Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 83

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Abgeordneter Hofmann hat vorhin gesagt, ein Veto gegen den Beitritt haben die Leute, die das Volksbegehren unterzeichnet haben, nicht gemeint. Diese Meinung vertrete ich auch, aber in der Realität sieht das anders aus, wenn man sich ansieht, was die Freiheitlichen in den letzten Wochen wieder gemacht haben. Ich darf hier nur die freiheitliche Parteichefin und Vizekanzlerin Riess-Passer zitieren, die sinngemäß gesagt hat: Wenn Tschechien Mitglied der EU werden und dafür die Zustimmung Österreichs bekommen will, muss Špidla in beiden Fragen, also Temelín und Beneš-Dekrete, eine entsprechende Haltung einnehmen, sonst wird ein Beitritt nicht möglich sein. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sagen mit diesem Applaus wieder: Veto, Veto, Veto! Das ist Ihre Äußerung. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Um Ihnen jetzt zumindest die Gelegenheit zu geben, dass Sie endlich einmal klären können ... (Abg. Ing. Fallent: Die Schließung des Kraftwerkes Temelín!)  – Die Schließung ist natürlich das Ziel, aber das werden Sie nicht erreichen, wenn Tschechien der EU nicht beitritt.

Kollege Schweitzer hat im Ausschuss – habe ich mir von meinen Kolleginnen berichten lassen – immer wieder das Argument der Strommarktliberalisierung gebracht, dass das Kraftwerk dann wirtschaftlich nicht wirklich rentabel sein wird. Aber diese Strommarktliberalisierung im europäischen Raum gibt es nur bei einem Beitritt, Herr Kollege Schweitzer! Warum also wehren Sie sich ständig dagegen? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Jawohl, Frau Oberlehrer!)

Um Ihnen also heute noch die Gelegenheit zu geben, Ihr Bekenntnis zu einer raschen Erweiterung dieser Union ohne Verzögerungen, ohne Veto-Drohungen gemeinsam mit allen Parteien, auch mit uns – das wäre doch etwas, auch einmal bei uns mitzumachen –, abzugeben, bringe ich folgenden Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Eva Glawischnig, Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein klares Bekenntnis der österreichischen Bundesregierung zur raschen Erweiterung der Europäischen Union, ohne Verzögerungen und Veto-Drohungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, konsequent für die rasche Erweiterung der Europäischen Union einzutreten, was unter anderem die folgenden Maßnahmen umfassen soll:

die weiteren Verhandlungen bezüglich des AKW Temelín werden nicht mit dem EU-Beitritt Tschechiens verknüpft. Mit der neuen Regierung in Prag wird der Dialog gesucht. Bei den Verhandlungen soll Österreich auch die Modernisierung und Ökologisierung der Energiewirtschaft unterstützen, wodurch die österreichische Wirtschaft profitieren könnte;

der Umgang mit den umstrittenen Beneš-Dekreten wird nicht mit dem EU-Beitritt Tschechiens verknüpft.

*****

Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Wenn Sie dem nicht zustimmen können, dann frage ich mich wirklich, wo Ihre Bereitschaft, die in der Regierungserklärung steht, nämlich im Interesse Österreichs rasch für eine Erweiterung der Europäischen Union zu sorgen, ist, und dann befürchte ich, dass es trotz des heutigen Konsenses, was die Frage der deklarierten Anti-Atompolitik betrifft, diesen Konsens im weiteren Sinn leider immer noch nicht gibt. (Beifall bei den Grünen.)

12.52


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