Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 130

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nach oben, das heißt, zu einem so genannten Rückenfleck. An einen solchen hat mich der heutige Dringliche Antrag erinnert, für den ich aber schlussendlich nochmals danke, weil er uns die Gelegenheit gegeben hat, hier über Wissenschaftspolitik zu reden.

Zum Abschluss noch ein Zitat, das an das Geburtstagskind gerichtet ist: Frau Bundesminister! Der durchaus kritische Journalist Gerfried Sperl schreibt im "Standard":

Es wird noch "ein weiter Weg zu international vergleichbaren Verhältnissen. Aber die Richtung stimmt. ... die Abschaffung pragmatisierter Professoren ist ebenso richtig wie die Verknüpfung von Assistenten-Karrieren mit klar definierten Leistungsausweisen. Dass Gehrer hier nicht locker lässt, rundet sie politisch in die Glaubwürdigkeit zurück." – Soweit Herr Sperl. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

17.03

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Zunächst alles Gute zu Ihrem Geburtstag – dies aber auch in Verbindung mit dem Wunsch, vielleicht doch ein wenig aus der heutigen Debatte auch aus dem Mund von Oppositionsabgeordneten mitzunehmen. Von mir dazu auch noch ein paar Wünsche und Anmerkungen.

Abgeordneter Mitterlehner hat die aus seiner Sicht bestehende Notwendigkeit einer stärkeren Wirtschaftsorientierung der Universitäten angesprochen, und er hat vom "Return on Investment" im Hinblick auf das Humankapital gesprochen.

Ich lasse jetzt einmal die Frage außer Acht, ob man/frau sich nicht prinzipiell an dieser Diktion stößt (Abg. Dr. Brinek: Der Herr Cap hat sich auch nicht daran gestoßen! Lesen Sie den Antrag!)  – ja, ich lasse das außer Acht! –, und gebe eines zu bedenken: Wenn Sie die Geschichte der Wissenschaften und der großen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Fortschritte der Menschheit Revue passieren lassen, dann werden Sie feststellen, dass diese Fortschritte sehr oft von Menschen, von Pionierinnen und Pionieren kamen, die in dem Bereich, in dem sie einen Meilenstein bewirkt haben, nicht explizit ausgewiesen waren, die aber eine sehr große, eine sehr breite Ausbildung in genereller Hinsicht hatten und die ein enormes kritisches Potential und vielleicht auch einen gewissen Widerstandsgeist in ihrer Auseinandersetzung mit herrschenden Strömungen aufwiesen. Das wäre, glaube ich, eine wesentliche Aufgabe, und auch das kann man/frau lernen, beziehungsweise es kann gefördert werden. (Beifall bei den Grünen.)

Ein zweiter Punkt: Auch wenn es um die Frage der Effizienz geht, bitte ich Sie einfach, sich Entwicklungen, von denen wir wissen, die wir kennen, zu vergegenwärtigen. Der Staat ist nicht die Summe der Einzelwirtschaften, der Staat hat volkswirtschaftliche Zielsetzungen. Gerade in letzter Zeit aber stelle ich mir manchmal die Frage, ob wir diese volkswirtschaftlichen Aufgaben nicht auch in der Forschung und in der Wissenschaft vergessen haben, weil der Staat sich hier nicht artikuliert hat. Wie viele Schäden, mitgetragen durch Erkenntnisse einer allzu wirtschaftsorientierten Wissenschaft, sind bereits verursacht worden? Denken Sie an die Atomenergie! Denken Sie an die bereits eingetretenen Megaflops der Gentechnik, die nicht so messbar sind wie die Folgen von Tschernobyl, die aber da sind! Denken Sie nicht zuletzt an die Irrtümer im Bereich der Landwirtschaftswissenschaft! Denken Sie an BSE und all die Krisen, vor denen wir jetzt fassungslos stehen und die öffentliche Mittel in einem absurden Ausmaß verschlingen!

All das, all diese Erkenntnisse waren getragen von einer Wissenschaft, waren versehen mit dem Segen einer Wissenschaft, die schon allzu sehr im Windschatten der Wirtschaft, bestimmter Wirtschaftslobbys gesegelt ist. Hätte es vom Staat einen deutlicheren, einen klaren volkswirtschaftlichen Auftrag in Richtung einer Gegenforschung gegeben, dann hätten wir uns vielleicht manche dieser bösen Überraschungen und großen Schäden ersparen können. Gegenforschung, das heißt, auch das als Forschung anzuregen, zu stimulieren, was sich nicht rechnet, was vielleicht nicht im Interesse einer großen Lobby ist oder dieser sogar lästig ist. Aber da hat der Staat ausgelassen, und das haben wir immer kritisiert. (Beifall bei den Grünen.)


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