Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 106

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17.57

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich habe heute die Debatte sehr genau und eingehend verfolgt, und über weite Strecken dieser Diskussion habe ich eigentlich den Eindruck vermittelt bekommen, daß wir alle ohnehin im Grunde dasselbe wollen. Fast alle Redebeiträge hörten sich so an, als könnte am Ende dieses Tagesordnungspunktes ein einstimmiger Beschluß gefaßt werden. Leider wird dem nicht so sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Tierschutz-Volksbegehren hat gezeigt, wie sensibel dieses Thema von einer breiten Bevölkerungsschicht beurteilt wird. 460 000 Unterschriften sind nicht einfach vom Tisch zu wischen. Zu Recht wird darauf hingewiesen, daß der jetzige Zustand untragbar ist. Es versteht kein Mensch, daß innerhalb eines Staates derart unterschiedliche Schutzstandards möglich sind. Unzählige Beispiele sind heute in der Diskussion bereits angeführt worden. Das kann es doch einfach nicht sein. Ich will Sie damit verschonen, weitere Beispiele aufzuzeigen, aber eines ist klar: Das kann nicht der Weisheit letzter Schluß sein.

Von den Kollegen von der ÖVP wurde heute des öfteren von einem Wettbewerbsnachteil gesprochen. Ich sage Ihnen, in Wirklichkeit ist genau das Gegenteil der Fall: Gerade durch die unterschiedlichen Behandlungen in den einzelnen Bundesländern gibt es Wettbewerbsnachteile. Und wenn Kollege Großruck damit argumentiert, daß wir solch ein umfassendes Tierschutzgesetz nur im Einklang mit der Europäischen Union durchsetzen und einführen sollten, dann darf ich Ihnen sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß das in Wirklichkeit ein Hinausschieben des Problems ist. Wir müssen zuerst – das sage ich ganz deutlich – bei uns aufräumen und dürfen nicht immer darauf warten, daß es andere für uns tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Tiertransportgesetz ist ebenfalls heute schon angesprochen worden. Ich muß sagen: Damit ist uns wirklich ein guter Kompromiß gelungen. Damit sind wir Vorreiter in ganz Europa.

Ich würde mir aber wünschen, daß bei der Vollziehung dieses Transportgesetzes die Länder ein bisserl konstruktiver mitarbeiten. Ich weiß schon, es gibt keine Probleme in Oberösterreich, in Salzburg und in Kärnten, aber von den anderen Bundesländern höre ich zumindest, daß es überhaupt nicht funktioniert. Und das gehört geändert, das gehört abgestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch zwei Bemerkungen zu den europäischen Lebendtiertransporten. Wer vergangene Woche die Medienberichte verfolgt hat, der war Zeuge dieser abscheulichen Praktiken, die mit horrenden Summen, noch dazu aus EU-Töpfen, subventioniert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Geld bekommt nicht der Bauer, sondern hier cashen ausschließlich die Viehhändler und die Transportlobbies ab. Das ist ein unhaltbarer Zustand, der, wie ich meine, umgehend abgeschafft gehört!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz ist unabdingbar notwendig. Wir stehen dazu. 15a-Verträge sind kein taugliches Instrument, um einen umfassenden Tierschutz zu gewährleisten. Natürlich muß in erster Linie das Gespräch mit den Hauptbetroffenen gesucht werden. Und gerade im Bereich der Landwirtschaft muß es doch möglich sein, die Knackpunkte herauszuarbeiten, herauszufiltern, um festzustellen, was uns trennt oder wo die Befürchtungen liegen.

Ich sage ganz deutlich: Ohne Mitwirkung der Betroffenen wird es nicht gehen. Es bringt überhaupt nichts, wenn etwas ohne Bewußtseinsbildung angeschafft wird. Das funktioniert nicht. Aber ich meine, daß wir zumindest die Chance nicht vergeben sollten, es zu versuchen. Vielleicht gelingt in den nächsten Wochen oder Monaten doch noch ein Kompromiß.


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