberater.

Die „Wiener Zeitung“ schreibt dann weiter: „Geht es nach Christian Winternitz,“ – das ist der erwähnte Rechtsanwalt – „sollte der Bundespräsident die Gewerbeordnung ein zweites Mal nicht unterschreiben.“

Wenn man sich vor Augen hält, dass beispielsweise Steuergesetze nicht nur im Span­nungsfeld des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes, sondern auch der Ideologie und der Tagespolitik stehen, dann wird deutlich, dass selbst ein dem widerstrebender Bundespräsident in eine politische Diskussion der tatsächlichen oder unterlassenen Parteinahme für einen bestimmten Standpunkt gezogen würde, die man unter den Rahmenbedingungen der Zweiten Republik wohl nicht wirklich wollen kann.

Ein weiteres Spannungsfeld ergäbe sich – immer hypothetisch – bei der Annahme eines inhaltlichen Prüfungsrechtes daraus, dass der Bundespräsident im Umkehr­


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 160

schluss mit jeder Beurkundung nicht nur das verfassungsmäßige Zustandekommen, sondern auch den verfassungsmäßigen Inhalt bestätigen würde. Natürlich wäre der Verfassungsgerichtshof an diese Beurteilung nicht gebunden, aber für wünschenswert hielte ich solche Auswirkungen nicht.

Die Nichtbeurkundung der Änderung der Gewerbeordnung wird verschiedentlich wegen der offenkundigen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes als gerade noch vertret­barer Grenzfall und als einmal notwendiges Signal an den Gesetzgeber angesehen. Das mag man so sehen, und das mag so sein. Hinsichtlich einer inhaltlichen Prüfung von Gesetzesbeschlüssen sollte es aber schon bei dem bleiben, was bisher durch viele Jahre bewährte Staatspraxis war und was der damalige Nationalratspräsident Dr. Heinz Fischer, heute Bundespräsident, laut „Standard“ vom 14. Juli 1992 in folgende Worte gekleidet hatte – ich zitiere –:

„,Es geht nicht, dass der Bundespräsident vom Parlament beschlossene Gesetze nicht unterschreibt oder liegen läßt, weil er mit ihrem Inhalt nicht einverstanden ist. Die Verfassung verpflichtet ihn, dies unverzüglich zu tun.‘“ – So weit die Worte des Herrn Bundespräsidenten.

Der „Standard“ schrieb dazu weiter Folgendes – Zitat –:

„Dies erklärte Nationalratspräsident Heinz Fischer ... zur Ankündigung des neuen Amtsinhabers Thomas Klestil, er werde vom Nationalrat beschlossene Gesetze nicht automatisch unterschreiben.“ „Er“ – gemeint ist Fischer – „stellte klar, daß der Bun­despräsident mit seiner Unterschrift nicht den Gesetzesinhalt sanktioniert, sondern nur das verfassungsgemäße Zustandekommen des Gesetzes bestätigt.“ – Ende des Zitats aus dem „Standard“. Ich denke, das sollte auch heute noch gelten.

Eine Woche später ist der damalige Nationalrat und stellvertretende Vorsitzende des Verfassungsausschusses, Dr. Andreas Khol, im „Standard“ Bundespräsident Klestil beigesprungen und hat die ganze Diskussion relativiert. In seiner Stellungnahme hat er dann folgenden versöhnlichen Schlusssatz gefunden – ich zitiere –:

Kennt man die handelnden Personen und die politische Kultur in Österreich, so weiß man auch, dass nichts auf die Spitze getrieben wird. – Zitatende.

Das möchte ich auch für die Zukunft gerne hoffen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.39


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Breiner. Ich erteile ihm dieses.

 


19.39.39

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Inhaltlich ist der De­zember-Debatte nichts hinzuzufügen. Wir werden klarerweise dem Gesetz zustimmen.

Interessant ist jedoch tatsächlich das Faktum, dass der Bundespräsident die Unter­schrift verweigert hat. Ich sehe es als einen Ruf zur Ordnung, so wie es Kollege Weiss vorhin gesagt hat: Die Vielzahl der Gesetze, die wir auf einen Haufen beschlossen haben – das ist eigentlich nicht der rechte Umgang mit dem Parlament! Dies lässt Diskussionen nicht zu, es lässt auch teilweise eine ordentliche Arbeit tatsächlich nicht zu, weil ja die Ausschüsse und dergleichen darunter leiden.

Wenn wir es schaffen, dass wir so eine Gesetzesfülle abwenden können und das Parlament nicht heuer wieder Ähnliches wie voriges Jahr macht, als es uns das herübergeschaufelt hat – anders kann man das fast nicht mehr bezeichnen –, dann kann man sich auch ordentlich mit den Gesetzen auseinandersetzen.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 161

Der Genuss, den mir jetzt Ihre Rede (in Richtung Bundesrat Weiss) über die hypo­thetischen Möglichkeiten der Gesetzwerdung bereitet hat: Das war für mich ein Lehrbeispiel für die Auseinandersetzung mit der Entstehung von Gesetzen. Insofern war es in diesem Punkt auch ein Gewinn für mich, dass der Bundespräsident das abgelehnt hat. (Beifall bei den Grünen.)

19.41


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.41.517. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundes­verfas­sungsgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen zur Förderung der Legalisie­rung der Pflege und Betreuung in Privathaushalten erlassen werden (Pflege-Verfassungsgesetz) (547/A und 430 d.B. sowie 7889/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nunmehr gelangen wir zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Da sowohl der vom Ausschuss gewählte Berichterstatter als auch der Ausschuss­vorsitzende verhindert sind, die Berichterstattung vorzunehmen, bestimme ich Frau Bundesrätin Seitner zur Berichterstatterin. Ich bitte um den Bericht.

 


19.42.11

Berichterstatterin Renate Seitner: Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Ministerin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen zur Förderung der Legalisierung der Pflege und Betreuung in Privathaushalten erlassen werden – Pflege-Verfassungs­ge­setz.

Ich berichte: Der Ausschuss für Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Feber 2008 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Konrad. Ich erteile es ihr.

 


19.43.09

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich könnte mich jetzt darüber auslassen, dass wir wieder einmal Bundesrats­sitzung haben und dass wir wieder einmal zum Thema Pflege diskutieren. Ich verschiebe das auf das nächste Mal. Ich bin mir sicher, es wird nicht sehr lange dauern, bis wir die nächste Gelegenheit haben, dieses Thema zu diskutieren. Aber ein bisschen auffällig ist es schon, dass uns das jetzt eigentlich in jeder Sitzung begleitet. (Bundesrat Weiss: Aber überdrüssig sind Sie des Anliegens hoffentlich nicht!?) –


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 162

Keinesfalls! Was mir wichtig wäre, das werde ich am Schluss sagen, und damit werde ich auf Ihre Äußerung zurückkommen.

Das Gesetz, das wir heute behandeln, ist eine Übergangsbestimmung. Dieses Gesetz soll die zu pflegende oder zu betreuende Person wie auch die Angehörigen als Arbeit­geberinnen und Arbeitgeber und die Selbstständigen – soweit man hier von selbststän­digen Betreuungskräften sprechen kann – vor sozialversicherungsrechtlichen Beitrags­nach­forderungen sowie vor verwaltungsstrafrechtlicher Verfolgung schützen. – So weit zur Intention dieses Gesetzes.

Es wird eine rechtliche Übergangsphase geschaffen. Wenn bis Ende Juni 2008 die Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt, dann sind keine Strafen zu erwarten. Begründet ist dieses Übergangsgesetz damit, dass dadurch mehr Zeit zur Information über das neue Fördersystem, das es jetzt gibt, geschaffen werden soll.

Wir haben einige Probleme mit diesem Gesetz. Mein grundlegendes Problem ist schon im Titel zu finden: Es ist ein Übergangs-Verfassungsgesetz. Da bin ich der Meinung – und ich stehe mit dieser Meinung sicher nicht allein da –, wir haben gerade eine zumindest kleine Verfassungsbereinigung hinter uns. Es kann ja nicht Sinn der Sache sein, dass jetzt ständig Gesetze beschlossen werden, die in den Verfassungsrang ge­hoben werden, aus welchen Gründen auch immer.

Ich unterstelle in diesem Zusammenhang: Einfach aus dem Grund, um Klagen zu verhindern – wir werden sehen, ob diese Zielsetzung auch erreicht wird –, werden ständig Gesetze in den Verfassungsrang erhoben, die dort eigentlich nichts zu suchen haben. Eine Übergangsregelung, die bis Ende Juni gültig ist, hat meiner Meinung nach keine Berechtigung, zu einem Verfassungsgesetz zu werden. (Beifall bei den Grünen.) Aber das ist die Zweidrittelmehrheit, die eben die Regierungskoalition hat, und diese Zweidrittelmehrheit nützt sie in diesem Fall auch weidlich aus.

Es gibt auch ein paar inhaltliche Probleme, die ich mit diesem Gesetz habe. Einerseits: Wer bisher die Sozialversicherungsabgaben im Pflegesystem bezahlt hat, ist eigentlich im Nachhinein der oder die Blöde. Man hat bezahlt, und jetzt gibt es doch wieder diese Übergangsregelung. Ich glaube nicht, dass dies das Vertrauen in den Rechtsstaat bei den betroffenen Personen unbedingt stärken wird. Ich glaube auch nicht, dass es irgendjemanden dazu motivieren wird, es ernst zu nehmen, dass man jetzt aber bitte wirklich anmelden soll, weil es die letzte Übergangsfrist ist. Das haben wir ja in den letzten Monaten doch schon einige Male durchgespielt.

Ich halte dies auch für ein Problem – und ich glaube, dass diese Regelung teilweise EU-widrig sein wird –, weil Menschen mit dem, was jetzt beschlossen wird, um ihre pensionsrechtlichen Ansprüche gebracht werden. Das kann man nicht akzeptieren. Vor allem auf Seiten der Sozialdemokratie wundert es mich doch sehr, dass das hiemit einfach angenommen wird.

Ich habe schon gesagt, dass diese Übergangsbestimmungen als Verfassungsgesetz beschlossen werden. Die Verfassung ist, finde ich, nicht dafür da, potentielle Klagen zu verhindern.

Das grundlegende Problem, das wir im Bereich Pflege haben – das habe ich in den letzten drei Diskussionen schon gesagt, das werde ich auch diesmal wiederholen –, ist einerseits, dass Pflege prinzipiell für sehr viele Personen nicht leistbar ist. Das heißt, auch das, was wir heute besprechen, betrifft bei Weitem nicht alle, die Pflege brauchen. Es kann ja nicht so sein, dass die Pflege, das Alter zu einer Armutsfalle für die Personen wird.

In Österreich, das muss ich schon sagen, sind wir, wenn es um Vermögensbe­steuerung geht, im Europa-Durchschnitt schon ganz am unteren Limit angekommen.


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Ich glaube daher, dass man, wenn man endlich einmal eine Pflegefinanzierung über eine höhere Vermögensbesteuerung in Betracht ziehen würde, damit schon viele Probleme lösen könnte.

Dieses Gesetz wird so, wie es heute beschlossen werden soll, mit großer Sicherheit auch den Betroffenen nicht mehr Sicherheit vermitteln. Das ist ja im Zusammenhang mit der Pflegedebatte immer ein Thema: Man muss den Personen, die es betrifft, auch Sicherheit geben. Diese Sicherheit hat, glaube ich, niemand, der die Diskussion im letzten Jahr und darüber hinaus verfolgt hat. Da war wirklich jeden Monat mehr oder weniger etwas Neues zu hören. Warum sollte irgendjemand ernsthaft glauben, dass dieser aktuelle Stand der Diskussion der letzte ist und dass das auch hält, was hier geschehen soll? – Ich glaube nicht, dass das in irgendeiner Form zur Sicherheit beitragen wird.

Wir brauchen auf jeden Fall endlich eine umfassende Diskussion über die Pflege­situation, einen umfassenden Ausbau von teilstationärer und mobiler Betreuung von Personen, um eben auch zu ermöglichen, dass die Menschen im Alter weiterhin zu Hause leben, dass sie auch von ihren Verwandten und Angehörigen gepflegt werden, aber dass diese Personen nicht ganz allein mit der Aufgabe dastehen, sondern auch die nötige Unterstützung haben, wenn es einmal erforderlich ist.

Wir brauchen eine nachhaltige und umfassende Lösung der Pflegeproblematik. Diese ist leider nach wie vor nicht in Sicht. Wir werden deshalb dieser Regelung heute nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

19.48


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Klug. Ich erteile es ihm.

 


19.48.56

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in der gebotenen Kürze zu diesem Tagesordnungspunkt mit einer Bemerkung einsteigen, die vielleicht für den heutigen Tag ein bisschen über­raschend und auch im Allgemeinen etwas ungewöhnlich ist. (Bundesrat Mayer – eine Ausgabe der Zeitung „Kurier“ in die Höhe haltend –: „Schluss mit dem Streit!“) Aber ich möchte den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP-Fraktion nach meinen Eindrücken aus dem Sozialausschuss des Bundesrates ein durchaus beachtliches Lob aus­sprechen. (Bundesrat Bieringer: Das klingt wie eine gefährliche Drohung!)

Ich möchte das auch dahin gehend begründen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn wir uns die Debattenbeiträge und die Fragestellungen im Sozialausschuss vom Dezember des vergangenen Jahres in Erinnerung rufen – ja, Edgar, da musst du heute noch lachen. (Bundesrat Mayer: Da war ich nicht dabei ...!) – Ich weiß, dass du nicht dabei warst, aber da musst du heute noch lachen.

Wenn wir das mit den Fragestellungen der ÖVP-Kollegen im Sozialausschuss am vergangenen Dienstag vergleichen, dann war das nicht nur in der Quantität eine beachtliche Reduzierung – diesmal nur drei Fragestellungen –, sondern auch hinsicht­lich der Qualität ein beachtlicher Quantensprung. Es muss also innerhalb der ÖVP-Fraktion in den letzten eineinhalb Monaten eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema der 24-Stunden-Hausbetreuung stattgefunden haben, und insofern möchte ich dieses Kompliment durchaus anbringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schöls, ich habe mir erlaubt, die eine oder andere Fragestellung von damals mitzuschreiben, und ich sage in diesem Zusam­menhang nur: Erspart uns gemeinsam, dass ich diese Fragestellungen vorlese! Es


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würde einigen die Schamesröte ins Gesicht treiben. (Bundesrat Schennach: Dem Kollegen Schöls zum Beispiel!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln mit der 24-Stunden-Hausbetreuung und dem Pflege-Verfassungsgesetz, wie schon so oft diskutiert, nur einen kleinen Bereich der gesamten Problematik; wenn man das quantifizieren will, vielleicht 5 Pro­zent. Wir alle wissen – Kollegin Konrad hat das noch einmal strapaziert –, dass die Pflegeproblematik eine breite Debatte erfordert. Wir alle wissen aber auch, dass wir diese Problematik eben nur Schritt für Schritt abarbeiten können. Im Zusammenhang mit der Legalisierung eines illegalen Zustandes aus der Vergangenheit tragen wir da ein schweres Erbe, das wir versuchen, jetzt auf gute Beine zu stellen.

In diesem Zusammenhang ist es mir ein besonderes Bedürfnis, hervorzuheben, dass es sich dabei um keine Verlängerung der Amnestie handelt. Es handelt sich um keine Verlängerung der Amnestie, werte Kolleginnen und Kollegen! Sie alle kennen den maßgeblichen Unterschied. Es ist wahnsinnig wichtig, die Rechtssicherheit nicht nur im Bereich der Verwaltungsstrafen herzustellen, sondern es ist auch beachtenswert, dass es zu keinen rückwirkenden Einhebungen von Sozialversicherungsbeiträgen kommt, was ein qualitativ bedeutsamer Quantensprung ist. Rechtssicherheit wird geschaffen, weil wir schon davon ausgehen müssen, dass die Problematik der rückwirkenden Einhebung der Sozialversicherungsbeiträge auch bei einer geringen Bemessungs­grundlage, wenn ich an den Mindestlohntarif – ich sage einmal vorsichtshalber 700 € – denke und das in die Rahmenbedingungen des Sozialversicherungsrechts einbette, dann wäre ich nicht überrascht gewesen, wenn auch beachtliche Beträge bis zu – ich sage es einmal vorsichtig – 10 000 € durchaus realistisch gewesen wären. Im Hinblick darauf schaffen wir mit diesem Gesetz Rechtssicherheit.

Ein neues Gesetz auf die Reise zu schicken und plakativ davon auszugehen, dass das wieder alles nicht funktioniert oder nicht passen wird, werte Kolleginnen und Kollegen, ist wenig sinnvoll. Man sollte den Blick immer ein bisschen mehr auf die Praxis richten: Wie wirkt sich denn diese Neuregelung tatsächlich aus? Und wenn wir beachten, dass wir im Jänner des heurigen Jahres von rund 1 000 Anmeldungen in diesem Bereich ausgegangen sind und wir jetzt schon nach Auskunft im Sozialausschuss von durchaus beachtlichen 2 350 Anmeldungen ausgehen können, dann ist das auch ein Beweis dafür, dass wir eine gesetzliche Neuregelung auf die Reise schicken, die auch bei den Betroffenen ankommt.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Kritik, die geäußert wurde, waren die Beratungen insbesondere auch im Sozialausschuss des Nationalrates und die Beiträge des anerkannten Verfassungsrechtlers Professor Öhlin­ger sehr, sehr beachtlich. Er hat einige gute Argumente vorgebracht, warum diese Gleichheitswidrigkeit durchaus nicht schlagend werden kann. Die Rechtssicherheit war ein schlagendes Argument für ihn. Würde man Straftatbestände nicht rückwirkend aufheben, wäre dies für die Betroffenen in Verbindung mit diesem hohen Gefährdungs­potential der Nachzahlungen zum Teil sogar existenzbedrohend. Darüber hinaus haben wir auch eine zeitliche Eingrenzung: Bis Mitte 2008 ist ein überschaubarer Zeit­raum. Alles gute Argumente!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schaffen mit dem Pflege-Verfassungsgesetz Rechts­sicherheit. Offensichtlich wird, das belegen schon die konkreten Zahlen, die Rechtsunsicherheit in der Bevölkerung maßgeblich minimiert. Und es ist ein erster wichtiger Schritt zur Gesamtregelung der 24-Stunden-Hausbetreuung und damit der Weiterentwicklung in der gesamten Pflegeproblematik.

Letztlich kann man durchaus feststellen, dass es sich bei der 24-Stunden-Haus­betreuung um eine neue legale, leistbare und qualitätsgesicherte Sozialleistung für


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wahrscheinlich 15 000 bis 20 000 Haushalte in Österreich handelt, und das sollte wohl auch einmal eine entsprechende Würdigung erfahren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.56


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. – Er ist momentan nicht im Saal.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile es ihm.

 


19.57.03

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Meine Herren Minister! Lieber Kollege Klug, so viel Lob gleich am Anfang, und das am heutigen Tag, im Rahmen der heutigen Diskussion – ich möchte noch einmal die Aufforderung hervor­holen. (Der Redner hält eine Ausgabe des „Kurier“ in die Höhe.) „Schluss mit dem Streit“; das war offensichtlich der Übergang zu normal geführten Debatten. Ich gehe jedenfalls davon aus. Außerdem freut mich natürlich Lob aus deinem berufenen Mund ganz besonders, lieber Kollege Klug.

Wir haben in einer wirklich martialischen Diskussion im Dezember bereits festgestellt, dass wir das Thema Pflege als eine der ganz großen Herausforderungen unserer Zeit und natürlich auch der nächsten zehn, 20 Jahre sehen. Wir befinden uns an der Schwelle, dies jetzt auch ernsthaft zu diskutieren, weil das eine der ganz großen Herausforderungen unserer Gesellschaft ist. Bereits heute sind einige Hunderttausend davon betroffen – es gibt in etwa 400 000 Pflegegeldbezieher – und die demo­graphi­sche Entwicklung in unserem Land ist ja vorgezeichnet. Das kann also eines der ganz, ganz großen Probleme werden. Wir versuchen jetzt aber, das gemeinsam massiv zu bearbeiten.

Ich bin ja auch dankbar dafür, Herr Minister, dass Sie einer Verlängerung – und ich sage es jetzt vereinfacht – der Pflegeamnestie zugestimmt haben. Ich weiß schon, lieber Kollege Klug, das ist jetzt ein Reizwort für dich, aber trotzdem, wir werden es einfach unter diesem Begriff weiterlaufen lassen. Viele verunsicherte Menschen, von denen auch Sie gesprochen haben, Herr Minister – Sie haben sie in der Debatte im Dezember ja selber erwähnt –, bekommen damit eine weitere Chance, aus der Illegalität herauszukommen und im Rahmen der österreichischen Gesetze zu handeln. Ich höre, dass es bereits massiv zu Anmeldungen kommt, und ich denke auch, das ist wichtig und richtig so.

Frau Kollegin Konrad, einer der wichtigsten Punkte – das hat Kollege Klug auch schon erwähnt – ist, dass wir Rechtssicherheit schaffen: Rechtssicherheit für die Pflegenden, für die Angehörigen, aber auch für die Betreuerinnen, und zwar soziale Sicherheit, weil wir die Möglichkeit schaffen, dass das Betreuungspersonal in die Sozialversicherung, Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung für die selbständig Beschäftigten und zusätzlich noch in die Arbeitslosenversicherung für die Unselbständigen kommt. Wenn das nicht wertvoll genug ist, um hier zuzustimmen, dann sind wir hier mit dieser Debatte falsch unterwegs.

Ich halte das Unselbständigen-Modell, das auch nicht angenommen wird, nicht für praktikabel, weil es schon vom Ansatz her für die Betroffenen ein Problem darstellt und weil viele damit auch überfordert sind. Das zeigt auch die Tatsache, dass das Selbstständigen-Modell jetzt doch stark angenommen wird. Wir sollten es auch weiter forcieren.

Ich weiß auch, Herr Minister, Sie hätten es sicher einfacher haben können. Die Dis­kussionen im Dezember haben gezeigt, dass der öffentliche Druck stark war, dass der Mediendruck stark war und natürlich auch von den verunsicherten Angehörigen die


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Problematik massiv aufgezeigt wurde. Ein Sozialminister ist nun einmal das soziale Gewissen der Nation. Und dann via Medien ausgerechnet mit dem von Ihrer Partei kreierten Begriff der „sozialen Kälte“ konfrontiert zu werden, das war sicher auch nicht einfach. Das möchte ich hier doch anmerken, weil wir eine sehr gute gemeinsame Lösung gefunden haben.

Wir haben damit, wie Kollege Klug schon angesprochen hat, nicht alle Probleme im Bereich der Pflege gelöst. Ich gestehe aber zu, dass dies ein wichtiger Schritt ist. Wir sind deshalb auch angehalten, einen weiteren Schritt beim Pflegegeld zu machen. Wir denken massiv daran, das Pflegegeld zu erhöhen. Sie haben ja schon anklingen lassen, dass Sie bereit sind, die strukturellen Voraussetzungen zu schaffen, und dass Sie auch in guten Verhandlungen mit den Ländern stehen. Ich denke, das ist ein wichtiger Schritt, ein wichtiger Faktor, um die Menschen zu Hause in gewohnter Umgebung pflegen und betreuen zu können.

Wie Sie sicher auch festgestellt haben, Herr Minister, sind wir Vorarlberger im Bereich der Pflege und Betreuung und den damit verbundenen Sozialleistungen, um es salopp zu formulieren, nicht immer pflegeleicht. Das haben Sie sicher festgestellt. Nicht nur, weil wir so oft und gerne gegen das zentralistische Wien auftreten, sondern einfach auch deswegen, weil wir in Verbundenheit und Verantwortung gegenüber den Men­schen im Ländle so handeln. Wir haben auch sehr hohe oder in vielen Bereichen die höchsten Sozialleistungen in Österreich und werden auch von der Regelung nicht abgehen, dass es in Vorarlberg keine Höchstgrenze gibt, weil wir das beschlossen und nicht wegen eines Wahlkampfs abgeändert haben. In Vorarlberg gibt es zurzeit keinen Wahlkampf! Das, was der Vorarlberger einmal verspricht, Herr Minister, hält er auch. Wir sind der festen Überzeugung, dass es richtig ist, und wir werden das natürlich auch beibehalten. Wir denken auch, dass dies im Rahmen der Artikel-15a-Vereinbarung, über die wir im Dezember diskutiert haben, schon inkludiert und gegeben ist.

Wir fördern auch die legale Betreuung im Ausmaß von 500 € für das Selbständigen-Modell und von 1 000 € für das Unselbständigen-Modell. Damit gewährleisten wir auch, Herr Minister, dass wir das Legalisierungsmodell zu 100 Prozent ausfinanzieren kön­nen. Das bedeutet also keine zusätzliche Belastung für die Menschen, die gepflegt und betreut werden müssen.

Etwas möchte ich auch noch ansprechen. Wie man hört, wird es die in diesem Zusam­menhang so wichtige Novelle des GuKG geben. Diese ist in Ausarbeitung, damit wir die notwendige Rechtssicherheit für die Betreuung von pflegebedürftigen Menschen erreichen können und damit auch die 24-Stunden-Pflege und -Betreuung praxisbezo­gener stattfinden kann, denn was nützt uns die beste Legalisierung, wenn der Betreuer einem Menschen nicht auch Essen verabreichen darf? (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug.) – Ja, klar. Ich komme noch darauf zu sprechen, aber das ist in Aus­arbeitung, Herr Kollege Klug, oder? Es ist wichtig, dass man das auch anspricht und dass man daran arbeitet.

Es geht hier also auch darum, einfache Tätigkeiten ausführen zu können. Das ist uns ganz besonders wichtig. Es bedarf hier den praktischen Bedürfnissen angepasster Lösungen für Betreuende und Betreute.

Vorsicht ist jedoch im Bereich medizinischer Betreuung und Tätigkeit geboten, weil da doch Qualitätsanforderungen zu stellen sind. Man soll das Ganze also wirklich in die richtige Bahn lenken.

Insgesamt sind wir auf dem richtigen Weg, Herr Minister. Ich empfehle Ihnen vielleicht noch eine kleine zusätzliche Dosis soziales Ländle, um das in Ihre zukünftigen Überlegungen mit aufzunehmen. Ich darf Sie ersuchen, dass Sie in dieser Art und Weise das ganze Projekt der 24-Stunden-Betreuung – wie gesagt, ein sehr gutes


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Projekt – auch weiter entsprechend bewerben. Wir alle hoffen, dass viele, viele Leute aus der Illegalität herauskommen und sich diesem Betreuungsmodell anschließen. Wir werden deshalb diesem Gesetz gerne unsere Zustimmung geben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mag. Klug.)

20.05


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schöls. Ich erteile ihm dieses.

 


20.05.06

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte am Beginn meiner Rede ein differenziertes dreifaches Danke sagen in Anlehnung an unsere Diskussion, die wir hier am 20. Dezember geführt haben.

Kollege Klug, ich hätte nie gedacht, dass Sie am heutigen Tag Textbausteine unserer Reden zur Diskussion stellen werden, denn in der Diskussion vom 20. Dezember haben wir genau darauf hingewiesen, dass es noch Unsicherheiten gibt und dass es daher problematisch ist, das Gesetz so wirksam werden zu lassen. (Bundesrat Mayer: Besser spät als nie!) Herr Bundesminister Buchinger und Kollege Kalina haben uns gesagt: Es ist alles paletti! Schaut auf die Homepage, dann kennt ihr euch aus! – Wir haben hier in dieser zweiten Kammer diese Problematik sehr lange diskutiert und dann auch gemeinsam mit den Grünen einen Antrag beschlossen.

Und hier der erste Teil meines ehrlichen und vollen Dankes an Herrn Bundesminister Bartenstein und an Frau Bundesministerin Kdolsky, die den Bundesrat entsprechend ernst genommen haben, unsere Empfehlungen in ihren Wirkungsbereichen sofort umgesetzt haben und bereits wenige Tage nach unserem Antrag gebeten haben, da Menschlichkeit walten zu lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister Buchinger, bei Ihnen hat es ein bisschen länger gedauert, bis dieser Sickerprozess durchgekommen ist. Es hat einiges an Überzeugungsarbeit bedurft, aber ich bin froh darüber, dass Sie in der Zwischenzeit schon draufgekommen sind, und Sie werden sehen, nach dem 9. März wird das Erwachen noch größer sein. Es genügt nicht, wenn eine Werbeagentur in Niederösterreich Herzen affichiert und versucht, den Eindruck zu erwecken, als ob alles in Ordnung wäre. Eine wirklich soziale Politik, wie sie das Land Niederösterreich unter Landeshauptmann Dr. Pröll macht, schaut anders aus! Daher sind wir Niederösterreicher froh, dass wir gemeinsam mit unseren Vorarlberger Freunden Wegweiser waren, um Sie zu diesem Einlenken zu bewegen. Daher haben wir einmal die heutige Vorlage, um Rechtssicherheit zu geben.

Weil die Zeit schon sehr vorgeschritten ist und ich das nicht unnötig lang ausdehnen möchte: Herr Bundesminister Buchinger, bei Ihnen sage ich ausnahmsweise: Schwamm drüber, dass es länger gedauert hat, bis Sie draufgekommen sind, was Sozialpolitik ist – und bei euch beiden bedanke ich mich herzlich. (Beifall bei der ÖVP.)

20.08


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Saller. Ich erteile ihm dieses.

 


20.08.06

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Kollegenschaft! In Salzburg hat das Rote Kreuz unter Direktor Gerhard Huber ein interessantes und diskussionswürdiges Drei-Säulen-Modell vorgelegt, welches auf der einen Seite eine Verbesserung für Personen vorschlägt, welche Betreuung und Pflege zu Hause erfahren, auf der anderen Seite


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 168

aber auch die Möglichkeit aufzeigt, das Potenzial der Erwerbstätigen und Pensions­bezieher zu nutzen und sie dabei finanziell besserzustellen.

Dieses Modell wurde bei der gestrigen Landtagssitzung als Antrag von SPÖ und ÖVP eingebracht mit dem Ziel, zu prüfen, ob und wie diese Lösungsvorschläge einerseits in Salzburg umgesetzt werden können und andererseits auch, inwieweit die Bundesstellen eine Realisierung eventuell vorbereiten könnten.

Zur ersten Säule gehören unter anderem die wirtschaftliche Unterstützung, wie die Anerkennung bei der zeitlichen Pensionsbemessung oder ein höherer Pensionsbetrag, und die fachliche Unterstützung, wie Gutscheine für Fortbildung.

Zur zweiten Säule gehören die besondere Einbindung von nicht mehr im Beruf stehen­den Personen mit einer verbesserten Einkommenssituation.

Die dritte Säule heißt Wertschöpfung durch Wertschätzung. Der Ehrenamtlichkeit und Nachbarschaftshilfe muss endlich der gebührende Stellenwert eingeräumt werden.

Die Regierung bemüht sich, größtmögliche Rechtssicherheit für die Betroffenen, für Betreuungskräfte und Angehörige herzustellen. Gerade ältere Menschen brauchen Sicherheit. Es ist aber noch nicht alles geklärt. Ich glaube, man ist bei dieser Legalisie­rung auf einem guten Weg, und legale und leistbare 24-Stunden-Betreuung ist zumin­dest in greifbare Nähe gerückt, wenn es auch noch Baustellen gibt. Jedenfalls sollte – da bestehen noch politische Auffassungsunterschiede – eine bundeseinheitliche Abschaffung der Vermögensgrenze, wie sie auch von unserem Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Wilfried Haslauer vehement verlangt wird, angestrebt werden. Ebenso sollte die selbständige und unselbständige Pflege gleich gefördert werden.

Wir müssen das Thema Pflege mit den Augen der Betroffenen sehen und die Diskussion auch nach deren Bedürfnissen ausrichten. Nur dann können wir Lösungen finden, die auch von den Betroffenen angenommen werden. Wir dürfen vor dem Hinter­grund – zum Beispiel sind es in Salzburg ungefähr 21 000 Personen, die Landes- und Bundespflegegeld beziehen – nicht auf die überwiegende Mehrzahl der Menschen vergessen, die keinen Bedarf an 24-Stunden-Pflegebetreuung haben und dennoch der Betreuung und Pflege durch Angehörige und Verwandte bedürfen.

Bei dieser ganzen Debatte vergisst man allerdings oft ganz, dass Österreich im Ge­samten gesehen eine ausgezeichnete Situation im Sozialbereich zu bieten hat. Unrealistische Forderungen aufzustellen ist an und für sich keine Kunst. Aber wichtig sind Wirksamkeit, Sicherheit und Leistbarkeit, und es ist daher unsere Verpflichtung, sozialpolitisches Handeln in den Mittelpunkt unserer Politik zu stellen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.12


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Buchinger. – Bitte, Herr Minister.

 


20.12.26

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Frau Bundes­ministerin! Sehr geschätzte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Landtagswahlen sind ganz, ganz wichtig für ein Land. Das Wichtigste bei Landtagswahlen ist natürlich, dass die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit haben, den Landtag zu wählen, aber für Niederösterreich sind die Landtagswahlen im März auch deswegen so ganz besonders wichtig, weil es hier möglich ist, sozialpolitischen Fortschritt, sozialpolitische Forderungen, die über viele Jahre erhoben, aber nicht realisiert worden sind, jetzt im Zuge der Landtagswahlen umzusetzen. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und Grünen.)


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 169

Niederösterreich war ja jenes Bundesland, von dem die Kriminalisierung der illegalen Pflege ihren Ausgang genommen hat; da gab es die ersten Strafen vonseiten einer Bezirkshauptmannschaft. Niederösterreich war jenes Bundesland, das im Bereich des Regresses, der Rückforderung von Kosten von Angehörigen am schärfsten war. Ich freue mich, dass das mit 1. Jänner 2008 abgeschafft worden ist und hier, so wie es in Oberösterreich, in Salzburg, in Wien und jetzt auch anscheinend in Kärnten passiert ist, der Regress der Angehörigen nicht mehr vorgenommen wird und auch beim Ver­mögen etwas gemacht wurde. (Bundesrat Boden: Das sollten sich andere Bundes­länder als Beispiel nehmen!)

Lernfähigkeit – Sie haben es gesagt – ist gut, Sie haben das bewiesen; es braucht eben ab und zu Landtagswahlen dazu. – Gut. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

In einem Punkt gibt es aber noch keine Lernfähigkeit. Kollege Saller hat gesagt, wenn ich es richtig verstanden habe, selbständige und unselbständige Pflege, 24-Stunden-Betreuung solle man gleichermaßen fördern. Dazu bitte: Die Niederösterreicher und die Vorarlberger, die ein anderes Fördermodell gewählt haben, verfolgen diesen Grundsatz nicht. (Bundesrat Schöls: Kennen Sie den Landesrat Schabl?) Ich würde Sie also bitten, auch direkt bei den beiden Kollegen Überzeugungsarbeit zu leisten. Vielleicht haben sie es auch deswegen nicht gemacht in Vorarlberg und Nieder­österreich, nämlich die Differenzierung 500 € und 1 000 € beibehalten, weil es tat­sächlich nicht gescheit ist, wenn man Gleiches ungleich behandelt, aber auch nicht gescheit ist, wenn man Ungleiches gleich behandelt.

Der eigentliche Punkt Ihrer Debatte und Beschlussfassung heute hier sind ja nicht die Inhalte der 24-Stunden-Betreuung. Das haben wir oft, teilweise auch kontrovers dis­kutiert; zuletzt am 20. Dezember ist ja vielen nicht mehr eingefallen zu diesen inhalt­lichen Fragen, als eine weitere Verlängerung des Wegschauens zu fordern, des Wegschauens in dem Sinne, dass die Illegalität, die ja bis 30. Juni 2007 geherrscht hat, durch eine Amnestie bis 31. Dezember 2007 verlängert wurde, noch einmal weiter verlängert wird. Und gegen diese Verlängerung des Wegschauens haben sich viele Kräfte, auch ich, immer wieder gewehrt, und es ist uns gemeinsam, den beiden Regie­rungspartnern ÖVP und SPÖ, auch etwas Besseres eingefallen als dieses bloße Wegschauen, bloßes Verlängern der Amnestie, nämlich dieses Pflege-Verfassungs­gesetz, das heute zur Beschlussfassung steht.

Dieses Pflege-Verfassungsgesetz stellt vom Inhalt her tatsächlich eine deutliche Verbes­serung der bisherigen Situation dar – hier haben beide Regierungsparteien Positionen aufgeben müssen, auch ich, ich bekenne mich dazu –, denn wir haben jetzt ein Modell, mit dem sichergestellt wird, dass, wer bis 30. Juni 2008 anmeldet, von Strafen und Rückforderungen befreit wird, aber eben nur der, der bis 30. Juni 2008 anmeldet. Das ist der große qualitative Fortschritt.

Während die Verlängerung, zuerst die erste Amnestie vom Herbst 2006 bis 30. Juni 2007 und dann die Verlängerung der Amnestie bis 31. Dezember 2007, dazu geführt haben, dass keine Legalisierungen vorgenommen worden sind – keine, von Einzel­fällen abgesehen –, hat jetzt dieses neue Modell des Pflege-Verfassungsgesetzes dazu geführt, dass bereits binnen 40 Tagen fast 2 500 Legalisierungen stattgefunden haben und dass die Dynamik weiterhin in eine gute Richtung geht. Und ich bin dank­bar, dass dieses Modell gefunden werden konnte, und bin dankbar, dass jetzt fast alle Fraktionen hier im Bundesrat auch hinter diesem Modell stehen.

Die Bedenken der grünen Fraktion gegen dieses Pflege-Verfassungsgesetz wurden im Nationalrat, auch unter Beisein von Experten, ausführlich diskutiert. Das konnte man nicht so einfach wegwischen, das sage ich auch, das war ernsthaft zu diskutieren, aber Minister Bartenstein, Ministerin Kdolsky und ich, wir waren natürlich bei dieser ausführ­


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lichen Diskussion im Sozialausschuss dabei und wir hatten gemeinsam den Eindruck – und ich meine, auch Ihre Vertreter, meine sehr geschätzten Damen und Herren von den Grünen, hatten diesen Eindruck –, dass die Kritik auch von Professor Öhlinger und anderen Experten eine sehr moderate ist. Sie haben vor allem den großen neuen Vorteil hervorgehoben, den diese neue Lösung bietet, nämlich tatsächlich ein Mehr an Rechtssicherheit und ein Mehr an solider Basis, auf dem die Menschen aufbauen können, nämlich sowohl die gepflegten Personen als auch die Pflege- und Betreuungs­personen.

Es ist richtig, dass nicht alle denkmöglichen, legistischen oder juristischen Problem­stellungen mit dem Pflege-Verfassungsgesetz gelöst sind. Sie haben auf einiges auch hingewiesen, aber das, was unter Anwendung sauberer legistischer Methoden – und dazu gehört auch ein Verfassungsgesetz, das werden Sie zugestehen – an Lösungen möglich war, das an Lösungen ist tatsächlich gefunden worden. Das ist, so denke ich, sehr beachtlich.

Ein Detail noch, Frau Bundesrätin Konrad, auf das Sie hingewiesen haben: die Un­gleich­behandlung oder die Schlechterstellung – so haben Sie es, glaube ich, formuliert – von Pflege- und Betreuungskräften, die Beiträge im zweiten Halbjahr geleistet haben, also die legalisiert haben, dass die jetzt schlechter gestellt werden, dass die durch dieses Pflege-Verfassungsgesetz quasi bestraft werden. – Das ist nicht der Fall, denn es hat ja einen guten Grund, dass mit diesem Pflege-Verfassungsgesetz auch rückwirkend der Erwerb von Versicherungszeiten nicht möglich ist. Jene Per­sonen aber, die im zweiten Halbjahr 2007 angemeldet und legalisiert haben, haben natürlich diese Versicherungszeiten erworben. Hier steht also Leistung, nämlich Zahlen von Versicherungsbeiträgen, und Gegenleistung, Erwerb von Versicherungszeiten, in einem Verhältnis; bei den anderen Gruppen, keine Zahlung von Leistungen, damit auch kein Erwerb von Versicherungszeiten, also tatsächlich Ungleiches ungleich behandelt und Gleiches gleich behandelt.

Auch in diesem Detail erweist sich das Pflege-Verfassungsgesetz als stimmig und rechts- und verfassungskonform, und ich bitte Sie daher, diesem Gesetz auch Ihre Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.19


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Minister.

 


20.19.24

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren Bundesräte! Zwei oder drei Anmerkungen meines Kollegen Buchinger motivieren mich doch noch zu dieser kurzen Wortmeldung.

Natürlich ist dieses Pflege-Verfassungsgesetz besser als die Amnestie, die bis zum 31. Dezember 2007 gegolten hat. Das wurde unter anderem auch von Öhlinger und anderen Experten im Ausschuss des Nationalrates so bestätigt, aber dann geben wir doch der Wahrheit auch die Ehre: Es wäre jedenfalls auch die Verlängerung des alten Amnestiegesetzes immer noch besser gewesen, als es einfach auslaufen zu lassen.

Das Bessere ist der Feind des Guten – und so gesehen freue ich mich, dass wir heute wohl abschließend dieses Pflege-Verfassungsgesetz zum Beschluss erheben können, wohl wissend, dass damit ein wirkliches Plus an Rechtssicherheit für viele Betroffene verbunden ist.

Niederösterreich, Vorarlberg hin oder her: Das Thema Pflege ist ja aufgrund der viel­fältigen Kompetenzen der Länder, auch Verpflichtungen, und letztlich auch mancher


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Überschneidung zwischen Bundes- und Landeskompetenzen wie kaum ein zweites dazu geeignet, in der Länderkammer diskutiert zu werden. Herr Kollege Buchinger und ich hatten die große Ehre, in Tirol bei der Landeshauptleutekonferenz geladen zu sein, wo, mit Verlaub, die Länder zum Beispiel in Sachen Vermögensgrenze nicht einer Meinung waren. Einige Länder, wie Niederösterreich und Vorarlberg, sind der Auffas­sung, im Rahmen des 24-Stunden-Betreuungsmodells keine Vermögensgrenze haben zu wollen, andere wollten nach 5 000 € und dann 7 000 € zumindest 10 000 € als Grenze gesehen haben.

Ich halte das, was in Niederösterreich jetzt Beschlusslage ist, schon für beispiel­gebend, weil ich glaube, dass wir insgesamt in Sachen Pflege den Weg gehen sollten, das Thema Schritt für Schritt – und das kostet viel Geld – aus der Sozialhilfe heraus­zuholen und als Risiko ähnlich zu behandeln wie das Krankheits- oder Gesund­heitsrisiko. Das ist in einem wohlhabenden Land wie Österreich nicht nur möglich, das ist aus meiner Sicht gewissermaßen eine Verpflichtung.

Da jetzt einmal zu beginnen und zu sagen, im Bereich der 24-Stunden-Betreuung wollen wir keine Vermögensgrenze, keinen Regress, das ist mehr als erster Schritt, das ist auch schon der zweite und dritte. Auf diesem Weg sollten wir gemeinsam, nämlich Bund und Länder, voranschreiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit das auch nicht unwidersprochen stehen bleibt: Auch ich habe in der Vergangenheit mehrfach gesagt, ich verstehe diese Differenzierung zwischen unselbständiger und selbständiger Betreuung nicht ganz, was die Förderhöhe anbelangt. Man kann vieles argumentieren, das ist schon richtig. Aber seien wir doch so fair und sagen, dass das, was jetzt das gültige Modell sagt, ein Splitting von etwa eins zu vier an Förderhöhe hat. Das, was in Niederösterreich und Vorarlberg gewährt wird, ist in einem Verhältnis von eins zu zwei; das ist eine relative Höherbewertung der selbständigen Betreuung.

Das, was der Markt bis jetzt sagt, ist, dass ganz offensichtlich die selbständige Betreu­ung und dieses Modell stärker in Anspruch genommen werden. Es bleibt noch abzu­warten, wie die Fördermöglichkeiten insgesamt in Anspruch genommen werden. Soviel ich weiß, hat Herr Kollege Buchinger ausreichend Budgetmittel, um in Wirklichkeit tausende Förderfälle dann auch zu fördern und zu unterstützen.

Fassen wir zusammen: Es hat einiger politischer Diskussionen bedurft. Ich glaube, wir sind heute an einem guten Punkt angelangt. Wir werden in den nächsten Monaten weiter informieren und ich bitte auch Sie, die Informationen intensiv fortzusetzen, weil noch ist nicht alles angekommen. Wir werden den weiteren Verlauf natürlich sehr genau beobachten.

Ich bedanke mich bei Kollegin Kdolsky, dass sie mit einer Vorlage – und zwar einem Begut­achtungsentwurf zum GuKG – jetzt auch angemessen, aber doch sinnvoll, die Kompetenzen von Betreuungskräften und persönlichen Assistenten so weit auszu­weiten gedenkt, dass in der Praxis vieles legal sein wird, was heute wahrscheinlich schon geschieht, aber genau genommen nicht legal ist. Es gibt also auch hier gute Fortschritte im Sinne eines Themas, von dem zu Recht von Herrn Bundesrat Klug gesagt worden ist, dass es wahrscheinlich nur 5 Prozent des gesamten Pflegethemas sind. Aber auch diese 5 Prozent sind es wert, bearbeitet zu werden. 95 Prozent liegen noch vor uns, das wissen wir. (Beifall bei der ÖVP.)

20.24


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 172

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

20.25.038. Punkt

Jahresvorschau des BMSG 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Kommission für 2007 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des Rates (III-320-BR/2007 d.B. sowie 7890/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Da auch hier sowohl der vom Ausschuss gewählte Berichterstatter als auch der Aus­schussvorsitzende verhindert sind, die Berichterstattung vorzunehmen, bestimme ich wiederum Frau Bundesrätin Seitner zur Berichterstatterin. Ich bitte um den Bericht.

 


20.25.32

Berichterstatterin Renate Seitner: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Sozia­les und Konsumentenschutz über die Jahresvorschau des BMSG 2007 auf der Grund­lage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission für 2007 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des Rates.

Ich berichte: Der Ausschuss für Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 den Antrag, die Jahresvorschau des BMSG 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission für 2007 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des Rates zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


20.26.29

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Liebe Damen und Herren des Bundesrates! Wenn wir heute über die Jahresvorschau des Bundes­ministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz 2007 dis­kutieren, so waren die vier Hauptziele der Wohlstand, die Solidarität, die Sicherheit, die Freiheit und eine stärke Rolle Europas als globaler Partner.

Wenn ich dazu vielleicht einige Punkte herausgreifen darf: Ein Punkt ist der demo­graphische Wandel, der beleuchtet wird. Ich glaube, mit dem demographischen Wan­del haben eigentlich alle Mitgliedstaaten zu tun und er bringt wirtschaftliche und soziale Veränderungen mit sich. Ein Thema, das in diesem Zusammenhang von besonderer Relevanz ist, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich denke, in diesem Bereich sind gerade in Österreich in den letzten Jahren einige Verbesserungen passiert.

Weil ich eine Niederösterreicherin bin, darf ich sagen, auch hier hat Niederösterreich eine Vorreiterrolle gegenüber anderen Bundesländern, denn wir haben jetzt neu den Gratis-Kindergarten für die Zweieinhalbjährigen am Vormittag, was nicht überall selbst­verständlich ist. Darüber hinaus haben wir Tagesmütter, mobile Mamis und die Schulstarthilfe für Taferlklassler. (Bundesrat Kalina: Und den stärksten Geburtenrück­gang aller Länder!) Das sind schon soziale Aspekte für Familien mit Kindern, die wichtig sind. Die Pflegedebatte haben Sie ja gerade angesprochen, auch dahin gehend, dass Niederösterreich auch da bei der höheren finanziellen Hilfe Vorreiter war.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 173

Ein Punkt ist auch die Kombination von Arbeitsflexibilität mit Sozialschutz und Beschäf­tigungssicherheit. Das ist, glaube ich, wichtig für die berufstätigen Menschen und auch für den wirtschaftlichen Erfolg. Wirtschaftlichen Erfolg erzielen in unserem Land auch jene Leute, die gesunde Nahrungsmittel erzeugen. Das sind die Bäuerinnen und Bauern. Und wenn Sie, Herr Bundesminister, da die Feststellung treffen, dass die Förderung von Agrarindustrien zu streichen sind, um damit den Teuerungsausgleich zu finanzieren, dann muss ich das wirklich entschieden zurückweisen.

Erstens, wir haben in Österreich keine Agrarindustrien. Die durchschnittlichen Betriebe sind um die 19 Hektar groß – und das sind wirklich keine großen Betriebe. Zweitens, glaube ich, ist es nicht fair, das auf Kosten der Bauern und Bäuerinnen auszutragen, denn das ist eine Gruppe, die sehr hart arbeitet und die sich die Ausgleichszahlungen wirklich verdient. Es ist populistisch, darauf hinzuhacken. Fakt ist, dass die Lebens­mittelpreise im Jahr 2007 um durchschnittlich 4,1 Prozent gestiegen sind, dass aber Energie und Strom um 9,3 Prozent gestiegen sind. Da diskutiert man eigentlich nichts an. Auf der anderen Seite müssen wir Einbußen hinnehmen. Gerade im tierischen Bereich ist es bei den Bauern sogar zu Einbußen von 5 Prozent gekommen.

Ich denke mir, es ist schon wichtig, dass man eine Inflationsbekämpfung macht (Bun­desrat Mag. Klug: 100 €!), das muss Priorität haben. Aber da sollte man auch die ganzen Gebühren anschauen, die erhöht worden sind und dafür sorgen, dass es in diesem Bereich zu einem Stopp kommt.

Ich denke mir, das Problem ist auf globaler Ebene gegeben, man sollte bei den Lösungsansätzen auch EU-weit ansetzen. So wünsche ich mir, dass wir viele Dinge, die zu diesem Punkt gehören, nicht nur bei uns, sondern auch europaweit lösen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.30


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


20.30.50

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Zum vorliegenden Bericht möchte ich vor­weg anmerken: Was mich schon stört, ist, dass wir jetzt einen Bericht diskutieren, der eigentlich fast schon obsolet ist. Das Jahr 2007 ist vorbei! Meines Wissens und laut Internet lag dieser Bericht seit Februar 2007 im Bundesrat auf und wurde einfach nicht behandelt. Das finde ich schade, denn ich denke, dass wir solche Themen doch auch intensiver diskutieren und nicht nur immer so am Rande, wenn ein bisschen Zeit bleibt, anstreifen sollten.

Einige Themen aus diesem Bericht sind aber sicher noch lange nicht abgeschlossen. Ich möchte mir auch nur einen Punkt herausnehmen – und zwar die Geschlechter­gleichstellung. Da gibt es einige sehr nette Forderungen und Ideen im Bericht. Wenn man die Medien der letzten Wochen betrachtet, befindet sich Österreich auf einem eher nicht so erfolgreichen Weg beim Versuch, diese Geschlechtergleichstellung end­lich irgendwie zu erreichen.

Was gleiches Geld für gleiche Leistung betrifft, so sind wir Schlusslicht in Europa. Auch was Frauen in Spitzenpositionen betrifft, sind wir eines der Schlusslichter –  Platz 19 von 25, immerhin. Frauen in Spitzenpositionen werden in Österreich sogar immer weniger statt mehr.

Ich habe dann, im „profil“ war das, glaube ich, einen Vorschlag von Frau Staats­sekretärin Bures gelesen: Es wäre nett, eine Quote einzuführen. Aber ansonsten gab es keine Diskussion darüber. Ich würde mir wirklich wünschen, dass man dieses


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 174

Thema diskutiert. Das ist auch eine alte Forderung der Grünen, wie es denn so wäre mit Frauenquoten in Spitzenpositionen. Ich würde mir wünschen, dass es in so einem Bericht auch eine österreichische Position oder Vorschläge dazu gibt, wie man sich vorstellt, dass dieses Thema in Österreich eher ins Positive gewendet werden kann und nicht noch weiter nach unten abrutscht.

Ein Thema, das mir ein bisschen abgeht, ist das Thema Migration. Das wird zwar kurz bei der Geschlechtergleichstellung angeschnitten; wo ich es aber auch noch ganz gerne finden würde, wäre bei der Demographie. Denn ich denke, sie hängt doch auch mit der Migration zusammen.

Prinzipiell möchte ich zum Inhalt sagen, dass es sehr begrüßenswert ist, dass Kom­mission und Rat jetzt die EU im sozialen Bereich weiter ausbauen wollen. Es ist wichtig, dass sich die EU in diesem Bereich weiterentwickelt. Es ist wichtig, dass die EU mehr als eine Freihandelszone wird – schließlich und endlich besteht das Leben nicht nur aus Wirtschaft. Es gibt auch noch andere Bereiche, die wichtig sind. Ich denke, gerade in den Bereichen Umwelt und Soziales wäre eine Weiterentwicklung der EU ganz wichtig, auch für die Akzeptanz in der Bevölkerung.

Bei der Akzeptanz in der Bevölkerung ist mir ein Punkt sehr wichtig, das stößt mir in letzter Zeit sehr oft auf, die Kollegin Konrad hat es heute schon angesprochen: In Bälde werden wir hier im Bundesrat und vorher im Nationalrat den Reformvertrag beschließen. Wenn man im Internet googelt, findet man nicht sehr viel darüber – zumindest nicht von der Regierungsseite. Wir haben heute gehört, wenn man auf der Außenministeriumsseite googelt, dann schon – aber auf die Idee muss man einmal kommen. Also direkt und offensichtlich gibt es keine Information im Internet und ich denke, das ist schade, denn es gibt sehr viel Information, die gegen den Reformvertrag argumentiert. Die kommt von rechts, die kommt von links, zum Teil sind es sehr grausige Argumente, zum Teil sind es Argumente, die nachvollziehbar sind. Ich denke, es fehlt wirklich an Information und es wäre wichtig, dass man hier mehr argumentiert, sich mehr mit diesen Themen auseinandersetzt und auch die Ängste in der Bevöl­kerung und die Ängste vor diesem Reformvertrag – die meiner Meinung nach großteils unbegründet sind – ernst nimmt, sich darauf einlässt und etwas dazu sagt.

Dieser Reformvertrag ist meiner Meinung nach ein Fortschritt – zumindest zum der­zeitigen Status. Aber genau das gehört kommuniziert und muss den Menschen mit­geteilt werden, damit eben nicht das große Unbekannte, die EU immer wieder zum Fürchten ist und damit diese Abstimmung über den Reformvertrag nicht noch mehr Skepsis und Angst vor einer großen, unpersönlichen EU hervorruft – was sie ja in Wirklichkeit durch diesen Reformvertrag gerade nicht werden soll. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesräte Kalina und Winterauer.)

20.35


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Von der Berichterstattung wird auch kein Schlusswort gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 175

20.36.089. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (405 d.B. und 421 d.B. sowie 7879/BR d.B. und 7880/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen nun zum 9. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. Ich bitte um den Be­richt.

 


20.36.26

Berichterstatter Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht zu oben stehendem Gesetz liegt Ihnen schriftlich vor. Ich darf deshalb gleich zur Antrag­stellung kommen.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Todt. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


20.37.00

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Am 1. September 2007 trat eine erste Novelle des Studien­förderungsgesetzes mit einer Anhebung der Studienbeihilfe um 17 Millionen € –oder 12 Prozent – in Kraft. Nunmehr wird ein weiterer Gesetzesentwurf vorgelegt, der vor allem die Ausweitung des Kreises der Bezieherinnen und Bezieher einer Studienför­derung beinhaltet.

Darüber hinaus sieht diese Novelle zum Studienförderungsgesetz eine weitere Verbes­serung und den Ausbau der Förderung von bestimmten Studierendengruppen vor. Dazu zählen vor allem Studierende mit Kinderbetreuungspflichten sowie Studierende mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Insgesamt werden durch diese Maßnahme die Mittel der Studienförderung um 8 Millionen € erhöht.

Mit den zusätzlichen 8 Millionen € werden weitere 4 000 Studierende durch die Anhe­bung der Einkommensgrenze eine Studienförderung erhalten. Somit wird die Gesamt­zahl an Studierenden, die eine Studienförderung beziehen, von rund 48 000 auf 52 000 Studierende steigen.

Eine weitere Verbesserung für die Studierenden wird durch die Anhebung und Ver­einheit­lichung der Zuverdienstgrenze für StudienbeihilfenbezieherInnen erreicht. Die Zuverdienstgrenze wird um 2 190 € auf 8 000 € im Jahr angehoben. Darüber hinaus wird die Zuverdienstgrenze von 8 000 € vereinheitlicht, unabhängig von einer selb­ständigen oder unselbständigen Einkommensart.

Eine Besserstellung erfahren die Studierenden mit Kindern. Die zeitliche Belastung wird durch die Anhebung der Altersgrenze, bis zu der eine Studienförderung in An­spruch genommen werden kann, stärker berücksichtigt. Bisher wurde ein Zuschlag für ein Kind gewährt, künftig wird zusätzlich zur Familienbeihilfe und zum Kindergeld für jedes Kind ein Zuschlag in der Höhe von 60 € zur Verfügung gestellt. Das zusätzliche Toleranzsemester, das es bis jetzt nur für die Betreuung von Kleinkindern bis zu drei Jahren gegeben hat, wird es künftig auch in Bezug auf alle nicht schulpflichtigen Kinder geben. Die Altersgrenze für Studierende mit Kind wird von bisher 30 Jahren um zwei Jahre pro Kind angehoben.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 176

Für Studierende mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen wird es eine Verlängerung der Förderungsdauer, eine Ausweitung des Bezieherkreises und eine Anhebung der Altersgrenzen geben. Bisher konnte eine Studienförderung bis zur Altersgrenze von 30 Jahren bezogen werden. Künftig wird die Altersgrenze für Studierende mit gesund­heitlicher Beeinträchtigung auf 35 Jahre angehoben. Eine Verlängerung der Förde­rungs­dauer wird durch ein zusätzliches Toleranzsemester – bisher zwei, künftig drei Toleranzsemester – gewährleistet.

Seh-, Hör- und Gehbehinderte bekommen zusätzlich zur Studienförderung einen Zuschlag von 160 bis 420 € . Es gibt mehr Mittel für Leistungs- und Förderstipendien. Die Mittel für Leistungs- und Förderstipendien werden um 2 Millionen € von 7 auf 9 Millionen angehoben. Dadurch können bis zu 2 800 zusätzliche Leistungsstipendien vergeben werden.

Das neue Mobilitätsstipendium ermöglicht die Mitnahme der Studienförderung nicht nur ins EU-Ausland, sondern auch in den Europäischen Wirtschaftsraum. Das ist beson­ders wichtig, da rund 650 Österreicherinnen und Österreicher in der Schweiz studieren. Bisher konnte die Studienförderung lediglich für vier Semester im Rahmen eines Aus­landsstipendiums bezogen werden. Um die Studienmobilität weiter zu erhöhen, können die Studierenden künftig während des gesamten Auslandsstudiums eine Studien­förderung beziehen.

Was die Refundierung der Studienbeiträge und das Mentoring-Modell angeht, wird eine Rechtsgrundlage für die Refundierung der Studienbeiträge nach sozialen Aktivitäten im Bildungsbereich geschaffen.

Die Studienbeihilfen werden zum ersten Mal seit sieben Jahren angehoben. Die Änderung des Studienförderungsgesetzes ist ein wesentlicher Schritt zur Verbes­se­rung der wirtschaftlichen Situation für Studentinnen und Studenten. Die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation erfüllt aber nicht die berechtigten Wünsche der Studie­renden nach der Abschaffung der Studiengebühren. Diese Abschaffung der Stu­dien­gebühren scheitert, wie immer, am sturen Nein der ÖVP – die ÖVP ist nämlich die Erfinderin der Studiengebühren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Konrad.)

20.42


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Baier. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


20.42.22

Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Frau Bundesminister! Der Herr Fraktionsvorsitzende der SPÖ, Konecny, ist auch wieder wacher geworden. Es freut mich, dass zumindest schon mein Kommen an das Red­nerpult eine gewisse Bewegung in diese Richtung gebracht hat. (Bundesrat Konecny – in Richtung des Bundesrates Todt –: Jetzt wird er dir gleich erklären, dass wir das erfunden haben!)

Heute ist ein besonderer Tag, nicht nur, weil ich Geburtstag habe (allgemeiner Beifall – Bundesrat Reisenberger: Gratulation!), sondern weil wir heute eine Novelle des Studienförderungs­gesetzes zu beschließen haben, die eine Reihe von Verbesserun­gen für Studierende mit sich bringt. Mein Vorredner hat in seiner Aufzählung ja bereits alle Punkte erwähnt. Ich möchte daher auf zwei, drei Dinge eingehen, die mir darüber hinaus zu diesem Anlass noch wichtig erscheinen.

Wer den erst kürzlich erschienen Bericht über die soziale Lage der Studierenden 2007 genau gelesen hat, wird festgestellt haben, dass es darin einige Punkte gibt, die, zumindest aus meiner Sicht, hervorzustreichen sind.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 177

Eines ist ganz sicher: Wir haben in den letzten Jahren, seit den Studienjahren 2001 und 2002 bis zu den Studienjahren 2005 und 2006, eine sehr deutliche Zunahme von Bewilligungen bei den Studienbeitragsanträgen zu verzeichnen gehabt. Das zeigt, dass der Bezieherkreis wesentlich ausgeweitet wurde. Waren es 2001 und 2002 noch 36 600 Bewilligungen, so hatten wir 2005 und 2006 45 000 Bewilligungen von Anträgen. Erfreulich ist auch zu vermerken, dass sich die Hochschulzugangsquote in den letzten 15 Jahren um ein Drittel erhöht hat. Waren es 2005 und 2006 32 Prozent eines Jahrganges, die an die Universität gingen, waren es 1990 noch um ein Drittel weniger.

Sehr erfreulich ist auch, dass davon 35 Prozent weibliche Studierende sind und 29 Prozent männliche. Freilich sei an dieser Stelle sehr kritisch angemerkt, dass wir in der Rekrutierungsquote, also in Bezug auf die Schulbildung des Vaters, noch immer einen deutlich stärkeren Zustrom von Kindern von Vätern haben, die eine Hochschul­bildung haben, als von jenen, die über einen Pflichtschul- oder Lehrabschluss ver­fügen. Das heißt also im Klartext, dass es immer noch bildungsfernere Schichten gibt, die keinen so starken Zugang zur Hochschulausbildung haben.

Ein Punkt noch zur Erwerbstätigenquote: 2002 waren 66 Prozent der Studierenden erwerbstätig. 2005, 2006 waren es 60 Prozent. Das heißt, hier ist eine Abnahme zu verzeichnen. Und das heißt auch, dass es nicht stimmt, was immer wieder betont und ausgeführt wird, dass durch die Einführung der Studienbeiträge die Studierenden zunehmend in die Erwerbstätigkeit gedrängt wurden. (Zwischenruf der Bundesrätin Konrad.)

Das ist nicht richtig. Im Gegenteil: Es gibt in diesem Bereich einen gegenteiligen Trend, wiewohl es aber umgekehrt einen Trend gibt, was den Bezieherkreis der Stipendien insgesamt anlangt, denn 19 Prozent aller Studierenden kommen in den Genuss eines Stipendiums und zusätzlich dazu noch 8 Prozent in den Genuss eines anderen staatlichen Stipendiums, also eines Leistungsstipendiums oder eines Selbsterhalter­stipendiums. Das heißt, dass 27 Prozent aller Studierenden eine staatliche Studien­förderung bekommen. Ausgenommen sind bei dieser Zahl jene Förderungen, die von Kommunen oder Ländern gewährt werden. Die sind hier nicht enthalten. Das heißt gleichzeitig auch, und das wissen Sie, dass 27 Prozent aller Studierenden keine Studienbeiträge bezahlen.

Damit komme ich zu einem abschließenden Punkt: Der Herr Bundesminister für Wis­senschaft ist ja heute nicht anwesend, aber ich habe in den letzten Tagen einen interessanten Vorschlag von ihm gehört und gelesen, dass nämlich die Studiengebühr für berufstätige Studierende nur zur Hälfte von den Universitäten eingehoben werden soll. (Bundesrat Winterauer: Zu Lasten der Unis!) Ich glaube, dass das ein äußerst brauchbarer Vorschlag ist, dem man absolut nähertreten sollte, dass man also, wie das ja auch schon öfters diskutiert wurde, bei den Studienbeiträgen überhaupt mehr zu einer Verrechnung der tatsächlichen Leistung, die der Studierende von einer Univer­sität erhält, kommen sollte, also die Studienbeiträge nach Kursen, nach Vorlesungen und so weiter berechnen sollte, und dass man damit tatsächlich einen Beitrag für jene Kurse, Vorlesungen und Seminare leistet, in denen man untergekommen ist, und nicht den Betrag in Bausch und Bogen zu bezahlen hat.

Diese Regelung im Bereich der Berufstätigen wäre ein richtiger Schritt in diese Richtung, und ich begrüße das daher ausdrücklich.

Insgesamt kann gesagt werden, der 14. Februar ist ein äußerst positiver Tag für die Studierenden in Österreich. Nach der bereits erwähnten Novelle im Herbst 2007


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 178

kommt jetzt der zweite große Schritt. Der Valentinstag 2008 hat sich daher tatsächlich ausgezahlt! (Beifall bei der ÖVP.)

20.48


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bun­­desrätin Konrad. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


20.49.07

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Heute ist tatsächlich ein besonderer Tag, und das nicht nur, weil mein Vorredner Geburtstag hat, zu dem ich ihm herzlich gratulieren möchte – ich frage dann später, wie alt er geworden ist –, sondern auch (Bundesrat Mag. Baier: Ich schäme mich nicht!), weil mein Vorredner diesmal vor mir und nicht nach mir geredet hat, wie das ansonsten bei diesen Diskussionen sehr oft der Fall ist. Das hat den schlichten Grund, dass ich heute pro rede. Das heißt, ich und meine Fraktion werden heute dieser Gesetzesänderung zustimmen. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja unglaublich! Das ist ja super!)

Es ist eigentlich schade, dass der Herr Minister nicht da ist, denn das hat er nicht sehr oft erlebt – und wir werden ja sehen, wie oft er es in Zukunft noch erleben wird.

Ich möchte gleich bei dem anschließen, was mein Vorredner angesprochen hat, näm­lich bei dieser – seiner Meinung nach sehr interessanten – Idee, dass berufstätige Stu­dierende oder eben Teilzeitstudierende nur die Hälfte der Studiengebühren zahlen sollten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Für mich würde ich das gar nicht in Anspruch nehmen. Ich bin bald fertig, keine Angst. Ich werde euch meine Diplomarbeit dann auch zur allgemeinen Weiterbildung übermitteln. (Allgemeine Heiterkeit.)

Das heißt – um kurz ein bisschen den Hintergrund zu beleuchten –, zuerst werden Studiengebühren eingeführt, und es wird nach wie vor behauptet, dass Studien­gebühren nicht dazu führen, dass sich die Studiendauer verlängert. Dann erkennt irgendjemand, dass das letztendlich aber doch passieren kann, und dann gibt es diesen Vorschlag, für Teilzeitstudierende, die es eben in sehr großem Ausmaß gibt, nur die halben Studiengebühren einzuführen. – Ich kenne viele, die sich sehr freuen würden, nur die halben Studiengebühren zu bezahlen, und die auch, eben weil sie berufstätig sind, wirklich nur einen geringen Teil der Leistungen einer Universität tatsächlich in Anspruch nehmen können!

Allerdings hat Herr Minister Hahn dann gestern oder heute seinen Vorschlag erweitert, nämlich darum, dass das aber schon die Universitäten selbst beschließen sollten, denn einen finanziellen Ausgleich wird es nicht geben. – Das wird schlicht und ergreifend den Effekt haben, dass das kaum eine Universität auch tatsächlich machen wird, und ich glaube nicht, dass es sehr viele, wenn überhaupt irgendwelche Studierende gibt, die dann im nächsten Jahr oder in absehbarer Zeit wirklich nur die halben Studien­gebühren zu bezahlen haben.

Ich wäre schon sehr zufrieden – das ist mir ein großes Anliegen –, wenn die Univer­sitäten endlich dazu bewegt werden könnten, ihr Angebot für berufstätige Studierende auszuweiten. Ich kann jetzt nur für Innsbruck sprechen, wo ich die Situation am besten kenne: Da ist es schwierig! Da ist es einfach schon generell schwierig, Skripten zu Vorlesungen zu bekommen, weil es oft gar keine gibt, da ist es schwierig, irgendein Online-Angebot zu finden, um das Studium zu erleichtern.

Ich glaube, dass es hier sehr viele Möglichkeiten gäbe, diesen berufstätigen Studie­renden das Leben zu erleichtern. Die Universitäten tun das bei Weitem noch nicht so, wie sie es sollten. – Ich hoffe sehr, dass das Ministerium diesbezüglich auch mit sanf­tem Druck darauf hinarbeiten wird, würde ich sagen, diese Situation zu verbessern.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 179

Jetzt zum Studienförderungsgesetz: Jede Verbesserung im Bereich der Studienför­derung ist absolut zu begrüßen, und beim heutigen Gesetz gibt es tatsächlich eine Reihe von Punkten, die Verbesserungen darstellen und deswegen auch zu begrüßen sind. Sie sind schon erwähnt worden: eben zum Beispiel die Ausweitung des Bezie­herkreises durch die Anhebung der Einkommensgrenze, auch eine Verbesserung in der Situation von Studierenden mit Behinderungen, auch Studierende, die Kinder be­treuen, die Kinder haben, sind in Zukunft ein bisschen besser gestellt, und der Umstieg von Bachelor auf Master wird auch erleichtert. – All das sind Verbesserungen, die wir anerkennen, und das ist auch der Grund, warum wir heute hier unsere Zustimmung geben.

Wir sind allerdings – und das muss ich auch betonen – nach wie vor weit davon entfernt, wirklich allen Studierenden ein Vollzeitstudium ermöglichen zu können. Es ist ja, zumindest hört man das immer, eine erklärte Absicht auch des Ministeriums, dass man Vollzeitstudierende und nicht Teilzeitstudierenden hat, die sehr lange brauchen und die dann einfach – ich glaube, es liegt auch daran – die Statistik drücken, denn jede Universität ist stolz darauf, wenn sie eine Statistik mit vielen Absolventen mit einer relativ kurzen Studiendauer hat. Dass das für die Studierenden praktisch nicht der Fall ist, zeichnet sich in der Statistik ab und wird oft falsch interpretiert.

Die letzte Inflationsanpassung bei den Studienförderungen gab es im Jahr 1999. Das ist sehr lange her, und es ist auch mit der jetzigen Erhöhung der Studienförderungen leider nicht vollständig das ausgeglichen, was durch die Inflation verloren gegangen ist.

Wichtig wäre unserer Meinung nach – das haben wir schon oft gesagt, und vielleicht wird diese Idee ja auch eines Tages angenommen – die gesetzliche Verankerung einer Indexanpassung. Dann wäre es nämlich nicht nötig, dass man im besten Fall jedes Jahr oder im schlechtesten Fall alle zehn Jahre beschließt, dass hier angepasst wird. – Ich finde, das wäre eine sehr wichtige Maßnahme.

Wir sind auch der Meinung, dass die Altersgrenzen für StipendienbezieherInnen gene­rell angehoben werden sollten. Es gibt viele Gründe, warum Menschen mit ihrem Studium länger brauchen! Vor allem sollte im Sinne des lebenslangen Lernens, das ja immer wieder als ein Ideal hingestellt wird, auch die Altersgrenze für Selbst­erhalterin­nen und Selbsterhalter angehoben werden.

Österreich hat im internationalen Vergleich nicht gerade eine sehr hohe Quote von Stipendienempfängern. Da gibt es ganz andere Beispiele! Ich finde also, dass man auch weiterhin daran arbeiten muss, den Bezieherinnen- und Bezieherkreis stark zu erweitern.

Die Studiendauer hängt sehr selten davon ab, dass man sich nicht für das Studium interessiert oder sich keine Mühe gibt, die Studiendauer wird in vielen Fällen schlicht von schlechten Bedingungen an der Universität verursacht. Da kann man schnell einmal ein Jahr verlieren, vor allem wenn man ein Studium betreibt, das, wie es bei Chemie der Fall ist, zum Beispiel eines Laborplatzes bedarf.

Sie hängt oft auch davon ab, dass viele Studierende berufstätig sind. Es gibt schon diese positiven Fälle, wo jemand einen Beruf hat, der wirklich den Mittelpunkt des Interesses darstellt, und er studiert nebenher, aber das sind jene Fälle, die im Beruf wahrscheinlich auch genug verdienen, sodass das Studium dann vielleicht keine so große Belastung für die Betreffenden ist.

Die meisten Studierenden, die berufstätig sind, arbeiten im Gastgewerbe, arbeiten in den Ferien, in Schichtbetrieben und so weiter. Sie machen Jobs, die nichts mit ihrem Studium zu tun haben, die ihnen auch für ihre spätere Berufslaufbahn nicht wirklich viel bringen, sondern die schlicht und ergreifend dafür da sind, ihnen den Lebensunterhalt


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 180

während der Dauer des Studiums zu finanzieren. Und das sind Jobs, die oft gerade zu Tages- und Nachtzeiten stattfinden, die dann den Studienerfolg und den Studien­fortgang doch auch wirklich beeinträchtigen. (Bundesrat Mag. Baier: So ein Blödsinn!)

Wenn die Quote von berufstätigen Studierenden gesunken ist, kann man das entweder so interpretieren, dass weniger Studierende arbeiten müssen, aber es kann auch heißen, dass viele Studierende die Doppelbelastung einfach nicht mehr geschafft haben und das Studium gelassen haben. Damit sind natürlich dann auch weniger Studierende berufstätig.

Einen Pferdefuß sehe ich trotz aller positiven Dinge bei dieser Erweiterung des Studienförderungsgesetzes, nämlich dass die Leistungsstipendien am großzügigsten angehoben werden. Ich habe überhaupt nichts gegen Leistung, verstehen Sie mich nicht falsch! Es ist natürlich schön, wenn jemand an der Universität gute Leistungen erbringt – dazu soll er auch motiviert und dafür soll auch belohnt werden! –, nur sind die meisten Empfängerinnen und Empfänger von Leistungsstipendien Vollzeitstudie­rende, die finanziell abgesichert sind. Meiner Meinung nach müsste das Hauptaugen­merk von Stipendien schon darauf liegen, dass man eben jene, die sozial benachteiligt sind, absichert, sodass auch sie ihr Studium betreiben können. Bei diesen sozialen Stipendien müsste eigentlich die größere Wertigkeit liegen.

Ein abschließender Satz zum Mentorinnen- und Mentorensystem: Auch das war eine Idee, die auf Anhieb sehr gut geklungen hat, dass man sich durch verschiedene Leis­tungen von den Studiengebühren freikaufen kann, quasi eine Hintertür aus den Studiengebühren.

Das, was jetzt dabei herausgekommen ist – soweit es vorliegt, denn viele Details sind ja leider nach wie vor nicht geklärt –, ist meiner Meinung nach eher ein Versuch, einerseits im Schulsystem ein bisschen Geld einzusparen, indem man versucht, sich Förderlehrerinnen und Förderlehrer, die man sehr wohl brauchen würde, zu ersparen, und gleichzeitig sollen Studierende, wenn man es umrechnet, um 6 € pro Stunde arbeiten.

Die Zeit dafür aufzubringen muss man sich auch erst einmal leisten können! Das ist bestimmt nichts, was in jenen Fällen, wo das eine Finanzfrage, eine soziale Frage ist, einen großen Vorteil bringen würde.

Ein Satz noch zu Herrn Kollegen Todt: Die Studiengebühren gibt es nach wie vor. – Natürlich, erfunden hat sie, zumindest in Österreich, die ÖVP, aber die Abschaffung der Studiengebühren scheitert leider schon auch an der Schwäche der SPÖ, ihre dies­bezügliche Forderung durchzusetzen. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Todt.)

20.57


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky. – Bitte, Frau Ministerin.

 


20.57.58

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Von 2001 bis 2007 wurde das Budget für Studienförderungen von 120 auf 186 Millionen € erhöht und der Bezie­herkreis von 34 000 auf 48 000 Studierende ausgeweitet. Derzeit – das muss man sich schon auch einmal vor Augen halten – erhält jeder fünfte an einer Universität und jeder dritte an einer Fachhochschule Studierende eine Studienförderung.

Was sind nun die Anliegen? – Die Anliegen sind natürlich vor allem, Begabungs­poten­ziale aus allen sozialen Schichten zu heben und niemanden aus sozialen Gründen daran zu hindern, ein Studium zu ergreifen. Mit dem heuer geschnürten Gesamtpaket


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 181

von über 25 Millionen € sind wir mitten in dieser Entwicklung. Das Gesamtvolumen wird heuer erstmals 200 Millionen € überschreiten.

Durch die Erhöhung der Einkommensgrenzen bekommen wir 4 000 bis 4 500 Studie­rende zusätzlich in dieses Fördersystem.

Eines muss man hier schon klar und deutlich ausdrücken: Für uns hat Leistung einen Stellenwert, und Leistung soll auch honoriert werden. Daher werden wir künftig die Leistungs- und Förderstipendien um 25 Prozent erhöhen, also etwa um 2 Millionen €. (Beifall bei der ÖVP.)

17 Millionen wurden über die 12-prozentige Erhöhung verteilt, weitere 8 Millionen sollen jetzt einer qualitativen Ausweitung zugute kommen. Was sind denn diese beab­sichtigten Verbesserungen der qualitativen Ausweitung? – Wir haben es heute schon mehrfach gehört:

Es gibt 4 000 bis 4 500 Studierende mehr im Studienförderungssystem.

Die Stipendien werden Europa-fit. – Ich denke, es ist ein wesentlicher Beitrag für ein Europa, zu dem wir uns bekennen, dass ein Stipendium von Beginn an ins EU-Ausland mitgenommen werden kann. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Die Studienbeihilfe für Studierende mit Kindern wird angehoben – ein zentrales Thema für mich als Familienministerin. Wir haben gesagt, dass das Jahr 2008 das Jahr der Familien ist, und daher, so glaube ich, sind in diesem Bereich auch deutliche Zeichen gesetzt worden.

Die Verlängerung der Förderungsdauer für Studierende mit gesundheitlichen Beein­trächtigungen – Sie sehen, wie eng hier das Wissenschaftsressort nicht nur mit dem Familien-, sondern auch mit dem Gesundheitsressort zusammenarbeitet – ist ein wesentlicher Beitrag, um Ungleichgewichtungen abzuschaffen. Ich denke, das ent­spricht dem Wunsch aller.

Die Anhebung und Vereinheitlichung der Zuverdienstgrenze für Studienbeihilfebezieher war ein wesentlicher Faktor, und letztendlich ist auch die Anpassung an das aktuelle Studienrecht ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung.

Zusätzliche Überschreitungssemester, die Vereinheitlichung des Studienerfolges nach ECTS-Punkten, aber auch die Altersgrenze für den Einstieg in ein Masterstudium sind Themen, die angepasst und internationalisiert wurden, auch den EU-Bedingungen entsprochen haben und vor allem unseren Studierenden eine Möglichkeit geben, sich in einem europäischen Kontext zu messen und gefördert zu werden.

Die Beseitigung von Hürden im Studienförderungswesen und die Vereinfachung des Verfahrens sind ebenfalls wesentliche Bereiche, die sehr oft vergessen, in diesem Paket aber doch erwähnt werden.

Noch einmal: Die Ausweitung der Mittel für Leistungs- und Förderungsstipendien geht in die richtige Richtung. Es werden bis zu 2 800 Leistungsstipendien zusätzlich ermög­licht, und ich glaube, dass wir damit einen wesentlichen Schritt für Studierende in Österreich gesetzt haben.

Ein erster Schritt bedeutet ja noch nicht die Erreichung der Ziellinie! Ich glaube, dass wir hier noch einige weitere Schritte werden setzen müssen und sollen, und diese werden auch, vor allem durch die kompetente Hand des Wissenschaftsministers, umgesetzt werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Molzbichler.)

21.02


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 182

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, und ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

21.03.1410. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italieni­schen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel (101 d.B. und 427 d.B. sowie 7881/BR d.B.)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Mongolei über die gegenseitige Aner­kennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich (257 d.B. und 428 d.B. sowie 7882/BR d.B.)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (258 d.B. und 429 d.B. sowie 7883/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 10 bis 12 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter über diese drei Punkte ist Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg.

 


21.03.54

Berichterstatter Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Da Ihnen alle drei Berichte schriftlich vorliegen, darf ich jeweils gleich zur Antragstellung kommen.

Ich bringe Ihnen den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich Ihnen den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und For­schung über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Mongolei über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 183

Ich bringe ebenfalls den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Ziffer 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichte.

Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Aner­kennung akademischer Grade und Titel.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Mongolei über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschul­bereich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhellig­keit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über wissenschaftlich-tech­nische Zusammenarbeit.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Ziffer 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Ich lasse nun über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 184

21.06.3613. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz und das Mineralölsteuergesetz 1995 geändert werden – Ökologisierungsgesetz 2007 (ÖkoG 2007) (406 d.B. und 441 d.B. sowie 7891/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz (Ökostromgesetz-Novelle 2008) und das Einkom­mensteuergesetz 1988 geändert werden (442 d.B. sowie 7892/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 13 und 14 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Bundesrat Schimböck.

 


21.07.12

Berichterstatter Wolfgang Schimböck: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich berichte über die Tagesordnungspunkte, die im Ausschuss umfassend beraten wurden.

Ich berichte zunächst über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz und das Mineralölsteuergesetz 1995 geändert werden.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich berichte weiters zum Tagesordnungspunkt 14, dem Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz (Öko­stromgesetz-Novelle 2008) und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 12. Februar 2008 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


21.08.16

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war schon verwundert, dass wir diese Gesetze im Finanzausschuss besprochen haben; es konnte mir im Ausschuss auch niemand erklären, warum das eigentlich in den Finanzaus­schuss kommt.

Ich hätte noch verstanden, dass der Finanzminister zuständig wäre, wenn 20 Mil­lionen € zusätzlich für Ökostrom lockergemacht worden wären, aber das ist nicht der Fall! Es ist ja nicht so, dass beispielsweise die Biomasseförderung, die heute vorliegt, zusätzlich kommt, sondern es wird einfach nur Förderungsgeld umgeschichtet.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 185

Dieses Förderungsgeld kann – leider! – deshalb umgeschichtet werden, weil vom ohnehin seit 2006 gedeckelten Ökostromförderungsbetrag für Biomasse jetzt mehr übrig ist, weil es sonst nichts mehr gibt, was gebaut wird. Seit dieser Geset­zes­änderung im Ökostrombereich im Jahre 2006 ist der Ausbau im Bereich Windenergie, ist der Ausbau im Bereich Photovoltaik leider massiv eingeschränkt bis nicht mehr vorhanden.

Diese zusätzliche Biomasseförderung ist jetzt leider aufgrund der gestiegenen Roh­stoff­preise notwendig geworden. Das Ganze hat natürlich schon auch einen großen Hasenfuß ... (Bundesrat Mayer: Pferdefuß!) – Ja, Pferdefuß, Entschuldigung! Ich weiß nicht, wie ich auf einen Hasen komme! Ich habe mir gerade gedacht, das ist das falsche Tier. – Okay, also ein Pferdefuß, kein Hasenfuß; es ist aber schön, dass ihr aufpasst! Das war als Test gedacht, und es haben alle aufgepasst.

Das Problem ist, bis 2003 waren Biomasseanlagen an und für sich kleine Anlagen bis in etwa 100 kW und meistens befüllt mit Wirtschaftsdünger und mit organischen Abfällen. Und damit hat man dann umweltfreundlich Strom erzeugt. Seit 2004 hat sich das immer mehr dazu entwickelt, dass größere Anlagen gebaut werden und diese eben nicht mehr mit Abfällen betrieben werden, sondern dass man dafür extra Mais zukaufen muss. Und die Rohstoffpreise für den Mais sind so enorm gestiegen, dass wir jetzt eine zusätzliche Förderung brauchen.

Das Problem, dass Nahrungsmittel- und Energiepflanzen in Konkurrenz zueinander stehen, ist ja nicht unbedingt ein neues Problem. Vielleicht hätte man das schon bei der letzten Ökostromgesetz-Novelle berücksichtigen können, dass man da gewisse Maßstäbe einzieht, dieses Problem auch wirklich konstruktiv zu lösen. Denn ein Umweltminister, der immer nur darauf setzt, dass möglichst große und – in Anfüh­rungszeichen – „effiziente Kraftwerke“ ans Netz gehen, und ein Umweltminister, der ein Klimaproblem im Verkehr im Prinzip nur dadurch lösen will, dass er 20 Prozent Biodiesel beimischt, setzt genau ein falsches Signal in diesem Bereich. Und genau durch diese Maßnahmen wird leider dieser Biogas-Blues verstärkt.

Auch Umweltminister Pröll beziehungsweise Wirtschaftsminister Bartenstein – der ja auch nicht da ist – sollten bei der Ökostrom-Gesetzgebung, die ja hoffentlich irgend­wann einmal doch geändert wird, mit bedenken, dass einfach Ressourcen nicht unendlich sind, auch Ressourcen im landwirtschaftlichen Bereich, nicht nur die fossilen, und dass ein großer Vorteil der erneuerbaren Energie ist, dass es vielfältigste Formen davon gibt, dass es nicht nur Biomasse gibt, dass es auch Windenergie gibt, dass es Photovoltaik gibt, dass es auch Geothermie gibt, und dass alle diese Formen der erneuerbaren Energie gefördert werden müssen. Es wäre wichtig, das bei der nächsten Ökostromgesetz-Novelle, die hoffentlich irgendwann einmal kommt – aber das wird Kollege Breiner näher erläutern –, unbedingt und dringend zu berücksichtigen.

Ich möchte nur vier Zahlen dazu nennen: Im Jahre 2006 betrug das Fördervolumen für Biomasse gesamt in Österreich 121 Millionen €, im Jahre 2007 – das ist Prognose – 209 Millionen €. Das heißt, die Förderung für diesen Bereich hat sich fast verdoppelt. Dagegen sind die Förderungen für die sonstigen Ökostromanlagen, ohne Kleinwas­serkraft, von 88 Millionen € auf 77 Millionen € zurückgegangen. Das heißt, es war diese Ökostromgesetz-Novelle, wie wir damals schon befürchtet haben, leider wirklich ein Todesstoß für den Ausbau von Windenergie und Photovoltaik. Und leider hat man in erster Linie auf Biogas gesetzt, was sich jetzt rächt.

Es wäre ganz dringend notwendig, das Ökostromgesetz zu reformieren, und zwar in Richtung Erneuerbare-Energien-Gesetz, wie es in Deutschland läuft, und wie es nicht nur in Deutschland gut läuft, sondern inzwischen, wie ich glaube, in fast 50 Ländern –


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 186

zuletzt hat auch China dieses Gesetz abgeschrieben! –, und dass eben alle Bereiche der erneuerbaren Energie zu nutzen sind.

Was auch wichtig wäre, wären mehr Investitionen im Bereich Forschung. Ich finde es sehr interessant, dass wir ja im Vorjahr die Diskussion hatten und dann auch diesen Klimafonds eingeführt haben und dass jetzt erst vor Kurzem die Diskussion war, ob denn dieser Klimafonds ein 10 000-Dächer-Photovoltaik-Projekt fördern soll. Ich denke, ein 10 000-Dächer-Photovoltaik-Projekt fällt nicht unter Forschung. Das müsste eigent­lich in der ganz normalen Ökostromförderung, im Ökostromgesetz mit berücksichtigt sein, und es müsste im Prinzip mit einem vernünftigen Ökostromgesetz jährlich statt­finden können.

Zu den anderen Themen, die wir heute noch ansprechen: die Pendlerpauschale. Der Erhöhung der Pendlerpauschale stimmen wir zu. Ich möchte aber schon auch darauf hinweisen, dass eine Erhöhung der Pendlerpauschale das Problem der Pendlerinnen und Pendler nicht löst.

Zumindest in Niederösterreich ist es so, dass eines der größten Probleme dieser Pendlerinnen und Pendler ist, dass es sehr wenig Angebot im öffentlichen Nahverkehr gibt, dass sie auf das Auto angewiesen sind. Und leider, leider – ich hätte gehofft, dass sich, wenn jetzt mit der neuen Regierung ein roter Verkehrsminister kommt, daran etwas ändert, aber das tut es leider nicht – geht es nach wie vor in Niederösterreich zumindest so, dass auf der Bahn neue Strecken nicht gebaut werden; stattdessen werden Fahrpläne ausgehungert, und stattdessen werden leider Bahnen nach wie vor geschlossen oder sind zumindest von der Schließung betroffen. Und ich gebe die Hoffnung noch immer nicht ganz auf, dass sich das unter einem roten Verkehrsminister ändert. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Bader: Was im Tullnerfeld gemacht wird, hast du verschlafen!) – Ich habe nichts verschlafen, aber das wird schon so lange gebaut, und ich warte einmal darauf, dass es fertig ist! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Ich kann dir nur sagen, wenn du das noch genauer aufknüpfen willst: Wir haben in Korneuburg beziehungsweise Korneuburg bis Ernstbrunn ein Super-Projekt, die neue Landesbahn, die jetzt schön langsam wieder in Betrieb genommen wurde, die sehr geeignet wäre für den Güterverkehr, wo sich Betriebe anstellen würden für den Güterverkehr, aber es wird die Schiene nicht hergerichtet, und letztendlich schaut es so aus, als würde dieses Projekt wieder einschlafen und man die Schiene irgendwann einmal abbauen, obwohl sie benutzt werden würde. Das gibt es nach wie vor!

Ich brauche auch nur an die Thayatalbahn zu denken, wo es seit Jahren immer wieder Probleme gibt. Sie ist vielleicht nicht von der Schließung direkt so betroffen, aber aus­hungern tut man in sehr vielen Bereichen gerade bei der Bahn.

Letzter Punkt: die Normverbrauchsabgabe. Auch hier wäre es prinzipiell schön und gut, wenn es wirklich eine Ökologisierung der Normverbrauchsabgabe wäre, was wir hier beschließen. Die Grenzen, die wir aber hier einziehen, sind alles andere als eine Öko­logisierung. Wenn wir erst damit anfangen, Strafen oder höhere Normverbrauchs­abgabe bei 160 Gramm CO2 pro Kilometer zu verrechnen, dann muss man schon dazusagen: Derzeit ist der Fuhrparkdurchschnitt in Österreich bei neuen Kraftfahr­zeugen bei 163 Gramm. Das ist jetzt nicht unbedingt die Grenze, auf die man wirklich drängen kann. Die 160 Gramm sind jetzt nicht etwas, was unerreichbar ist und wo man dann fördern muss.

Ein weiteres Problem bei dieser Normverbrauchsabgabe ist, dass der bereits beste­hende Deckel – nach oben nämlich – erhalten bleibt. Und im Übrigen wäre es sicher auch angebracht, dass man bei der Mineralölsteuer ansetzt, denn inzwischen ist es ja so, dass wir seit einigen Jahren vom Tanktourismus reden, dass wir davon reden, dass


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 187

30 Prozent des Verkehrs-CO2 durch den Tanktourismus entstehen. Nur: Aus diesem Tanktourismus haben wir auch sehr viele Einnahmen, und diese sollten wir auch gut investieren. Sie sind jetzt zwar nicht der Finanzminister und auch nicht der Staats­sekretär, aber ich denke, da wäre einiges zu machen, und dann könnten wir vielleicht doch unser Kyoto-Ziel erreichen. (Beifall bei den Grünen.)

21.17


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Molzbichler. – Bitte.

 


21.17.58

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute von zwei umweltrelevanten Novellierungen, und zwar über das Ökologisierungsgesetz und über die Ökostrom­gesetz-Novelle. Das Ökologisierungsgesetz soll zur Reduktion von Abgasemissionen im Verkehr und vor allem des Schwefelgehaltes im Heizöl beitragen. Dabei geht es zum einen um die Einführung eines Bonus-Malus-Systems bei der Normverbrauchs­abgabe und zum anderen um den 3-Cent-Anstieg der Mineralölsteuer für schwefel­reiches Heizöl.

Was bedeutet nun die Änderung der Normverbrauchsabgabe konkret? – Ab 1. Juli 2008 erhalten all jene Kraftfahrzeuge eine Reduktion der Steuerschuld, den sogenann­ten Bonus, die weniger als 120 Gramm CO2 pro Kilometer absondern, also maximal 300 €. Im Gegenzug dazu werden Kraftfahrzeuge, die mehr als 180 Gramm CO2 pro Kilometer absondern, ab dem 1. Juli 2008 an Steuern mehr bezahlen. Ab 1. Juni 2010 soll die Grenze von 180 Gramm auf 160 Gramm gesenkt werden. Des Weiteren erhalten Kraftfahrzeuge mit niedrigeren Stickoxidwerten einen Bonus von bis zu 200 € und beispielsweise Hybridfahrzeuge einen Bonus von bis zu 500 €. Und dieser Bonus soll bis 1. September 2012 gewährt werden. Das heißt, umweltfreundlichere Kraft­fahrzeuge sollen belohnt und umweltschädliche belastet werden.

Meine Damen und Herren, es freut mich sehr, dass sich die Sozialdemokratie wieder bei dem Pendlerzuschlag durchsetzen konnte, und somit können Personen, denen der Pendlerzuschlag zusteht, beispielsweise maximal 130 € zusätzlich zur Negativsteuer von 110 € lukrieren. Es wird damit gerechnet, dass um die 100 000 Personen von die­sem Pendlerzuschlag profitieren. Der Pendlerzuschlag macht im Jahr zirka 5 Millionen € aus.

Die Kritik, dass es keinerlei oder zumindest marginale Lenkungseffekte gibt, kann ich absolut verstehen. Darum kann diese Gesetzgebung nur der Beginn von weiteren umweltrelevanten Schritten sein, die dann schließlich tatsächlich zu einer nachhaltigen Verringerung des CO2-Ausstoßes beitragen.

Es geht nicht um die Frage, ob wir die Gesetzgebungen auf allen Ebenen umwelt­relevanter gestalten, sondern wann und in welchem Maße. Dass das Ausmaß in Zukunft intensiver sein muss, um sowohl die Kyoto-Ziele als auch die von der Euro­päischen Union selbst auferlegten umweltrelevanten Richtungspunkte für den Klima­schutz zu erreichen, steht dabei meiner Meinung nach außer Zweifel.

Ähnliches, meine Damen und Herren, gilt auch für die Veränderung bei den schwefelreichen Heizölen, die ab 1. Juli 2008 im Rahmen der Mineralölsteuer um 3 Cent pro Liter teurer werden sollen. Es wird mit Steuereinnahmen von zirka 10 Millionen € allein im Jahr 2008 gerechnet. Dieses Plus soll in Bundes-, Länder- und Gemeindeanteile aufgeschlüsselt werden. Inwieweit diese Mehreinnahmen auch in den kommenden Jahren zu verzeichnen sein werden, kann derzeit nicht beantwortet werden. Es gibt hierbei zu viele Variablen, die noch zu berücksichtigen sind.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 188

Sinnvoll ist es natürlich, die voraussichtlichen Mehreinnahmen für 2008 in den Bereich Klimaschutz zu investieren, außerdem die Umrüstung von Heizkesseln und erneuer­bare Energien in den Mittelpunkt der weiteren Arbeit zu stellen und im besonderen Maße auch zu fördern.

Das Bonus-Malus-System ist meiner Meinung nach ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung. Jedoch müssen wir in Zukunft verstärkt die Gesetzgebung in Öster­reich so gestalten, dass wir an der Spitze der klimafreundlichen Länder stehen – davon sind wir in den letzten Jahren leider wieder etwas abgekommen.

Meine Damen und Herren, kommen wir nun zum Ökostromgesetz, zur Ökostrom­gesetz-Novelle 2008! Die Novelle zum Ökostromgesetz umfasst unter anderem eine zusätzliche Förderung der Biomasse- und Biogas-Ökostromanlagen von 4 Cent pro Kilowattstunde. Es geht darum, solche Anlagen vor dem Aus zu bewahren. Insgesamt werden maximal 20 Millionen € für diesen Rohstoffzuschlag zur Verfügung stehen, wobei aus dem Jahr 2007 zirka 11 Millionen € im Topf liegen und damit gerechnet wird, dass auch 2008 nicht alle Mittel von Neueinlagen abgeholt werden.

Jährlich soll die Energie-Control GmbH über Ausmaß und Ursache der Stromver­brauchsentwicklung und über Möglichkeiten der Senkung des Stromverbrauches genaue und detaillierte Analysen abgeben. Dabei soll diese Analyse die Mengen sowie die Aufwendungen für elektrische Energie auf anerkannten Anlagen auf Basis von Son­ne, Erdwärme, Wind, Well- oder Gezeitenenergie, Biomasse et cetera beinhalten. Das ist ein wichtiges Anliegen der Sozialdemokratie, um den Stromverbrauch beeinflussen zu können und die Effizienz zu steigern.

Den Ökostromanteil in Österreich müssen wir verstärkt fördern, denn bei genauerem Hinsehen ist dies nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer und sozialer Perspektive sinnvoll. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen.)

Ökostrom, meine Damen und Herren, liebe Kollegen von den Grünen, fördert nicht nur den Klimaschutz, sondern steht auch für neue Arbeitsplätze, für eine Absicherung der Versorgung mit Strom. Abhängigkeiten aufgrund der Energieimporte können dadurch auch verringert werden.

Dass solche massiven Veränderungen nicht von heute auf morgen geschehen können, ist uns – wie ich denke – allen klar. Aber ein längerfristiger Plan wäre hier angebracht und meiner Meinung nach auch wünschenswert. Dabei müsste man auch im Rahmen der Europäischen Union stärker an einem Strang ziehen. Sind etwa fixe Einspeistarife wie etwa in Deutschland oder Spanien oder das Ausschreibungsmodell beispielsweise in Frankreich, Irland oder auch in Österreich sinnvoller? Welche Modelle tragen am schnellsten zum Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit bei? Oder: Wie gehen die Unternehmen in den jeweiligen Ländern damit um?, und vieles mehr.

Greenpeace, aber auch Expertinnen und Experten sehen eindeutig einen verstärkten Ökostromausbau vor allem bei Ländern mit fixen Einspeistarifen.

Meine Damen und Herren, wir stimmen den beiden vorliegenden Gesetzes­beschlüs­sen zu – und erwarten künftig weitere tiefgreifende Maßnahmen zur Bekämpfung der CO2-Emission und zur Förderung von Ökostrom, damit die Pläne der Europäischen Kommission, 20 Prozent des CO2-Ausstoßes bis zum Jahre 2020 zu reduzieren, auch erreicht werden. Laut Insiderkreisen wird Österreich seinen CO2-Ausstoß um 16 Pro­zent verringern müssen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

21.26


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 189

21.26.24

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich staune ja fast, dass die Sozialdemokratie derartig in Ökothemen investiert, wobei ich dann fast mit Bedauern feststellen muss, dass es eine Regierungspartei ist und das Ökostromgesetz, das wir ja dringendst einfordern, erst bestenfalls in einer zarten Debatte angekommen ist.

Nun aber zu der Novelle des Ökostromgesetzes: Es ist eine höchst notwendige Maß­nahme, die – man könnte es jetzt positiv formulieren – so plötzlich gesetzt werden musste, dass sie innerhalb weniger Tage zum Beschluss kam. Es ist notwendig geworden, weil die Produzenten von Ökostrom zunehmend in den Konkurs schlittern und man befürchten muss, dass im heurigen Jahr nur mehr ein Achtel der vorjährigen Menge auf diese Art und Weise produziert werden wird.

Nichtsdestotrotz fehlt eine Gesamtdebatte über das Ökostromgesetz, und eines unserer besonderen Anliegen darin ist die Photovoltaik. Wenn wir nach Deutschland schauen, so sehen wir, dass das jetzt zu einem Wirtschaftszweig wurde, von dem behauptet wird, dass 200 000 Arbeitsplätze darin entstanden sind. Bei uns ist dieses Projekt eingeschlafen.

Herr Kollege Molzbichler hat schon gesagt, das ist eine wirtschaftliche Frage, also nicht mehr nur eine ökologische. Können wir es uns überhaupt noch leisten, nicht in Öko­logie zu investieren, ein Ökostromgesetz zu haben, das einfach nicht den Bedürfnissen Österreichs entspricht, ein Ökostromgesetz, in dem es keine langfristigen Tarif­garantien – mindestens für 20 Jahre – gibt? Wie soll man da investieren, wenn man diese Sicherheiten nicht hat? Macht es Sinn, zu investieren? (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) – Ja!

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Bitte, Zwischenrufe nur vom eigenen Sitzplatz aus!

 


Bundesrat Franz Breiner (fortsetzend): Wir fordern daneben natürlich auch – und da sind wir uns ja einig! – angemessene Tarife, die indexangepasst werden, wir fordern eine generelle Abnahmepflicht für Ökostrom und – und das ist jetzt im Rahmen dieser Debatte wesentlich zu kurz gekommen! – festgelegte Energieeffizienzkriterien. Denn wir wissen ja gar nicht, ob die Betriebe, die wir jetzt so im Schnellen fördern, damit sie nicht zugrunde gehen, überhaupt diesen Kriterien entsprechen würden.

Ich fordere eine Debatte, die auch tatsächlich den Namen „Debatte“ verdient, denn es ist tatsächlich ein wichtiger Zweig, der hier abgehandelt werden muss.

Dem zweiten Teil, der heute hier verhandelt wird, dem Ökologisierungsgesetz, werden wir unsere Zustimmung verweigern. Wir glauben, dass diese Normverbrauchsabgaben viel zu gering angesetzt sind, um jetzt schon steuernd einzugreifen. Ich weiß, man kann natürlich sagen: Fangen wir einmal klein an; wir werden schon schärfer werden müssen, weil es ja auch nicht anders geht! – Ich denke mir aber: Wenn man jetzt erst bestenfalls beim Durchschnitt anfängt, wen würde das dazu bewegen, wesentlich andere Kfz zu kaufen? Diejenigen, die weit darüber sind und bestraft werden, die können sich das locker leisten, und jene, denen es jetzt ein bisschen wehtäte, die kommen diesmal ganz schön draus.

Wenn wir eine ordentliche Normverbrauchsabgabe einführen – die also auch Lenkung bewirken soll –, so soll auch die Anhebung des Basissteuersatzes überlegt werden, und der Steuersatz sollte generell progressiv gestaltet werden. Wenn wir hingegen so weitermachen wie jetzt, dann fördern wir wieder die, die viel fahren, und nicht die, die sparen. (Beifall bei den Grünen.)


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 190

Der Gedanke, der aber dahinter liegen muss, ist eine generelle Veränderung in der Verkehrspolitik. Wir müssen beginnen, ökologisch und sozial gerechte Förderungen einzuführen. Wir haben es hier mit zentralen verkehrspolitischen Versäumnissen zu tun, und wenn wir uns jetzt weiter mit diesen hohen Treibstoffpreisen beschäftigen und die Pendler über die Treibstoffpreise definieren, so werden wir all jene, die mit der Bahn fahren oder mit dem Bus einpendeln, immer bestrafen, wenn wir ihnen nicht die gleich hohe Pendlerpauschale zukommen lassen. Das heißt, auch hier in der Ver­kehrspolitik bedarf es eines wesentlichen Anreizes, umzusteigen, denn solange es noch irgendwie erträglich ist, wird das Auto genommen, um in die Arbeit zu kommen.

Zum Abschluss: Wesentlich, denke ich mir, ist eine zukünftig umweltpolitisch relevante Gesetzgebung, die tatsächlich Veränderungen im Bereich der Umwelt herbeiführt und die uns, wie auch mein Vorredner schon sagte, Kyoto näher bringt und uns nicht noch weiter davon entfernt. (Beifall bei den Grünen.)

21.33


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


21.33.36

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir dürfen heute bei dieser Debatte zumindest einen kleinen gemeinsamen Nenner finden, Herr Kollege Breiner: Mit der Ökologisierung der Normverbrauchsabgabe setzen wir einen Schritt in Richtung Bewältigung der großen Herausforderung der nächsten Jahre in Bezug auf den Klimaschutz. Ich gebe zu, es ist ein kleiner Schritt, aber wir fangen damit an.

Die Normverbrauchsabgabe war nämlich bisher auf den Treibstoffverbrauch, auf den CO2-Ausstoß abgestellt. Ab Juli gibt es dann bis 120 Gramm den vom Kollegen Molzbichler ja bereits perfekt beschriebenen Bonus von 300 €, und über 180 Gramm ist dann ein Zuschlag – oder wenn Sie so wollen: ein Malus – von 25 € pro Gramm vorgesehen. Dazwischen liegt die sogenannte neutrale Zone.

Herr Kollege Breiner, wenn wir jetzt diesen Grenzwert mit einer Übergangsfrist von 18 Monaten auf 160 Gramm herabsetzen, ist das nicht unbedingt eine Hofierung der Automobilindustrie, sondern einfach auch eine benötigte Vorlaufzeit, um entsprechen­de technische Veränderungen planen und umsetzen zu können. Diese Zeitspanne ist ohnehin knapp bemessen. Wir reden da nicht vom Auswechseln irgendeines kleinen Teiles bei einem Matchbox-Auto – wenn Sie wissen, worum es sich dabei handelt –, sondern um eine wirkliche technische Verbesserung und Innovation.

Ich gebe euch recht: Man kann darüber diskutieren, ob wir mit diesem Wert noch weiter nach unten gehen hätten können. Aber es braucht natürlich auch eine Balance zwischen der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Automobilindustrie, der Zuliefer­industrie, einen Ausgleich aus Sicht der Arbeitsplätze und der ökologischen Notwen­dig­keiten.

Kollege Breiner, ich bin aber doch der Auffassung, dass wir mit dieser Maßnahme, mit dem Bonus-Malus-System im Bereich der NoVA die Automobilindustrie in Zugzwang bringen, schadstoffärmere Fahrzeuge zu produzieren und rasch damit zu beginnen, denn die wollen ihre Fahrzeuge ja auch verkaufen. Und das ist der Schlüssel für die Ökologisierung im Bereich der Industrie: eben durch Technik und Innovation; denn das Potential, das umzusetzen, hat die Industrie schon längst, darüber dürfte Konsens bestehen.

Diese Maßnahme soll aber auch bei den Konsumenten eine Verhaltensänderung dahin gehend bewirken, vermehrt schadstoffarme oder schadstoffreduzierte Autos zu erwer­


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ben. Wie erwähnt ist das eine kleine steuernde Maßnahme für den Klimaschutz, im Vergleich zu den globalen Geschehnissen nicht wirklich ein großer Faktor.

Die Kommission hat ja vor wenigen Wochen, wie wir alle wissen, einen Vorschlag vor­gelegt, der schwer erreichbar sein wird, aber im Grunde von uns akzeptiert wird. Europa ist hier beispielgebend, allerdings bringt ein sauberes Europa, wenn es um uns herum viele „CO2-Schädlinge“ gibt und damit von diesen auch ganz massive Wettbe­werbsvorteile erzielt werden, für uns schon auch eine Problematik mit sich. Ich nenne hier die Chinesen, die Inder, die Amerikaner, denen die CO2-Problematik bisher völlig egal ist.

Wir müssen – und da sind wir uns alle einig – auch ganz massiv auf unsere Wett­bewerbsfähigkeit, Standortqualität und natürlich unsere Arbeitsplätze in der Industrie achten, insbesondere in der Stahlindustrie. Wir haben ein großartiges Unternehmen in Österreich, und hier gilt es auch massiv auf die Arbeitsplätze zu achten. Da muss die EU zu einem tragbaren Konsens in der neuen Klimapolitik finden, der es uns ermög­licht, die Stahlindustrie in Europa und insbesondere auch in Österreich zu halten, weil hier Stahl unter weit besseren Bedingungen für die Umwelt erzeugt wird als zum Beispiel in Fernost.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! So sehr wir also gefordert sind, etwas für den Klimaschutz zu tun, darf man trotz allen globalen Denkens das Wesentliche für Öster­reich nicht aus den Augen verlieren.

Abschließend möchte ich als ArbeitnehmerInnenvertreter festhalten, dass ich sehr für die Anhebung des Höchstbetrages der Pendlerpauschale von derzeit 200 € auf 240 € bin. Zudem wird die Deckelung der Werbungskosten von 10 Prozent auf 15 Prozent angehoben. Davon profitieren natürlich einkommensschwache ArbeitnehmerInnen, vor­wiegend Frauen – denn Teilzeitarbeit ist vorwiegend Frauenarbeit –, die ohne ihr Fahrzeug eben schlecht oder kaum zur Arbeit gelangen können.

Da bin ich übrigens nicht ganz deiner Meinung, Herr Kollege Breiner: Ich weiß schon, man könnte hier mehr tun, aber wenn jemand Teilzeit arbeitet und unter Umständen fünf Stunden arbeitet und drei Stunden mit dem Zug zur Arbeit und zurück fahren muss, dann ist das unverhältnismäßig. Deshalb muss man hier abwägen, bevor man einfach mit dem Kamm darüber schert.

Ich denke auch, dass die Befristung dieser Maßnahme bis 2009 sinnvoll ist, weil damit auch gewährleistet werden soll, dass in der Steuerreform 2010 unter Umständen eine neue, bessere, effizientere Lösung gefunden werden kann. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.38


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Lopatka das Wort.

 


21.38.46

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Reinhold Lopatka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es relativ kurz machen:

Die Novelle zum Ökostromgesetz ist natürlich als Hilfsaktion zu sehen, und die große Debatte wird dann zu führen sein, wenn auch die große Novelle kommt, nämlich die Ökostromgesetz-Novelle, die ja noch vor dem Sommer beschlossen werden soll. Hier hat die Regierung schon ein Instrument in der Hand, das dann tatsächlich den großen Schritt nach vorne bringt, denn 500 Millionen € sind ja nicht irgendein Betrag, sondern ein entsprechend hoher Betrag, um in diesem Bereich, in dem Österreich eine große Tradition hat – gerade im ländlichen Bereich, wenn es um Biogas- und Biomasse­erzeugung geht –, dann wieder einen wesentlichen Schritt nach vorne zu setzen.


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Wir sparen zurzeit 3 Millionen Tonnen CO2 ein. Das Ziel ist es, bis zum Jahr 2015 auf immerhin 6 Millionen Tonnen CO2 zu kommen. Und auch, was den Ökostromanteil betrifft, hat die Regierung hier ein sehr, sehr ehrgeiziges Ziel, nämlich ausgehend von 8 Prozent beinahe eine Verdoppelung auf 15 Prozent zu erreichen.

Wie gesagt, das, was aber heute zur Beschlussfassung vorliegt, war eine notwendige Hilfsaktion für die Biogas- und Biomasseanlagen, eben in dieser Größenordnung von 20 Millionen €, die als Sonderunterstützung zur Verfügung gestellt werden. Ich be­danke mich schon jetzt dafür, wenn es hier zu einer Zustimmung kommt.

Was das Ökologisierungsgesetz betrifft, ist ja von den Debattenrednern in der Sache ohnehin schon sehr viel gesagt worden. Wir haben auch schon in den letzten Jahren eine Reihe von Schritten zur Ökologisierung des Abgabensystems gesetzt. Hier folgt nun ein weiterer wichtiger Schritt. Hinsichtlich der Anreizsysteme kann man natürlich dis­kutieren, ob sie ausreichend sind, aber die Geldbeträge, die zur Verfügung gestellt werden, sind schon solche, die vom Einzelnen dann auch bemerkt werden. Wenn man bei alternativen Antriebsarten immerhin einen Bonus von bis zu 500 € lukrieren kann und im anderen Bereich, wie schon gesagt worden ist, ein Bonus von bis zu 300 € möglich ist, dann sind das spürbare Geldbeträge.

Es ist auch wichtig, dass diese Ökologisierung in die verschiedensten Bereiche hinein­geht, dass es etwa auch beim Mineralölsteuergesetz zu den entsprechenden Anreizen kommt, damit eben dann umweltfreundliche und als schwefelarm gekennzeichnete Gase, Öle und Heizstoffe zum Einsatz kommen.

Es geht also hier, zusammenfassend – und ich darf meine Ausführungen damit schließen –, um klare Signale, um Impulse auch an die Forschung und Entwicklung in Österreich und natürlich auch um eine Steuerung des Konsumverhaltens in Richtung Ökologisierung, also „Steuern durch Steuern“. Ein Schritt wird damit gesetzt. Dass weitere folgen müssen, darüber sind wir uns alle einig. (Beifall bei der ÖVP.)

21.42


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir kommen somit zur Abstimmung, die getrennt erfolgt.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Ökologisierungsgesetz 2007.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 30. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz (Öko­stromgesetz-Novelle 2008) und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden.

Da dieser Beschluss zustimmungspflichtige Verfassungsbestimmungen enthält, bedarf er nach Artikel 44 Abs. 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abge­gebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.


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Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das ist die Stim­meneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Ich lasse weiters über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit unter Berücksich­tigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

21.44.0015. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 31. Jänner 2008 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamentarischer Mitarbeiter (Parlamentsmitarbeitergesetz) geändert wird (489/A und 445 d.B. sowie 7893/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schöls. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


21.44.19

Berichterstatter Alfred Schöls: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 31. Jänner 2008 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung parlamen­tarischer Mitarbeiter (Parlamentsmitarbeitergesetz) geändert wird.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Ich berichte daher, dass der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus nach Bera­tung der Vorlage am 12. Februar 2008 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Professor Konecny. – Bitte.

 


21.45.00

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Man kann gar nicht so alt werden, dass man nicht noch etwas Neues erlebt. In diesem Fall – das Parteiabzeichen habe ich schon abmontiert – haben wir in der Prä­sidialkonferenz vereinbart, dass es ja wohl genügt, jene wenigen naheliegenden Sätze hier im Plenum aus diesem Anlass auszusprechen, die wir sonst auch dreifach oder mehrfach (auf die nicht mehr besetzten Plätze der Bundesräte ohne Fraktions­zugehörigkeit weisend) – nein, dort ist niemand mehr da – aufsagen könnten.

Zur Novelle ist nichts zu sagen – sie ist eine vernünftige und berechtigte Maßnahme –, aber zum Grundsatz ist etwas zu sagen:

Wenn der Bundesrat – wir haben das heute früh unter nicht gerade optimalen Begleit­umständen wieder einmal erlebt – eine Diskussion über seine Bedeutung, seine Rechte, seine Möglichkeiten und mögliche Reformansätze über sich ergehen lassen muss, dann ist es gut und richtig, wenn wir bei diesem Tagesordnungspunkt auch daran erinnern, dass Bundesräte nicht weniger politische Arbeit leisten als National­ratsabgeordnete, dass sie nicht weniger in persönlichem Kontakt mit Wählerinnen und Wählern, mit Bürgerinnen und Bürgern stehen und dass sie sich nicht weniger intensiv


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mit den Vorlagen, die sie letztlich zu beschließen oder abzulehnen haben, auseinan­der­setzen müssen.

Aus guten Gründen hat es eine Regelung gegeben, die Nationalratsabgeordneten die Möglichkeit einräumt – in einem definierten Umfang –, Mitarbeiter heranzuziehen, was auch deshalb bedeutungsvoll ist, weil es dazu beiträgt, das Ungleichgewicht zwischen solchen Politikern, die in ihrem Privatberuf, in ihrer Partei, in ihrer Einrichtung, ihrer Kammer, oder was immer es ist, über einen doch ganz gut entwickelten Apparat ver­fügen, und jenen, die einen Zivilberuf ohne diese Möglichkeiten ausüben, zu be­seitigen.

Das gilt für den Bundesrat in gleicher Weise – alles, nämlich die Tatsache, dass wir dieselben Aufgaben erfüllen, dass wir Unterstützung brauchen könnten und dass manche von uns mehr Möglichkeiten haben, sich zuarbeiten zu lassen als andere.

Es ist daher eine naheliegende Überlegung, auch den Bundesräten eine solche Mög­lichkeit zu eröffnen.

Nun weiß ich natürlich auch – und wir alle wissen das –, dass Forderungen von Politi­kern für sich selbst – es kostet Geld und kommt uns, wenn auch mittelbar dem Bürger, zugute, weil es die Qualität unserer Arbeit verbessert – immer zur Unzeit vorge­schlagen werden. Trotzdem glaube ich, dass wir in guter Zeit überlegen sollten, unse­ren ganzen Mut zusammennehmen sollten und dafür eine Initiative starten sollten. (Allgemeiner Beifall.) – Danke.

Ich lade alle drei Fraktionen und die Fraktionslosen ein – sie lesen ja das Protokoll, hoffe ich (Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg: Wir schreiben es ihnen!); wir schreiben es ihnen, ja –, mit ihren Nationalratsfraktionen diesbezüglich in Gespräche einzutreten und bei einer guten Gelegenheit die Möglichkeit zu nützen, dem Bundesrat auch auf dieser Ebene Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. (Allgemeiner Beifall.)

21.48


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? (Bundesrat Schöls: Nicht!) – Danke.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

21.49.0116. Punkt

Wahl eines vom Bundesrat zu entsendenden Mitgliedes und eines Ersatz­mit­gliedes des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates iSd § 9 F-VG 1948

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Aufgrund des Ausscheidens eines von der SPÖ-Fraktion nominierten Wiener Mitglie­des und eines Ersatzmitgliedes sind ein anderes Mitglied und ein Ersatzmitglied für eine entsprechende Wahl vorzuschlagen.


BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 195

Nach der Geschäftsordnung dieses Ausschusses sind die Mitglieder und Ersatzmit­glieder vom Bundesrat direkt zu wählen, wobei sowohl bei den Mitgliedern als auch bei den Ersatzmitgliedern jedes Bundesland vertreten sein muss.

Ein entsprechender Wahlvorschlag der SPÖ-Fraktion liegt vor. Dieser lautet hinsicht­lich des Mitgliedes auf Josef Kalina und hinsichtlich des Ersatzmitgliedes auf Wolf­gang Beer.

Ich werde die Abstimmung unter einem vornehmen, sofern sich kein Einwand er­hebt. – Das ist nicht der Fall.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Das Mitglied und Ersatzmitglied sind somit vorschlagsgemäß gewählt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

21.50.21Einlauf

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten bezie­hungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt sechs Anfragen, 2591/J bis 2596/J eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sit­zungstermin wird Freitag, 28. März 2008, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Mittwoch, 26. März 2008, ab 13 Uhr vorgesehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.50.47Schluss der Sitzung: 21.51 Uhr

 

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