Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 122

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Vor kurzem hat sich der tschechische Staatspräsident Václav Havel in Österreich aufgehalten und hat diese Beneš-Dekrete erneut – und es ist ja sein Verdienst, dass er der erste tschechische Politiker war, der diese Beneš-Dekrete verurteilt hat – moralisch verurteilt, er hat aber gleichzeitig klargemacht, dass er keine politische Möglichkeit für die Aufhebung dieser Dekrete sieht, weil sie konstitutiv, wie er gesagt hat, für das Entstehen der ČSSR gewesen seien.

Wir wissen auch, dass es vor Monaten ein Treffen von tschechischen und slowakischen Politikern gegeben hat, nämlich nach den Äußerungen des slowakischen Präsidenten Schuster über die Verfolgung der Karpatendeutschen, und diese tschechischen und slowakischen Politiker sind dabei übereingekommen, nichts an der Verfassungswirklichkeit Tschechiens und der Slowakei zu ändern. Als Ausrede haben sie gemeint, die Vertreibung der Sudetendeutschen sei durch die so genannten Potsdamer Beschlüsse gerechtfertigt.

Meine Damen und Herren! Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie es die Vertreibungsverbrechen zweifellos waren, verjähren nie. Staaten, die rassistische Gesetze nicht aufheben, haben unserer Meinung nach in einer zivilisierten Europäischen Union nichts verloren. Das sollte die tschechische Regierung einmal einsehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Heimatvertriebenen, die so viel zum Aufbau Österreichs beigetragen haben, die so Wesentliches geleistet haben, haben auch ein Recht, von uns sehr nachdrücklich vertreten zu werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

14.44

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es gibt einen Stehsatz, der von den Mitgliedern der österreichischen Bundesregierung immer wieder verwendet und meines Erachtens auch sehr strapaziert wird, und dieser lautet: Egal, was passiert ist oder was noch passieren wird, wir halten fest am Nulldefizit, denn wir wollen die Zukunft unserer Kinder sichern! (Abg. Murauer: Bei Ihnen heißt es: Egal, was passiert: Wir machen Schulden!) Der Nachsatz ist jener Teil der Aussage, dem ich mich besonders widmen möchte, meine Damen und Herren, denn ich kann Ihnen das Gegenteil beweisen.

Ich frage mich nämlich: Wem nützt es, wenn es denen, die davon betroffen sind, zum Teil sogar schadet? Jetzt nach Schulbeginn bestätigen sich die Befürchtungen von Zigtausenden Eltern, Zigtausenden Lehrerinnen und Lehrern, ElternvertreterInnen, SchülerInnen, Lehrlingen und StudentInnen. Sie, meine Damen und Herren, haben die Zahlen auch auf dem Tisch. Geäußert und begründet werden diese Befürchtungen in etlichen Petitionen und Bürgerinitiativen zu Ihrer Bildungspolitik, zur Bildungspolitik von Blau-Schwarz. Es sind in diesem Sammelbericht alleine acht Petitionen und Bürgerinitiativen.

Zur Gewissheit geworden ist auch Folgendes: Wahrscheinlich werden im heurigen Jahr um ein Drittel weniger Studienanfänger ein Studium beginnen als noch im Vorjahr, Tausende Jugendliche – genaugenommen sind es 10 500 – werden ohne Lehrstelle auf der Straße stehen, und wir können auch annehmen, dass ungefähr 7 000 Schülerinnen und Schüler nicht in ihrer Wunschschule untergekommen sind, sondern von dieser abgewiesen wurden. (Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und SPÖ.)

Tatsache ist auch, meine Damen und Herren, dass entgegen der angekündigten Fremdsprachenoffensive – und das ist eigentlich ziemlich schade, weil wir uns im europäischen Jahr der Sprachen befinden – Englisch in den Volksschulen, eine Sprache, die in diesem Alter spielerisch gelernt wird, in vielen Schulen gestrichen werden musste und die Kinder davon jetzt leider nichts haben.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Wie interpretieren Sie die UN-Kinderrechtskonvention, wenn im einen Artikel unter dem Titel "Recht auf Bildung und Ausbildung" steht, dass den österreichischen Schulkindern – und diese Zahl ist wirklich nicht von


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