Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 67

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn das euer Vertretungsanspruch gegenüber der österreichischen Bevölkerung zu Temelín ist, dann habt ihr diesen Anspruch schon lange verloren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Huber. )

Ich nehme die Bevölkerung ernst, die das Volksbegehren bei uns unterschrieben hat, und ich versuche auch, die Bevölkerung zu vertreten, aber nicht in der Art und Weise und so leichtfertig, wie das die Sozialdemokraten tun. Mein Anspruch auf Vertretung wird auch dann bleiben, wenn es eng wird! (Beifall bei der ÖVP.)

12.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 6 Minuten eingestellt. – Bitte.

12.27

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirtschaftsminister! Herr Verteidigungsminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte das Temelín-Volksbegehren ein wenig im Kontext der direkt-demokratischen Instrumente der letzten Jahre und auch der Vorhaben des so genannten Demokratiepakets beleuchten.

Es ist vor allem von Rednerinnen und Rednern der Freiheitlichen Partei betont worden, dass die Art der Einleitung keinen Unterschied mache. – Ja, das stimmt insofern, als natürlich die parlamentarische Behandlung für jedes Volksbegehren, das die erforderliche Hürde schafft, eine gleiche, eine faire, eine korrekte sein muss. Es stimmt aber nicht, was die Beurteilung der politischen Motive anlangt, die hinter dem Volksbegehren stehen. Und diese Motive, die nichts mit der Art der Behandlung des Volksbegehrens und dem – unter Anführungszeichen – "Wert" der über 900 000 Unterschriften zu tun haben, waren durchaus mehr als fragwürdig.

Dass da eine Haltung mitgeschwungen ist, die sich generell gegen die EU-Erweiterung richtet, eine Haltung, die insbesondere auch Ressentiments gegenüber Tschechien transportiert, das haben ja auch viele Vertreterinnen und Vertreter der ÖVP festgehalten.

Und der Umgang der Medien mit einem Volksbegehren ist auch nicht der gleiche, je nachdem, ob es de facto ein von einer Partei initiiertes, ein Parteivolksbegehren, oder ein Volksbegehren von unten, von der Basis ist. Niemals hätte etwa das Sozialstaats-Volksbegehren die gleiche Medienaufmerksamkeit erlangen können wie dieses Temelín-Volksbegehren, weil die Medien ja auch wussten, dass da Konflikte zwischen ÖVP und FPÖ oder vielleicht auch innerhalb der ÖVP mitschwingen. Es war eben spannend, zu sehen, wie die Koalition damit umgeht.

Ich denke dennoch, dass gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Verpflichtung hat, über jedes ordnungsgemäß eingeleitete Volksbegehren, also etwa jetzt über das Sozialstaat-Volksbegehren Anfang April, gleichermaßen zu berichten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Motive, die da mitgeschwungen sind, waren durchaus anti-tschechische Ressentiments, und die Medienöffentlichkeit hat den Koalitionsstreit beobachtet. Und dazu kommt natürlich die Haltung der ÖVP, die auch nicht so eindeutig war wie das, was Herr Dr. Khol heute hier gesagt hat – und was ich Ihnen auch glaube, Herr Dr. Khol, und was ich auch von Herrn Minister Molterer annehme –, nämlich dass Sie mit Veto-Drohungen nichts am Hut haben, dass auch Sie sie für kontraproduktiv halten.

Aber ich erinnere Sie schon daran, dass es etwa Niederösterreichs Landeshauptmann Pröll war, der von der Veto-Karte im Ärmel gesprochen hat. Also solche Töne sind schon auch gekommen, und einmal mehr hat das so quasi den innenpolitischen Zündstoff dieses Volksbegehrens erhöht.

Jetzt komme ich zu der Frage betreffend den Umgang mit Volksbegehren. Und da geht sehr wohl mein massiver Vorwurf an beide Koalitionsparteien, dass insgesamt die Ansätze der direkten Demokratie nicht ermutigt werden, wenn Volksbegehren zwar erfolgreich über die Bühne gehen, aber dann – egal, ob das das Frauen-Volksbegehren, das Tierschutz-Volksbegehren,


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