Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 264

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Herr Bundesminister! Ich bin sehr, sehr beunruhigt, wenn ich nur daran denke, dass von einem alten in ein neues Haus gewechselt wird. Jeder, der die Justizanstalt Wien-Josefstadt kennt, weiß, dass wir mit heutigem Tag einen Gefangenenstand von 1 042 bei 408 Wachebeamten und einer Belastungsfähigkeit von 990 haben. Wenn Jugendliche in die Josefstadt kommen, wird diese auf 960 heruntersystemisiert, und wenn ungefähr 100 Jugendliche in die Josefstadt kommen sollen, dann überlasse ich es Ihrer geschätzten Phantasie, sich vorzustellen, wie ein geordneter Dienstbetrieb und vor allem ein Jugendstrafvollzug organisiert werden sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der Letzte, der sagt: Rechnen wir einander innerhalb der Justiz gegenseitig etwas auf! Aber wenn man 2 Milliarden Schilling mehr an Mieten für die neue Einmietung des Handelsgerichts ausgeben kann, dann müsste man, glaube ich, einige Millionen auch für den Strafvollzug zur Verfügung stellen. Herr Minister! Und wenn man von sechs Spazierhöfen jetzt zwei für die Jugendlichen umbauen muss und es nicht einmal einen Euro dafür gibt und die Kollegen das in Eigenregie machen müssen und dafür kein Geld da ist, dann muss ich sagen: So stelle ich mir einen modernen Jugendstrafvollzug wirklich nicht vor! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich bin sehr froh, dass wir vom Justizausschuss uns auch auf Initiative der Vorsitzenden im September gemeinsam die Anstalten anschauen werden. Ich freue mich schon darauf! Herr Minister! Jeder, der die Josefstadt kennt, weiß, dass dort, wo Sie die Jugendlichen unterbringen wollen, genau daneben die zentrale Aufnahme für alle U-Häftlinge und Strafhaftgefangenen ist. Dort geht alles vorbei, vom Essen über die Bibliothek bis zum ärztlichen Dienst, zur Besucherzone und zur Bewegung im Freien. Herr Minister! Sie haben uns das letzte Mal gemeinsam mit dem Sektionschef gesagt, dass die Jugendlichen nie in Berührung mit den Erwachsenen kommen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder, der die Justizanstalt Josefstadt kennt, weiß, wie schwer es die Kolleginnen und Kollegen in der Josefstadt jetzt schon haben und wie problematisch und schwierig es werden wird, wenn dann auch noch die Jugendlichen in der Justizanstalt Josefstadt sein werden.

Herr Minister! Ich glaube, es wäre wirklich im Interesse aller Beschäftigten in der Josefstadt, aber auch im Interesse der Insassen, vor allem auch der Jugendlichen, wenn man diesbezüglich im Interesse der Menschen andere Überlegungen treffen könnte. (Beifall bei der SPÖ.)

23.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

23.12

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn Abgeordnete Bures heute im Zuge dieser Debatte von "Bettdeckenbespitzelung" oder "Schnüffeln" spricht, also einen Ausdruck aus dem Tierreich verwendet, oder Abgeordnete Stoisits mehrmals von Töten spricht beziehungsweise sagt, dass der § 209 tot ist, dann muss ich sagen, dass dieses Haus einen solchen Stil und eine solche Wortwahl nicht verdient. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Bei welchen Tieren gibt es Bettdecken?) Das Wort "Schnüffeln" ist hier heute gefallen, ich habe es mir aufgeschrieben!

Wir beschließen heute Änderungen im Strafrecht, die einen stärkeren Schutz der Jugend vor sexuellem Missbrauch bringen werden. Der Verfassungsgerichtshof hat den § 209 als verfassungswidrig eingestuft und dem Nationalrat eine Frist für eine Aufhebung beziehungsweise Nachfolgeregelung bis zum 28. Feber 2003 gegeben. Im Sinne der Rechtssicherheit war es notwendig, rasch zu handeln. Dem Auftrag des Verfassungsgerichtshofes sind wir nachgekommen und werden diesen Paragraphen aufheben. Der neue § 207b unterscheidet nicht mehr zwischen Homo- und Heterosexuellen und nicht mehr zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht. Damit wird jede Diskriminierung ausgeschaltet.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite